Anmerkung von Uwe Topper

...zum Beitrag "Hanns Hörbiger: Ein Universum aus Feuer und Eis?"

Abb. 1 Impakt von großen Eisboliden in eine Sonne, wie von Hanns Hörbiger und seinem Schüler Philipp Fauth angenommen.

Zuerst möchte man entsetzt ausrufen: Zusammen mit Ptolemäus und Kopernikus per Welteislehre den Hörbiger in den Himmel der Unsterblichen erheben? Das ist unerhört! Da aber als Hörbigers bester Gegner Einstein suggeriert wird, fragt man sich, ob der es wirklich heute noch verdient, nachdem sich in letzter Zeit herausstellte, daß seine Berechnungen doch nicht fehlerfrei sind? Aber wer könnte dann den dritten Mann abgeben?

Der Artikel erfüllt einen hervorragenden Zweck: Er stellt die NS-Politiker als dumm hin, weil sie statt der akademischen Wissenschaft dem Hörbiger vertrauten. Die Tendenz ist also akzeptabel. Sind es die Mittel auch? Ich frage, ist es gerechtfertigt, das reichlich demagogische und unwissenschaftliche Buch von Pauwels/Bergier (zuerst 1962) als Maßstab für die Wirkung der WEL zu nehmen? Von 18 Referenzen des Artikels stammen 8 aus diesem Buch, was den Wert der Aussage erheblich mindert. Die Ausdrucksweise ist an einigen Stellen unrichtig, denn ob es tatsächlich „mystische Riten des Nationalsozialismus“ gab, ist noch nicht ausdiskutiert (siehe z.B. Ernst Piper, Alfred Rosenberg, 2008), zumindest konnte Hörbiger sich 1913 nicht an diese „anlehnen“, da gab es den NS noch nicht.

Es scheint sogar, daß die beiden Autoren Hörbigers Buch nicht gelesen haben (es wurde meines Wissens in keine Fremdsprache übersetzt), auch sonst nicht recht im Bilde waren, wenn sie von „drei großen theoretischen Werken und über vierzig populären Büchern sowie Hunderten von Broschüren, die in wenigen Jahren für die Verbreitung der WEL erschienen seien“, sprechen. Es gibt nur ein Hauptwerk von Fauth und Hörbiger, das monströse Buch „Glazial-Kosmogonie“ (1913/1925), und ein knappes Dutzend populäre Bücher von einigen Anhängern, an Broschüren sind ebenfalls kaum ein Dutzend aufzufinden. Die zitierten Romane und Märchen mögen den damaligen literarischen Trend beleuchten, Hörbiger hat damit nichts zu tun.

Zur Abbildung 3: Daß der damals noch recht junge ‚Führer‘, lange bevor er zum Idol der Massen wurde, dem rauschbärtigen Greis Hörbiger nicht ins Wort fiel, sondern Höflichkeit bewahrte im Gespräch, spricht eigentlich nicht gegen ihn. Wann und wo haben die beiden sich eigentlich öfters getroffen? Aber das tut nichts zur Sache, die deutschen Wissenschaftler wußten schon, wie sie den Hörbiger abservieren konnten. Etwa wie der junge Heisenberg. Er drohte mit Rücktritt von seinem Posten, falls die WEL im Ahnenerbe zu einer diskutablen Lehre aufgewertet werden sollte, worauf dieses Projekt schon wenige Monate nach Beginn fallengelassen wurde. So einfach war das damals (1938), die WEL zu erledigen. Brigitte Nagel hat in ihrer Doktorarbeit die Fakten dazu glänzend recherchiert.

Oder Robert Henseling mit seinem Buch: Umstrittenes Weltbild. Er widerlegte 1939 sachlich und eindeutig die WEL (und anderen Unsinn wie Astrologie und Hohlwelttheorie) und sein Buch erlebte bald darauf mehrere Auflagen. Das besagt klar, woher der Wind damals wehte.

Tatsächlich hatte Henseling schon 1925 gemeinsam mit mehreren angesehenen Wissenschaftlern die Diskussion zur Widerlegung der WEL angeregt, und dieses Buch sei als Lektüre jedem empfohlen, der sich mit dem wissenschaftlichen Aspekt der WEL beschäftigen möchte:

Henseling, Robert (Hrg., 1925): Weltentwicklung und Welteislehre (mit Beiträgen von Hoffmeister, Hummel, Kienle, Kühl und Nölke; Potsdam)

Henseling, Robert (1939): Umstrittenes Weltbild (4. Aufl., Leipzig 1941)


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von Uwe Topper © wurde der Redaktion am Mo., den 1. Feb. 2010 zugesandt. Illustration durch Atlantisforschung.de


Bild-Quelle

Christina Wessely, "Der Erfolg des falschen Wissens", 08. Juli 2008, bei: derStandard.at