Die Baukust der Inka - aus schulwissenschaftlicher Sicht

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Redaktionelle Vorbemerkung

(red) Den nachfolgenden, schon etwas 'betagten' Beitrag aus dem Jahr 1986, der William R. Corliss Periodikum Science Frontiers entnommen ist, präsentieren wir hier als Ergänzung zu einem Artikel über Steinmetz- und Baukunst der Inka von R. Cedric Leonard [1], den wir unlängst in deutscher Sprache vorgestellt haben. Während Leonard einem alternativ-historischen Ansatz folgt und eine zu vermutende präinkaische Kultur mit unbekanntem technologischem Know-how ins Spiel bringt, präsentiert Corliss die Forschungsergebnisse eines Fachwissenschaftlers, Jean-Pierre Protzen, der den bautechnischen Fragen bezüglich der Errichtung der alten Zyklopenmauern im Gebiet des Inka-Reichs mit experimental-archäologischen Mitteln nachging. Dabei kommt er - wie kaum anders zu erwarten - zu dem Schluss, viele der betreffenden Probleme seien auch mit sehr schlichten technischen Mitteln zu lösen. Leider ist Protzens Abhandlung nicht frei zugänglich, aber schon die Lektüre von Corliss Zusammenfassung wirft (gerade im direkten Vergleich mit Leonards Text) weitergehende Fragen auf und liefert Diskussionsstoff. Und damit zu Corliss Artikel:


Wie die Inka Stein bearbeiteten

von William R. Corliss

Abb. 1 Eine typische, den Inka zugeschriebene Mauer aus massiven polygonalen Steinen (Foto aus: Ancient Man)

Das Inka-Mauerwerk ist berühmt für seine großen Steine ​​(einige über 100 Tonnen), die so genau angebracht sind, dass "ein Messer nicht in die Fugen geschoben werden kann". Eine Aura des Mysteriösen hat immer an den großen "Wällen" in Saqsaywaman und Ollantaytambo (Schreibweisen variieren) gehangen. Wie konnten die Inka solche riesigen Steine ​​brechen, behauen, transportieren und anheben? Wie bei solchen bemerkenswerten alten Strukturen üblich, haben die Übereifrigen Antigravitations-Vorrichtungen, Stein weichmachende Mittel und ähnliche wilde Vorstellungen vorgeschlagen. Tatsächlich war die Inka-Steinmetzerei, wie J. Protzen in einem Fachartikel [2] berichtet, überraschend einfach und doch effizient, obwohl einige Geheimnisse übrig geblieben sind.

Protzen hat viele Monate im Land der Inka damit verbracht, mit verschiedenen Methoden zu experimentieren und die gleichen Arten von Steinen zu formen, die von den Inka verwendet wurden. Er fand heraus, dass das Brechen und Behauen der Steine mit den Steinhämmern ​​keine Probleme bereitete, die in der Gegend in Hülle und Fülle gefunden wurden. Selbst die genaue Anpassung der Steine war relativ einfach. Die konkaven Vertiefungen, in die neue Steine ​​eingepasst wurden, wurden mittels Versuch und Irrtum [sic!; d.Red.] so lange ausgehämmert, bis ein eng anliegender Sitz erreicht war. Protzens Erfahrung aus erster Hand ist beeindruckend und überzeugend. In der Tat brauchte er keine radikalen Lösungen.

Die Probleme, die Protzen nicht zu seiner Zufriedenheit lösen konnte, betrafen den Transport und die Handhabung der großen Steine. Der Prozess des Einfügens erforderte das wiederholte Absenken und Anheben des zu montierenden Steins, wobei mittels Versuch und Irrtum gehämmert wurde. Er weiß nicht, wie 100-Tonnen-Steine ​​in dieser Phase manipuliert wurden. Um die Steine ​​aus bis zu 35 Kilometer entfernten Steinbrüchen zu transportieren, bauten die Inka spezielle Zufahrten und Rampen. Viele der Steine ​​wurden über kiesbedeckte Straßen gezogen, wie ihre polierten Oberflächen zeigen. Der größte Stein in Ollantaytambo wiegt etwa 140.000 Kilogramm. Er hätte mit einer Kraft von etwa 120.000 Kilogramm eine Rampe hochgezogen werden können. Solch ein Kunststück hätte ungefähr 2400 Männer erfordert. Die Männer zu bekommen war kein Problem, aber wo standen sie alle? Die Rampen waren höchstens 8 Meter breit. Ein kleines Problem vielleicht [3], aber immer noch ungelöst. Außerdem waren die Steine, die bei Saqsaywaman verwendet wurden, im Rumiqolqa-Steinbruch fein behauenen und zeigten keine Anzeichen von Schleifen. Protzen weiß nicht, wie sie 35 Kilometer transportiert wurden.

Eine interessante Beobachtung durch Protzen ist, dass die Schnittspuren an einigen der Steinblöcke jenen sehr ähnlich sind, die auf dem Pyramidion des unvollendeten Obelisken von Assuan in Ägypten gefunden wurden. Handelt es sich um eine anomale Verbreitung der Technologie der Alten Welt, oder einfach um eine unabhängige Erfindung?


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von William R. Corliss erschien erstmals in Science Frontiers Nr. 44: März - April 1994, unter dem Titel "How The Incas Worked Stone"; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de sowie redaktionelle Bearbeitung (mit einem Vorwort) nach der online gestellten Version des Artikels bei science-frontiers.com im September 2018.

Fußnoten:

  1. Siehe: R. Cedric Leonard, "Cusco, Sacsayhuamán und Atlantis"
  2. Siehe: Jean-Pierre Protzen, "Inca Stonemasonry", in: Scientific American 254:94, Februar 1986
  3. Red. Anmerkung: Dieses "kleine Problem" erinnert uns stark an den Pyramidenbau im alten Ägypten und den 'Um die Ecke'-Transport großer Steinblöcke auf den vielbeschworenen - aber vermutlich rein imaginären - Rampen. Auch dort kann der Einsatz großer Massen von Arbeitern den Transport großer Steinblöcke zur Verbauungs-Stelle nicht erklären.

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