Abrupter Klimawechsel vor 11 000 Jahren

von unserem Gastautor Andrew Collins

Abb. 1 Die klimatische Entwicklung während des Wisconsin-Glazials in Amerika. (Graphik: geocomplexity.net)

1960 erschien im American Journal of Science ein Artikel von Wallace S. Broecker und seinen Kollegen Maurice Ewing und Bruce C. Heezen vom Lamont Geological Observatory der Columbia-Universität in New York. Unter dem Titel »Indizien für einen abrupten Klimawechsel vor etwa 11 000 Jahren« erläuterten die Forscher darin ihre Theorie, "eine Reihe geographisch isolierter Systeme" lege nahe, "dass die weltweite Aufwärmung des Klimas am Ende der Zeit der Wisconsin-Gletscher äußerst abrupt (Abb. 1) erfolgte." [1]

Durch die Untersuchung von Sediment-Proben von verschiedenen Orten auf dem Meeresboden konnte Broecker und seine Gruppe zeigen, dass die Oberflächentemperatur des Atlantischen Ozeans um das Jahr 9000 v.Chr. um sechs bis zehn Grad gestiegen war [2], eine Erwärmung, die das gesamte Ökosystem verändert haben muss. Zugleich waren die Strömungen über dem Grund des Cariaco-Grabens vor Venezuela in der Karibik plötzlich abgebrochen. Offenbar hatte die Erwärmung des Ozeans zu einem Stillstand der Wasserzirkulation geführt. [3]

Die Sandablagerungen, die aus dem Mississippital in den Golf von Mexiko geströmt waren, blieben plötzlich aus, da die Wasserströme aus den Großen Seen in der Gletscherzone ihre Richtung änderten und nun durch die zuvor gefrorenen nördlichen Kanäle flossen. [4] Der Wasserspiegel dieser Seen sank unvermittelt von seinem Höchststand auf das viel tiefere Niveau, bei dem es heute noch liegt. [5]

Unter den Daten, auf die Broecker und seine Gruppe zurückgreifen konnten, war auch eine Studie, die Cesare Emiliani von der Geologieabteilung der Universität Miami 1957 angefertigt hatte. Nach seinem Befund lieferten Tiefseebohrproben klare Hinweise auf einen um etwa 9000 v. Chr. plötzlich erfolgten Temperaturanstieg, also im gleichen Zeitraum, für den Broecker et al. auch andere Veränderungen ausgemacht hatten. [6] Da Emilianis Proben jedoch nicht den gleichen schnellen Übergang nachwiesen, schloss er am Ende, es fehlten darin wichtige Sediment-Schichten, die mehrere tausend Jahre der Ökologiegeschichte repräsentierten, und verwarf sie deshalb als unzuverlässig. [7] Broecker und seine Kollegen bestritten Emilianis Interpretationen. Sie sahen keinen Grund, aus dem wichtige Schlüssel-Sedimente einfach hätten verschwinden sollen. Folglich rehabilitierten sie Emilianis umstrittene Befunde als wichtigen Beleg für eine erhebliche Veränderung der Ozeantemperaturen vor ca. 11 000 Jahren. [8]

Abb. 2 Pollenspektren aus dem Gebiet der heutigen 'Großen Seen' (Bild) haben ebenfalls bewiesen, dass der Übergang zwischen der letzten Eiszeit und der gegenwärtigen Zwischeneiszeit mit dramatischen Veränderungen einherging.

Broecker et al. propagierten also für den schnellen Übergang zwischen Eiszeit und Zwischeneiszeit ein Datum um 9000 v. Chr. Es deutet aber auch manches darauf hin, dass dieses Ereignis in einer etwas späteren Periode stattfand. In mindestens drei Seen in der Region des Großen Bassins wurde der Zeitpunkt des höchsten Wasserstandes auf kurz vor einem plötzlichen Fallen des Wasserspiegels nach dem Rückzug der Gletscher um etwa 8000 v. Chr. datiert. [9] Seemuscheln aus dem St.-Lawrence-Tal, die als Beweis für das Vordringen von Seewasser während des plötzlichen Rückzugs der Eisfelder angeführt werden, scheinen ebenfalls jünger als 11 000 Jahre [10] zu sein. [11]

Broecker und seine Kollegen nahmen diese abweichenden Datierungen hin und erklärten, die Dinge lägen etwas komplizierter, weil es für etwa 200 Jahre eine Rückkehr der Eiszeitbedingungen gegeben habe, das sogenannte Valders-Intervall gegen Mitte des 9. Jahrtausends v. Chr. Vor diesem Hintergrund räumten sie ein, ihre Befunde könnten zum Rückzug der Eisfelder nach dieser Periode gehören, was die Epoche des propagierten >größeren Klimaumschwungs< und der >krassen Veränderung der Meeresbedingungen< auf deutlich nach 9000 v. Chr. verlegen würde. [12]

Weitere Indizien dafür, dass der Übergang zwischen der letzten Eiszeit und der gegenwärtigen Zwischeneiszeit mit dramatischen Veränderungen einherging, finden wir in den Arbeiten von Herbert E. Wright jr. vom Institut für Geowissenschaften der Universität von Minnesota [13] und J. Gordon Ogdens III. von der Abteilung für Botanik und Bakteriologie an der Ohio-Wesleyan-Universität in Delaware. [14] Beide haben die Pollenspektren in Sediment-Proben aus verschiedenen Seen im Gebiet der Großen Seen (Abb. 2) untersucht und sind dabei auf klare Beweise für eine abrupte Veränderung der Flora am Ende der Eiszeit gestoßen. Die Fichtenwälder, die im kalten, rauhen Klima der vergangenen Jahrtausende dominiert hatten, sind schnell zunächst Kiefern- und dann Hartholz-Mischwäldern mit Birken und Eichen gewichen. Und Laubbäume gedeihen bekanntlich nur in wärmerem Klima.

Die Bedeutung dieser Befunde liegt darin, dass sie zeigen, wie schnell dieser Übergang stattgefunden hat. In einem Artikel für die Zeitschrift Quaternary Paleoecology (1967) wies Ogden darauf hin, dass manche Pollenspektren eine fünfzigprozentige Ablösung von Fichten durch Kiefern über eine Sediment-Dicke von nur zehn Zentimetern zeigten. [15] In einer Probe von einem >Gletschersee Aitken< in Minnesota verlief der Übergang von 55 Prozent zu 18 Prozent Fichtenpollen über nur 7,6 Zentimeter Sediment, was einem Zeitraum von nur 170 Jahren darstellt. [16] Nach Auffassung konventioneller Geologen und Paläontologen vollzieht sich der Übergang zwischen Eiszeiten und Zwischeneiszeiten dagegen in Zeiträumen von Jahrtausenden und nicht innerhalb weniger hundert Jahre.

Diese Ergebnisse verblüfften Ogden dermaßen, dass er sich zu folgendem Kommentar gedrängt fühlte: "Der einzige Mechanismus, der eine Veränderung der beschriebenen Art hätte hervorrufen können, wäre eine rapide und dramatische Veränderung der Temperaturen und / oder Niederschläge vor etwa 10 000 Jahren." [17] Was für ein klimatisches >Ereignis< könnte für diese "rapide und dramatische Veränderung der Temperaturen" im amerikanischen Mittelwesten um ca. 8000 v. Chr. verantwortlich gewesen sein? War sie vielleicht eine Folge des Kometen-Einschlags, der die westliche Hemisphäre in der selben Epoche verwüstet haben soll?

Abb. 3 Der End-Kreide- (Alvarez-) Impakt beendete vor ca. 65 Millionen Jahren abrupt das Erdzeitalter der 'Kreidezeit'. Er bewirkte einen der größten Kataklysmen der Erdgeschichte.

Nachdem immer sicherer erschien, dass die Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren durch einen solchen Einschlag (Abb. 3) zu einem abrupten Ende gebracht wurde, öffneten sich schließlich auch die konservativen Wissenschaftler einer solchen Möglichkeit. Selbst Broecker akzeptierte 1983 in einem Artikel für den Scientific American, dass Asteroiden- oder Kometen-Einschläge für den Beginn oder das Ende von Eiszeiten verantwortlich sein könnten. [18] Und genau solch ein Ereignis vermutete auch Emilio Spedicato hinter der Umwälzung von Klima und Ozeantemperatur in dieser Periode:

"Die mit einem Ozeaneinschlag verbundenen Schockeffekte hätten nur einige Tage (im Fall der Tsunamis) oder Wochen (der >globale Wolkenbruch< nach dem Ausströmen von Magma) angehalten. Es ist unwahrscheinlich, dass die gesamte Eisdecke in so kurzer Zeit verschwinden konnte. Dafür gibt es auch keine geologischen Indizien. Es ist jedoch möglich, dass der Albedo-Faktor (das Reflexionsvermögen) eine so radikale Veränderung erfuhr, dass die Erde schon wenige Jahrhunderte später klimatische Bedingungen wie vor der Eiszeit genoss. Dies wäre auch im Einklang mit geologischen Befunden." [19]

Das sind große Worte, wenngleich Spedicato das fragliche Ereignis auf der Grundlage einer neueren geologischen Vermessung des Atlantischen Ozeans auf 9450 v. Chr. (± 80 Jahre) datiert. Diese Datierung basierte auf den Techniken der Dendrochronologie (Baumringgleichung, siehe unten) u n d der C14 Analyse. [20] Die Befunde von Broecker, Emiliani, Wright und Ogden sowie die Datierung der Carolina-Buchten [21] und weitere Indizien [...] deuten jedoch alle darauf hin, dass diese Ereignisse bis zu 1000 Jahre später eintraten. Wenn die Befunde mehrheitlich zutreffen, dürfen wir davon ausgehen, dass auch die ursprüngliche Überschwemmung der Bahamas und auch der Karibik in diesen Zeitraum fiel.

Tsunamis, die einem Einschlag ins Meer gefolgt wären, hätten, wie wir gesehen haben, keine ganzen Insellandmassen unter den Fluten begraben. Nach einer Serie von Flutwellen, die sich über viele Stunden oder gar Tage hingezogen haben könnte, wäre das Wasser zurückgeflossen, und die Insellandschaft wäre praktisch unverändert geblieben. [22]

Meiner Ansicht nach müssen daher abrupte, durch den Carolina-Kometen hervorgerufene Klimaveränderungen die Eiszeit in den 200 bis 300 Jahren, nachdem die Tsunamis die Inselgruppen überrollt hatten, beendet haben. Unter den plötzlich steigenden Temperaturen hätten sich die Eisfelder zurückgezogen und immer stärkere Ströme von Schmelzwasser in den Golf von Mexiko und den westlichen Atlantik geschickt. Eine ähnliche Situation hätte auch in Nordeuropa geherrscht, wo die Eiszeit in der selben Periode zu Ende ging.

Das rapide Anwachsen der Schmelzwasserströme in den Golf von Mexiko und in die Ozeane insgesamt hätten zu einem Anstieg des Meeresspiegels geführt, sodass nicht nur tiefliegende Küstenregionen, sondern auch ganze Insellandmassen im Bahamas- und Karibikgebiet im Meer versanken. Nach der ersten Überschwemmung durch Tsunamis standen sie also nun zum zweiten Mal unter Wasser. Aufgrund des Sediment-Aufbaus am Rande der untergetauchten Landmassen zwischen den Bahamas hat man diese Ereignisse für die Cay-Sal-Bank nördlich von Kuba auf ca. 10 000 - 8000 v. Chr. [23] und für die Grundsedimente der Großen Bahamabank auf 8120 [24] datiert.

Treffen diese Zahlen zu, dann muss die Überflutung irgendwann gegen Ende des 9. Jahrtausends v. Chr. eingesetzt haben. Je nach Höhe der verschiedenen Landmassen hätte dieser Prozess die tief liegenden Regionen mit allmählich abnehmender Geschwindigkeit unter Wasser gesetzt, bis der Wasserspiegel sich um etwa 3000 v. Chr. stabilisierte.


Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Andrew Collins © wurde seinem Buch Neue Beweise für Atlantis entnommen (S. 316- 318), das 2001 im Scherz Verlag (Bern, München, Wien) in der Übersetzung von Bernd Seligmann erschienen ist. Die Originalausgabe erschien unter dem Titel 'Gateway to Atlantis' bei Headline Publishing, London. Bei Atlantisforschung.de erscheint er mit freundlicher Genehmigung des Autors in einer unwesentlich gekürzten, redaktionell bearbeiteten Fassung.

Fußnoten:

  1. Quelle: Broecker, Ewing, Heezen, "Evidence for an Abrupt Change in Climate close to 11 000 Years ago", in American Journal of Science, 258, Juni 1960, S. 429-448; siehe: S. 249
  2. Quelle: ebd., S. 435
  3. Quelle: ebd.
  4. Quelle: ebd., S. 438-440
  5. Quelle: ebd., S. 437-438
  6. Quelle: ebd., S. 434, Anmerkung 1
  7. Quelle: ebd., S. 434, Anmerkung 2
  8. Quelle: ebd., S. 434-435, Anmerkung 2 u. 3
  9. Quelle: ebd., S. 437
  10. Red. Anmerkung: Vergl. dazu auch Antarktischer Schlamm enthüllt alte Evidenzen für globale Klima-Veränderungen von Mark Shwartz
  11. Quelle: Broecker, Ewing, Heezen, "Evidence for an Abrupt Change in Climate close to 11 000 Years ago", in American Journal of Science, 258, Juni 1960, S. 440
  12. Quelle: ebd., S. 441; "Es ist durchaus möglich, dass der abrupte Wandel der Ozeanbedingungen in der Wärmeperiode nicht vor, sondern nach dem Spättertiär stattfand" ... Die als das Spättertiär bekannte Periode der Wiedervereisung Europas vollzog sich zwischen 8500 und 8300 v. Chr. und fiel zeitlich mit dem Valders-Intervall zusammen.
  13. Siehe: Wright / Patten / Winter, "Two Pollen Diagrams from Southeastern Minnesota: Problems in the Regional Late-Glacial and Postglacial Vegetational History", in: Geological Society of America Bulletin, Nr. 74, 1963, S. 1371-1395 und Bildtafeln
  14. Quelle: Ogden, "Radiocarbon and Pollen Evidence for a Sudden Change in Climate in the Great Lakes Region approximately 10 000 years ago", in Quarternary Paleoecology, 1967, S. 117-127
  15. Quelle: ebd., S. 121
  16. Quelle: ebd., S. 121 u. 123-124
  17. Quelle: ebd., S. 124
  18. Quelle: Broecker, "The Ocean", in: Scientific American, Nr. 249, 1983, S. 146
  19. Quelle: E. Spedicato, "Apollo Objects, Atlantis and other Tales: A Catastrophical Szenario for Discontinuities in Human History". Red. Anmerkung: Bei Atlantisforschung.de in deutschsprachiger Erstveröffentlichung unter dem Titel: Galaktische Begegnungen, APOLLO-Objekte und ATLANTIS: Ein katastrophisches Szenario für Diskontinuitäten in der Menschheitsgeschichte; Zu Impakten als Auslöser und Terminatoren glazialer Perioden vergl. auch: Eiszeiten und Kometen von Prof. Sir Fred Hoyle
  20. Quelle: E. Spedicato, nach S. Björck et al., "Synchronized Terrestrial-Athmospheric Deglacial Records Around the North Atlantic", in: Science, Nr. 274, 1996, S. 1155-1160. Red. Anmerkung: Zur Problematik dieser und anderer konventioneller Datierungs-Methoden siehe die Beiträge in unserer Rubrik Das 'Kreuz' mit den Datierungen
  21. Red. Anmerkung: Zu den 'Carolina-Buchten' vergl. z.B.: Vor etwa 11 000 Jahren: Impaktkatastophe erschüttert Nordamerika - Die Carolina-Buchten und das Ende des Goldenen Zeitalters in Amerika von Peter Marsh
  22. Red. Anmerkung: Siehe dazu auch: Ablauf und Folgen eines Impaktes von Christian Rother
  23. Siehe: Hine u. Steinmetz, "Cay Sal Bank, Bahamas - ein teilweise versunkenes Karbonplateau", in: Marine Geology, 59, 1984, S. 135 u. 157
  24. Siehe: Wilber / Milliman / Halley, "Accumulation of bank-top sediment on the western slope of Great Bahama Bank: Rapid progradation of a carbonate megabank", in Geology, 18, Oktoer 1980, S. 973

Bild-Quellen:

1) http://www.geocomplexity.net/Climate_50kyr.gif (nicht mehr online)
2) Grand Lake Area -- The "Wetter Better Side"???
3) A Review of the Universe - Structures, Evolutions, Observations, and Theories, online unter: http://universe-review.ca/I10-35-impact.jpg