Die Bibliothek von Saïs

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von Alexander Tollmann (2003)

Abb. 1 Die vermuteten Ruinen von Saïs auf einer Abbildung aus dem Jahr 1855. Liegt dort noch immer die Bibliothek der Neith-Priester im Sand vergraben, wie Prof. Tollmann 2003 annahm?

Seit der Mittelschulzeit verfolgt mich eine Frage, die mich beim Lesen des Schiller´schen Gedichtes "Das verschleierte Bildnis zu Saïs" ergeben hat: Die Priesterschaft von Saïs in Unterägypten verehrte in ihrem heiligen Tempelbezirk die Göttin Neith, die um die großen Geheimnisse der Menschheit und der Natur Bescheid wußte. Die Priester waren in diese Geheimnisse wohl eingeweiht, aber verrieten - vor der Größe der Wahrheit erschaudernd - diese nicht der Öffentlichkeit. Das Standbild der Göttin samt ihrem Geheimns war den Blicken durch einen Schleier entzogen.

Abb. 2 Die allweise Göttin Neith gehörte zu den wohl urtümlichsten Gottheiten des altägyptischen Pantheons. Ihren Priestern wurde Wissen über die ferne Vergangenheit des Reiches der Pharaonen zugeschrieben.

Wer verbotenerweise den Schleier lüftete, schaute zwar die Wahrheit in ihrer ganzen Größe, aber kein Sterblicher kann sie in ihrer Gewalt und Schrecklichkeit ertragen, sondern wird dadurch überwältigt und ist dem Tode geweiht. Ein kecker Jüngling, der nach Schillers Gedicht nachts in den Hof eindrang, mit raschem Entschluß den Schleier zog, wurde früh morgens geistig umnachtet vorgefunden, das Geheimnis blieb daher weiterhin bewahrt. Und weder Schiller noch unser Deutschlehrer konnten uns über dieses schreckliche Geheimnis Auskunft geben.

Wie bei gar manchen anderen Problemen in Mythen, bei denen ich sehr wohl einen wahren Kern verspürte, nagte in mir - oft jahrzehntelang wie hier - das Bestreben, des Rätsels Lösung doch noch zu finden. Erst bei dem tiefen Eindringen in das Sintflutproblem, mit dem wir über ein Jahrzehnt gerungen hatten, sprang bei mir - also nach fünf Jahrzehnten - der erleuchtende Funke. Wir hatten erfahren, daß die Priester von Saïs im Neuägyptischen Reich nach all den vorausgegangenen Wirren und Zerstörungen es noch einmal unternommen hatten, alle Spuren der reichen und großartigen Geschichte ihres Volkes zusammenzutragen. Sie hatten ihre Geschichte nochmals bis über die Sintflut hinaus, bis zum stolzen Reich der Atlanter (das ja durch die Sintflut untergegangen war [1]) zurückverfolgt, wovon Solon nach seinem Besuch bei den Priestern von Saïs berichtet hat.

Sie waren also über das grauenhafte Schicksal der Menschheit durch den Sintflut-Impakt informiert, aber auch von den immerwährenden Wiederholungen solcher Sintfluten verursachenden Einschläge, welches Wissen in dem Begriff "Weltenjahr" in der Antike inkludiert war. Ganz ohne Zweifel war dies der Inhalt der furchtbaren Botschaft der Göttin Neith und des Wissens der Priester von Saïs.

Aber über die Lösung meines alten Rätsels hinaus brachte mir dieses Wissen zwei neue Erkenntnisse: Zunächst mehr im Scherz eine mystische - obwohl ich als Naturwissenschaftler der Mystik abhold bin - dann aber einen sehr realistischen Anstoß im Reich der Archäologie. Die mystische Seite beruht auf dem uralten Wissen um die tödliche Wirkung eines "heiligen Fluches" im Orient [2] mit berühmten Beispielen. Da nun wir diejenigen waren, die nach drei Jahrtausenden den Schleier um das Geheimnis der Göttin Neith gelüftet hatten, galt der Tradition gemäß der Fluch uns, um daran zugrunde zu gehen.

Die Entschleierung des Geheimnisses von Saïs bot jedoch eine zweite, sehr realistische Erkenntnis: Indem bekannt ist, daß die Priester von Saïs nochmals das ganze Wissen über die Traditionen, die Geschichte ihres Landes zusammengetragen hatten, erwartete ich, daß sie in einer Bibliothek, die wohl am Hof um die Göttin Neith aufgestellt war, dieses Wissen auf Schriftrollen in Tonzylindern aufbewahrt haben. Da Saïs, das am Westarm (Rosettearm) des Nildeltas gelegen war, noch zur Gänze unausgegraben ist, besteht die begründete Hoffnung, hier mit Suchgrabungen diesen einmaligen historischen Schatz, die ägyptische Bibliothek, zu finden und zu bergen. [...] Könnte diese Bibliothek wirklich geborgen werden, so würde sich mit einem Schlag unser Wissen um die Vorgechichte dieser Menschheit, zurück bis an und über die Sintflut hinaus, bereichern.


Anmerkungen und Quellen

Tollmann Wahrheit.jpg
Dieser Beitrag von Prof. Dr. Alexander Tollmann (1928-2007) wurde - mit freundlicher Genehmigung von Raoul Tollmann - seinem autobiographischen Buch "UND DIE WAHRHEIT SIEGT SCHLIESSLICH DOCH!" entnommen (S. 532-533; "Bibliothek von Saïs"), das 2003 im Verlag Kritische Wissenschaft erschienen ist. Redaktionelle Bearbeitung und Illustration durch Atlantisforschung.de im Mai 2017.

Fußnoten:

Bild-Quellen:

1) Metilsteiner bei Wikimedia Commons, unter: File:LOWTH(1855) - 1.006 RUINS OF SAIS IN THE DELTA.jpg (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
2) Jeff Dahl bei Wikimedia Commons, unter: File:Neith.svg