Eine 100 Meilen lange Mauer in Nigeria?

von William R. Corliss (2000)

Abb. 1 Die monumentale Anlage von Sungbo's Eredo im heutigen nigerianischen Bundesstaat Ogun wurde vor etwa 600 Jahren zur Zeit des Ijebu-Königreiches der Yoruba errichtet. Einzelne Abschnitte dieser Erdwerke wurden aber offenbar auch durch gemauerte Elemente ergänzt, wie diese Aufnahme zeigt.

Eine 100 Meilen lange Mauer? Naja, so ungefähr! Sungbo's Eredo, wie es genannt wird, ist in Wirklichkeit ein Erdwall mit einem begleitenden Graben. [1] Wie auch immer Sie das nennen, schließt es ein Gebiet 25 Meilen von Norden nach Süden und 22 Meilen von Osten nach Westen ein. Dafür war eine Menge Erde zu bewegen, denn an einigen Stellen misst die "Mauer" 70 Fuß [ca. 21,34 m; d.Ü.] vom Boden des Grabens bis zur Kuppe der Böschung. Heute ist diese beeindruckende Struktur größtenteils vom nigerianischen Dschungel verdeckt. Einst umschloss sie ein blühendes afrikanisches Königreich.

Sungbo's Eredo ist kaum eine militärische Struktur. [2] Wie könnte eine 100 Meilen lange Böschung mit einer realistischen Anzahl von Kriegern verteidigt werden? Stattdessen könnte es ein Grenzstein gewesen sein oder vielleicht eine "spirituelle Barriere". In der Tat befinden sich Schreine entlang der Mauer, wo die Einheimischen noch heute Opfergaben hinterlassen, um sich vor Fremden zu schützen. [3]

Kommentar

Abb. 2 Hier eine Skizze der Erdwerk-Komplexe ("long dykes") Britanniens. Wie Sungbo's Eredo im Yorubaland machen diese Anlagen als Festungs-Elemente keinen Sinn, da sie militärisch nicht zu verteidigen waren. (Karte aus: Ancient Infrastructure)

Eine interessante Parallele zu Sungbo's Eredo ist in Offa's Dyke zu sehen, dem größten altertümlichen Erdwerk in Britannien. Auch er ist ein Damm plus Graben. Offa, der König des sächsischen Mercien ließ ihn zwischen 757 und 796 errichten, um die lästigen Waliser fernzuhalten. Offa's Dyke ist 150 Meilen lang; seine Böschung ist 25 Fuß [7,62 m; d.Ü.] hoch; der Graben 6 Fuß [ca. 1,83 m; d.Ü.] tief. Auch er ist nicht zu verteidigen. Heute markiert er die Grenze zwischen England und Wales (Details unter MSW1 in Ancient Infrastructure).


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von William R. Corliss erschien erstmals in Science Frontiers Nr. 128, März - April 2000, unter dem Titel "100-Mile-Long Wall in Africa"; Übersetzung ins Deutsche sowie redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de nach der online gestellten Version des Artikels bei science-frontiers.com im Juli 2018.

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Zumindest einzelne Abschnitte des Wall-Komplexes weisen aber offenbar auch gemauerte Elemente auf. Siehe Abbildung 1!
  2. Red. Anmerkung: Genau dies - die vormalige Funktion von Sungbo's Eredo als militärische Befestigung - unterstellt man unreflektiert bei der angelsächsischen Wikipedia. Siehe: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Sungbo's Eredo" (Stand: 02. Juli 2018)
  3. Quelle: Onishi Norimitsu, "A Wall, a Moat, Behold! A Lost Yoruba Kingdom", New York Times International, 26. September 1999

Bild-Qellen:

1) Angiekake bei Wikimedia Commons, unter: File:Sungbo-eredo-photo.jpg (Lizenz: Creative-Commons. „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international)
2) William R. Corliss, Ancient Infrastructure; nach: Ders., "100-Mile-Long Wall in Africa", bei science-frontiers.com