Die prähistorische Welt des 'Stillen Ozeans'

Abb. 1 Der sagenhafte Kontinent „Le(Mu)ria“. Hat es ihn tatsächlich gegeben?

(bb/rmh) Die Frage nach der Erstbesiedlung des pazifischen Großraums durch den Menschen stellt für den Menschen nach wie vor eine große Herausforderung dar. So ist die Besiedlung Polynesiens noch immer nicht restlos geklärt, die Frage „Stammen die Völker des pazifischen Raums von einem versunkenen Kontinent?“ ist brandaktuell und „Nan Mandol“ ist ein Rätsel par Excellence. Auch die Urgeschichte Neuseelands ist weiterhin ungeklärt.

Natürlich darf auch das Thema Lemuria/Mu hier nicht fehlen. Dazu legen wir - vermutlich erstmalig in deutscher Sprache - eine UMFASSENDE Präsentation und Betrachtung des Lemuria-Komplexes aus grenzwissenschaftlichem Blickwinkel vor. Atlantisforschung.de-Redakteur Bernhard Beier hat diesen vielbelächelten Diskussions-Gegenstand einer gründlichen Beschau unterzogen und ist der Frage nachgegangen: „Ist die alternativ-prähistorische Beschäftigung mit „Le(Mu)ria“ sinnvoll und legitim, oder verschwendet man lediglich wertvolle Zeit damit?

Neben dem im Atlantik versunkenen Kontinent Atlantis hört man nämlich hier und dort auch von einem angeblich im Pazifischen Ozean versunkenen Kontinent, der meist Mu oder Lemuria genannt wird.

Ursprünglich wurde die Bezeichnung „Lemuria“ für eine hypothetische Landbrücke zwischen dem heutigen Indien und Madagaskar verwendet. Der Geologe Philip Sclater „erfand“ den Begriff Lemuria. Bereits vor der Benennung dieser vermeintlichen Landbrücke war aber die ihre Existenz schon von dem Biologen Ernst Häckel, dem Paläontologen Melchior Neumayr und weiteren Geologen vermutet worden. Die Landbrücke schien notwendig, um die merkwürdige Verbreitung der Halbaffen namens Lemuren zu erklären. Diese leben nämlich nur in Madagaskar und Vorderindien. Allerdings besagt die heute allgemein anerkannte Theorie der Plattentektonik, dass Madagaskar einst von Indien abgetrennt wurde. Somit wurde für die Wissenschaft die Existenz dieser Landbrücke verworfen, weil sie für die Verbreitung der Lemuren nicht mehr notwendig war. Die theosophische Gesellschaft nahm sich allerdings später des Begriffes an und lehrte im 19. und 20. Jahrhundert die Existenz einer den Indischen Ozean ausfüllenden Landmasse, wobei hierfür der Name "Lemuria" übernommen wurde.

Abb. 2 Auch wenn James Churchwards Werk ganz unzweifelhaft zahlreiche 'Ungereimtheiten' enthält, so kommt doch gerade ihm das Verdienst zu, das Interesse vieler Menschen in der Westlichen Welt an versunkenen Urkulturen des Pazifik-Raums geweckt zu haben.

Die Bezeichnung „Mu“ steht heute vor allem für einen legendären versunkenen Kontinent im Pazifik. Zum ersten Mal tauchte die Vorstellung von einem solchen Kontinent jedoch im 19. Jahrhundert im Bezug auf den Atlantischen Ozean auf. Der Selfmade-Archäologe Augustus Le Plongeon (1825-1908), der besonderes durch seine Forschungen über die Maya bekannt wurde [1], übersetzte alte Maya-Aufzeichnungen, und nach seiner Übersetzung war dort davon die Rede, dass die Maya-Zivilisisation älter als die Zivilisationen der Ägypter und der Atlanter sei. Letztere soll durch Überlebende des Untergangs von Mu gegründet worden sein. In der Wikipedia ist die Rede von „angeblichen Übersetzungen“ und einem „Phantasieprodukt Le Plongeons“. Seine Übersetzung wurden tatsächlich unter vollkommen falschen Voraussetzungen vorgenommen und sind somit wertlos.

Die Vorstellung einer versunkenen Landmasse namens Mu im Pazifischen Ozean wurde erst einige Jahrzehnte später durch den Archäologen James Churchward (Abb. 2) (1851 - 1936) eingeführt, der mehrere Abhandlungen und Bücher darüber schrieb. Nachdem bereits Churchwards pazifisches Mu-Szenario okkultistische Elemente enthielt, wurde dieses Thema später vor allem von Autoren aus dem Bereich der Esoterik aufgenommen, was einer ernsthaften Rezeption durch die empirische Forschung nicht gerade förderlich war.

Trotzdem alledem sind die Begriffe „Mu“ und „Lemuria“ weiterhin aktuell und es scheint tatsächlich Hinweise dafür zu geben, dass im Pazifik einst verschiedene Gebiete einst durch Landbrücken verbunden waren.

So verweist der Autor Walter-Jörg Langbein in seinem Buch „Das Sphinx-Syndrom" auf die Naturwissenschaftler Alfred Wallace und Thomas Huxley, die davon überzeugt waren, dass die heutigen Einwohner Ozeaniens Nachkommen einer versunkenen Landmasse im Pazifik sind. Die Marquesas-Inseln, die Fidschi-Inseln sowie Samoa und Tonga sollen Überbleibsel dieses Kontinents gewesen sein. Langbein erwähnt offene Fragen, die mit der These von einem Kontinent im Südpazifik gelöst werden könnten. So steht die Frage im Raum, warum auf den Maraquesas-Inseln vorkommende Süßwasserfische der Gattung Halaxis vorkommen, die es auch in Neuseeland gibt. Meer trennt die Marquesas-Inseln von Neuseeland, also können sich die nur Süßwasser vertragende Fische nicht über diesen Weg ausgebreitet haben. Wenn diese beiden Gebiete einst durch trockenes Land verbunden waren, könnten sie sich über Flüsse verbreitet haben.

Frösche, kleinere Schlangen und Echsen gedeihen auf den durch Meerwasser getrennten Fidschi-Inseln, obwohl auch sie kein Salzwasser vertragen. Hier bietet wiederum die Landbrücken-Theorie eine Lösung. Ebenso wie die Frage, wie Schlangen von Samoa nach Tonga gelangt sind. Doch damit nicht genug: Spinnen-, Mollusken-, Schmetterlings- und Wurmarten, die für Amerika und Asien typisch sind, leben auf den Inseln Ozeaniens. Auf den Hawaii-Inseln wachsen Pflanzen, die für Nordamerika, Australien, Südamerika, Indonesien und Polynesien charakteristisch sind.

Die Frage nach Le(Mu)ria ist also immer noch offen!


Zu diesem Thema finden Sie bei Atlantisforschung.de eine Reihe von Beiträgen in folgenden Sektionen:


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Anmerkungen und Quellen

Fußnote:

  1. Anmerkung: Augustus Le Plongeon war, wie Lyon Sprague de Camp festhielt, der erste Archäologe, der systematische Ausgrabungen von Maya-Ruinen auf der Halbinsel Yucatán vornahm.

Bild-Quellen:

1) Eine Karte von Mu nach James Churchward, bei Biblioteca Pleyades, unter: James Churchward and His Lost Pacific Continent
2) Nerun bei Wikimedia Commons, unter: File:James churchward.jpg