Einige Bemerkungen zur Calico-Debatte

von William R. Corliss (1987)

Abb. 1 Die Calico-Fundstätte in Kalifornien ist seit Jahrzehnten ein echter 'Stachel im Fleisch' der US-amerikanischen Archäologie und Paläo-Historik.

In der Archäologie schlagen die Leidenschaften höher als auf den meisten Feldern wissenschaftlicher Bestrebungen. Einmal favorisierte Hypothesen faszinieren bisweilen trotz gegenteiliger Daten und zwingender Argumente. In dieser Hinsicht ähnelt Wissenschaft sehr der Religion. Der Wandel im "Kern der reinen Wahrheit" [orig.: "kernel of real truth"; d. Ü.] zeigt sich in Briefen, die als Entgegnungen auf B. Bowers Artikel über die wahrscheinlich menschlichen Artefakte - bis zu 100 000 Jahren alt -, die an der Stätte von Calico in Kalifornien gefunden wurden, an die Science News geschrieben wurden (siehe Science Frontiers, Nr. 51).

Zuerst attackiert J.G. Duvall III. Bowers Artikel, wobei er erklärt, dass ein menschlicher Ursprung der Calico-"Artefakte" sich schon seit langem als unhaltbar erwiesen habe. Als Referenz zitiert er einen Artikel von ihm selbst und W.T. Venner im Journal of Field Archaeology. Duvalls Haupt-Argument war, dass die Calico-"Werkzeuge" nicht den nachweislich paläo-indianischen Werkzeugen ähnelten. [Das heißt also: Duval et al. definierten vorab, was gefunden werden darf - paläo-amerinde Artefakte -, um dann im Ausschluss-Verfahren alles eliminieren zu können, was nicht ihren Vorgaben entspricht; bb.]

Als Entgegnung auf Duvall hob G.F. Carter zunächst hervor, dass sich durch L.W. Patterson auf den Seiten genau des selben Journals gezeigt habe, dass sich das Duvall-Venner-Papier "beinahe augenblicklich als irrig erwiesen" habe. Bezüglich der Unterschiede bei den Artefakten fragt Carter, warum jemand erwarten sollte, dass 12 000 Jahre alte paläo-indianische Artefakte so aussehen sollten wie 200 000 Jahre alte Artefakte aus einer völlig anderen Kultur. [1]

Wir wissen nicht wirklich, ob die Calico-"Artefakte" tatsächlich vor 200 000 Jahren Jahren von Menschen hergestellt wurden, oder ob nicht. Niemand weiß dies WIRKLICH! Man darf eine Meinung haben und theoretisieren, und damit hat es sich. Der wirklich ärgerliche Aspekt der Geschichte um Calico ist die Tendenz von Wissenschaftlern, im Angesicht widersprüchlicher Evidenzen absolute Stellungnahmen von sich zu geben. Diese Neigung erstreckt sich sicherlich auf die gesamte Wissenschaft. [...] Einige Wissenschaftler sind so ängstlich darauf bedacht, einen Dissens zu unterdrücken, dass ein Geologe kürzlich erklärte, die Kontinentaldrift sei nun so wohlbewiesen, dass man keine gegenteiligen Daten mehr veröffentlichen solle!


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von William R. Corliss © erschien erstmalig unter dem Titel "THE CALICO DEBATE PLUS A LITTLE EDITORIALIZING", bei Science Frontiers Nr. 52, Juli / Aug. 1987; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de nach http://www.science-frontiers.com/sf052/sf052a02.htm

Fußnote:

  1. Vergl: Duvall, James G., III; "Calico Revisited," Science News, 131:227, 1987; sowie Carter, George F., "Calico Defended," Science News, 131:339, 1987.

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