Giovanni Rinaldo Carli

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Abb. 1 Conte Giovanni Rinaldo di Carli-Rubbi (1720 - 1795)

(bb) Der italienische Ökonom, Historiker, Archäologe und Soziologe Conte (Graf) Giovanni Rinaldo - nach seiner Ehefrau Paola Rubbi später auch di Carli-Rubbi genannt - (1720-1795) gehört zu den bedeutenden Persönlichkeiten des frühen Katastrophismus im 18. Jahrhundert und war der erste Atlantisforscher, der ein kosmologisches Ereignis (den Impakt eines Kometen) als Verursacher der Atlantis-Katastrophe voraussetzte.

Geboren wurde Giovanni (Gian) Rinaldo als Sohn der Cecilia Imberti und des Grafen Rinaldo Carli am 11. April 1720 in Capo d'Istria, das damals zur Republik Venedig gehörte. Nachdem er zunächst in seinem Elternhaus Privatunterricht erhalten und sich mit außerordentlichem Fleiß umfassende Kenntnisse der klassischen Literatur und Wissenschaft angeeignet hatte, zog er nach Flambro im Friaul, wo er bei Abbé Bini zur Schule ging. Dort studierte er Naturphilosophie und Geometrie, und im Alter von achtzehn veröffentlichte er eine Abhandlung über die Aurora borealis. Danach übersiedelte er nach Padua, wo er auch ein Studium der Hebräischen Sprache absolvierte.

Bereits mit zwanzig Jahren wurde er als gewähltes Mitglied in die Accademia dei Ricovrati zu Padua aufgenommen, deren Präsident er später wurde. Mit vierundzwanzig berief ihn der Senat von Venedig per Dekret als Professor an die Universität von Padua, wo er den neu eingerichteten Lehrstuhl für Astronomie und Navigation übernahm. Außerdem wurde ihm die Oberaufsicht über die venezianische Marine übertragen.

An der Universität geriet Giovanni Rinaldo schon bald ins Zentrum eines Gelehrtenstreits über die Natur der Magie. Dabei machte er sich nicht nur unbeliebt, weil er die Tricks und Hilfsmittel enthüllte, mit welchen die Professoren jener 'Kunst' in früheren Zeiten schlichten Gemütern etwas vorgegaukelt hatten; es kam auch zu einer höchst unerfreulichen Kontroverse zwischen ihm und dem Abbé Tartarotti, dem gegenüber er die Möglichkeit bestritt, mit Hilfe des Teufels zu zaubern. Tartarotti und sein Anhang bezichtigten ihn darauf sogar der Ketzerei. Zu seinem Glück fand Rinaldo tatkräftige Unterstützung durch Francesco Scipione, Marchese di Maffei (1675-1755) Der ebenso einflussreiche wie aufgeklärte Marchese, der dem mehrere Jahre schwelenden Streit in der Scientific community Veronas schließlich 1754 durch die Publikation seiner dreibändigen Abhandlung "Arte Magcia Annichilata" ein Ende setzte und Rinaldo entlastete.

Abb. 2 Rinaldo Carlis Skizze der Ruinen der Arena di Pola. Archäologie war eine der großen Leidenschaften des Grafen.

Zu dieser Zeit hatte der gräfliche Professor seine öffentlichen Ämter nach siebenjähriger - und abgesehen von den Querelen mit Tartarotti - höchst erfolgreicher Tätigkeit längst wieder niedergelegt, um sich ganz seinen Studien der Altertumskunde und politischen Ökonomie widmen zu können. Seit 1749 verwaltete er auch seine großen Güter in Istrien persönlich.

Etwa zu dieser Zeit besuchte Rinaldo Carli auch die antiken Ruinen von Pula (Abb. 2), die er später (1788–1791) ausführlich in "Delle Antichità italiche" seinem fünfbändigen Werk über die Altertümer Italiens beschrieb. Begleitet wurde er auf seinen Exkursionen von dem Naturforscher Vitaliano Donati, dessen Abhandlung über die Naturgeschichte des Adriagebiets ("Saggio della Storia Naturale Marina dell'Adriatico", 4vo, Venezia, 1750) er nach Donatis Tod herausgab. 1754 veröffentlichte er dann den ersten Band seines ökonomischen Hauptwerks, "Delle Monete e della Istituzione delle Zecche d'Italia". Der zweite Band erschien 1757, und der dritte und vierte 1760. [1]

"An der Erstellung dieses Werks hatte Carli neun Jahre gefeilt, während derer er die Münz-Kabinette ("cabinets of medals") und Archive Mailands, Turins, der Toskana usw. inspizierte. Eine siebenbändige, vom Autor überarbeitete und erweiterte Ausgabe erschien 1785 in Mailand. Carli begins the monetary history of Italy with the mint of Odoacer at Ravenna, after the fall of the western empire, and comes down as far as the seventeenth century, describing and profusely illustrating the numerous coins, national and foreign, which were current in Italy during the intervening ages; their weight, title, legends, and relative value, and also their value compared with the price of provisions at different epochs. He treats also of the commerce of bullion, and of the frequent alterations and deteriorations which took place in the weight and intrinsic value of the currency. Er demonstriert unter anderem, dass die Menge of the precious metals in Italy was considerably greater in the fifteenth Jahrhundert, vor der Entdeckung Amerikas, als im achtzehnten, und dass der reale Preis von Rückstellungen [Abschreibungen? - orig.: "provisions"; d.Ü.] proportionabel [im richtigen Verhältnis? - orig.: "proportionably"; d.Ü.] höher war; eine Aussage, die zu jener Zeit ganz neuartig gewesen zu sein scheint.

Abb. 4 Dieses Portrait Gianrinaldo Carli-Rubbis von Bartolomeo Nazzari entstand 1749, dem Todesjahr von Carlis Frau Paolina Rubbi.

Rinaldo Carlis Verdienste im Bereich ökonomischer Studien waren auch 'Höheren Ortes' nicht unbemerkt geblieben. Der toskanische Großherzog Leopold von Habsburg-Lothringen - später Kaiser Leopold II. - setzte ihn 1765 als Vorsitzenden des Rates für Volkswirtschaft (council of public economy) und des Direktoriums für staatliche Weisungen (board of public instruction) ein. 1769 wurde er zum Geheimrat, 1771 zum Präsidenten des neuen Rates für Finanzen (council of finances) ernannt. Während seiner Freizeit vervollständigte und überarbeitete er seine 'Delle Antichità italiche'. Darüber hinaus publizierte er auch zahlreiche Werke über Altertumsforschung, Okonomie und andere Themen, darunter >L' Uomo libero<, eine scharfsinnige Widerlegung des 'Contrat Social' von Jean-Jacques Rousseau, sowie eine Zusammenfassung und Ausarbeitung seiner Argumente auf des die Annahme der Existenz von Magie und Magiern durch den Abbé Tartarotti; des weiteren die >Observazioni sulla musica antica e moderna< und eine ganze Reihe von Gedichten.

Aus atlantologischer bzw. atlantologie-historischer Sicht von geradezu herausragender Bedeutung sind jedoch die, erstmals 1780 erschienenen 'Lettere americane' des Grafen, die 1785 auch in deutscher Sprache veröffentlicht wurden. [2] Rinaldo Carli erweist sich darin mit seinen katastrophistischen, diffusionistischen und euhemeristischen Denkansätzen als Pionier heutiger, nonkonformistischer Erd-, Menschheits- und Zivilisationsforschung.

In dieser Kompilation von Briefen aus seiner Privatkorrespondenz der Jahre 1777/1778, die sich mit den alten Völkern und Kulturen Amerikas befassen, weist Carli entschieden die eurozentristisch-überhebliche Position vieler seiner Zeitgenossen zurück, bei den Altamerikanern habe es sich um primitive und unkultivierte Völkerschaften gehandelt. Insbesondere attackiert er immer wieder scharf entsprechende (explizit rassistische) Äußerungen des niederländischen Historikers und Philologen Cornelius de Pauw (1739-1799)

Im Rahmen einer ausführlichen vergleichenden Betrachtung zur Kulturgeschichte der 'Neuen' und der 'Alten Welt' kommt Carli zu dem Schluss, dass es eine gemeinsame Quelle und weit prähistorische transozeanische Verbindungen zwischen den Kulturen gegeben habe, wobei er mit einiger Rücksichtnahme auf die religiösen Befindlichkeiten seiner Zeit auch vorsichtige Kritik an den biblischen Vorgaben zur Urgeschichte formuliert und eine Erweiterung der Zeitskala vorschlägt.



So bemerkt er in einem Brief vom 14. Mai 1777: "Dasjenige, was wir mit aller Wahrscheinlichkeit behaupten können, ist, daß das Meer auf verschiedenen Zeitpuncten das trokne Land unseres Erdballs überschwemmt hat, und daß, außer derjenigen Überschwemmung, die allgemein die Sündtfluth genennt wird, verschiedene andere besondere Überschwemmungen gewesen sind, durch welche die Oberfläche und die Gestalt der Erde verändert worden ist." [3]

"Carli baut auf den Ideen Whistons auf und vermutet, dass die Begegnung mit einem großen Kometen die zuvor kreisförmige Umlaufbahn der Erde [um die Sonne] in einen elliptischen Orbit verändert habe. Das Jahr wurde um zehn Tage, eine Stunde und dreißig Minuten verlägert. Die Nahbegegnung mit dem Kometen hob die Ozeane zu einer acht Meilen hohen Flutwelle an, die zusammen mit atmosphärischer Kondensation die Sintflut verursachte."


Es erscheint offenkundig, dass der 1795 in Mailand verstorbene Graf mit diesem Werk sowohl mwthodisch als auch inhaltlich die Arbeiten von Atlantologen des 19. Jahrhunderts, namentlich die von Ignatius Donnelly maßgeblich beeinflusst hat.


Wesentliche Werke:

Zu Fragen der politischen Ökonomie:

  • Delle monete e delle istituzioni delle zecche d'Italia (Vened. 1754–1760, 3 Bde.)
  • Osservazioni preventive al piano intorno alle monete di Milano

Zu seinen archäologischen Aktivititäten und klassischen/historischen Studien:

  • Delle Antichità italiche (Mail. 1788–91, 5 Bde.; neue Aufl. 1793)
  • Storia di Verona fino al 1517 (Verona 1796, 7 Bde.)
  • La spedizione degli Argonauti
  • Indole del teatro tragico, antico e moderno
  • Sopra un antico bassorilievo rappresentante la Medea d'Euripide

Zu seinen soziologischen Studien:

  • Lettere americane (Franz: Lettres Americaines. Buisson, Paris, 1788)
  • Della disuguaglianza fisica, morale e civile degli uomini

Eine von ihm selbst erstellte Gesamtausgabe seiner Werke erschien in Mailand (1784–1794) in 18 Bänden und enthält auch seine »Lettere americane«  (zuerst Cosmopoli (d. h. Florenz), 1780, 2 Bde.; deutsch von Hennig, Gera 1785 - siehe unten). Wichtig ist auch sein Briefwechsel mit bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit.


In deutscher Sprache:

Briefe über Amerika, Band 1 (Gera, 1785), bei: Göttinger Digitalisierungszentrum

Briefe über Amerika, Band 2 (Gera, 1785), bei: Göttinger Digitalisierungszentrum


Anmerkungen und Quellen

Verwendetes Material:

istrianet.org - Istria on the Internet, unter: Prominent Istrians - Gian Rinaldo Carli

Wikipedia - The Free Encyclopedia, Stichwort: Giovanni Rinaldo

Classic Encyclopedia - Based on the 11th Edition of the Encyclopedia Britannica (pub. 1911), Stichwort: Giovanni Rinaldo, count of Carli-Rubbi

Philip R. "Pib" Burns, Cathastrophism, unter: Annotated Bibliography for Catastrophism: Other Catastrophists

Lexikon'88 - Meyers Konversations-Lexikon, 1888, Stichwort: Carli

Michael Stausberg, "Faszination Zarathushtra: Zoroaster und die Europäische Religionsgeschichte" Band 1, 1989 (S. 559)

  1. Anmerkung: Weitere zentrale Werke Carlis zur politischen Ökonomie sind: ">Delle monete, e della institnzione delle zecche d' Italia<; sein >Ragionamento sopra i bilanci economici delle nazioni< (1759), in welchem er verficht, dass das, was als Außenhandelsbilanz zweier Nationen bezeichnet wird, nicht zwangsläufig ein Kriterium ihrer Prosperität darstellt [...]; und sein >Sul libero commercio dei grani< (1771), in welchem er argumentiert, dass Freihandel mit Getreide nicht immer empfehlenswert ist." (Quelle: istrianet.org - Istria on the Internet, unter: Prominent Istrians - Gian Rinaldo Carli)
  2. Anmerkung: Diese deutschsprachige Ausgabe der 'Lettere americane' (Hennig, Gera 1785) wurde dankenswerter Weise vom Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) der Georg-August-Universität Göttingen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und kann online studiert werden. (Siehe in diesem Beitrag: Wesentliche Werke/In deutscher Sprache)
  3. Quelle: Giovanni Rinalo Carli, "Briefe über Amerika", Gera 1785, Bd. I, 2. Brief (14. Mai 1777), S. 61/62 (digit. durch GDZ)


Bild-Quellen

(1) istrianet.org - Istria on the Internet, unter: Prominent Istrians - Gian Rinaldo Carli

(2) ebd.

(3) ebd.