Stephen Harriman Long und die Riesen des Mississippi-Tals

Vorwort und Danksagung

Abb. 1 Der amerikanische Forscher und Entdecker Stephen Harriman Long (1784-1864)

(bb) Folgende kleine Vorbemerkung sei dem Verfasser gestattet: Wenn man als Riesenforscher aus dem deutschsprachigen Raum in digitalen Zeitungs- und Bücher-Archiven auf der Suche nach historischen Meldungen und Berichten über Funde riesenhafter [1] Human-Relikte sowie übergroßer Waffen oder Gebrauchsgegenstände urtümlicher Bewohner Amerikas ist, kommt man sich bisweilen so vor wie der Hase in dem Märchen "Der Hase und der Igel" nach Wilhelm Schröder und den Gebrüdern Grimm: Fast immer, wenn man in einer alten Zeitung oder einem zumeist längst vergessenen Buch fündig geworden ist, muss man bei weiteren Recherchen feststellen, dass einem ein amerikanischer Forscher-und Autoren-Kollege - wie etwa Jim Vieira, Micah Ewers oder Richard J. Dewhurst - bereits zuvorgekommen ist und quasi wie der Swinigel "Ick bün all hier!" ruft, indem er die betreffende Meldung schon in seinen Veröffentlichungen dokumentiert hat.

Nun hat dies keineswegs, wie im Märchen, mit irgendwelchen Tricks zu tun, sondern die Betreffenden haben schlichtweg den 'Heimvorteil' auf ihrer Seite. Ab und zu jedoch gelingt dem Forscher aus Deutschland dann doch das, was dem Hasen im Märchen versagt bleibt: er ist schneller, wozu natürlich auch etwas Glück bzw. Unterstützung aus dem hiesigen Kollegenkreis nötig ist. Im vorliegenden Fall, in dem es um einen Reisebericht des amerikanischen Forschungsreisenden Stephen Harriman Long (Abb. 1) (1784-1864) geht, gilt sein Dank der Hamburger Ethnologin, Museumspädagogin und Indianer-Expertin Dr. Renate Schukies, die seine gigantologischen Studien seit vielen Jahren mit Interesse und Sympathie verfolgt. Sie war es, die bei ihren Recherchen auf die hochinteressante deutschsprachige Estveröffentlichung [2] von Berichten dieses hierzulande noch weitgehend unbekannten Forschers aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und auf die darin enthaltenen Hinweise bezüglich der präkolumbischen Riesen Nordamerikas aufmerksam wurde, welche sie dem Verfasser dieses Artikels umgehend zugänglich machte. Bevor wir hier diese Passage des Buches vorstellen, zuvor noch ein paar einführende biographische Informationen über dessen Autor:

Wer war Stephen Harriman Long?

Abb. 2 Major Stephen H. Long (Mitte, mit Zylinder) trifft sich 1819 auf seiner zweiten Expedition bei Council Bluffs, Iowa, mit Repräsentanten der Pawnee.

Stephen Harriman Long (* 30. Dezember 1784 in Hopkinton, New Hampshire; † 4. September 1864 in Alton, Illinois) war, wie es in der deutschsprachigen Wikipedia heißt, "ein US-amerikanischer Entdecker, Geograph, Vermesser, Bau- und Eisenbahningenieur. Er erkundete den Mittleren Westen, entwarf Lokomotiven und war einer der Pioniere des konstruktiven Ingenieurbaus in den USA." [3]

Nach seinem 1805 begonnenen und 1809 mit dem Master-Abschluss beendeten Studium am Dartmouth College in Hanover - zwischenzeitlich war er auch als Lehrer in Pennsylvanianien und New Hampshire tätig - begann Long 1815 eine militärische Laufbahn als Leutnant im US Army Corps of Engineers wobei er zudem ein Jahr lang Mathematik an der West Point Akademie lehrte. Ab 1816 diente er im Rang eines Majors unter dem Kommando von Andrew Jackson, der kurz zuvor bei New Orleans die Briten geschlagen hatte.

1817 leitete Long seine erste Expedition, die ihn zum Oberlauf des Mississippi bis hin zu den Saint-Anthony-Fällen führte. 1819 folgte bereits eine zweite von ihm geleitete Forschungsreise, die 'Yellowstone-Expedition' [4] zur Erkundung des Missouri River bis zum Yellowstone, die aber insgesamt ein kostspieliger Fehlschlag war. 1820 leitete Long eine Expedition zur Erkundung von Gebieten im Mittleren Westen, die den USA im Rahmen des Louisiana Purchase zugefallen waren, insbesondere suchte er nach den Quellen der Flüsse Arkansas, Red River und Platte River. Den Red River konnte er allerdings nicht wie geplant erkunden, da er dort auf feindselige Indianer stieß. 1823 führte er schließlich noch eine Expedition in das Grenzgebiet zu Kanada durch, erkundete den Oberlauf des Mississippi, den Red River of the North und den Minnesota River. Seine Expeditionskarten wurden später eine wichtige Grundlage für die Planung neuer Eisenbahnlinien. [5]

Abb. 3 Eine historirschen Karte mit der eingezeichneten Route (rot markiert) von Longs Expedition im Jahr 1823 (für eine vergrößerte Ansicht bitte einfach das Bild anklicken!)

Neben seinen Expeditions-Aktivitäten für das US-Militär war Stephen H. Long auch als ingenieurtechnischer Berater für Eisenbahngesellschaften tätig, z.B. beim Bau der ersten Strecken der Baltimore and Ohio Railroad. 1826 bekam er sein erstes von vielen Patenten auf eine Dampflokomotive. Im Jahr 1832 war er an der Gründung einer kurzlebigen Firma zur Herstellung seiner Lokomotiven beteiligt, und 1836 organisierte er für den Staat Maine die Vermessung einer geplanten Eisenbahnlinie von Belfast (Maine) nach Québec, die nachfolgend aber nicht realisiert wurde. 1837 bis 1840 war er zudem - von der United States Army beurlaubt - leitender Ingenieur beim Bau der Western and Atlantic Railroad in Georgia. 1838 wurde er dann, im Rang eines Majors stehend, Mitglied des neu gegründeten US Army Corps of Topographical Engineers (das 1863 wieder im US Army Corps of Engineers aufging), in der er 1861 zum Oberst avancierte und leitender topographischer Ingenieur der US Army wurde. Im Sezessionskrieg kämpfte Long auf Seiten der Nordstaaten. Des Weiteren befasste er sich auch mit Brückenbau und entwarf 1830 die Jackson Bridge bei Baltimore. Aufgrund seiner wegweisenden Schriften über Brückenbau gilt er in den USA heute neben Squire Whipple als einer der maßgeblichen Pioniere des konstruktiven Ingenieurbaus. [6]

Stephen H. Long über die Riesen der Moundbauer-Kultur des Mississippi-Tals

Abb. 4 Das Front-Cover des 2016 von Sabine Lang herausgegebenen Sammelbandes "Entlang des Mississippi" mit von ihr ins Deutsche übersetzen Reiseberichten von Stephen Harriman Long

In dem oben bereits kurz erwähnten Buch "Entlang des Mississipi" (Abb. 4) findet sich unter anderem auch folgender Auszug aus einem seiner Reisetagebücher (zu seiner ersten Expedition, "Reise in einer Ruderjolle … zu den Saint–Anthony-Fällen und nach Belle Fontaine im Jahre 1817"), in dem es heißt:

"Überall auf der Prärie entdeckt man viele Altertümer, nämlich Erdwälle, künstliche Hügel und Friedhöfe. Die Indianer besitzen dazu keine Überlieferungen, selbst die ältesten unter ihnen können diesbezüglich keine Auskunft geben, sondern nur Mutmaßungen anstellen. Sie glauben, dass diese Gegend einst von einem Volk weißer Menschen bewohnt war, ähnlich den heutigen Amerikanern, das aber von den Ahnen der heutigen Indianer völlig ausgerottet worden sei. [7] Diese Vermutung gründet darauf, dass sie in der Erde auf menschliche Gebeine gestoßen sind, die viel tiefer bestattet waren, als es den indianischen Gepflogenheiten entspricht; außerdem enthielten die Bestattungen andere Grabbeigaben, als sie den Verstorbenen von den Indianern mitgegeben werden. Tomahawks aus Messing [8] sowie andere Gerätschaften, die völlig anders aussehen als alles, was heute von den Indianern verwendet wird, finden sich ebenfalls unter der Erdoberfläche. Ein weiterer Beleg für die einstige Anwesenheit von Fremdlingen sind ihrer Meinung nach die alten Befestigungsanlagen, denn keine der heutigen Indianer errichten vergleichbare Strukturen, und sie wissen auch nicht, was diese für eine Funktion haben.

Herr Brisbois [9], der seit Langem in Prairie du Chien [10] wohnt, erwähnte mir gegenüber, dass er die Skelette von acht Personen gesehen habe, als nahe seinem Haus ein Keller ausgehoben wurde, fand man sie nebeneinander liegend. Sie waren riesenhaft, vom Scheitel bis zur Sohle etwa acht Fuß [ca. 2,44 m; bb] groß. Er erzählte, er habe einen Beinknochen von einem der Skelette genommen und an sein eigenes Bein gehalten, um die Längen zu vergleichen. Der Knochen des Skeletts reichte sechs Inch [ca. 15 cm; bb] Über sein Knie hinaus. All diese Gebeine konnten nicht aufbewahrt werden, denn bald, nachdem sie der Luft ausgesetzt waren, zerfielen sie zu Staub."

Zu den Mounds merkte Long in diesem Zusammenhang an: "Die Erdhügel dienten möglicherweise sowohl zur Verteidigung, als auch als Begräbnisstätte, denn die meisten (vielleicht sogar alle) bergen menschliche Knochen in sich, dienten aber offenbar zugleich auch als Flankenschutz von Befestigungswällen. Ich hatte keine Gelegenheit festzustellen, ob die in ihnen enthaltenen Gebeine von der gleichen Art sind wie die von Herrn Brisbois beschriebenen." [11]



Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Gemeint sind hier die zwischen Ende des 18. und Beginn des 20. Jahrhunderts massenhaft dokumentierten Entdeckungen übergroßer menschlicher Skelette und einzelner Knochen fast überall auf dem nordamerikanischen Teilkontinent sowie in Mittelamerika, deren Körpergröße zu Lebzeiten zwischen durchschnittlich ca. 2,10 m und 2,50 m betragen haben dürfte, in selteneren Fällen sogar bis zu etwa 3 m. Siehe dazu: Bernhard Beier, "Riesen im prähistorischen Nordamerika - Indizien und Belege" ff.
  2. Siehe: Stephen H. Long, "Entlang des Mississippi - Die Entdeckung des Mittleren Westens, 1817/1823", herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von Sabine Lang, Edition Erdmann, 2016 ISBN 978-3-7374-0030-5
  3. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, op. cit. (abgerufen: 09. Januar 2018)
  4. Anmerkung: >Diese Unternehmung wird in der Literatur auch als auch als 'Atkinson-Long Expedition' bezeichnet, und zwar nach den beiden Befehlshabern Long und nach dem damilgen Oberst Henry Atkinson (Letzterer hatte das Kommando über die beteiligten Soldaten).
  5. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, op. cit. (abgerufen: 09. Januar 2018)
  6. Quelle: ebd.
  7. Red Anmerkung: Vergl. dazu bei Atlantisforschung.de unter anderem auch: Whyte Eagle, "Si-Te-Cah - Die 'weißen' Feinde der Amerinden nach indianischer Darstellung" (2002); "Oo-el-en - Die Riesen des Yosemite Valley in Kalifornien" (red, 2015); sowie Bernhard Beier, "Die Allegewi (Talligewi)" (2009); und David Cusick, "Die Legende von den Ronnongwetowanea" (1828)
  8. Anmerkung (Fn. 50, S. 82) von Sabine Lang: Messing war in Nordamerika in voreuropäischer Zeit unbekannt. Wahrscheinlich waren die Klingen aus Kupfer, das von den Menschen der Hopewell-Kultur unter anderem zu Äxten verarbeitet wurde…..
  9. Anmerkung (Fn. 51) von Sabine Lang: Michel Brisbois war [ein] seit 1781 in Prairie du Chien ansässiger Pelzhändler.
  10. Red. Anmerkung: Die heutige Kleinstadt Prairie du Chien war damals noch, wie es bei Long (S. 78) heißt, "eine liebliche Niederung an der Ostseite des Mississippi, unmittelbar oberhalb der Mündung des Wisconsin."
  11. Quelle: Stephen H. Long, "Entlang des Mississippi", 2016, S. 81-82

Bild-Quellen:

1) Pete Hobbs bei Wikimedia Commons, unter: File:Stephen Harriman Long portrait montage.jpg
2) Creuzbourg (Uploader) bei Wikimedia Commons, unter: File:The American Soldier, 1819.jpg
3) TimK MSI (Uploader) bei Wikimedia Commons, unter: File:Map of the Country Embracing the Route of the Expedition of 1823 Commanded by Major S.H. Long.jpg
4) Edition Erdmann im Verlagshaus Römerweg / Bild-Archiv Atlantisforschung.de