Harmonische Dreiecke in der Steiermark

oder: War der Teufelstein ein Mittelpunkt vorgeschichtlicher Kultstätten?

von unserem Gastautor Günter Bischoff

Einführung

Abb. 1 Der Teufelstein in der Steiermark steht quasi im Zentrum des folgenden Beitrags.

Der Kindberger Rechtsanwalt und Volkskundler Dr. Hubert Stolla (Abb. 2) (1916 – 1997) hatte es sich ab den frühen 1970er Jahren zur Aufgabe gemacht, immer neue Dreiecke in seiner steirischen Heimat zu entdecken. Und zwar Dreiecke, die man erhält, wenn die Standorte von Kirchen, Roten Kreuzen und vorgeschichtlichen Kultstätten miteinander verbunden werden. Das Besondere an Stollas Dreiecken war jedoch, dass sie pythagoreische sowie harmonische gleichschenklige Proportionen aufwiesen und die Dreieckseiten nur minimal vom idealen Verhältnis abwichen.

So sammelte und berechnete er im Laufe der Zeit über tausend trigonometrische Konstruktionen. Diese Häufigkeit kann kein Zufall sein, schlussfolgerte er und stellte die provokante Hypothese auf, dass in vorgeschichtlicher Zeit rund um den markanten Gipfel des Teufelsteins (Abb. 1) die Kultstätten und Steinsetzungen nach einem ganz bestimmten geometrischen Plan angelegt worden seien. H. Stolla fand Zustimmung unter gleichgesinnten Heimatforschern, allen voran Franz Spilka (1922 - 1997) aus St. Georgen im Attergau, der regelmäßig „Rätsel der Heimat“ - Hefte heraus gab und ebenfalls viele Dreiecksberechnungen beisteuerte. Die akademische Fachwelt indessen lehnte Stollas Ideen fast ausnahmslos ab und reihte ihn in der Kategorie der „Spinner“ ein, was ihn zeitlebens kränkte. Er spürte aber selbst, dass ein objektiver Beweis dringend erforderlich wäre zur Beantwortung der Frage, ob die gefundenen Dreiecke bei der großen Punktanzahl doch nur zufällig entstehen oder ob menschliche Planung bei der Standortwahl der frühen Kultstätten vorlag.

Abb. 2 Dr. Hubert Stolla

Der Verfasser kam eher zufällig mit dieser interessanten Fragestellung in Berührung. 1990 erhielt er einen Hinweis auf die Dreiecksberechnungen von Prof. Karl Bartholomäus [1], der bis zu seiner Pensionierung als Dozent für Archäogeodäsie in Essen tätig war und privat schon jahrelang mit H. Stolla im Briefwechsel stand. Nach einer ersten Kontaktaufnahme gingen in der Folgezeit viele Briefe mit Dreiecksskizzen, Koordinaten und Berechnungen aus der Steiermark an den Verfasser. Allmählich reifte die Überlegung, mit welchem statistischen Verfahren man die „Zufallsprüfung“ vornehmen könnte, die dann in einem Computerprogramm umgesetzt wurde. Das Ergebnis der Berechnungen wurde erstmals 1995 in einer Broschüre veröffentlicht. [2] Hier aber soll der 1998 erschienene, leicht überarbeitete und besser illustrierte Beitrag „Vorgeschichtliche Dreieckskonstruktionen in der Steiermark“ unverändert vorgestellt werden. [3]

Die Haupterkenntnis der damaligen Untersuchungen soll schon einmal vorweg genommen werden: der größte Teil der von H. Stolla gefundenen Dreiecke kann auch durch zufälliges Entstehen erklärt werden, aber dass alle entdeckten Dreiecke zufällig entstanden sind, ist extrem unwahrscheinlich. Somit wurde der Kindberger Heimatforscher in seiner Hauptaussage rehabilitiert und die Hypothese erhärtet, dass die vorgeschichtlichen Bewohner dieser Gegend die Standorte ihrer Kultstätten sehr wahrscheinlich nach geometrischen Gesichtspunkten festlegten.

Dresden, Januar 2014


Harmonische Dreiecke in der Steiermark


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: K. Bartholomäus (1919 - 1996) veröffentlichte u. a. den Beitrag „Odysseus kam bis Helgoland“ (in Bild der Wissenschaft, Heft 1, 1977) und andere Schriften zur vor- und frühgeschichtlichen Schifffahrt.
  2. Siehe: Ergänzendes Literaturverzeichnis
  3. Nachträgliche Druckfehler-Korrektur in „Vorgeschichtliche Dreieckskonstruktionen…“, 1998, S. 55: 3. Proportion r10: 1:2:√5; 5. Proportion r15: 1:√3 :2

Bild-Quelle: