Buchbesprechung: “Darwin? Jahwe? Elohim? Schöpfung vs. Evolution” von Daniela Mattes und Peter Hoeft

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Abb. 1 Daniela Mattes und Peter Hoeft: Darwin? Jahwe? Elohim? Schöpfung vs. Evolution, Ancient-Mail-Verlag, Groß-Gerau, August 2020, 978-3-95652-289-5; Preis: EUR 14,90, Paperback, 192 Seiten, 33 sw-Bilder

(rmh) Ein Buch, das die immer noch gegenwärtige Frage „Schöpfung vs. Evolution“ stellt, ist grundsätzlich sehr interessant, da die Evolutionstheorie, wie sie heute gelehrt wird, doch einige gewaltige Lücken aufweist. Die beiden Autoren dieses Buches haben je ein gemeinsames Vor- und Nachwort, aber eigene vollständige Artikel geschrieben, und Daniela Mattes beginnt den Kapitelreigen mit dem Thema „Schöpfungsmythen der Menschheit“. So beginnt sie erwartungsgemäß mit der Schöpfungsgeschichte, wie die meisten von uns sie aus der Bibel kennen dürften und ordnet sie zunächst dem Christentum zu. Mattes fällt sofort auf, dass die Bibel im Grunde zwei unterschiedliche Schöpfungsberichte liefert, die einfach hintereinander gesetzt sind. Im ersten Schöpfungsbericht erschafft Gott den Menschen erst, nachdem er (Gott) Pflanzen und Tiere erschaffen hatte und erklärt dem geschaffenen Menschen ausdrücklich, dass die Pflanzen zur Nahrung dienen; im zweiten erschafft er den Menschen, bevor es Pflanzen gab.

Mattes befasst sich auch mit anderen Religionen wie dem Judentum, dem Islam, die ja wie das Christentum auf dem sogenannten Alten Testament fußen sowie dem Hinduismus. Interessantes hat Mattes über den Buddhismus zu berichten, wenn sie schreibt: „Buddha hat die Frage nach der Schöpfung selbst auch nicht beantwortet, sondern stets darauf hingewiesen, dass bereits das Nachdenken über diese Frage sinnlos sei, da sie nicht beantwortet werden könnte.“ (S. 69) Nun ja, vielleicht hat er ja Recht!

Das nächste Kapitel „Der Vater der Evolutionstheorie: Charles Darwin stammt von Hoeft, der spannend und informativ über dieses Thema informiert.

Besonders gefreut habe ich mich auf das von Hoeft geschriebene Kapitel „Was Fundamentalisten glauben“, weil ich ja weiß, dass Hoeft – wie im Übrigen ich selbst auch – einst Bibelfundamentalist war. Leider ist aber gerade diese Kapitel mit Abstand das schlechteste in diesem Buch (alle andere sind sehr gut bis gut), weil es scheinbar in einem Zustand der Wut geschrieben wurde. Anstatt über den Bibelfundamentalismus zu berichteten, reiht er Hasstirade an Hasstirade, die sich gegen Politiker richten, die eine gewisse Nähe zum Evangelikalismus pflegen. Ganz klar: Thema verfehlt! Gegen Schluss des Kapitels fängt er sich dann aber wieder und berichtet sachlich und fundiert über die Intelligent Design-Theorie und den Kreationismus in den USA und Deutschland.

Anschließend kommt Mattes wieder an die Reihe, die fundiert über das Thema „Evolution vs. Schöpfung“ berichtet und explizit darauf hinweist, dass es ja nicht nur eine Evolutionstheorie gibt, sondern gleich mehrere. Sie musste immer wieder verändert werden, da immer wieder neue Erkenntnisse vorlagen. Andere Wissenschaftler bauen immer wieder verschiedene Thesen und Ansätze ein, die später modifiziert oder verworfen werden. Die Autorin stellt am Ende der Einleitung zu ihrem Artikel fest: „Somit haben wir ein komplexes Gedankengebäude aus verschiedenen Thesen und Erklärungen, die versuchen, uns die Entstehung und Entwicklung des Menschen sowie aller Tierarten zu erklären.“ (S. 101) Insgesamt ist das Kapitel sehr informativ. Mattes vergisst auch nicht zu erwähnen, dass unter den Wissenschaftlern, die die Evolutionstheorie befürworten, auch schon mal geschummelt wird. Der bekannteste Fälscher ist wohl der Zoologe Ernst Haeckel. Mattes stellt weiter mit Recht fest, dass die Kirchen zwangsläufig ein Problem mit der Evolutionsthese haben, da in der Bibel „alle Tiere ‚fertig‘ geschaffen“ wurden und keiner Mutation bedurften. Ja, im Gegenteil: Konkret heißt es, dass „ein jedes Tier nach seiner Art“ geschaffen wurde. Ein deutlicher Widerspruch zwischen der offiziellen wissenschaftlichen und der kirchlichen Lehre also.

Dann übernimmt wieder Hoeft und schreibt sehr viel Wissenswertes über das Thema „Was sagt die Bibel? Ein Schöpfer oder viele?“ und weist auf Widersprüche und Stellen in der Bibel, die gerne „zurechtgebogen“ werden, hin. Hier holt er weit aus, zitiert Fachleute und bringt das Thema „Prä-Astronautik“ ins Spiel.

Mattes widmet den Anunnaki, Göttern der Unterwelt in der mesopotamischen Mythologie, die denen des Himmels entgegengestellt sind, ein ganzes und sogar längeres Kapitel. Warum? Weil viele Präastronautiker diese „Götter der Unterwelt“ für einstige außerirdische Besucher halten. Diese These wurde insbesondere vom Autor Zecharia Sitchin vertreten, der aus sumerischen Keilschriftexten herausgelesen haben will, dass sie die Menschen schufen, um für sie in irdischen Bergwerken nach Gold zu suchen. Mattes geht mit der notwenigen Distanz und keineswegs unkritisch an das Thema heran. Weiter geht sie auf den Verschwörungstheoretiker und in meinen Augen Antisemiten David Icke ein, der sich derzeit großer Beliebtheit erfreut und sich diese These zu eigen gemacht hat und insofern ergänzt, dass beispielsweise Königin Elisabeth II., George W. Bush sowie Bill und Hillary Clinton in Wirklichkeit getarnte außerirdische Echsenwesen sind! Natürlich stecken diese Reptiloiden hinter sagenumwobenen Geheimgesellschaften wie den Freimauern und den Illuminaten. Mattes berichtet recht kritisch über diese Auswüchse, erwähnt aber auch, dass Icke deswegen so viel Anklang findet, weil seine Weltverschwörungs-Voraussagen durch aktuelle nicht ganz unbegründete Gerüchte über angebliche Pläne zum Einsatz einer Weltregierung, Bargeldabschaffung, Zwangsimpfungen, Überwachungs-Apps usw. Nahrung finden. Mattes kommt dann wieder auf Sitchin zurück und geht ausführlich auf den Autor Dr. Hermann Burgard ein, der sich kritisch mit Sitchin auseinandergesetzt hat und Übersetzungsfehler aufdeckt. Die Autorin geht weiter auf Aussagen von Trance-Medien ein und stößt dabei auf Unlogik, Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten. Letztlich erkennt die Autorin auch die Crux der Präastronautik, wenn sie feststellt, dass die Anunnaki „bestenfalls nur Raumfahrer“ waren, die ja auch von irgendjemandem erschaffen worden sein müssen. Somit wird das die Grundfragestellung des Buches durch die Präastronautik nicht gelöst, sondern bestenfalls verlagert.

Trotzdem wird der Präastronautik noch ein weiteres Kapitel gewidmet, in dem Hoeft über die Frage „Was sagt die Präastronautik?“ berichet. Hier geht er auf die bekanntesten Vertreter der Präastronautik ein, an erster Stelle natürlich Erich von Däniken. Hoeft informiert über Widersprüchlichkeiten, die von Däniken in der Bibel gefunden hat. So steht zweifellos zurecht die Frage im Raum, wie ein allwissender Gott zunächst seine Schöpfung selbst als „sehr gut“ beurteilt und später plötzlich „bereute, dass er den Menschen gemacht hatte“ und ihn sogar in einem weltweiten Flut-Holocaust (meine Wortwahl!) umkommen lassen will und diese Tat auch ausführt. Gut finde ich, dass Hoeft neben von Däniken, Peter Krassa, Walter-Jörg Langbein auch den vergleichsweise jungen Lars A. Fischinger als Vertreter der Präastronautik erwähnt, der m. E. mit „Götter der Sterne“ vielleicht das beste, weil fundierteste, Präastronautik-Buch überhaupt geschrieben hat. Und genau dieses Buch wird auch von Hoeft mit Recht sehr gelobt. Insgesamt ist das Thema „Präastronautik“ in dem Buch überrepräsentiert, inhaltlich sind aber die Artikel darüber genauso informativ und wertvoll wie alle anderen Kapitel im Buch – ausgenommen den oben erwähnten Ausrutscher. Insofern kann ich es nur empfehlen.