Atlantis-Lokalisierungen, Diffusionismus und die Spuren prädiluvialer Kulturen in Amerika

Einführung in die alternative und atlantologische Erforschung des präkolumbischen Amerika

(red) Während die frühe Richtung oder Schule der 'Atlantis in Amerika'-Lokalisierer [1] in der Tradition des britischen Gelehrten Sir Francis Bacons (1561-1626) bereits im 19. Jahrhundert 'ausgestorben' zu sein scheint, [2], gibt es auch in der modernen Atlantisforschung wieder einzelne Forscher, die Spuren des historischen Atlantis (bzw. seiner Hauptstadt) in Mittel- und Südamerika ausgemacht haben wollen. Zu ihnen gehören derzeit beispielsweise, Henriette Mertz (1898-1985), Jim Allen aus Großbritannien und der US-amerikanische Diffusionist und Atlantologe Gene D. Matlock.

Abb. 1 Der 'Poseidon von Yucatan'. Diese kolossale Kalksteinstatue in den mexikanischen Loltún-Höhlen könnte ein weiteres Indiz für die Existenz prähistorischer Kulturen im alten Mittel-Amerika und für interkontinentale Kontakte in fernster Vergangenheit darstellen. (Foto: J. M. Valentine)

In weiten Teilen fügt sich gerade Matlocks Arbeit fast nahtlos in ein diffusionistisches und katastrophistisches Gesamtbild alternativhistorischer Vor- und Frühgeschichts-Betrachtung ein, das sich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts entwickelt hat. In diesem Bild stellt sich u. a. immer deutlicher die Existenz einer ganzen Reihe interkontinental agierender Kulturen in bronzezeitlichen, vermutlich schon in neolithischen Epochen dar, die bereits damals transatlantische und transpazifische 'Kultur-Infusionen' (siehe: Infusion) nach Amerika brachten. Darüber hinaus werden hier auch Modelle diskutiert, die sich mit den vermuteten Hochkulturen des Oberen Pleistozän beschäftigen.

Faszinierend erscheint in diesem Zusammenhang beispielsweise eine Entdeckung, die bereits vor mehr als fünfzig Jahren dem amerikanischen Taucher, Abenteurer und Atlantisforscher Dr. J. Manson Valentine gelang. Valentine, der vor allem durch seine Tauch-Expeditionen im Gebiet der Bahamas (siehe auch: Die Bahamas und Atlantis: Der Streit um Bimini) bekannt wurde, stieß auf der Halbinsel Yucatán auf ein bärtiges Steinidol (Abb. 1), über das es bei Charles Berlitz heißt: "Kolossale, vom Wasser abgeschliffene Kalksteinstatue aus den Loltún-Höhlen in Yucatán, Mexiko, die heute etwa 100 Meter über dem Meeresspiegel liegen.

In diesen gewaltigen Höhlen befinden sich uralte riesige Statuen, die in keiner irgendwie gearteten Beziehung zu anderen kulturellen Schöpfungen der Indianer Nordamerikas stehen. Spuren ozeanischer, in den Ritzen dieser Statuen eingeschlossener Fauna weisen darauf hin, daß sie über Wasser geformt, dann aber für eine beachtliche Zeitspanne überflutet gewesen waren und vielleicht zu der Zeit wieder an die Oberfläche kamen, als die Bahama-Bänke und andere atlantische Inseln unter den Meeresspiegel sanken." [3]

Wie alt sind diese Statuen? Stammen sie womöglich aus dem von Platon für den Untergang von Atlantis angegebenen oder noch früheren Zeiträumen? Die Verwitterungen der Artefakte lassen diese Annahme jedenfalls zu. Oder sind sie jüngeren Ursprungs und legen Zeugnis für einen historischen Hintergrund der mesoamerikanischen Viracocha-Mythen und den Legenden von bärtigen, hellhäutigen Kulturbringern ab? Gerade für die Existenz rezenter, interkontinentaler Kontakte zu protohistorischen Zeiten existieren ja noch eine ganze Reihe von Spuren und Indizien, die z.B. auf häufige Amerikafahrten der Phönizier nach Mittelamerika hindeuten. [4]

Spuren dieser Fahrten und der Anwesenheit von Phöniziern in Nordamerika zeigte beispielsweise auch Atlantisforschung.de-Gastautor Frank Joseph in seinem 1995 erschienenen Buch Atlantis in Wisconsin auf (seine historische These zur Flucht des mauritanischen Herrscherhauses vor den Römern nach Nordamerika stellen wir bei Atlantisforschung.de erstmalig in deutscher Sprache vor; siehe: Burrows Cave - Mauritanier in Illinois).

Abb. 2 Diese präkolumbische steinerne Plastik eines Kopfes wurde in Mittelamerika entdeckt. Das bärtige Gesicht weist mediterrane Züge auf und die Kopfbedeckung entspricht jener phönizischer Seefahrer. Noch immer ignoriert die Altamerikanistik hartnäckig solche Evidenzen für sehr frühe transatlantische Kontakte zwischen Alter und Neuer Welt.

In diesem Sinne leg(t)en zudem Forscher/innen, wie die oben bereits kurz erwähnte US-Amerikanerin Henriette Mertz [5], die österreichische Ethnologin und Philosophin Christine Pellech [6] und der peruanische Naturwissenschaftler Enrico Mattievich [7] auch die Odyssee sowie (bei Pellech) die Argonautensage als Reminiszenzen an altgriechische bzw. phönizische Amerikafahrten oder Weltreisen aus. Aber auch andere alternativ-historische Autoren - vor allem aus dem angelsächsischen Sprachraum -, wie Andrew Collins, Graham Hancock, Colin Wilson und David Hatcher Childress haben mit ihren Arbeiten zur diffusionistischen Betrachtung protohistorischer, interkontinentale Beziehungen bahnbrechend gewirkt. Gleichzeitig ließen diverse Entdeckungen professioneller Archäologen und Anthropologen einige Dogmen und ganze Theoriengebäude der Isolationisten (siehe: Isolationismus) faktisch zusammenbrechen.

So bedeuteten die etwa die Fundstätten von Pedra Furada, Santa Rosa oder Kennewick ein unerwartetes "aus" für das Clovis-Modell und den Wissenschafts-Mythos einer rezenten, ausschließlich von Norden über die Alaska-Route erfolgte Besiedlung der amerikanischen Landmassen durch späteiszeitliche Jäger- und Sammler-Nomaden. (Siehe: Farewell, Clovis! - Vom langsamen Sterben eines Paradigma) Die Besiedlungs- und Kulturgeschichte der 'beiden Amerikas' - Jahrtausende bevor die Europäer dort auf der Bildfläche erschienen - kann endlich neu geschrieben werden!

Auch die sensationellen Funde vor der kubanischen Küste, wo in ca. 600 Meter Wassertiefe deutliche Anzeichen für die Existenz von Ruinen ausgemacht wurden (siehe: Kuba - das karibische Atlantis), aber auch neuere Entdeckungen bei den Bahamas, haben nun auch die Frage nach vermutlichen Vorgängerkulturen der frühen Zivilisationen Lateinamerikas (Mittel- u. Südamerika), und nach möglichen Querverbindungen zu den Nachbar-Kontinenten wieder aufleben lassen, die bis in das Obere Pleistozän zurückreichen könnten.

Durch die Entdeckungen von Ron Smith, der südlich von Bimini auf die Reste einer offenbar künstlichen Baustruktur stieß (siehe: Poseidonis bei Bimini - Die Entdeckung des Ron Smith), die Platons Beschreibungen frappierend genau entspricht, gewinnt aber auch die Frage neue Aktualität, ob die Metropole des vermuteten, prähistorischen Atlanterreiches womöglich doch im Bereich des Westatlantik zu suchen ist. Archäologische Artefakte oder kulturelle "Missing-Links" müssten in diesem Fall tatsächlich vorwiegend im karibo-amerikanischen Großraum zu suchen und zu finden sein.

Abb. 3 Wann fanden die ersten Reisen zwischen Europa und Amerika statt? Im 'Zeitalter der Entdeckungen', zur Zeit der Phönizier, im Megalithikum - oder womöglich noch früher?

Peru mit seiner rätselhaften Chavin-Kultur, deren Entdeckung die Urgeschichtler einmal mehr zu einer Rückdatierung des Beginns der Zivilisation in Amerika zwang, gehört hier traditionell zu den besonders interessanten 'Kandidaten'. Ignatius Donnelly, der 'Vater' der modernen Atlantisforschung, ging im 19. Jahrhundert noch von einem direkten Zusammenhang zwischen den frühen Peruanern und der Atlanter-Zivilisation aus, als deren Kolonie er Peru betrachtete. Donnelly's Form des Diffusionismus, der Atlantis als 'Mutter aller Zivilisationen' ansah, steht heute unter Alternativ-Historikern nicht mehr ernsthaft zur Debatte. Doch auch gegenwärtig suchen Vertreter moderner Diffusionismus-Konzepte nach möglichen Vorgängerkulturen, z.B. einer Prä-Chavin-Kultur, mit deren Einfluss sich verschiedene Probleme bezüglich der amerikanischen Urgeschichte befriedigend erklären ließen.

Ebenso mysteriöse wie umstrittene Hinweise darauf, dass unser derzeitiges Verständnis der Urgeschichte Lateinamerikas noch sehr unzureichend ist, geben archäologische Relikte, die in zwei durchaus umstrittenen Sammlungen zu finden sind. Gemeint sind die so genannten Ica-Steine des skurrilen Paters Crespi in Peru, auf denen auch saurierhaft erscheinende 'Echsenwesen' abgebildet sind. (Siehe: Präkolumbische Artefakte und Dinosaurier in Amerika von Bernhard Beier)

Seltsame Echsen, die gemeinsam mit Menschen zum Motiv zahlloser Kunstgegenstände wurden, zeigen auch die Objekte der Julsrud-Sammlung im mexikanischen Acambaro. Mit dieser Sammlung und ihrem Schicksal befasst sich schon seit Jahren unser Gastautor Luc Bürgin aus der Schweiz. In seinem Sachbuch Rätsel der Archäologie widmete der Journalist, Buchautor und Alternativ-Historiker 2003 diesen Artefakten ausgiebig seine Aufmerksamkeit. Bei Atlantisforschung.de stellen wir exklusiv im Internet seinen Bericht dazu vor.

Abb. 4 Diese winzigen Ohrstecker aus Obsidian stammen aus Mesoamerika. Mittels welcher Technik wurden sie hergestellt? Ihr Material wurde so gleichmäßig poliert, dass über eine maschinelle Herstellung spekuliert werden darf.

Immanuel Velikowsky lieferte 1956 mit "Earth in Upheaval" (Erde im Aufruhr) und seinen Betrachtungen zu den Ruinen von Tiahuanaco (im heutigen Bolivien) beachtliche Argumente für die Annahme von erdgeschichtlichen Katastrophen, in deren Verlauf der südamerikanische Kontinent sein Gesicht veränderte und fast völlig entvölkert wurde. Alle denkbaren Vorläufer-Kulturen in diesem Großraum scheinen, wie die Erbauer der ältesten Relikte Tiahuanacos, bzw. der benachbarten Ruinen von Puma Punktu, schlagartig erloschen und dem Vergessen anheim gefallen sein.

Auch heute hat die Forschung erst einen kleinen Teil der prähistorischen Geheimnisse Amerikas enträtselt. Vieles, was z.B. die "grüne Hölle" des Urwalds heute noch vor unseren Augen verbirgt, könnte jedoch schon bald mittels moderner Satelliten-Technik (oder, was leider zu befürchten ist, aufgrund der gnadenlosen Abholzung der Urwälder) zum Vorschein kommen. So berichtet H. P. Olschewski auf seiner Homepage: "Im Rahmen seiner Tätigkeit sendete der Forschungssatellit Landsat II bei 13° südlicher und 71°30 westlicher Länge über dem Dschungel von Südostperu eine Reihe von Aufnahmen aus einer Entfernung von ca. 1100 Kilometern. Auf einer dieser Aufnahmen waren 8 hügelige Gebilde zu erkennen, angeordnet in 2 geraden Reihen und in gleichen Abständen. Gebilde also, die die Natur so nicht hervorgebracht haben kann.

Auf einer Infrarotaufnahme erschienen sie weiß, was darauf schließen ließ, daß sie aus Stein sein mußten. Sie befanden sich mitten im Dschungel am Rande des Andenplateaus. Die Untersuchungen, die vom Institut für Andenarchäologie in Lima auf der Basis der Landsat II Aufnahmen durchgeführt wurden ergaben, das es sich um Pyramiden handeln muß, von der jede einzelne nur geringfügig niedriger sein mußte als die Pyramide von Gizeh in Ägypten. Dies bestätigten auch Aufnahmen, die von tiefer fliegenden Flugzeugen gemacht worden sind. Sie fanden sogar noch 4 weitere Pyramiden, die etwas kleiner waren und sich vollkommen in die Reihe der anderen eingliederten. Diese 4 wurden vom Satelliten aus nicht gesichtet. Versuche auf dem Landweg in das Gebiet vorzudringen scheiterten immer wieder am tiefen Dschungel." [8]

Dass auch der nördliche Teil des amerikanischen Doppelkontinents einst Heimstatt hochentwickelter Menschheitskulturen gewesen sein könnte, galt lange Zeit selbst in alternativ-historischen Kreisen als unvorstellbar. Erst die archäologischen Forschungsergebnisse von Dr. Richard L. Thompson und Michael A. Cremo haben eine Reihe dokumentierter, aber fast alle verloren gegangener Artefakte in Erinnerung gebracht, die solche Überlegungen notwendig erscheinen lassen. (In unserer Sektion Prä- und post-diluviale Zivilisationen in Nordamerika stellen wir u. a. einige davon vor.)

All die Entdeckungen, Veröffentlichungen und Entwicklungen, welche hier nur kurz angerissen wurden, zeigen deutlich, dass einige der großen Geheimnisse der Menschheitsgeschichte in der "Neuen" Welt gelüftet werden können - möglicherweise gehört dazu sogar die Lösung des Atlantis-Rätsels.

Team Atlantisforschung.de


Beiträge zu diesem Themenbereich finden Sie in folgenden Sektionen

Siehe auch:

  • Ostamerika - Definition und Verwendung des Begriffs


Außerdem bei Atlantisforschung.de:


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe z.B.: Vincent Placcius (1642-1699), "Atlantis Retecta", (1859; Lateinisch/Deutsches Reprint: Manutius und Heidelberg, 1992)
  2. Anmerkung: "Noch im Jahr 1700 wurde", wie Tony O’Connell dazu anmerkt, "von Edward Wells in Oxford eine Weltkarte veröffentlicht, welche den Mangel an Informationen bezüglich des Doppelkontinents zu jener Zeit aufzeigt. Allerdings hebt im vorliegenden Fall der Begleit-Text hervor, dass >dieser Kntinent mit den angrenzenden Inseln allgemein für in Alter Zeit unbekannt gehalten wird, aber es mangelt auch nicht an manchen, welche selbigen Kontinent für nichts anderes als die Insel Atlantis der Altvorderen halten.” (Quelle: Tony O’Connell, "America", auf: Atlantipedia.ie, 31. Mai. 2010; abgerufen: 20.09.2013)
  3. Quelle: Charles Berlitz, Das Bermuda-Dreieck, Knaur, 1993
  4. Anmerkung: Diese Annahme war besonders im 19. Jahrhundert in gelehrten Kreisen ausgesprochen populär und weit verbreitet. Positiv diskutiert wurde sie im deutschsprachigen Raum u.a. durch Alexander von Humboldt und Jakob Kruger. Zur These des letzgenannten Autors siehe: Jakob Kruger, "Amerika bereits durch die Phönizier entdeckt", in: Robert Eduard Prutz (Hrsg.), Deutsches Museum Nr. 17, 1855
  5. Siehe z.B.: Henriette Mertz, "Wanderings of Odysseus", in: Athene, Volume 22, No.2, Summer 1961
  6. Siehe bei Atlantisforschung.de: Dr. Christine Pellech, "Die Odyssee - Eine antike Weltumsegelung (Einführung)" und "Die Argonauten - Eine Weltkulturgeschichte des Altertums (Einführung)"
  7. Siehe: Enrico Mattievich, "Journey to the Mythological Inferno", Rogem Press, 2010
  8. Quelle: Hans-Peter Olschewski, "Entdeckungen" (nicht mehr online)

Bild-Quellen:

1) Charles Berlitz, Das Bermuda-Dreieck, Knaur, 1993
2) Bildarchiv Atlantisforschung.de
3) Bildarchiv Lars A. Fischinger (Bildadresse)
4) use your senses - and discover the world!, unter: Ancient stone technology