Die Phönizier - eine Spur in Brasilien?

Abb. 1 Der Fundort der Costa-Tafel in Brasilien.

(bb) Waren die Phönizier möglicherweise im 6. Jahrhundert v. Chr. auch in Brasilien? Zu den Artefakten in der Neuen Welt, welchen von Verfechtern alter Transatlantik-Connections ein phönizischer Ursprung zugeschrieben wird, gehört auch die umstrittene Costa-Tafel (auch unter der Bezeichnung 'Paraiba Stone' bekannt grworden), mit der sich der Autor Lars A. Fischinger in einem seiner Artikel [1] beschäftigt hat. Entdeckt wurde die Tafel laut Fischinger, schon im Jahr 1872, und zwar in der Nähe des Ortes Paraiba (Joao Pressoa) an der nordbrasilianischen Atlantikküste. Gefunden wurde sie dem Vernehmen nach von einen Sklaven, der auf einer örtlichen Farm arbeitete, die einem Mann mit Namen Signor Costa gehörte. Der Inhalt der Tafel, die schon bald nach ihrer Entdeckung spurlos verschwand, soll übersetzt gelautet haben:

"Wir sind Söhne Kanaans und kommen aus Sidon, der Stadt des Königs. Geschäfte haben uns an diese ferne Küste verschlagen, in ein Land der Berge. Wir opferten einen Jüngling für die erhabenen (Götter und Göttinnen) im neunzehnten Jahr des Hirams, unseres mächtigen Königs. Wir schifften uns in Ezion-Geber in das Rote Meer ein und reisten mit zehn Schiffen. Wir waren zusammen auf dem Meer zwei Jahre lang vor dem Land Ham (Afrika), aber wir wurden durch die Hand Baals (ein Sturm?) getrennt und wir waren nicht mehr bei unseren Gefährten. So sind wir hierher gekommen, zwölf Männer und drei Frauen [...]" [2]

Zwei Jahre nach dem Fund des Objektes, erhielt das Historische und Geographische Institut von Brasilien eine Abschrift der phönizischen Glyphen, die sich auf der Costa-Tafel befunden haben sollen. Vier Jahre ließ man sich dort mit den Untersuchungen Zeit, um dann offiziell festzustellen, dass es sich bei dieser Abschrift nur um eine Fälschung handeln könne. Fragwürdig sei vor allem die Schreibweise der zweifellos phönizischen Buchstaben. Zudem sei zu bedenken, dass der damalige brasilianische Kaiser Pedro II. eine Art "Schwäche" für semitische Sprachen gehabt habe. Dies habe ein Fälscher vermutlich auszunutzen versucht.

Abb. 2 Eine Abschrift der Zeichen auf der Costa-Tafel.

Bis zum Jahr 1968. Damals brachte Cyrus H. Gordon, ein Kenner semitischer Sprachen den mysterösen Fund erneut in die Diskussion. Dezidiert und ausführlich wies der Sprachforscher damals nach, "dass laut neuesten Forschungen jene Passagen, die einst als Beweis für eine Fälschung des Textes angeführt wurden, in einem durchaus gebräuchlichen Schreibstil verfasst wurden. Weiter weist Gordon darauf hin, dass einem mutmaßlichen Fälscher 1872 diese sehr speziellen Eigenarten der phönizischen Schrift nicht hätten bekannt sein können." [3]

Natürlich blieb diese provokative These nicht unwidersprochen. F. M. Cross beispielsweise, ebenfalls ein Kenner der Materie, kam zu dem genau entgegengesetzten Ergebnis wie sein Kollege Gordon: "Für Cross war es ein >Mischmasch< aus verschiedenen linguistischen Formen, die der Fälscher Handbüchern der damaligen Zeit entnommen habe." [4]

Angesichts einer ganzen Anzahl vergleichbarer Funde, die ein ähnliches sprachliches "Mischmasch" aufweisen, muss allerdings schon die Frage gestattet sein, ob es im 1. Jahrtausend vor Chr. schon einen Duden gegeben hat, nach dem Weltreisende sich richten konnten? Gerade reisende Handwerker, Soldaten und Seefahrer werden Lesen und Schreiben - wenn überhaupt - nicht akademisch, sondern vermutlich autodidaktisch und in einer multikulturellen Umgebung erlernt haben, was die genannten Merkmale nicht nur erklären würde, sondern gegebenenfalls ein zusätzliches Argument für die Echtheit von Relikten wie der Costa-Tafel, oder auch denen aus Burrows Cave in Nordamerika, darstellt.

Es gibt aber auch ein historisches Argument, das zu Gunsten der fraglichen Inschrift aus Brasilien spricht. Bei Herodot, finden wir nämlich die Information, dass während der Regentschaft des Pharaos Necho, zwischen 600 und 597 v. Chr. eine Expedition vom Roten Meer gen Süden aufgebrochen sei. "Sie habe die Südspitze Afrikas umrundet, sei im Dezember 598 vor Christus durch die Straße von Gibraltar in das heimische Mittelmeer gefahren und landete im Februar des Folgejahres wieder in Ägypten. Die Erwähnung, dass die mutigen Seefahrer dabei auch die Sonne zu ihrer Rechten gesehen hätten, bestätigt, dass sie sich auf der Südhalbkugel der Erde befanden." Der auf der Costa-Tafel "genannte König Hiram lebte im 5. Jahrhundert vor Christus. Waren Schiffe seines Reiches mit auf der von Herodot beschriebenen Reise rund um Afrika? Wenn dem so wäre, ist es nicht ausgeschlossen, dass tatsächlich eines der Schiffe im Sturm nach Westen geschlagen wurde und Brasilien erreichte." [5]


Quellen

  1. Quelle: Lars A. Fischinger - Experten Artikel - Waren die Phönizier in Brasilien? (nicht mehr online)
  2. Quelle: ebd.
  3. Quelle: ebd.
  4. Quelle: ebd.
  5. Quelle: ebd.


Bild-Quelle

(1-2) http://freenet.meome.de/app/fn/artcont_portal_news_article.jsp/84798.html (nicht mehr online)