Was ist ein Eolith?: Unterschied zwischen den Versionen

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===Anmerkungen und Quellen===
 
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[[Bild:Vergessene Archäologie Cover.JPG]]<br>Dieser Beitrag von '''Michael Brandt''' wurde seinem aktuellen Buch "[http://www.scm-haenssler.de/produkt/titel/vergessene-archaeologie/164990/164990/164990.html Vergessene Archäologie - Steinwerkzeuge fast so alt wie die Dinosaurier]" entnommen (S. 47-48), das im September 2011 bei SCM Hänssler im Verlag SCM GmbH & Co. KG, 71088 Holzgerlingen, erschienen ist. (Siehe dazu auch im ''Atlantisforschung.de''-Editorial vom Oktober 2011: "[http://wiki.atlantisforschung.de/index.php/Editorial_2_-_Oktober_2011#Existenz_des_Terti.C3.A4r-Menschen_darf_jetzt_als_bewiesen_gelten Existenz des Tertiär-Menschen darf jetzt als bewiesen gelten]") Hier erscheint der Text im Oktober 2011 in einer leicht modifizierten, redaktionell bearbeiteten Online-Fassung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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[[Bild:Vergessene Archäologie Cover.JPG]]<br>Dieser Beitrag von [[Michael Brandt]] wurde seinem aktuellen Buch "[http://www.scm-haenssler.de/produkt/titel/vergessene-archaeologie/164990/164990/164990.html Vergessene Archäologie - Steinwerkzeuge fast so alt wie die Dinosaurier]" entnommen (S. 47-48), das im September 2011 bei SCM Hänssler im Verlag SCM GmbH & Co. KG, 71088 Holzgerlingen, erschienen ist. (Siehe dazu auch im ''Atlantisforschung.de''-Editorial vom Oktober 2011: "[http://wiki.atlantisforschung.de/index.php/Editorial_2_-_Oktober_2011#Existenz_des_Terti.C3.A4r-Menschen_darf_jetzt_als_bewiesen_gelten Existenz des Tertiär-Menschen darf jetzt als bewiesen gelten]") Hier erscheint der Text im Oktober 2011 in einer leicht modifizierten, redaktionell bearbeiteten Online-Fassung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
  
  

Version vom 27. Oktober 2011, 21:38 Uhr

Unterschiedliche Definitionen der Prähistoriker

von Michael Brandt


Der Begriff Eolith leitet sich von der griechischen Göttin für Morgenröte (eos) und von der griechischen Bezeichnung für Stein (lithos) ab, bedeutet also: Stein der Morgenröte der Menschheitsgeschichte.

1881 schlossen Gabriel (Abb. 1) und Adrien de Mortillet die in den zwei Jahrzehnten zuvor entdeckten, aber nicht von allen Forschern anerkannten tertiären Steinwerkzeuge der Fundplätze Thenay in Frankreich und Otta in Portugal in ihre Klassifikation der europäischen Vergangenheit mit dem Begriff "Éolithique" ein. Die nächst jüngere Industrie war das "Paléolithique" mit dem Chelléen als früheste, von allen damaligen Vorgeschichtlern anerkannte Steinzeitepoche im mittleren Quartär.

Abb. 1 Der französische Vorgeschichts-Forscher Gabriel de Mortillet (Bild) führte gemeinsam mit seinem Sohn Adrien den Begriff 'Eolithikum' (Éolithique) ein.

Der Begriff "Eolith" wurde nach Harrison (2006, S. 831) zum ersten Mal von J. Allen Brown 1892 geprägt. Joseph Prestwich vermied die Bezeichnung "Eolithen". Erst in seinem letzten Publikationsjahr 1895 (a, S. 628) schrieb er in einem Artikel einer populären Zeitschrift "Eolithic man" im Zusammenhang mit den pliozänen Feuersteinen von Kent. Vorher sprach er von groben Werkzeugen, die einen nichtpaläolithischen Charakter besitzen und nannte sie gemeinsam mit paläolithischen Stücken kurz "Plateau-Implemente".

Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte man in Belgien Steinwerkzeuge in pleistozänen (eiszeitlichen) Ablagerungen, die älter als das Chelléen sind. Diese Stücke aus dem frühen Quartär wurden ebenfalls als Eolithen bezeichnet (Obermaier 1925, S. 101). Unter Eolithen verstand man also zunächst alle (umstrittenen) Steinwerkzeugfunde, die älter als das allgemein anerkannte Chelléen waren.

Der Begriff wurde später auch mit anderen Inhalten belegt: Anfang des 20. Jahrhunderts bezog sich die Bezeichnung Eolith, und zwar auf Initiative von Aimé Rutot, nicht mehr auf das Alter, sondern auf den Bearbeitungsgrad. Im Gegensatz zur Auffassung von G. de Mortillet und anderen Forschern wie Klaatsch (1903, S. 120) basieren eolithische Industrien nach Rutot nicht auf intentionaler Arbeit, sondern drücken nur eine primitive Idee der Nutzung aus (Rutot 1900, S. 4).

Eolithen seien nur benutzte, aber kaum oder gar nicht bearbeitete Steinstücke. Sie hätten zunächst keine oder nur eine Anpassungsretusche für einen besseren Griff erhalten. Lediglich nach dem Stumpfwerden erfolgte eine Nachschärfungsretusche an der Arbeitskante (Rutot 1908, S. 51).

Anders als Rutot deutete Klaatsch (1903, S. 120) die primären Retuschen auf den Eolithen nicht durch Gebrauch entstanden, sondern vom Menschen zum Gebrauch des Stückes angebracht worden. Teilweise bearbeitet wäre nach Klaatsch deshalb die richtige Bezeichnungsweise für die Eolithen.

Abb. 2 Der Physiologe Prof. Max Verworn (1863-1925) gehörte im Gelehrtenstreit des frühen 20. Jahrhunderts ebenfalls zu den Befürwortern der Existenz eines 'Tertiär-Menschen'.

Max Verworn (1905, S. 51) (Abb. 2) ordnete seine obermiozänen Werkzeugfunde aus Cantal trotz ihres tertiären Alters nicht den Eolithen zu, sondern stellt sie zu einer "archaeolithischen Cultur". Auch Reid Moir (1919a, S. 7) benutzte für seine tertiären Steinwerkzeuge aus dem Crag und Subcrag von East Anglia nicht den Begriff Eolith, sondern bezeichnete sie als "pre-paleolithic implements". Verworn und Moir wollten damit verdeutlichen, dass ihre tertiären Steinwerkzeugfunde besser als die üblicherweise mit Eolithen bezeichneten Steinwerkzeuge gearbeitet waren.

Pfeiffer (1912, S. 20, Abb. 20) unterschied die archäolithische von der eolithischen Kultur folgendermaßen: Bei der archäolithischen Kultur sei der Stein künstlich gespalten und nur die Abschläge seien verwendet worden. Sie wären durch Randbearbeitung zu Geräten, hauptsächlich zu Schabern hergerichtet worden, die nur am Gebrauchsrande die Andeutung einer ihrem speziellen Zweck entsprechende Formgebung zeigen. Bei der eolithischen Kultur hingegen würde der Stein selber als Gerät verwendet, wie ihn die Natur bietet, ohne irgendwelche künstliche Bearbeitung. Die Geräte seien als solche nur an ihren Gebrauchsspuren zu erkennen. Tatsächlich sind aber viele der als Eolithen bezeichneten Geräte, wie in "Vergessene Archäologie" ausführlich dargestellt, auf der Basis eines künstlichen Abschlages hergestellt worden und weisen Retuschen zwecks Herstellung eines Werkzeuges mit spezieller Funktion auf (z.B. Schaber, Bohrer usw.).

Zu unrecht wurden später sämtliche Eolithen als reine Naturprodukte eingestuft. Der moderne Autor Hahn (1991, S. 33) hat von Adrian (1948, S. 18) folgende Begriffsbestimmung von Eolithen übernommen: "Heute wird so ein zweifelhaftes Artefakt bezeichnet. Besser ist der Begriff Pseudoartefakt, allenfalls artefaktähnliches oder artefaktverdächtiges Stück, falls eine sichere Trennung in Geofakt oder Artefakt nicht möglich ist." In "Vergessene Archäologie" wird ausführlich dargestellt, warum die früher publizierten artefaktähnlichen Feuersteinfunde aus dem Tertiär echte Hinterlassenschaften des Menschen sind.


Literatur

  • Adrian, W.: (1948) Die Frage der norddeutschen Eolithen. Paderborn
  • Hahn, J.: (1. Aufl. 1991, 2. Aufl. 1993) Erkennen und Bestimmen von Stein- und Knochenartefakten. Tubingen
  • Harrison, T.: (2006) Eoliths. In: Birx HJ (ed) Encyclopedia of anthropology 2. California, 831-832
  • Klaatsch, H.: (1903) Anthropologische und paläolithische Ergebnisse einer Studienreise durch Deutschland, Belgien und Frankreich. Zeitschrift für Ethnologie 35, 92-132
  • Moir, J.R.: (1919a) Pre-Palaolithic man. Ipswich
  • Mortillet, G. de: & A de Mortillet (1881) Musee prehistorique. Paris
  • Obermaier, H.: (1925) Das Eolithenproblem. In: Ebert M (Hg) Reallexikon der Vorgeschichte. 3. Band. Berlin, 99-107
  • Pfeiffer, L.: (1912) Die steinzeitliche Technik. Jena
  • Prestwich, J.: (1895a) The greater antiquity of man. Nineteenth Century Magazine 37, 617-628
  • Rutot, A.: (1900) Sur l’homme prequaternaire. Memoires de la societe d’anthropologie de Bruxelles 19 (1900-1901), 1-19, civ-cvii
  • Rutot, A.: (1908) Die Losung der Eolithenfrage. Diskussion. In: Colner anthropologische Gesellschaft (Hg). Bericht uber die Prahistoriker-Versammlung am 23. bis 31. Juli 1907 zur Eroffnung des Anthropologischen Museums in Coln. Coln, 49-57
  • Verworn, M.: (1905) Die archaeolithische Cultur in den Hipparionschichten von Aurillac (Cantal). Berlin


Anmerkungen und Quellen

Vergessene Archäologie Cover.JPG
Dieser Beitrag von Michael Brandt wurde seinem aktuellen Buch "Vergessene Archäologie - Steinwerkzeuge fast so alt wie die Dinosaurier" entnommen (S. 47-48), das im September 2011 bei SCM Hänssler im Verlag SCM GmbH & Co. KG, 71088 Holzgerlingen, erschienen ist. (Siehe dazu auch im Atlantisforschung.de-Editorial vom Oktober 2011: "Existenz des Tertiär-Menschen darf jetzt als bewiesen gelten") Hier erscheint der Text im Oktober 2011 in einer leicht modifizierten, redaktionell bearbeiteten Online-Fassung mit freundlicher Genehmigung des Autors.


Bild-Quellen

(1) Wikimedia Commons, unter: File:Gabriel de mortillet.jpg

(2) Wikimedia Commons, unter: File:Voit 191 Max Verworn.jpg