Atlantis, der Sintflut-Impakt und Nostradamus: Die Theorien von A. und E. Tollmann

(bb) Das Wiener Forscher-Ehepaar Alexander und Edith Tollmann gehörte zu jenen 'Häretikern' innehalb des akademischen Wissenschaftsbetriebs, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren katastrophistischen Veröffentlichungen zur jüngeren Erd- und Menschheits-Geschichte bei großen Teilen ihrer Kollegenschaft besonders unbeliebt gemacht haben.

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Abb. 1 Das Tollmann-Szenario, kurz vor dem 'Finale': Ein Schwarm von Kometenkern-Fragmenten nähert sich der Erde auf Kollisionskurs (links). Bereits in der Stratosphäre beginnen die Boliden aufzuglühen (Mitte) und durchstoßen (rechts) als gleißende Lichtpfeile die unteren Luft-Schichten.

Dr. Alexander Tollmann (Abb. 2) wurde am 27.6.1928 in Wien geboren und schloss dort das Studium der Geologie ab. Ab 1969 hatte er eine Professur am Geologischen Institut der Universität Wien inne, wo er ab 1972 als Institutsvorstand tätig war. Aber auch als Homo politicus machte sich der streitbare und als Querdenker bekannte Professor durch seine Aktivitäten für Umweltschutz und gegen Kernkraftwerke sowie als Gründer der 'Vereinten Grünen Österreichs' (VGÖ) einen Namen.

Auch wenn die Tollmanns häufig als "Atlantisforscher" betrachtet worden sind, und sich - was wir betonen möchten - große Meriten um dieses alternative Forschungsgebiet erworben haben, wäre es mit Sicherheit verkürzend, sie in dieser Weise zu kategorisieren. Vielemehr repräsentiert das Paar (beide waren Geologen und Anthropologen) mit seiner gemeinsamen Arbeit fast symbolträchtig die neue, alternative oder grenzwissenschaftliche Erd- und Menschheits-Geschichtsforschung, die sich im späten 20. Jahrhunderts zu formieren begann.

Abb.2:Professor Dr. Alexander Tollmann 1983 in mittleren Jahren. (Foto: © Die Presse / H. Hochmeister

Der Alvarez-Impakt als Basis der Tollmann´schen Überlegungen

Für den modernen Neo-Katastrophismus und die empirische Atlantisforschung erwies sich vor allem A. und E. Tollmanns 1993 erschienenes Standardwerk Und die Sintflut gab es doch - Vom Mythos zur historischen Wahrheit als Meilenstein. Mit dieser 560 Seiten starken Arbeit knüpfen die AutorInnen an die Erkenntnisse von Luis Walter Alvarez an, die im Jahr 1980 - gemeinsam mit Frank Asaro u. Helen V. Michel - durch eine Veröffentlichung in der angesehenen Wissenschafts-Zeitschrift Science ein 'geologisches Beben' der etwas anderen Art auslösten.

In dieser Veröffentlichung legten die ForscherInnen (Alvarez et al.) einer schockierten Fachwelt massive Indizien und harte Evidenzen dafür vor, dass offenbar ein gewaltiger Meteoriten-Impakt am Ende der sogenannten >Kreidezeit< (vor etwa 65 Millionen Jahren) kataklysmische Veränderungen auf dem gesamten Globus hervorgerufen hat. Damit waren sie nicht nur auf die lange gesuchte Ursache für das plötzliche Aussterben der Dinosaurier gestoßen, sondern sie hatten gleichzeitig - mit einem einzigen, wohlgezielten Streich - den zentralen Dogmen moderner Erd- und Menschheits-Geschichtsforschung den Lebensnerv durchtrennt - dem Aktualismus und Uniformitarismus. (siehe: Lyell und Darwin)

Abb. 3: Der Endkreide-Impakt, der u.a. das Aussterben der Dinosaurier verursachte, war die größte, aber nicht die letzte bekannte Katastrophe dieser Art.

Die Tollmanns kommentierten diesen Vorgang folgendermaßen: "Die Veröffentlichung wurde selbst zum Impakt in der herkömmlichen aktualistischen Sichtweise der Erdwissenschaftler. Sie stellte selbst die Superkatastrophe für das bisherige und traditionelle Denken dar und stürzte die berühmten Vertreter der >Entwicklungslehre in kleinen Schritten< im anorganischen wie im biologischen Bereich von Lyell bis Darwin mit einem Stoß vom Podest. [...]

Die Publikation des Alvarez-Teams hatte deshalb für so außerordentliche Aufregung gesorgt, weil dieser erste Entwurf - einerseits wie es sich für einen Nobelpreisträger geziemte - bereits umfassend mit exakten Daten und Analyseergebnissen ausgestattet und daher nicht leicht angreifbar war, andererseits aber zugleich ein tiefgründig durchdachtes Szenario der atemberaubenden Auswirkungen auf die Erde und das Leben präsentierte, von denen vorher noch niemand etwas geahnt hatte, und überdies neue Antworten auf Grundfragen der Entwicklungsge-schichte bis hin zum rätselhaften Massenaussterben von Organismen in der Erdgeschichte bot." [1]

Einer wesentlichen Argumentations-Grundlage und der zentralen Stütze ihres Theoriengebäudes beraubt, blieb der wissenschaftlichen Orthodoxie nur noch der geordnete Rückzug in die rezente Erdgeschichte übrig, wobei das Establishment in etwa folgendermaßen argumentierte: "Schön und gut - wir können nicht mehr bestreiten, dass sich derartige Ereignisse vor Millionen von Jahren ereignet, und die erdgeschichtliche Entwicklung massiv beeinflußt haben. Während der Entwicklung des modernen Menschen - erst recht in historischen Zeiträumen - hat es solche Kataklysmen jedenfalls nicht gegeben - und deshalb brauchen wir an unseren diesbezüglichen Vorstellungen auch nicht das Geringste zu ändern!"

Abb.4:Verfügten die alten Hochkulturen der Inder, Perser und Ägypter über Überlieferungen, die bis in die 'Altsteinzeit' zurückreichen? Die Tollmanns beantworten diese Frage mit: JA

Doch damit konnten und wollten sich die Tollmanns - ähnlich wie schon Jahre zuvor der 'Erzhäretiker' Immanuel Velikovsky - nicht zufrieden geben. Ausgehend von der Fragestellung, "wie häufig ein solches Ereignis in der Erdgeschichte, aber auch in der Menschheitsgeschichte eintrat und zu erwarten ist", weisen sie dezidiert - und anhand konkreter Beispiele, wie z.B. dem etwa 25 000 Jahre alten Barringer-Krater in Arizona - nach, dass die Erde auch in post-tertiären Zeiten einem regelrechten Trommelfeuer von Impaktoren ausgesetzt war. Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, "daß das Bombardement aus dem All zum festen Bestandteil der Erdentwicklung gehört. [...]

Wir sind aufgrund der Schätzungen über die Häufigkeit von Impakten und aufgrund anderer Indizien davon überzeugt, daß tiefgreifende, bedeutende Einschläge mit gravierenden Auswirkungen auf das Leben beständig und in kurzen Abständen erfolgt sind: alle paar zehntausend oder höchstens hunderttausend Jahre, also geologisch gesehen - angesichts der Milliarden Jahre langen Entwicklung unseres Planeten - alle paar »Augenblicke«. Sie werden die Erklärung für die meisten Zäsuren der Erdgeschichte liefern - bis hinunter in die kleinsten geologischen Einzelheiten." [2]


Geologische Argumente für Impakt-Katastrophen in rezenten Perioden

Für den vermuteten Zeitraum der Menschheitsentwicklung (die jüngsten 3 Millionen Jahre) listen die beiden ForscherInnen ca. 30 bekannte, größere Impakte weltweit auf und können somit feststellen: "Der Mensch hat im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte schon wiederholt Impakte erlebt". [3] Während von den Auswirkungen der meisten dieser Boliden-Einschläge nur die nähere Umgebung oder ein regional eingrenzbarer Großraum betroffen war, können A. und E. Tollmann darunter aber auch eine Reihe regelrechter Overkill-Ereignisse nachweisen: "Weitreichende Auswirkungen hatten aber die Einschläge vor rund einer Million Jahre in Kasachstan und Ghana. Verheerende Schäden von globalem Ausmaß richtete hingegen – abgesehen vom Sintflut-Impakt - der Einschlag vor rund 700 000 Jahren an, dessen Tektitstreu von Südchina und Hinterindien über ganz Australien bis weit hinein in die Weltmeere reicht." [4]

Abb.5:Das Atommüll- Lager bei Morsleben. Im Falle eines Mega-Impakts würden die hier und an anderen Stellen gelagerten, radioaktiven Substanzen vermutlich freigesetzt und könnten Grundwasser und Atmosphäre verseuchen. (Foto: © GREENPEACE Deutschland

Auch auf der Suche nach geologischen Hinweisen auf Impakte in den jüngsten 40 000 Jahren (der vermuteten Ära des Homo sapiens) wird das Forscher-Ehepaar fündig, wobei sie zunächst feststellen müssen, dass diese Frage seitens der Geologie "noch von niemandem überdacht worden" sei, "so daß also auch noch kein Material dazu gesammelt worden ist." [5] Eine erste sachdienliche Spur sehen die Tollmanns "in den auffälligen Staubbändern aus der Zeit um 18 000 - 17 000 vor heute", die "in dem antarktischen Eisbohrkern der Byrd-Station entdeckt wurden, und die auch die damit befaßten Forscher selbst als merkwürdig bezeichnet haben. [6]

Diese großen Staubmengen lassen sich nicht einfach auf Vulkan-Eruptionen beziehen, wie sie sich in einige Jahrtausende älteren Aschenhorizonten dokumentieren. In dieser Zeit vor 17 000 - 18 000 Jahren aber setzte eine lang anhaltende Erwärmung ein, die das letzte Hochglazial beendete. Man könnte daher vermuten, daß diese Entwicklung auf eine Treibhauswirkung zurückgeht, die durch die Produktion von Treibhausgasen bei einem Impakt hervorgerufen wurde." [7]

Die naturwissenschaftliche Identifikation und Analyse dieses rezenten Sinflut-Impakts führen die Tollmanns streng systematisch durch, wobei sie vierzehn (!) Teilbereiche und -aspekte des Geschehens [8] separat und ausführlich unter die Lupe nehmen. (Siehe dazu: Ablauf und Folgen eines Impaktes von Christian Rother, der in seinem Aufsatz Systematik und Angaben der Tollmanns weitgehend übernimmt.)


Erinnerungen an Weltuntergänge - Überlieferungen aus der >Steinzeit<

Zur Identifikation des jüngsten Großimpakt-Szenarios in der rezenten Menschheits-Geschichte, dem von ihnen als "Sintflut-Impakt" definierten Ereignis (vor etwa 11 500 Jahren), greifen die Tollmanns aber nicht nur auf geologische Argumente zurück, sondern nutzen auch ein klassisches Instrument empirischer Atlantisforschung - die euhemeristische Mythologie (siehe: Stichwort: Euhemerismus): "Wir möchten [...] unsere Aufmerksamkeit auf die andere Möglichkeit einer Beweisführung hinwenden, nämlich die menschliche Tradition. Obwohl dies im ersten Moment paradox erscheinen mag, dürfen wir aber auch diese Perspektive nicht von vorneherein aus unseren Überlegungen ausschließen.

Immerhin konnten wir entgegen allen Erwartungen mit Sicherheit eine detaillierte Erinnerung des Menschengeschlechtes über einen Zeitraum von fast zehn Jahrtausenden feststellen, ja sogar noch darüber hinaus ernstzunehmende Traditionen bis zurück in die der Hochkultur der Atlanter - die nach Aussage dieser Überlieferungen bis zu 11 600 Jahre alt sind - aufzeigen. Deshalb sollte man auch die Möglichkeit einer noch weiter zurückreichenden Erinnerung an solch gewaltige Erlebnisse wie Impakte zunächst einmal nicht grundsätzlich von der Hand weisen." [9] (siehe dazu auch: Geo-mythologische Überlegungen zu Atlantis von A. u. E. Tollmann).

Derartige, nach A. und E. Tollmann bis ins Pleistozän zurückreichende, Menschheitserinnerungen werden von ihnen wie folgt klassifiziert: "Es handelt sich dabei um eine ganze Gruppe von Überlieferungen, die schon in der Antike weiträumig verbreitet waren. Sie tauchen in den großen Religionen der Inder, Perser und Ägypter auf und sind in der Naturphilosophie der Griechen und bei den Etruskern und Römern verankert. Diese Überlieferungen berichten mit größter Selbstverständlichkeit und Überzeugung, daß bereits vor der Sintflut in großen Zeitabständen ähnliche Weltkatastrophen eingetreten seien.

Abb. 6Zu den "hausgemachten", katastrophalen Folgen des nächsten Mega-Impakts dürften auch die unkontrollierbar werdenden Nuklear-Anlagen der Menschheit gehören: Wer die thermischen und mechanischen Gewalten des Impakts überlebt, stirbt später infolge der durch Kernschmelzen und spontane Reaktionen freiwerdenden Radioaktivität.

Und alle waren durch Merkmale charakterisiert, die - wie wir heute wissen - für Impakte typisch sind, d.h. durch Weltenbrand, Flut, strengen Winter usw. In der Antike war sogar schon bekannt, daß diese Vernichtungsakte jeweils durch fremde Himmelskörper [vergleiche etwa: Timaios 22c, 22d; d. Red.] bedingt waren [...] Die Abstände zwischen solchen kosmischen Katastrophen wurden in der Antike in »Weltenjahren« gemessen. Die Dauer dieser »Weltenjahre« schwankt aufgrund der ungleichmäßigen Zeitabstände zwischen großen Einschlägen von vorneherein und divergiert deshalb auch bei verschiedenen Völkern innerhalb bestimmter Grenzen. Sie wurde in der Antike im Mittel zwischen 10 000 und 12 000 Jahren veranschlagt, wobei die Extremwerte (bei den Ägyptern und Indern) nach beiden Seiten hin stark abweichen." [10]

Der alternativ-historische u. atlantologische Forschungs-Ansatz der Tollmanns stellt also eine Synthese aus astronomischen und geologischen sowie astro- und geo-mythologischen Elementen dar, wobei die AutorInnen - wohl in Erwartung des voraussehbaren Entrüstungs-Sturmes [11] ihrer werten Kollegenschaft vorsichtig feststellen: "Wir möchten mit Nachdruck darauf aufmerksam machen, daß dieser Versuch, eine Korrelation zwischen Überlieferungen über das Weltenjahr und möglichen zugehörigen geologischen Ereignissen herzustellen, nur erste Überlegungen zu einem Thema bringt, das noch in keiner Weise unter diesem Gesichtspunkt untersucht worden ist. Trotzdem erscheint uns die Präzisierung dieser Fragestellung wichtig, weil sie dazu anregen soll, diesen für die Menschheitsentwicklung wichtigen Punkt zu überprüfen." [12]


Ein futurulogischer Aspekt der Tollmann´schen Arbeit von 1993

Dem von sogenannten "Atlantologie-Kritikern" gebetsmühlenartig wiederholten Klischee der "rückwärtsgewandten" und "wirklichkeitsflüchtigen" Atlantisforscher begegnen A. und E. Tollmann in "Und die Sintflut gab es doch" mit brisanten und höchst realitäts-bezogenen Überlegungen zur Zukunft der Menschheit, die sie vor dem Hintergrund ihrer Forschungsergebnisse entwickeln: "Die Erkentniss, daß es auf der Erde eine unerwartet hohe Zahl von Impakten - teilweise schon zu Lebzeiten es Menschen - gegeben hat, und das Wissen um die schrecklichen Auswirkungen von Einschlägen, wenn sie die Größenordnung des Sintflut-Impakts haben, fordern dazu auf, über die sachliche Feststellung des Impakt-Geschehens hinaus die Konsequenzen zu überdenken, die sich daraus für das weitere Schicksal der Menschheit ergeben." [13]

Dabei "soll hier beileibe nicht versucht werden, die ganze Palette der möglichen Auswirkungen eines nächsten bedeutenden Impakts für die heutige Zivilisation zu überdenken. Statt dessen wollen wir uns auf einen wichtigen, vielleicht sogar DEN entscheidendsten Aspekt konzentrieren, der mit der modernen Technologie der Atomkraftwerke zusammenhängt. [...] Und es soll uns zu Konsequenzen auffordern." [14]

Dazu stellen die AutorInnen zunächst fest: "Derzeit [1993; d. Red.] sind weltweit 434 Atomreaktoren in Betrieb und 83 in Bau. Hinzu kommen die nicht so bereitwillig genannten militärischen Anlagen für die atomare Rüstungsindustrie. Das gesamte Ausmaß der in diesen atomaren Anlagen inzwischen angehäuften hochradioaktiven Stoffe, die für den menschlichen Organismus ungleich gefährlicher als alle anderen Giftstoffe sind und deren Menge in jedem Jahr weiter anwächst, ist ins Gigantische gestiegen. Wenn sie freigesetzt würden, käme dies in seiner ungebändigten Wirkung einem vieltausendfachen Overkill für das gesamte Leben, nicht nur allein für den Menschen, gleich. [...]

Abb. 7 Karikatur auf Prof. Tollmanns 1998 präsentiertes Endzeit-Szenario. (Zeichnung: Deix Weekly

Der Versuch, die rasch weiter anwachsenden Massen von hochradioaktivem Müll auch nur einigermaßen sicher in Endlagern viele hundert Meter unter der Oberfläche unterzubringen, ist trotz 35 Jahren intensiver, kostenaufwändiger Suche weltweit an der komplexen, gestörten Struktur der Erdkruste gescheitert. Deshalb lagert das gesamte, höchstgefährliche radioaktive Material an der Erdoberfläche und kann in den Atomkraftwerken ebenso wie in allen Zwischenlagern nur mittels ununterbrochen arbeitender Kühlung unter Kontrolle erhalten werden." [15] Was bei einem umfassenden Ausfall der notwendigen Betriebsenergie in HUNDERTEN solcher Anlagen geschehen würde, wie sie bei einem größeren Impakt-Ereignis vorausgesetzt werden muss, läßt sich erahnen, ist in letzter, grauenhafter Konsequenz jedoch kaum vorstellbar.

Darüber hinaus weisen die Tollmanns in diesem Zusammenhang aber auch nachdrücklich auf die zu erwartenden Auswirkungen der Impakt-Beben hin: "Sämtliche dieser vielen hundert, über die gesamte Erde verteilten atomaren Anlagen und Zwischenlager sind in ihrer Bauausführung jeweils auf die stärksten herkömmlichen Erdbeben ausgelegt, die man aufgrund der historischen Erfahrung und des geologischen Wissens im Ernstfall am jeweiligen Standort befürchten müßte. Impakte hat man bei der Installation der gesamten nuklearen Anlagen als Gefahrenmöglichkeit >ausgeklammert<. Realität und Häufigkeit von Impakten und die Stärke der Impaktbeben sind dabei nirgendwo berücksichtigt worden." [16]

Ein derartiges Ereignis ist jedoch jederzeit möglich - und rein statistisch sogar 'überfällig': "Die Wahrscheinlichkeit, daß die Erde von einem Impaktor namhafter Größe getroffen wird, der katastrophale Auswirkungen für die Menschheit haben könnte, liegt selbst schon nach dem jetzigen Kenntnisstand in der Größenordnung von mehreren zehntausend Jahren. Und welche Auswirkungen ein solcher, keineswegs seltener Treffer von der Größenordnung des Sintflut-Impaktes hätte, konnten wir ja sehr anschaulich aufzeigen. [...]

Was aber ein durch einen nächsten Asteroiden- oder Kometeneinschlag ausgelöstes Impaktbeben [...] bei der Vielzahl der atomaren Anlagen bedeuten würde, läßt sich einfach, aber todtraurig sagen: das Ende des Lebens, das sich seit 3,8 Milliarden Jahren in so vielfältiger Form auf unserem Planeten erhalten hat." [17]

Einen notwendigen und möglichen Schritt zur Abwehr dieser größten denkbaren Gefährdung des Lebens auf der Erde (wenn man von einer derzeit höchst unwahrscheinlichen Explosion unseres Zentralgestirns absieht) sehen A. und E. Tollmann im Aufbau technologischer Abwehr-Systeme gegen Monster-Impaktoren:

"Überlegungen dieser Art, die unter der Bezeichnung >Projekt Weltraumüberwachung< zusammengefaßt werden, wurden ja schon seit der Woods-Hole-Konferenz der NASA im Juni 1980 und dem ein Jahr später stattfindenden Treffen in Snowmass in Colorado angestellt, durften aber unter dem Druck der [Atomkraft-] Lobby [18] aus politischen Gründen nicht veröffentlicht werden." [19]

Zwei der wesentlichen Voraussetzungen zur Realisierung eines solchen Abwehr-Systems, die technologischer Natur sind - rechtzeitige Ortung und Erreichbarkeit der sich annähernden Körper -, halten die Tollmanns bereits für gegeben. Trotzdem bleiben die AutorInnen aus gutem Grund skeptisch:

"Es bleibt nur die Frage, ob auch die dritte Voraussetzung erfüllbar ist, nämlich der koordinierte Einsatz der Vernunft und des guten Willens, statt die Technologie für nationale Interessen, religiösen Fanatismus, Konzerne, Machtgruppen und Kriege zu verwenden. Denn bei einem positiven Gebrauch der Vernunft wäre es schon längst eine Selbstverständ-lichkeit gewesen, die viel zu teure, immense Gefahrenquelle Nukleartechnologie [...] abzustellen und durch die Solarenergie zu ersetzen - auch ohne die erst jetzt klar werdende Bedrohung durch bevorstehende Impakte." [20]


Die Tollmanns und Nostradamus - Von der nonkonformistischen Wissenschaft zur Esoterik?

Reichlich Munition lieferten A. und E. Tollmann ihren Kritikern - und diesmal nicht nur den Schulwissenschaftlern unter ihnen - im Jahr 1998 mit der Veröffentlichung ihres Buches Das Weltenjahr geht zur Neige - Mythos und Wahrheit der Prophezeiungen. Mit dieser Publikation, die man nur sehr bedingt als Folge-Arbeit zu "Und die Sintflut gab es doch" bezeichnen kann, verlassen die Tollmanns zumindest teilweise den Boden der grenzwissenschaftlich-nonkonformistischen Erd- und Menschheits-Geschichtsforschung und begeben sich in 'esoterische Gefilde'. Dabei beschäftigen sie sich zunächst mit Prophezeiungen aus verschiedenen geschichtlichen Epochen.

Abb. 8:In "Das Weltenjahr geht zur Neige - Mythos und Wahrheit der Prophezeiungen" gingen die Tollmans offenbar den Propezeiungen des Nostradamus (Bild) 'auf den Leim' und lieferten ihren Kritikern reichlich Munition.

Im Verlagstext heißt es dazu: "Erstmals setzen sich profunde Naturwissenschaftler mit den alten Prophezeiungen der Seher aus allen Zeiten auseinander. Es gelingt den Autoren, Scharlatane von echten Seherpersönlichkeiten zu unterscheiden und wahre Propheten (wie z. B. Nostradamus) neu zu bewerten." [...] Die "in den Endzeit-Prophezeiungen beschriebenen Katastrophen [werden] auf ihre Plausibilität überprüft.

Das Resultat ist, daß ein Großteil der als Vorzeichen für die Endkatastrophe angekündigten Omina bereits eingetroffen ist. - Geht das Weltenjahr 1999 zu Ende? - Wird es Revolutionen in Frankreich und Italien, Unruhen in Deutschland und einen neuerlichen Nahost- und Balkan-krieg geben? - Wird die NATO-Osterweiterung den Dritten Weltkrieg auslösen? - Wird dieser jedoch nach nur drei Monaten durch einen Kometeneinschlag abrupt beendet? Mit den dargelegten Prophezeiungen für die unmit-telbare Zukunft stehen die Propheten nun auf dem Prüfstand!" [21]

Tatsächlich scheint die Tollmann´sche "Plausibilitätsprüfung" eher subjektiven Kriterien unterworfen gewesen zu sein. So merkte auch der Wissenschafts-Historiker und -Kritiker Dr. Horst Friedrich - selbst 'bekennender' Katastrophist und Diffusionist - bei Erscheinen des Buches kritisch an: "Methodologisch bedenklich erscheint, dass die Autoren alle jene Prophezeiungen als unrealistisch und daher unglaubhaft aussondern, die mit >Polsprung<-Ereignissen zu tun haben. Sie rechnen ausschließlich mit Impakt-Kataklysmen, verursacht durch heranrasende und auf Festland oder ins Meer stürzende Planetoiden oder Kometenkerne.

Zu Recht verweisen sie darauf, dass dergleichen einschlagende kosmische Kleinkörper bei der massiven, rotierenden Erde niemals eine Polverlagerung bewirken könnten, vergessen aber, die durchaus reale Möglichkeit von Nahbegegnungen mit planetengroßen, vagabundierenden kosmischen Objekten in Betracht zu ziehen. Velikovsky hatte in den Fünfzigerjahren eben dies postuliert. Und wirklich wurde seither nachgewiesen, dass eine nahe Annäherung eines planetenartigen Weltkörpers an die Erde, ein nahes Vorbeiziehen an ihr, an dem von uns bewohnten Planeten sehr leicht rasche Präzessionsmanöver (auch etwa ein >Kippen< um 180 Grad innerhalb von rund 24 Stunden!) induzieren kann." [22]

Weiter heißt es bei Friedrich: "Unter Berücksichtigung nur der ihnen glaubwürdig erscheinenden Prophezeiungen (an erster Stelle Nostradamus) kommen die Autoren zu der Schlussfolgerung, dass Juli/August 1999 mit dem Ausbruch eines 3. Weltkrieges zu rechnen ist: russische Panzer-Streitkräfte stoßen in drei Heeressäulen durch Deutschland nach Westen vor, nachdem Kommunisten und Nationalisten in Russland die Macht übernommen haben. Hm! Man hegt Zweifel, ob die derzeitige Lage Russlands dergleichen erlaubt. Schon im Oktober 1999 werde allerdings die erneut aufflammende Kriegs-Idiotie durch einen Kometeneinschlag beendet. Abgesehen vom sonstigen traumatischen Impaktgeschehen sei die Erde danach atomar verseucht, teils durch Einsatz von Atomwaffen, teils weil der Impakt-Kataklysmus die Atomkraftwerke und sonstigen Nuklearanlagen zerstöre." [23]

Der Kritiker Peter Mulacz, der dieses Buch der Tollmanns - ebenso wie Friedrich - sine ira et studio bespricht, stellt zur Nostradamus-Rezeption im allgemeinen sowie in diesem Buch fest: "Man kann, um das Verhältnis zwischen NOSTRADAMUS und seinen Interpreten zu verdeutlichen, die folgende Metapher verwenden: das Bild der Zukunft, welches NOSTRADAMUS uns hinterlassen hat, ist ein gigantisches Mosaik, das aber nicht als eigentliches Bild, sondern im wesentlichen nur als ein Haufen von durcheinandergewürfelten Mosaiksteinchen vorliegt, wobei nun die jeweiligen Interpreten aus den vorhandenen Steinchen nach Belieben ihre demnach unterschiedlich ausfallenden Bilder basteln. Was die vereinzelt in der NOSTRADAMUS-Literatur zu findenden überraschend richtigen Aussagen betrifft, so fällt es TOLLMANN, obwohl Naturwissenschaftler, anscheinend nicht ein, eine statistische Überlegung hinsichtlich dieser wenigen >Treffer< anzustellen, und so kommt es zu einer grotesken Überbewertung von einzelnen Voraussagen, die in Wirklichkeit vermutlich bloß auf Zufallstreffer zurückzuführen sind.

Insbesondere erlauben die Resultate der Parapsychologie - sowohl Fallstudien von Spontanphänomenen, z.B. TENHAEFF’s Sammlung von Kriegsprophezeiungen [24], wie auch die Laborforschung zur Präkognition, z.B. die jüngsten Experimente von Dean RADIN - keineswegs, sich hinsichtlich von "Sehern" und "Prophezeiungen" zwecks Legitimation auf die Parapsycho-logie zu berufen: die in Rede stehenden Phänomenbereiche sind toto genere verschieden." [25]

Ganz gleich, in welchen Problembereich wir "Seher" und ihre "Prophezeiungen" nun einordnen dürfen: wir wissen heute jedenfalls, dass sich die auf Nostradamus & Co basierenden Mutmaßungen der Tollmanns zur historischen Entwicklung als haltlos erwiesen haben. Einmal mehr hat sich gezeigt, warum Rationalisten und Empiriker nicht viel von der Aussagekraft derartiger Voraussagen halten. Wenn "Das Weltenjahr geht zur Neige" trotz erfolgter Falsifizierung der darin vertretenen Weltuntergangs-Prognose weiterhin von Interesse ist, dann in seiner Funktion als Beitrag zum wissenschafts-philosophischen Diskurs.

Das "zweite Hauptanliegen dieses Buches [ist nämlich] der Vorstoß ins immaterielle Reich zur Klärung der Herkunft der außersinnlichen Erfahrungen. Eine erstaunliche Welt tut sich jenseits der so schwer überschreitbaren Schwelle der Proserpina auf: Mit den Mitteln der Parapsychologie läßt sich aufgrund von Experimenten, Statistik und genauest überprüften Fallbeispielen die Existenz Gottes und die Eigenheit der unsterblichen Individual-Seele und der Weltseele darlegen (völlig unabhängig von religiösen Vorstellungen). Auf neuer Basis gelingt in ganzer Breite der Ausbruch aus dem das Denken der Wissenschaft bis zum heutigen Tag beherrschen-den materialistischen Gefängnis zu neuer Synthese beider gleich bedeutender Bereiche des Universums." [26]

Wenn die Tollmanns auf dem Weg über die Beschäftigung mit außersinnlichen Wahrnehmungen Konsequenzen hinsichtlich unseres Weltbildes, mithin einen "Ausbruch aus dem materialistischen Gefängnis", fordern, dann ist dies sicherlich diskussionswürdig, selbst wenn man den AutorInnen im übrigen nicht folgen möchte. Auch der stets um Objektivität bemühte Dr. Friedrich kommt in dieser Beziehung zu einer durchaus positiven Bewertung des Buches: "Es handelt sich da um ein höchst beachtenswertes Plädoyer, immerhin zweier namhafter Naturwissenschaftler (!), dass und warum das materialistische Weltbild als unrealistisch und simplistisch baldmöglichst über Bord zu werfen sei. Dem kann der Rezensent nur zustimmen! Wir sind es leid, uns Ideologie als Wissenschaft >verkaufen< zu lassen." [27]


Siehe auch:

Geo-mythologische Überlegungen zu Atlantis (Alexander und Edith Tollmann)

Alexander Tollmann: UND DIE WAHRHEIT SIEGT SCHLIESSLICH DOCH! - Eine Rezension (Dr. Horst Friedrich)


Anmerkungen und Quellen:

  1. Quelle: Alexander u. Edith Tollmann, 'Und die Sintflut gab es doch. Vom Mythos zur historischen Wahrheit', Droemer Knaur, München 1993, S. 30
  2. Quelle: ebd., S. 307, 308
  3. Quelle: ebd., S. 353
  4. Quelle: ebd., S. 354
  5. Quelle: ebd., S. 359
  6. Amerkung: A. und E. Tollmann verweisen dazu im Appendix auf I. L. Ideler 1836, I, S. 484; A. Stentzel 1894, S. 179; K. Ziegler et al. 1921, S. 9 ff.; R. Huggett 1989, S. 16, 20.
  7. Quelle: A. und E. Tollmann (1993), S. 359
  8. Anmerkung: Im Einzelnen sind dies: Der Einschlag; Die Krater; Das Impaktbeben; Der entfesselte Vulkanismus; Feuersturm und Weltenbrand; Die Flutwelle; Die Impaktnacht; Der Impaktwinter; Sturzregen, Feuerwasser und der kochende Ozean; Umweltgiftproduktion; Strahlenschäden; Der Treibhauseffekt; Massensterben; Ein neuer Anfang
  9. Quelle: A. und E. Tollmann (1993), S. 358
  10. Quelle: ebd., S. 358, 359
  11. Anmerkung: Für die meisten (Prä-) Historiker und Anthropologen ist die Vorstellung völlig inakzeptabel, mündliche Überlieferungen könnten historische Informationen auch über Jahrtausende hinweg transportieren. Ihr, an den Universitäten 'lebensweltlich gebrochenes' und eurozentrisch geprägtes, Verständnis von Überlieferung macht es ihnen unmöglich, sich Gesellschaften ohne Schriftkultur vorzustellen, die über eine derartige Traditions-Fähigkeit verfügen. Zur oralen Langzeit-Überlieferungen siehe z.B.: "Beringstraßen-Theorie und indianische Überlieferungen" von Itztli Ehecatl; oder: Vine Deloria Jr., "Red Earth - White Lies", FULCRUM PUBLISHING, Golden/Colorado, USA, 1997, Kapitel 2: "Science and the Oral Tradition", S. 23 ff.
  12. Quelle: ebd., S. 360
  13. Quelle: ebd., S. 372
  14. Quelle: ebd., S. 373
  15. Quelle: ebd., S. 374
  16. Quelle: ebd., S. 375
  17. Quelle: ebd.
  18. siehe dazu: C. R. Chapman u. D. Morrison, 1989, S. 276 f.
  19. Quelle: ebd., S. 377
  20. Quelle: ebd., S. 379
  21. Quelle: Böhlau-Verlag, online unter http://www.boehlau.at/main/book.jsp?bookID=3-205-98898-1&categoryID=7
  22. Quelle: Horst Friedrich, EFODON ARCHIV, online unter http://www.efodon.de/html/archiv/rezi/friedrich/naturkatastrophen.html
  23. Quelle: ebd.
  24. Anmerkung: Mulacz bezieht sich hier auf W. H. C. TENHAEFFs "Orloogsvoorspellingen" und stellt fest: "Einen Teil davon habe ich ins Deutsche übersetzt, wobei dieses Material mit einem anderen Werk des Verfassers amalgamiert worden ist. Der deutsche Titel lautet: >Der Blick in die Zukunft. Präkognition<, Universitas, Berlin 1976."
  25. Quelle: Peter Mulacz, Buchrezension zu A. u. E. Tollmanns "Das Weltenjahr geht zur Neige", online unter http://www.t0.or.at/~psi/endzeit/tollmann.htm
  26. Quelle: Böhlau-Verlag, online unter http://www.boehlau.at/main/book.jsp?bookID=3-205-98898-1&categoryID=7
  27. Quelle: Horst Friedrich, EFODON ARCHIV, online unter http://www.efodon.de/html/archiv/rezi/friedrich/naturkatastrophen.html


Bild-Quellen:

(1 Links) http://www.betaprod.fr/docs/Impacts.jpg

(1 Mitte) http://www.astrosurf.com/lombry/tl-artwork1.htm

(1 rechts) http://www.astrosurf.com/lombry/Images/tl-impacts%20imminents.jpg

(2) http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.t/t580717.htm

(3) http://www.hetek.hu/images/04.023/hit/meteor.JPG

(4) http://www2.gsu.edu/~wwwphl/images/indian_temple.jpg

(5) http://gruppen.greenpeace.de/aachen/atomenergie.html

(6) http://www.ppu.org.uk/learn/common_picts/atom-bomb-explosion.jpg

(7) Deix weekly, http://www.kabarett.net/deix/bilder99/deix_week_11.htm

(8) http://www.cicap.org/img_pub/person/nostradamus.jpg