Ein Paradigma bezieht Prügel: Pedra Furada in Brasilien
von William R. Corliss (1996)
Das Paradigma: Die Neue Welt wurde vor 12.000 Jahren, oder vielleicht ein wenig früher, von Asien aus bei Migrationen über die Bering-Landbrücke besiedelt.
Die Fundstätte von Pedra Furada wurde von N. Guidon und ihrem Archäologen-Team auf 50 000 v. Chr. datiert. Diese Herausforderung des herrschenden Paradigmas ist machtvoll und unzweideutig. Mehrere eher konservative Archäologen hoben den Fehdehandschuh auf und besuchten die brasilianische Fundstätte und verfassten eine mörderische Kritik in Antiquity. [1] Ihr Haupt-Streitpunkt bestand darin, dass die mehr als 500 vermutlich von Menschen gefertigten Stein-"Artefakte", die von Guidon's Team gesammelt wurden, "Geofakte" seien; das heißt, sie wurden auf natürliche Weise abgeschlagen und abgeschuppt, als Felsbrocken von nahe gelegenen Klippen aufeinander fielen. Wir haben dieses Problem in Science Frontiers Nr.105 eingehender besprochen. Verschiedene andere Vorbemerkungen zur Arbeit bei Pedra Furada sind auch in Referenz 1 [2] zu finden.
Die Reaktion von Guidon et al. auf die Arbeit in Antiquity war ein Donnerschlag, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Sie enthüllte die Tiefe der Spaltung, die Archäologen bezüglich der Datierung der menschlichen Besiedlung der Neuen Welt voneinander trennt, wie auch die interne Politik in der Archäologie. [3]
Guidon et al. feuerten zwei volle Ladungen auf die Autoren des ersten Artikels in Antiquity ab: (1) Ihre Fakten stimmten alle nicht; und (2) Ihre Objektivität war durch ihre Loyaltät zu dem zuvor genannten Paradigma in Frage gestellt. Ohne jede Zurückhaltung betitelten N. Guidon und A.-M. Pessis ihre einleitende Breitseite: "Falschheit oder Unwahrheit!" Sie schrieben:
"Der Artikel von Meltzer et al. (1994) beruht auf fragmentarischen Daten und Fehlinformationen (die unten beleuchtet werden). Seine 'Geschützgruppe' von Fragen versetzt uns in Erstaunen; keiner der drei Kollegen hat sie während des Treffens von 1993 gestellt, dass genau aus dem Grund aufgezogen wurde, um einen direkten Dialog zur Besiedlung Amerikas zu generieren. Mit ihrem Statement, >die Kommentare zu Pedra Furada werden nicht leichtfertig gegeben< (S. 696), stimmen wir nicht überein. Diese Kommentare sind ohne Wert, da sie auf Teilwissen und unkorrekten Kenntnissen beruhen."
"Wir denken, dass die ursprüngliche Intention der Autoren eine andere gewesen ist; dann hat es sie, auf einer brüchigen wissenschaftlichen Basis mit fragmentarischen Daten und einem auf subjektivem Urteil beruhenden Skeptizismus, zu einer [Pflicht-]Übung im akademischen Stil hingerissen." [4]
In der Welt der Wissenschaft sind das ernstliche Anschuldigungen. Guidon und Pessis fahren fort, jede Beanstandung zurückzuweisen, die von Meltzer et al in Ref. 1 gemacht wird. Bezüglich der "Geofakt"-Hypothese verweisen Guidon und Pessis auf zwei der von Meltzer et al. verwendeten Illustrationen, wobei sie bemerken:
"Das Artefakt auf ihren Abbildungen 9 und 10 weist fünf sukzessive parallele Absplitterungs-Marken ["flakescars"; d. Ü.] an der selben Seite auf. Nach der Hypothese der Autoren bekam es die erste bei seinem Fall; danach fielen vier andere Kiesel regelmäßig darauf, eines neben dem anderen, wobei sie Absplitterungen mit den gleichen technischen Charakteristika erzeugten." [5]
Das klingt unwahrscheinlich - selbst wenn 50 000 Jahre zulässig sind. Und da gibt es mehr als 500 solcher "seriellen Zufälle". [...] In Weiterführung unserer Analogie zwischen Geofakten und biologischen Organismen - beide angeblichen Produkte zufälliger Prozesse und späterer Markierung - aus Science Frontiers Nr. 105 - fragen wir, wie lange es, mit Hilfe natürlicher Selektion [...] dauern würde, bis genug zufällige Mutationen in der richtigen Reihenfolge (wie bei den Splitter-Geofakten) zusammenkommen, um eine neue Spezies zu ergeben? Millionen von Jahren? [...]
Externa
Anne-Marie Pessis & Niède Guidon, "Dating rock art paintings in Serra de Capivara National Park - Combined archaeometric techniques" (PDF-Datei, 808,10 KB)
"Pedra Furada, Brazil: Paleoindians, Paintings, and Paradoxes - An interview with Drs. Niède Guidon†, Anne-Marie Pessis, Fabio Parenti,Claude Guérin, Evelyne Peyre, and Guaciara M. dos Santos" (Athena Review, Vol.3, no.2: Peopling of the Americas)
Siehe auch:
- Lesetipp: »Die Ersten, die hier ankamen, stammten aus Afrika« - Ein Interview des Wissenschftsjornalisten Christopher Schrader mit der franko-brasilianischen Archäologin Niède Guidon (bb, 2018)
Anmerkungen und Quellen
Dieser Beitrag von William R. Corliss (© 1996-2000 ) erschien erstmalig unter dem Titel "DEFLATING A PARADIGMA : BRAZIL´S PEDRA FURADA" bei Science Frontiers Nr.108, Nov. / Dez. 1996; Übersetzung ins Deutsche nach http://www.science-frontiers.com/sf108/sf108p01.htm durch Atlantisforschung.de
- ↑ Siehe: Meltzer, D.J., et al; "On a Pleistocene Human Occupation at Pedra Furada, Brazil," Antiquity, 68:695, 1994.
- ↑ Siehe: Meltzer, D.J., et al; "On a Pleistocene Human Occupation at Pedra Furada, Brazil," Antiquity, 68:695, 1994.
- ↑ Siehe: Guidon, N., et al; "Nature and Age of the Deposits in Pedra Furada, Brazil: Reply to Meltzer, Adovasio & Dillehay," Antiquity, 70:408, 1996.
- ↑ Quelle: Guidon, N., et al; "Nature and Age of the Deposits in Pedra Furada, Brazil: Reply to Meltzer, Adovasio & Dillehay," Antiquity, 70:408, 1996.
- ↑ Quelle: Guidon, N., et al; "Nature and Age of the Deposits in Pedra Furada, Brazil: Reply to Meltzer, Adovasio & Dillehay," Antiquity, 70:408, 1996.
Bild-Quellen
(2) Science Frontiers, Deflating a paradigm: brazil's pedra furada (Nr. 108 / 1996)