Die gewaltige Megalith-Nekropole bei Würzburg

von Walter Haug

Der "Marsberg" bei Würzburg

Abb. 1 Wie sahen die Bauwerke einst aus, deren gewaltigen Trümmern man am 'Marsberg' auf Schritt und Tritt begegnet? Foto: © W. Haug

Eine völlig neue prähistorische Grabform wurde in Süddeutschland entdeckt, Monumente, die sich mühelos mit den Kolossalbauten anderer Hochkulturen, den Tumuli der Etrusker, den Stufenpyramiden der Ägypter, Sumerer und Maya in eine Reihe stellen lassen. Es sind die ersten nachweisbaren gemauerten Stein-Monumente unserer vorgeschichtlichen Ahnen, und anscheinend sind sie bis heute keinem aufgefallen. Als Forscher ist man erschüttert, mit welch konsequenter Ignoranz man von höchster Stelle die gänzlich unübersehbaren, im höchsten Maße überwältigenden Ruinen unserer versunkenen Hochkultur behandelt.

Da diese Grabpyramiden hoch oben am Rand landschaftsbeherrschender Berge auf Felsstufen errichtet wurden, halten sie alle ahnungslosen Betrachter schon seit Urzeiten für Steinbrüche mit enorm großen, alles ausfüllenden Abraumhalden. Wenn da nur nicht diese Portale, Gänge und Kammern wären, für die jeder schulwissenschaftliche Archäologe überhaupt nur eine Erklärung liefern kann: Es handelt sich um megalithische Grabdolmen. In Frankreich datiert man diese bis zu 8000 Jahre zurück!

Bisher hielt man die Megalithkultur auf die Randzonen Europas beschränkt und glaubte, sie wären von seefahrenden Völkern geschaffen worden. Nun finden wir immer mehr Hinweise, dass diese Monumente im Zentrum über den ganzen Kontinent verbreitet sein müssen. Die großen Vorkommen im Kraich- und Zabergau, die ich in meinem Buch ("Unsere Dorfsteinbrüche - Die größten Megalith-Monumente der Welt? Reiseführer zu einer übersehenen Hochkultur") beschreibe, fanden schon einen erstaunlichen Höhepunkt durch die Entdeckung des Bärensteins bei den Externsteinen von Horn, ein 250 Meter langer, etwa zwanzig Meter hoher Koloss. In Heidelberg, gegenüber dem Schloss, beherrscht das "Heidenknörzel", eine gewaltige Nekropole unüberschaubar vieler Steingrabhügel das ganze Neckartal. Gleich auf dem Heiligenberg nebenan finden wir das dazugehörige keltische Oppidum mit einem alten galloromanischen Merkurtempel. Sogar mitten im Schwarzwald, unweit des Kinzigtals bei Haslach, fanden Freunde eine imposante Anlage, die "Heidburg", die aus zwei großen und steilen Cairns besteht. Das dazugehörige Heiligtum wird von einem weiten aus dem Fels gehauenen Raum samt Brunnenschacht gebildet, der durch einen tiefen und steilen Hohlweg zwischen diesen Cairns erreicht werden kann.

Abb. 2 Gernot L. Geise vor einem Dolmen. Foto: © W. Haug

Nun entdeckte ich wiederum per Zufall einen noch größeren und imposanteren Felsfriedhof, der mit seinen zyklopischen Mauern alles in den Schatten stellt, was bislang an beeindruckender Architektur hierzulande zu Tage kam. Auf den Spuren der mittelalterlichen Geschichtsfälschung, der wir auch das völlige Verdrängen der Zeugnisse unserer vorgeschichtlichen Zivilisation zu verdanken haben, stieß ich auf die Datierungen der Würzburger Grabplatten im Dom und Kloster Himmelpforten. Hier ist jedoch nicht der Platz, dieses Thema in aller notwendigen Ausführlichkeit zu behandeln.

Beim Studium des mittelalterlichen Stadtplans jedenfalls stieß ich ganz nebenbei auf den Kürnach, der damals und heute durch den Ort fließt. Der Begriff Kürn ist entlehnt von dem alten keltischen Wort Cairn, mit dem in französisch- und englischsprachigen Ländern die prähistorischen Steingrabhügel bezeichnet werden. In Würzburg müssen also Vorkommen dieser Monumente zu finden sein. Ich besorgte mir die topographische Karte 1 : 25000 und stieß schon nach kurzer Zeit auf die penibel vermessenen "Steinbrüche" mit ihren absurd großen "Abraumhalden".

Ich hatte schon immer angenommen, dass nicht nur Baden-Württemberg, sondern auch Bayern solche gewaltigen Felsfriedhöfe besitzt. Auf dem "Marsberg" und dem "Sonnenstuhl" südlich von Würzburg fanden wir nun die Ruinen unserer vorgeschichtlichen Baumeister. Hier schufen sie den Königen einer völlig vergessenen Zeit hochherrschaftliche Residenzen für die Anderswelt. Und diese unterscheiden sich kaum von den Felsfriedhöfen der Etrusker. Süddeutschland war ja bis heute megalithisch ein "weißer Fleck". Während die Kelten in Irland und Schottland, in der Bretagne und Spanien oder die germanischen Kelten in Norddeutschland gewaltige Großsteingräber ihr eigen nennen konnten, sollen ausgerechnet im Zentrum des Keltenreichs keine derartigen Monumente errichtet worden sein. Unglaublich!

Abb. 3 Ein Cairn auf dem Marsberg. Foto: © W. Haug

Chronologisch interessant ist, dass in Irland, im Gegensatz zum Kontinent, wo mehr als tausend Jahre die Epochen trennen, die Keltenzeit bis nah an das Mittelalter heranreicht. Ganz ähnlich von der kontinentalen Chronologie abweichend ist Geoffrey von Montmouths Geschichte Englands. Auch die Kultur der heidnischen Wikinger Skandinaviens, die man von der keltischen kaum unterscheiden kann, ist noch im 13. Jahrhundert aktiv. Es wird immer klarer, dass unsere Weltgeschichte fast gänzlich auf der katholischen Kirchengeschichte aufbaut, und diese besteht zu großen Teilen aus Legenden und unbeweisbaren Behauptungen. Kriminelle Päpste des Mittelalters (Colonna, Borgia, etc.) erfanden aus Prestigegründen lange Familiendynastien, die nie existierten. Dadurch wurde die Chronologie um Jahrhunderte angereichert, die restlos gestrichen werden müssen. Dadurch fallen solche unbegreiflichen Zeiträume wie das "Dunkle Mittelalter" einfach weg. Die angebliche römische Besatzungsmacht in Südwestdeutschland gab es nie. Was wir archäologisch finden, ist die Kultur der einheimischen Galloromanen, also Kelten, mit Zeugnissen ihrer eigenen keltischen Religion.

Wir kennen z.B. ein bedeutendes Königsgrab der Kelten in Irland, Brugh na Boinne, wie man auf gälisch sagt, das allgemein als Newgrange bekannt ist, der gewaltige Steintumulus im Tal des River Boyne (s. Abb.). Die Sage berichtet, dass hier die Könige von Tara, der legendären irischen Königsstadt, bestattet seien. Andere Quellen erzählen, das Grab wäre für den Stammesgott des geheimnisvollen Volkes der Tuatha Dé Danann namens Dagda Mór und seine drei Söhne errichtet worden. Nach einem dieser Söhne wird der Grabhügel auch Haus des Aonghus genannt. Auch die Höhle des Achadh Aldai, die schon in den frühen Annalen von Ulster auftaucht, wird mit Newgrange identifiziert. Die Archäologie aber legt, völlig die schriftlichen Überlieferungen ignorierend, den Zeitpunkt der Erbauung um Jahrtausende zurück (ca. -3250) und will die Megalithkultur als nicht eisenzeitlich-keltisch betrachten.


Die Exkursion

Abb. 4 Ein wunderschönes Dolmenportal. Der Gang führt zunächst einmal rund zehn Meter ins Dunkle. Foto: © W. Haug

Am 25. Juni 2001 jedenfalls verabredeten wir uns zum Forschungseinsatz : Uwe Topper, Ger-not L. Geise und Liese Knorr vom EFODON e.V., Andreas Ferch und ich von der Cairn-Forschungsgesellschaft. Als wir den Marsberg mühsam über einen steilen Weinberg bestiegen hatten, erwarteten wir gar nicht, in den dort alsbald massenhaft auftauchenden "Abraumhalden" und Steingrabhügeln auf ein megalithisches Gangsystem zu stoßen. Was uns aber bald auffiel, waren diese gewaltigen Felsquader, die völlig durcheinander lagen und z.T. noch Mauerzüge bilden.

Während wir hastig die Steingrabhügel hinauf und herunter stolpernd den weit vorauseilenden Schritten Gernots folgten, der alsbald aus unserem Gesichtskreis verschwand, hörten wir seine Stimme plötzlich wie aus dumpfer Grabestiefe dröhnen. Wo war er nur abgeblieben? Ich konnte nicht fassen, woher die aus dem Nirgendwo erschallende Stimme Gernots kam: "Wo bist du?" - "Hier, im Grabgang!" Erst da sahen wir die dunkle Öffnung in einem hoch aufragenden Steinhügel, ein wunderschönes Portal in einer gewaltigen Umfassungsmauer aus zyklopischen Quadern.

Mächtige Architraven aus Muschelkalkstein bilden die stabile Decke des ungewöhnlich hohen und tiefen Ganges, den wir mühelos aufrecht begehen konnten. Gernot war schon weit in die unheimliche Dunkelheit eingedrungen, und wir tasteten uns fasziniert und vorsichtig zugleich in die beklemmende Tiefe vor. Gernots Stimme berichtete uns jeweils aus dem Schattenreich, was ihm auf seiner unheimlichen Expedition begegnete. "Vorsicht, hier knickt der Gang ab!" Und tatsächlich, nach etwa zehn Metern schwenkte der Gang nach links. Die linke Seite ist nach der Mythologie der Kelten mit dem Totenreich assoziiert. Und solche abgeknickten Gänge kennt man auch aus der Bretagne. Dort werden sie Grabgänge in Ellbogenform genannt.

Abb. 5 Zum Vergleich: Cairn von Goerem mit "Ellbogengang" (Graphik: Archiv W. Haug)

Dann: "Passt auf, hier kommt bald eine etwa zwanzig Zentimeter tiefe Stufe". Nun war überhaupt nichts mehr zu sehen. Eine kleine Kerze, die wir in einer Nische am Eingang gefunden hatten, wurde zu mir durchgereicht. Ich tastete mich nun fast blind nach vorne. Das spärliche Lichtlein ließ nur erkennen, dass die Decke immer niedriger wurde. Und von dort tropfte mir nun kaltes Wasser hinten in den Hemdkragen. Das geduckte Gehen hatte auch bald ein Ende, denn nun erzwang die Ganghöhe alsbald kriechende Fortbewegung. Wir ließen die Kleinste unter uns, Liese, nach vorne. Ihr Feuerzeug erhellte den Gang. Nun erkannten wir, dass etwa zehn Meter nach der Abbiegung ein Ende des immer niedrigeren Stollens erreicht war. Liese fotografierte und meinte, dass der Gang eventuell noch einmal abknicken würde. Aber das konnten wir nicht mehr weiter verfolgen.

Logischerweise müsste der Gang nun auf die Grabkammer stoßen. Von anderen Megalith-Monumenten kennt man auch diese Verengung kurz vor der Kammer. Aber hier versperrte eine Mauer die gerade Fortsetzung des Weges. Haben wir hier eine ungestörte, noch verschlossene Kammer vor uns?

Wer schon einmal das beeindruckende Monument von Newgrange besucht hat, weiß, wie großzügig die Megalithiker ihre Monumente, die Grabgänge und -kammern gebaut haben. Andreas, ein Kenner des irischen Königsgrabes, war sehr angetan von dem Gang und meinte, dass er ihn stark an Newgrange erinnern würde. (Abb. 5) Wir können also nun den Lesern mitteilen, dass niemand mehr in eine Flugangst erzeugende Maschine steigen muss, um eines der beeindruckendsten Monumente der Vorzeit besichtigen zu können. Die Hochkultur liegt vor unserer Haustür!

Abb. 6 Die Megalithanlage Newgrange im Tal des River Boyne in Irland (Foto: Archiv W. Haug)

Die Worte reichen nicht aus, um den gewaltigen Eindruck zu beschreiben, den die tonnenschweren, wie von Riesen gestapelten und oft wild durcheinander gestürzten Quader auf uns machten. Deutlich zu sehen ist, wie diese Quader- und Steinsetzungen die Umfassungsmauern und -fassaden der recht hohen und steilen Grabhügel bilden. Auf Schritt und Tritt begegneten uns diese am Rand und auf den Steingrabhügeln und erinnerten uns an antike Ruinenland-schaften des Südens.

Nirgendwo war die blanke Felswand zu erkennen, überall hatte die Erosion vermutlich über Jahrtausende hinweg Schuttmassen bis nahe an die Felskante abgelagert. Also kein Abbau der Felswände. Hier hatten Steinbrucharbeiter massiv Hand an die Monumente gelegt, diese zum Einsturz gebracht und große Teile der Bausubstanz davongetragen, das zeigten uns umherliegende Stahlseile und in die Quader gebohrte Haken zum nicht mehr erfolgten Abtransport.

Eine gewaltige und immer noch hohe Zyklopenmauer liegt nach innen gestürzt vor einer Felswand. Welche unbekannte Art von Bauwerk verbirgt sich in diesen Ruinen? Wie viele Portale liegen noch unter den riesigen Trümmern verborgen? Verblüffend ist, wie gleichmäßig rechteckig alle Steinquader bearbeitet sind. Wunderbar exakt bearbeitete Teile begegneten uns, die mehrere Meter breit und lang und weit über einen Meter dick dort herumliegen.

Abb. 7 Reste einer zusammengebrochenen Umfassungsmauer aus gewaltigen Steinblöcken. Foto: © W. Haug

Welcher Steinbruchbetreiber hätte sich die Mühe gemacht, diese massenhaft in dieser Präzision herzustellen und dann einfach liegenzulassen? Uns stellt sich die Frage, wie Archäologen hier überhaupt sinnvoll arbeiten wollen, wenn jeder einzelne Quader, der bewegt werden müsste, nur mit Einsatz von Kran und Hebevorrichtungen in seine angenommene ursprüngliche Position zu hieven ist? Mit welchen technischen Vorrichtungen wurden ursprünglich diese an karthagische Kolossal-Mauern erinnernden Quader bewegt, aufgerichtet und aufeinander geschichtet?

Würzburg liegt weit außerhalb des Limes. Hier kamen die Römer nie hin. Diese Architektur erinnert sehr stark an die der Etrusker, z.B. an die Nekropole Crocifisso del Tuffo bei Orvieto, deren Grabhäuser aus ebenso rechteckigen aber kleineren Felsblöcken errichtet wurden. Auch dort umgibt eine hohe Steinbruchwand die ganze weitläufige Anlage.

Eines ist klar: nach diesem und allen schon vorgetragenen Funden muss die Vorgeschichte völlig neu geschrieben werden. Wohl deshalb will sich keiner der Schulwissenschaftler mit diesem heißen Eisen befassen. Ist das zu akzeptieren? Will und kann man diese archäologische Sensation auf ewig unterdrücken? Es muss doch aufgeschlossene schulwissenschaftlich ausgebildete Archäologen geben, die sich unvoreingenommen an die Sache heranwagen und völlig objektiv die Architekturen beurteilen und mit bekannten megalithischen vergleichen, wie ich das als ausgebildeter Kunstgeschichtler mit Interesse für Architekturgeschichte ebenso mache. Eine gewissenhaft durchgeführte Schichtengrabung in einem der jetzt schon zahlreich entdeckten Gänge müsste Material zutage bringen, das (vorgeschichtlich) datierbar wäre, und damit hätte unsere prähistorische Hochkultur endlich ihre Anerkennung gefunden.


Siehe auch:

Walter Haug, megalith-pyramiden.de


Anmerkungen und Quellen

Dieser Bericht von Walter Haug © wurde erstmals unter dem Titel "Sensationelle megalithische Nekropole bei Würzburg gefunden!" in EFODON-SYNESIS Nr. 5/2001 veröffentlicht und online unter: http://www.efodon.de/html/archiv/vorzeit/haug/w-mars2.htm publiziert.


Bildquelle

(1-7) http://www.efodon.de/html/archiv/vorzeit/haug/w-mars2.htm