Die Höhle Chauvet–Pont d´Arc

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Zeugnis der ältesten menschlichen Darstellung eines Vulkanausbruchs?

von Ferdinand Speidel

Abb. 1 Eine Aufnahme von 'Abrahams Felsen' (Rocher d'Abraham) bei Pont d´Arc, an dessen Fuß sich der Eingang zur Höhle von Chauvet–Pont d´Arc befindet

Erst in relativ jüngerer Zeit, 1994, wurde im Tal der Ardeche bei dem Städtchen Vallon-Pont d´Arc im Süden Frankreichs von den drei Höhlenforschern J.M. Chauvet, E.B. Deschamps und C. Hillaire eine Höhle mit den weltweit spektakulärsten Zeugnissen altsteinzeitlicher Kunst entdeckt. Nach einem der Entdecker wird die Höhle im allgemeinen Sprachgebrauch Chauvet-Pont d´Arc-Höhle genannt. Sie erhielt von der UNESCO bereits 2014 den Status des Welterbes.

In dieser Höhle wurden bisher mehr als 400 Wandbilder mit rund 1.000 gemalten und gravierten Tieren und Symboldarstellungen erfasst. Die ersten Datierungen legten ein Durchschnittsalter von mehr als 30000 Jahren zugrunde, was der Kultur des Aurignaciens entspräche. Die Datierungen waren jedoch eine ganze Zeit umstritten. Nach neuesten Radiokarbondatierungen kann von einer Nutzung der Höhle in zwei Perioden ausgegangen werden; die erste lag vor 37.000 bis vor 33.500 Jahren, also eindeutig im Aurignacien, die zweite vor 31.000 bis vor 28.000 Jahr, die demnach dem Gravettien zuzuschreiben wäre.

Aufgrund der in anderen Höhlen - wie Lascaux - gemachten Erfahrungen wurde Chauvet-Pont d´Arc nie für die Öffentlichkeit zugelassen, da die Veränderung der Luftfeuchtigkeit zu Pilzbefall und zur Gefährdung der Malereien führen könnte. Auch die autorisierten Forscher dürfen nur in Abständen und für wenige Stunden, nämlich im Frühjahr vier Wochen und im Herbst zwei Wochen arbeiten. [1]

Abb. 2 Diese herrliche Holzkohle-Zeichnung eines Hirschs gehört zu den vielen charakteristischen Tier-Abbildungen in der Höhle von Chauvet. Allerdings verdeckt sie weitgehend eine weitere uralte Zeichnung, die den Rahmen uns heute bekannter Felskunst des Jungpaläolithikums sprengt.

Bisher wurden in Europa etwa 340 Höhlen mit paläolithischer Felsenkunst entdeckt, die große Mehrzahl davon liegt in Südfrankreich und Nordspanien. Die ältesten datieren in die Zeit vor 40.000 bis vor 36.000 Jahren, die Zeit des Erscheinens des anatomisch modernen Menschen in Westeuropa übereinstimmt und die mit der Kultur des Aurignacien assoziiert wird.

Die spätpaläolithische, europäische Ikonografie umfasst die figurative Darstellung wilder Tiere, vor allem von Pflanzenfressern, wie z.B. Bison, Pferd, Rentier; weniger häufig ist die Darstellung von Menschen und verschiedener abstrakter Formen. Im Gegensatz zu den naturalistischen Zeichnungen von Tieren wirken die von Menschen überwiegend schematisch. Trotz der großen Zahl der seit dem 19. Jahrhundert erforschten Höhlen wurden bisher keine Gemälde, Petroglyphe oder Gravuren mit der Darstellung von Landschaften [2] oder geologischen Phänomenen aus der jüngeren Altsteinzeit in Europa gefunden.

Dabei gehören gerade Vulkanausbrüche zu den eindrucksvollsten geologischen Ereignissen auf der Erdoberfläche. Die bisher älteste Aufzeichnung eines solchen Geschehnisses in der menschlichen Geschichte reicht jedoch nur rund 9.000 Jahre zurück. In den 1960er Jahren stellte der britische Prähistoriker James Mellaart, der wesentlich an den Grabungsarbeiten in Catalhöyük (Türkei) beteiligt war, die These auf, dass dort eine Wandzeichnung der archäologischen Ebene VII eine Vulkaneruption zeigte. Diese These wurde erst 2013 durch einen Ausbruch des Hasan Dağı, der auf ca. 8970 Jahre (8,97 +- 0,64 ka [3]) v.d.G. datiert wurde, gestärkt. Bis heute gilt sie als älteste Zeichnung eines Vulkanausbruchs. Die zweitälteste stammt aus der armenischen Provinz Sjunik, wo eine Gruppe von sechs Petroglyphen die Eruption des Vulkans Porak darstellt, die auf etwa 7.000 Jahre vor der Gegenwart datiert wird. Gemessen daran erscheint die Überlieferung der Beobachtungen des römischen Administrators und Poeten Plinius der Jüngere des Ausbruchs des Vesuvs im Jahr 79 n. Chrrecht jung.

Abb. 3 Eine Rekonstruktion der Zeichnung in der Höhle Chauvet-Pont d´Arc, welche Sébastien Nomade et al. als bis dato älteste bekannte Darstellung einer vulkanischen Eruption durch Menschen interpretiert haben

Das Alter der in der Chauvet-Pont d´Arc-Höhle gefundenen Malereien war lange umstritten. Neueste Radiokarbondaten haben jetzt aber eindeutig die älteste Nutzung der Höhle und die Zeichnungen in die Zeit vor 37.000 bis 34.000 Jahren (37-34 ka cal.) festgestellt. Das Besondere an den Tierdarstellungen in dieser Höhle ist die Prädominanz sogenannter 'gefährlicher Tiere', wie z.B. Höhlenlöwe, Mammut, Nashorn. Es gibt aber auch klassische Motive, wie Pferd, Bison, Riesenhirsch, Ibex usw. Daneben finden sich auch menschliche Darstellungen (negative und positive Hände, Vulvas, weibliche Unterkörper).

Außer den figurativen Darstellungen gibt es gravierte oder gemalte abstrakte Zeichen, wie schematisches „W“, „Schmetterling“ und „fontänenartige Formen“, von denen einige auf die Höhle Chauvet-Pont d´Arc beschränkt sind. Die besondere Aufmerksamkeit einer Gruppe französischer Wissenschaftler erregten die in der „Riesenhirsch-Galerie“ der Chauvet-Grotte gefundenen „fontänenartigen Zeichen“, für die mit der 14 CAMS und Thermoluminiszenz-Datierung ein Alter zwischen 36.700 und 34.100 (36,7 u. 34,1 ka cal) Jahren B.P. ermittelt wurde. Sie brachten sie mit der Region des Bas-Vivarais, dem 500 km2 großen, südwestlichen Ausläufer des Massif Central in Verbindung und stellten die Hypothese auf, dass diese Zeichnungen die älteste, von Menschenhand geschaffene Darstellung eines Vulkanausbruchs ist. Dieses Gebiet mit 17 Eruptiv-Zentren liegt nur 35 km nordwestlich von der Höhle Chauvet-Pont d´Arc und ist von den dortigen Hügeln gut sichtbar. Die Periode der jüngsten Ausbrüche dieses Gebietes war bisher nur vage auf etwa 45.000 Jahre v.d.G. ermittelt worden.

Die Forschergruppe entnahm Proben von drei Vulkanen des Bas-Vivarais, das von der UNESCO im Jahr 2014 zum Welt-Geopark ernannt wurde. Die Proben wurden einer 40 AR / 39 AR-Untersuchung unterzogen, durch die die vulkanischen Eruptionen zwischen 35 +-8 ka und 29+-10 ka datiert wurden und damit in Übereinstimmung mit der ersten Belegung der Megaloceros-Galerie steht. Die Gruppe zog daraus den Schluss: „Unsere Arbeit gibt den ersten Beleg einer starken vulkanischen Aktivität zwischen 40 und 30 ka in der Region Bas-Vivarais, und es ist sehr wahrscheinlich, dass im Gebiet der Ardeche lebende Menschen einen oder mehrere Ausbrüche miterlebten. Wir schlagen vor, dass die in der Chauvet-Pont d´Arc gefundenen, fontänenartigen Zeichen die älteste, bekannte Darstellung einer Vulkaneruption sein könnten, die 34.000 Jahre älter sind als die Beschreibung von Plinius dem Jüngeren des Ausbruchs des Vesuvs (79) und 28.000 Jahre älter als die Catalhöyük-Wandzeichnung in der Türkei.[4]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Chauvet-Höhle" (abgerufen: 23. Juli 2018)
  2. Red. Anmerkung: Zu jungpaläolithischen Gelände-Darstellungen siehe: "Paläokartographie" (red)
  3. Red. Anmerkung: ka bedeutet: kilo annos (lateinisch), wissenschaftlich für 1000 Jahre.
  4. Quelle: Sébastien Nomade, Dominique Genty, Romain Sasco, Vincent Scao, Valérie Féruglio, Dominique Baffier, Hervé Guillou, Camille Bourdier, Hélène Valladas, Edouard Reigner, Evelyne Debard, Jean–François Pastre und Jean-Michel Geneste (Michael D. Petraglia Hrsg.), "A 36,000-Year-Old Volcanic Eruption Depicted in the Chauvet-Pont d’Arc Cave (Ardèche, France)?", PLoS One 2016; 11(1): e0146621 (abgerufen: 23. Juli 2018)

Bild-Quellen:

1) JYB Devot bei Wikimedia Commons, unter: File:Grotte Chauvet P1010127mod.jpg (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“)
2) Sébastien Nomade, Dominique Genty, Romain Sasco et al., bei PLoS One, 2016 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
3) ebd.