Atlanteotl

Abb. 1 Darstellung des - das Himmelsgewölbe und seine Wasser stützenden - Gottes Atlanteotl aus dem Codex Borgia. Die Parallele zum altweltlichen Atlas ist unverkennbar.

(red) Bei dem mittelamerikanischen Nahuatl-Begriff Atlanteotl handelt es sich:

1) ...nach Tony O’Connell (Atlantipedia.ie) um "einen von mehreren Namen zur Bezeichnung der Olmeken, die sowohl von den Maya als auch von den Tolteken als ihre Vorfahren in Anspruch genommen wurden. Gene Matlock legt nahe, dass der Name >Götter der / von den / aus den Wassern< bedeutet. [1] Auch weist er darauf hin, dass die Azteken die spanischen Invasoren als Atlanteotl bezeichneten [2], da sie dachten, sie kämen aus ihrem alten Heimatland." [3]

2) ...nach Frank Joseph (Atlantis Enclopedia) um einen "aztekischen (zapotekischen) Wasser-Gott, der dazu >verdammt war, auf ewig am Rande der Welt zu stehen, und auf seinen Schultern das Himmelsgewölbe zu tragen< (Miller and Rivera, 4). Diese Gottheit ist sowohl vom Namen her als auch in der Funktion praktisch ein Spiegelbild von Atlas-Atlantis, ein starker Hinweis, der einen profunden atlantischen Einfluss in Mesoamerika unterstützt." [4]

Abb. 2 Beispiel für einen Atlanteotl als Architektur- oder Stil-Element im präkolumbischen Amerika.

Tatsächlich stellt die mythische bzw mythisierte Figur des Atlanteotl, wie sie z.B. im - bisweilen wohl zu Unrecht den Mixteken zugeschriebenen [5] - Codex Borgia (auch: Codex Yoalli Ehēcatl) dargestellt wird (Abb. 1), eine frappierend deutliche Entsprechung zum altweltlichen Himmelsstützer Atlas dar, die sich wohl kaum im Rahmen des vorherschenden isolationistischen Paradigmas universitärer Altamerikanistik als Ergebnis voneinander unabhängig erfolgter Parallelentwicklungen westlich und östlich des Atlantik erklären lässt. Diese Übereinstimmung reicht sogar bis in den Bereich der Architektur hinein, indem sich im Atlanteotl als stilistischem Bauelement (Abb. 2) die mesoamerikanische Entsprechung zu den Atlanten der graeco-romanischen bzw. klassisch-mediterranen Welt findet.

Somit lässt sich die Figur des Atlanteotl entweder als augenfälliges Relikt eines prähistorischen panatlantischen respektive atlantidischen Kulturkomplexes, oder zumindest als Ergebnis kultureller Diffusionsprozesse im Gefolge präkolumbischer transatlantischer Kontakte zwischen Menschen der Alten und der Neuen Welt deuten.


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Diese Übersetzung ist zweifellos stimmig. Das zusammengesetze Hauptwort Atlanteotl besteht aus den beiden Teilbegriffen atl = 'Wasser' und teotl = 'Gott', oder 'Himmlisches', 'Unerklärliches' etc.
  2. Anmerkung: Bei der angelsächsischen Wikipedia heißt es abweichend davon: "...es scheint, dass der Azteken-Herrscher Moctezuma II. und die Azteken im Allgemeinen Cortés und die Conquistadoren als >teotl< bezeichneten - es wurde allgemein angenommen, dies bedeute, dass sie glaubten, diese seien Götter. Ein besseres Verständnis von >teotl< könnte jedoch darauf hindeuten, dass sie lediglich als >geheimnisvoll< und >unerklärlich< betrachtet wurden." (Quelle: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Teotl"; abgerufen: 2. Oktober 2015; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  3. Quelle: Tony O’Connell, "Atlanteotl", 2. Juni 2010, bei Atlantipedia.ie - An A-Z Guide To The Search For Plato's Atlantis (abgerufen: 2. Oktober 2015; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  4. Quelle: Frank Joseph, "The Atlantis Encyclopedia", Career Press, 2005, S. 44/45 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  5. Quelle: Elizabeth Hill Boone, "Cycles of Time and Meaning in the Mexican Books of Fate", University of Texas Press, 2013

Bild-Quelle:

1) Vopus.org, unter Atlas or Atlanteotl (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
2) o.A., "Semelhanças entre Atlas e Atlanteotl", 19. April 2010, bei: Paradigma Matrix