Athanasius Kircher (Teil 4)

Historisches Forscher- und Autorenportrait (Fortsetzung)

von unserem Gatautor Dr. Martin Freksa

Abb. 1 Eine phatasievolle Darstellung des alten Ägypten aus Athanasius Kirchers Werk Sphinx Mystagoga

Seit dieser Zeit, so Kircher, sei das Verderbnis der Menschen rasch vorangeschritten. Kircher nennt als Kennzeichen dieser Ära die Herstellung von Kriegswaffen aller Art, und zwar auf Grundlage der Metalltechnik (!). Die überlegenen Fremden (in Henochia) hätten ihren Verbündeten beigebracht, selbst gewisse Instrumente herzustellen (ipsas facere instrumenta fornicationis). - Hier gibt er dür Kircher sicherlich ebenso wie für uns ein Übersetzungsproblem: Die Instrumente könnten in Feuer gemachte (eherne) Insterumente sin, oder >Feuer machende<; Kircher selbst scheint hier an die »Feuerwaffen« zu denken, wie sie zu seiner (Kirchers) Zeit gebräuchlich geworden sind. Als ein weiteres Kennzeichen nennt Kircher eine gewisse Technik des Mitteilens durch die Luft (ars divinandi per aerem). - Noch gravierendere Übersetzungsprobleme!

Schließlich nennt Kircher, und zwar im Zusammenhang mit den »Engeln« (Michael, Raphael, Gabriel, Uriel) eine gewisse Inspizierungstechnik aus höchsten Höhen mit Hilfe eines Behältnisses (e supremo coelorum habitaculo terram inspiciebant). - Die Übersetzungspropbleme überschlagen sich! Ich lasse sie hier einfach stehen und komme im letzten Kapitel, wo der Grund dieser Probleme erklärt wird, darauf zurück. Am Ende habe sich dann die Große Flut ereignet. Für dieses Ereignis gebrauchte Nahum (bibl. Prophet) die Worte:

»Die Wege des Herrn sind in Sturm und Wirbel.
Sein Hirtenstab ist der Nebelstaub (nebulae pulvis).
Er macht das Meer rasend, er macht es auch trocken
und alle Flüsse bringst er zum Versiegen.«

Betrachtet man die beiden einschlägigen Werke Kirchers im Vergleich zu Platons Atlantisbericht, so kann man für beide Autoren ein gleichartiges Grundproblem feststellen. Platon hatte sich zur Erklärung der großen Katastrophe einerseits auf natürliche Bedingengen (Erdbeben, Flut) bezogen und andererseits auf menschliche Bedingungen (Dekadenz, Krieg).

Ebenso betrachtete Kircher die Katastrophe von zwei Seiten [...], einerseits von natürlichen Bedingungen her (»Aushöhlung« von Atlantis mit Erdstoß, Flut), andererseits von menschlichen Bedingungen her (Perversion des Menschengeschlechts, u.a. hinsichtlich des Kriegsgeräts). Beide Seiten erscheinen allerdings weder bei Platon noch bei Kircher in einem nachvollziehbaren Zusammenhang, denn bei Platon erscheint am Ende »Zeus« und bei Kircher »der Herr« (Dominus im Zitat Nahums) als derjenige, dessen Wille geschehen sei. Wie die natürlichen Bedingungen und die menschlichen Bedingungen zusammenhingen, bleibt ungelöst. Ob und inwieweit es für dieses Grundproblem eine Lösung geben kann - und unter welchen historischen Bedingungen - wird sich noch zeigen.

Kircher hat in methodischer Hinsicht sehr ähnlich gedacht wie Platon. Zudem hat Kircher Platons Aussagen bis in kleinste Details aufgenommen. Ein anmerkenswertes Detail findet sich in der Zeichnung von Atlantis, welche Kircher nach Platons (schriftlicher) Vorlage angefertigt hat: die Flüsse von Atlantis nämlich, die in verschiedenen Himmelsrichtungen dem Atlantischen Ozean zufließen. Kircher kommentiert den Lauf dieser Flüsse mit einer feinsinnigen geologischen Bemerkung. Generell, sagt er, seien die Landmassen (Terrestris Mundi portiones) von Natur aus so angelegt, daß die Flüsse den jeweiligen Meeresteilen zufließen. Da aber (erschließbar aus der detaillierten Beschreibung des Landes in Platons Text) die Flüsse von Atlantis ringsum dem Meer zugeflossen sein müssen, müsse die Landmasse von Atlantis von allen Seiten vom Meer umgeben gewesen sein.


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Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Martin Freksa (©) wurde seinem Buch Das verlorene Atlantis (Abb. 2) entnommen (S. 111-116), das 1999 in 2. Ausgabe bei Zweitausendeins in Frakfurt, Main publiziert wurde. Die Wiederveröffentlichung des Textes bei Atlantisforschung.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verfassers.

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