Biographische Atlantida-Exegese (III)

Lässt sich die Biographische AE zur Atlantis-Lokalisierung einsetzen?

Abb. 1 Eine Karte von Griechenland mit Helike / Eliki im Zentrum.

(bb) Wie wir gesehen haben kann die 'Biographische Atlantida-Exegese', wenn sie von Kennern der hellenischen Welt betrieben wird, die zudem auch über atlantologische Erfahrung verfügen, interessante Erkenntnisse erbringen. Atlantologische Kompetenz und Qualifikation macht sich aber auch bei ihrem Einsatz nicht zuletzt an einer klaren Vorstellung dazu fest, wo ihre Möglichkeiten enden bzw. wo die Grenzen dieses exegetischen Ansatzes liegen. Leider sind diese Grundvoraussetzungen nur selten in trauter Eintracht vorzufinden. So finden wir gerade bei konventionellen, "schulwissenschaftlichen" Versuchen, aus Platons Lebenslauf Rückschlüsse zur Interpretation der Atlantida zu ziehen, manch unausgegorenes Ergebnis. Ein gutes Beispiel dafür ist die Lokalilisierung der antiken Stadt Helike als historisches Atlantis-Vorbild. (Vergleiche dazu bei Atlantisforschung.de auch: Helike - ein protohellenisches Atlantis?)

Zur argumentativen Untermauerung dieser Hypothese, die erstmalig 1926/1928 von A.E. Taylor in "A Commentary on Plato's Timaeus" vorgestellt wurde, schrieb unlängst ein namentlich nicht genannter Autor im Internet: "Plato wusste ganz sicher von der [Helike-]Katastrophe und hatte möglicherweise ein persönliches Interesse daran. 388 v. Chr. hat er den Hof von Dionysos I. in Syrakus besucht, wo es ihm gelang den Tyrannen anzugreifen. Nach Plutarch (Dion 5.2) fragte Dionysos darufhin Pollis, einen Admiral und Gesandten aus Sparta, ihm einen Dienst zu erweisen und ihn von Plato zu befreien.

Pollis nahm Plato gefangen, brachte ihn zum Sklavenmarkt auf der Insel Aegina und bot ihn dort zum Verkauf an. Diogenes Laertius (3.19) berichtet, dass ein Athener Mitbürger Plato dort erkannte, ihm die Freiheit kaufte und ihn nach Athen zurück schickte. 15 Jahre darauf ertrank Pollis bei der Katastrophe von Helike. Dionysos hörte davon und betrachtete das Schicksal Pollis' als ein Zeichen Gottes. Um sein eigenes Leben fürchtend, schrieb er einen Brief an Plato, in welchem er ihn bat, nicht schlecht über ihn zu reden. Plato antwortete ihm lediglich, dass er keine Zeit habe, sich mit Dionysos´ Schicksal zu befassen." [1]

Dieser Gedankengang mag als interessante Spekulation legitim sein, lässt aber letztlich keinerlei zwingende Kausalität zwischen der historischen Helike-Katastrophe einerseits, und dem in der Atlantida beschriebenen Kataklysmus andererseits erkennen. Auf einer solchen SPEKULATION eine Atlantis-Lokalisierung aufzubauen, ist aus atlantologischem Blickwinkel völlig unhaltbar. Obwohl wir voraussetzen dürfen, dass Platon tatsächlich vom Untergang Helikes Kenntnis hatte, läßt sich daraus allenfalls die begündete VERMUTUNG ableiten, dass dieses Wissen sein zyklisches und katastrophistisches Bild der Menschheits- und Zivilisations-Geschichte (Nomoi 677a; Timaios 22c-23c) mitgeprägt oder bestätigt haben könnte.

In die platonische Sicht der Geschichte fügt sich die Helike-Übelieferung durchaus ein, erlaubt aber, da Platon sie nun einmal an keiner Stelle seines Werks explizit erwähnt und zumal sie seinen geographischen Angaben zur Lage des versunkenen Inselreichs (Timaios 24c-25b; Kritias 108e) widerspricht, keinerlei Aussagen in Bezug auf ein 'historisches' Atlantis. Platons Vita liefert schlichtweg kein einziges belastbares Glied einer stichhaltigen Kausal-Kette, die einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Stadt Helike - oder irgend einer anderen Örtlichkeit auf dem Globus - und dem von ihm beschriebenen Atlanter-Reich bzw. dessen Metropole herstellen und überzeugend nahelegen könnte.


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Anonymos, Das antike Helike (Eliki), unter http://www.eliki.de.vu/


Bild-Quelle

(1) http://www.eliki.com/ancient/civilizations/eliki/