Die Rakete des Conrad Haas (1555 n. Chr.)

Abb. 1 Conrad Haas und seine Raketen - ein Jahrhunderte lang vergessenes Faszinosum der Wissenschaftsgeschichte Europas
Abb. 2 Weitere Skizzen mehrstufiger Raketen-Modelle von Conrad Haas und Johann Schmidlap

(bb) Begann das Raketenzeitalter - in Europa - möglicherweise schon im 16. Jahrhundert? Diese Annahme legt ein Fund von Doru Todericiu nahe, seinerzeit Professor an der Polytechnischen Universität Bukarest, der 1961 im Bibliotheksarchiv von Sibiu stöberte. "Plötzlich hielt er einen Sammelband aus dem Jahre 1570 in den Händen, an dem drei Autoren mitgewirkt haben. Hans Haasenwein steuerte seinen Teil bereits 1417 bei, ein nicht genannter Autor [1] den seinen im Jahr 1460 und Conrad Haas fügte in den Jahren zwischen 1550 und 1570 seine Schriften ein. Conrad Haas war in dieser Zeit für das Depot der Artillerie in Hermannstadt zuständig." [2]

Haas´ Bericht dürfe Wissenschaftshistorikern gewaltige Kopfschmerzen bereiten, denn er beschreibt detailliert den Start einer dreistufigen Festtreibstoff-Rakete im rumänischen Hermannstadt (dem heutigen Sibiu) im Jahr 1555! Aus den alten Aufzeichnungen geht weiter hervor, dass bereits im Jahr 1529 eine zweistufige "fliegende Lanze" konstruiert worden war, deren Nachfolgemodell - nach jahrzehntelanger Weiterentwicklung - schließlich im Jahre 1555 vor Tausenden von Zeugen gestartet wurde. Weiter heißt es bei Haas, es sei auch eine bemannte Version dieser Raketen mit einem "Häuschen" geplant gewesen, in dem Menschen in den Himmel hinauf geschossen werden sollten.

"Dieses an moderne Raketen erinnernde Projekt wurde jedoch nie realisiert. Professor Todericu studierte die alte Schrift genau und veröffentlichte in der rumänischen Zeitschrift für Geschichte, herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften, den erstaunlichen Inhalt des Textes. Conrad Haas beschreibt in dem Manuskript, dass die Raketenmodelle einen festen Treibstoff besaßen, der aus einer speziellen Mischung von Pulvern bestand.

Auch Versuche mit Ammoniak, Essigsäure oder Äthylazetat sowie anderen Chemikalien werden beschrieben. Conrad Haas hielt die Entwicklungen jener Epoche in allen Details fest. So schildert er, dass 1529 erst die zwei- und dann die dreistufige Rakete entwickelt wurde. Im Jahre 1536 fasste man dann das Projekt mit dem >Häuschen< für Passagiere ins Auge, verwirklichte es aber nicht.

Die zahlreichen Versuche ergaben 1555 letztlich einen Raketentyp, der drei nacheinander zündende Antriebsstufen hatte. Um das Problem der Stabilität während des Fluges zu lösen, so Conrad Haas weiter, wurde noch im selben Jahr die Rakete mit Deltaflügeln ausgestattet. Man hatte etwa 400 Jahre vor Beginn der Raumfahrt ein Gerät erfunden, das modernen Raketen entsprach." [3]

Für Alternativhistoriker und nonkonformistische Atlantisforscher stellt der Raketenstart von Hermannstadt (immerhin 228 Jahre vor dem berühmten Jungfernflug der Gebrüder Montgolfier mit ihrem Heißluftballon) einen weiteren Anhaltspunkt dafür dar, dass auch vor- und frühgeschichtliche Kulturen grundsätzlich schon über Fluggeräte verfügt haben könnten.


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Möglicherweise ist Johann Schmidlap gemeint, von dessen Arbeit Haas beeinflusst wurde. Siehe: Doru Todericiu, "Raketentechnik im 16. Jahrhundert", in: Technikgeschichte 34.2, 1967, S. 97–114
  2. Quelle: Lars A. Fischinger auf freenet.de, Juni 2002, nach: Quelle: http://www.w-f-g.de/archaeologie10.html (nicht mehr online)
  3. Quelle: ebd.

Bild-Quellen:

1) Sevens84 bei Wikimedia Commons, unter: File:Conrad Haas.jpg
2) Oben: Lars A. Fischinger, freenet.de, Juni 2002, nach: Quelle: http://www.w-f-g.de/archaeologie10.html (nicht mehr online)
2) Unten: Pkravchenko bei Wikimedia Commons Datei:Conrad Haas rocket.gif