Apropos so genannte 'Laienforscher'

Was wären Geschichtswissenschaft und Archäologie ohne Amateur-Forschung?

von Tony O’Connell

Die so oft von Profis angeprangerten Amateur-Forscher haben immer wieder dort Erfolg gehabt, wo Experten versagt haben. Allerdings ist es beklagenswert, dass recht viele Amateure, wenn ihnen ein Quäntchen Publizität zuteil wird, annehmen, ihr neuer Status verleihe ihnen das Recht, die andere Seite der 'Medaille der Arroganz' für sich zu beanspruchen. Es muss stets beachtet werden, dass, wenn ein Amateur es fertigbringt, eine bestimmte etablierte Meinung zu unterminieren, dies nicht automatisch bedeutet, seine Ersatz-Theorie sei korrekt. Immer besteht die Möglichkeit, dass sowohl die alte als auch die neue Vorstellung irrig sind.

Abb. 1 Heinrich Schliemann (1822 - 1890) gilt als das Paradebeispiel für einen erfolgreichen Amateur-Archäologen.
  • Das wohl am häufigsten angeführte Beispiel für die erfolgreiche Beharrlichkeit eines Amateurs ist der Fall des Heinrich Schliemann (Abb. 1), der das entdeckte, was man damals für Troja hielt, welches zu jener Zeit noch als 'mythisch' betrachtet wurde. Tatsächlich ist die damals von ihm auf dem Hisarlık freigelegte Fundstätte zu klein, um mit der von Homer beschriebenen Stadt übereinzustimmen. Nichtsdestotrotz haben jüngere Ausgrabungen in der Nachbarschaft des ursprünglichen Fundorts Belege für einem viel größeren urbanen Komplex erbracht, die das Interesse an Schliemanns originaler Identifizierung der Örtlichkeit als Troja wiederbelebt haben.
  • Im Jahr 1839 vereinigten ein amerikanischer Diplomat, John Lloyd Stephens und der britische Künstler Frederick Catherwood ihre Kräfte, und schließlich gelang ihnen die Wiederentdeckung vieler der großen Maya-Städte in Mittelamerika. Ihnen wird zugebilligt, die Grundlagen amerikanischer Archäologie gelegt zu haben.
  • In jüngerer Zeit entdeckte Nicholas Clapp, ein Amateur-Archäologe, unter Verwendung von Satelliten-Fotographie. die Überreste der alten Stadt Ubar, die Lawrence von Arabien als 'Atlantis des Sandes' bezeichnete.
  • Auf einer eher lokalen Ebene gibt es den Fall von John Pull, einem autodidaktischen Amateur-Archäologen, der in den 1920er Jahren in Blackpatch, Sussex, eine wichtige neolithische [bzw. bronzezeitliche; d.Ü. (Quelle)] Siedlung entdeckte und dafür vom klassenbewussten Establishment geschmäht wurde, welches nicht akzeptieren konnte, dass auch eine Person mit schlichtem Arbeiterklasse-Hintergrund einen Anspruch darauf haben solle, sich in solche Angelegenheiten 'einzumischen'.

Es sollte festgehalten werden, dass Amateure über die Jahrhunderte hinweg gleichermaßen auch in anderen Disziplinen aktiv und erfolgreich waren [1] Veranschaulichen lässt sich dies z.B. anhand von Persönlichkeiten, wie Thomas Edison (Erfinder), Robert Evans (Astronom), Michael Faraday (Experimentalphysiker), Henrietta Swan Lewitt (Astronomin) und Gregor Mendel (Botaniker).


Anmerkungen und Quellen

Atlantipedia-Logo 2.gif
Dieser Beitrag von Tony O’Connell (©) wurde in seiner englischsprachigen Original-Fassung am 31. Mai 2010 unter dem Titel "Amateur Researchers" bei Atlantipedia.ie erstveröffentlicht. Bei Atlantisforschung.de erscheint er in eigener Übersetzung und mit redaktioneller Bearbeitung im Mai 2018.

Fußnote:

  1. Siehe dazu z.B. online: John Malone, "Great Amateurs in Science" bei NOVA; sowie: o.A., "Jupiter struck by 'comet'", 21. Juli 2009, bei The Advertiser (beide abgerufen: 23. Mai 2018)

Bild-Quelle: