Wo sind Europas "Aborigines" geblieben?

von unserem Gastautor Dr. Horst Friedrich (1997)

Abb. 1 In zahlreichen Hochkultur-Regionen der Welt haben sich bis heute Rest-Populationen ihrer urtümlichen, aboriginalen Bevölkerungen erhalten, wie etwa die Toda in Südindien (Bild). Europa scheint hier seltsamer Weise eine Sonderstellung einzunehmen.

In den alten Hochkultur-Regionen Indien und China haben sich bis in die Gegenwart, inmitten der dominierenden Bevölkerungsmehrheit, zahlreiche einfacher lebende Volksstämme ganz anderer ethno-linguistischer Herkunft erhalten. Offenbar handelt es sich bei ihnen um Überreste oder Relikt-Inseln einstiger Vorbevölkerungen des Landes, aus einer Zeit, ehe dieses von der neuen Hochkultur-Bevölkerung überschwemmt wurde. Ein typisches Beispiel sind etwa die Todas (Abb. 1) in den Nilgiri-Bergen Südindiens.

Es scheint dies der Normalfall zu sein. Ähnlich liegen die Verhältnisse ja auch in den heutigen USA, wo inmitten der Hochkultur-Mischbevölkerung nicht integrierte Überreste zahlloser Indianervölker leben. Oder in Mexiko und Peru, wo die Indios sich auch nicht integriert haben. Man denke auch an Australien mit seinen Aborigines, oder an Sibirien, das mit seinen einfach lebenden Völkerschaften erst im Barockzeitalter von den Kosaken erobert wurde.

Bedenkt man dies alles, taucht unwillkürlich die Frage auf, warum es auf dem Gebiet der abendländischen Hochkultur nicht auch so ist! Wo sind Europas "Aborigines" geblieben? Gab es hier keine? Aber warum sollte ausgerechnet Europa eine solche Sonderstellung eingenommen haben? Das erscheint zunächst eher unwahrscheinlich.

Die ethno-linguistischen Relikte, die seinerzeit mit den frühmittelalterlichen Völkerwanderungen ins Land gekommen waren, können hier selbstredend außer Betracht bleiben. Sie waren ja per definitionem keine "Aborigines". Gab es in Europa denn letztlich überhaupt nur Einwanderer? Von den Indoeuropäern und den Trägern der Megalithkultur scheint das festzustehen. Die Völker "vaskonischer" Sprachen, von denen Prof. Vennemann spricht, aber sie scheinen im äußeren Erscheinungsbild von den sonstigen Europäern, die nach den letzten Kataklysmen um -700 [1] einwanderten, ununterscheidbar gewesen zu sein.

Zugegebenermaßen dürften diese Dinge heute nur noch außerordentlich schwer zuverlässig zu eruieren sein. Allein schon wegen des gewalttätig-rücksichtslosen, gleichmacherischen Charakters der mittelalterlichen "christlich"-abendländischen Kultur, der ein nicht-integriertes Überleben anders-kultureller Enklaven wohl faktisch unmöglich machte. Aber nicht einmal in unseren Überlieferungen scheinen Anhaltspunkte dafür erhalten geblieben sein, daß es ursprünglich inmitten der entstehenden abendländischen Hochkultur Relikt-Inseln von Aborigines-Ethnien gegeben haben könnte. [2]

Es scheint nur die These übrigzubleiben, daß es zwischen Neanderthalern und Cromagnons oder "Vaskonen" und Megalithkultur sowie Indogermanen gewaltige regionale Natur-Kataklysmen gab, die den europäischen Kontinent regelrecht "abräumten", etwa die Westeuropa überrollenden Riesen-Tsunamis "am Ende der Eiszeit", von denen die große britische Quartär-Kapazität Joseph Prestwich [3] sprach.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von Dr. Horst Friedrich © wurde erstmals in EFODON-SYNESIS Nr. 21/1997 veröffentlicht. Bei Atlantisforschung.de erscheint er im Dr. Horst Friedrich Archiv in einer redaktionell Bearbeiteten Fassung nach: http://www.efodon.de/html/archiv/vorgeschichte/friedrich/1997_aborigines.pdf

  1. Red. Anmerkung: Diese Datierung, die auf einer von Herrn Dr. Friedrich Ende der 1980er Jahre erwogenen Revision der gängigen Chronologie für die Protohistorie beruht (siehe dazu von ihm z.B.: Velikovsky, Spanuth und die "Seevölker"), steht durchaus zur Disposition. Gemeint sind hier jedenfalls die vorauszusetzenden katastophischen Ereignisse in der Endphase der so genannten "Bronzezeit". Siehe dazu bei Atlantisforschung.de auch: "Die end-bronzezeitliche Klimakatastrophe aus atlantologischer Sicht" (bb)
  2. Red. Anmerkung: Hier möchten wir Herrn Dr. Friedrich insofern widersprechen, dass es durchaus solche , "verschütteten", persistenten Erinnerungen zu geben scheint, die aber u.a. deshalb nur schwer zu identifizieren sind, weil sie lediglich im 'Gewand' von Volksmärchen, Sagen und Legenden die Zeitläufte überdauern konnten. Als Beispiel aus dem deutschsprachigen Raum seien hier die alten märkischen Geschichten über das 'kleine Volk' der "Lütchen" erwähnt, die einen 'knallharten' (prä-) historischen Kern zu enthalten scheinen. Siehe dazu bei Atlantisforschung.de: "Ludki - Die Zwerge der Niederlausitz" (Heinrich Bauer)
  3. Red. Anmerkung: Zu J. Prestwich siehe bei Atlantisforschung.de auch den Beitrag: "Katastrophismus - Begriff und Geschichte" (red)


Bild-Quelle

(1) Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter File:Kandelmund toda 1837.jpg (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)