Indianische Urgeschichte

von Vine Deloria Jr.

Abb. 1 "Das Problem bezüglich der indianischen Überlieferungen besteht darin, dass kaum ein geistig offener Wissenschaftler je von ihnen gehört hat, und dass eine noch geringere Zahl indianischen Ältesten zuzuhören, Nuancen zu erfassen und den echten Informationsgehalt aus den Geschichten heraus zu holen weiß."

Wie ich bereits besprochen habe [1], liegt die westliche Wissenschaft, die nur die mediterranen Völker diskutiert, lediglich wie eine dünne Haut über der Weltgeschichte. In der Tat hat die Institutionalisierung von Wissen auf dem akademischen Schauplatz Status wichtiger gemacht als Fähigkeiten oder Ideen, wenn es darum geht, den Kanon der Wahrheit zu bestimmen, der am besten geeignet ist, Erklärungen über unseren Planeten zu geben.

Wir leben in einer seltsamen Variante eines "Dunklen Zeitalters", in dem wir über immense Fähigkeiten zur Zusammenstellung von Informationen verfügen, aber wenn wir diese Daten sammeln, so klassifizieren wir sie in dem altbekannten Informations-Rahmen, wobei wir die Daten manchmal sogar verbiegen, um sie passend zu machen. Widersprüchliche Fakten und Experimente werden einfach verworfen, wenn sie nicht zu den vorherrschenden Paradigmen passen. Sobald eine Theorie, wie etwa die der fortschreitenden menschlichen Evolution, die Landbrücke der Beringstraße oder der "Großwild-Jäger" einmal veröffentlicht ist, wird mit ihr umgegangen, als sei sie eine bewiesene Sache, und sie wird dann von Leuten bekannt gemacht, die kaum einmal die Original-Dokumente gelesen haben, und von der Schulwissenschaft wird sie energisch, mit viel mehr Schärfe in Schutz genommen, als sie an den Tag legen würde, wenn man sie zur Verteidigung unseres Landes aufriefe.

Alfred North Whitehead schrieb in 'Adventures of Ideas': "Wenn eine perfekte Routine herrscht, kann das Verstehen eliminiert werden, abgesehen von solch schwachen Geistesblitzen, die nötig sind, um mit bereits bekannten Umständen, wie etwa einem überfluteten Bergwerk, einer längeren Dürre oder einer epidemischen Influenza, umzugehen. Ein [Denk-] System ensteht als Produkt von Intelligenz. Wenn sich aber erst einmal eine entsprechende Routine eingeschliffen hat, dann schwindet die Intelligenz, und das System wird von einer Koordination konditionierter Reflexe aufrechterhalten." [2]

Eine bessere Beschreibung der "Großwild-Jäger"-Hypothese kann kaum gegeben werden, bei der Schulwissenschaftler ernsthaft argumentieren, dass die Paläo-Indianer die Megafauna so schnell auslöschten, dass sie nicht einmal große Knochenhaufen zurückließen. Im Ganzen verstehen die indianischen Stämme, getreu ihren Traditionen, den Ursprung des Lebens auf unserem Planeten als Schöpfung. Diese Geschichten mögen kindisch erscheinen, aber sie beschreiben Prozesse, die sehr gut auch Szenarios entsprechen können oder darstellen, die auch von Wissenschaftlern vertreten werden. Die von Heinz Pagels´ vertretenen Vorschläge zur "perfekten Symmetrie" unterscheiden sich nicht wesentlich von der Sioux-Schöpfungsge- schichte "Inyan der Fels". Einige der anderen indianischen Stammes-Berichte haben viel gemeinsam mit der binären Theorie der Quanten-Volution von Alfred de Grazia.

Abb. 2 Wurde die nord- amerikanische Mega-Fau- na wirklich von den so ge- nannten 'Paläo-Indianern' ausgerottet, wie es die 'Großwildjäger-' oder auch 'Overkill'-Hypothese vor- aussetzt?

Das Problem bezüglich der indianischen Traditionen besteht darin, dass kaum ein geistig offener Wissenschaftler je von ihnen gehört hat, und dass eine noch geringere Zahl indianischen Ältesten zuzuhören, Nuancen zu erfassen und den echten Informationsgehalt aus den Geschichten herauszuholen weiß.

Ich bin kein Wissenschaftler und kann den Stand unserer wissenschaftlichen Erkenntnis nur bestimmen, indem ich gelehrsame Artikel und populäre Autoren lese, um zu schauen, was die Wissenschaft ihnen zufolge weiß. Offen- sichtlich hält ein Großteil gegenwärtiger wissenschaftlicher Auffassungen, gegen die die ich in diesem Buch Einwände erhoben habe, nicht einmal der simpelsten kritischen Betrachtung stand.

Ich hoffe, dass die nächste Generation von Gelehrten - Indianern und Nicht-Indianern - die Brüche, die ich möglicherweise im Mauerwerk wissenschaftlicher Orthodoxie identifiziert habe, offen legen, und aus Wissenschaftlern, die sich jetzt noch fürchten, ihre wahren Überzeugungen und Gedanken ohne Rücksicht auf den Gruppenzwang zu publizieren, ehrliche Menschen machen wird. Dazu werde ich jetzt einige Bereiche besprechen, in denen meiner Meinung nach solide Forschung und ein weitaus differenzierteres Denken in den kommenden Jahren substanzielle Durchbrüche bewirken wird.


Die Schöpfung

Abgesehen von Stämmen, die über eine Wanderungs-Geschichte zur Erklärung ihrer Ursprünge verfügen, deutet die Mehrzahl der Ursprungs-Legenden einen Schöpfungsakt an, bei welchem den Menschen, simultan zu ihrer Erschaffung, ein Bewusstsein dafür erhielten, dass sie geschaffen wurden. Diese Überlieferungen legen häufig nahe, dass es keine essentiellen spirituellen/intellektuellen Unterschiede zwischen Menschen und Tieren gab. Einige Stämme berichten, dass Entitäten mit diesen besonderen Körpern Formen und Erfahrungen mit verschiedener Vögeln und Tieren tauschen konnten. So berichten die Geschichten auch, dass Menschen und Tiere einander geheiratet hätten.

Peter Noyes, ein Ältester im Colville-Reservat im Nordosten des Staates Washington, berichtete Ella Clark: "Vor langer Zeit - ich weiß nicht, wie lange es her ist - waren die Tiere das Volk dieses Landes. Sie sprachen ebenso miteinander wie wir das heute tun. Auch geheiratet haben sie wie wir. Viele, viele Jahre ging das so, und dann veränderte sich diese Welt." [3] Bezüglich der Sioux-Geschichten von kompatiblen Geistern habe ich das Gefühl, dass es sich bei diesen "Heiraten" um die Verbindung zweier Arten individueller Geister gehandelt haben muss.

Menschen scheinen der Brennpunkt der Kommunikation auf unserer Welt zu sein. Viele ['amerinde'] Überlieferungen sagen aus, dass das wir außer der Kommunikation von Nichts wirklich eine Ahnung haben, und somit konsequenterweise als Träger zeremonieller Dankesrituale im Namen aller anderen Lebensformen auserwählt sind. Wir [Menschen] sind jedenfalls nicht die einzigen primatenhaften Kreaturen, da es auch Völker gibt, die größer und kleiner als wir sind, und einige dieser Völker haben zu einer Zeit mit uns koexistiert, wie man etwa von den Cro-Magnon und Neandertalern weiß, das sie unsere Zeitgenossen waren.

Abb. 3 "Vor langer Zeit - ich weiß nicht, wie lange es her ist - waren die Tiere das Volk dieses Landes. Sie sprachen ebenso mitein- ander wie wir das heute tun. Auch geheiratet haben sie wie wir. Viele, viele Jahre ging das so, und dann veränderte sich diese Welt." (Bild: Karl Bodmer)

Wir finden scheinbar fest zusammenhängende biotische Schichten in unseren geologischen Strata, die ganze Lebens-Systeme repräsentieren, anscheinend ohne jedes Anzeichen von Evolution. Es ist, als ob ein ganzes Netzwerk miteinander verbundener Organismen, darunter Beute und Räuber sowie Kreaturen, die von einer symbiotischen Beziehung abhängig sind, mit einem mal zu existieren begann. [...] Dann kam eine massive Ablagerung von Material, welches das System schnell begrub und die Fossilien konservierte. Und dann entstand eine gesamte neue Biosphäre. Stets bewegen wir uns am Rande der "Schöpfung", aber wir bringen es nicht fertig, ihr als wahrscheinliche "Tatsache" ins Gesicht zu sehen.

Die geologischen Zeit-Skalen müssen von den Wissenschaftlern unvermeidlich verkürzt werden. Wenn wir früher Millionen von Jahren für den Niedergang der Dinosaurier veranschlagt haben, und der Konsens [heute] auf eine schnelle Vernichtung dieser Kreaturen durch den Einschlag eines Meteors bei Yucatán hinausläuft, brauchen wir diese Jahrmillionen dann wirklich noch länger? Zeitliche Schätzungen des Alters der Niagarafälle lagen einst bei einer Million Jahren und werden heute in Jahrtausenden beziffert. Somit finden wir möglicherweise heraus, dass wir die Zeitspanne des biologischen Lebens in substantiellem Maß verkürzen müssen, wobei klar wird, dass die Dinge sich nicht ['evolutionär'] entwickelt haben können.

Ich denke nicht, dass wir dabei jemals die kurzen Zeiträume erreichen werden, die religiöse Fundamentalisten favorisiert werden, aber wir entdecken möglicherweise dabei, dass dieser Planet eine weitaus kürzere und spektakulärere Geschichte hatte, als wir für möglich gehalten haben.


Das frühe Klima

Viele Kulturen haben Erinnerungen an ein Goldenes Zeitalter, und noch viel mehr betrachten diesen Planeten in Kategorien von "Zeitaltern", die durch große Katastrophen ein Ende fanden. Einige Denker haben vermutet, dass Berg-Ketten sich im Verlauf solcher Ereignisse schnell und dramatisch gebildet haben, wobei eine Berg-Kette in Monaten und Jahren statt in Jahrtausenden und Jahrmillionen entsteht.

Abb. 4 Wie entstanden Faltengebirge wie z.B. die Rocky Mountains? Sowohl aus grenz- / alternativ-wissenschaftlicher Sicht, als auch aus der Perspek- tive indianischer Traditio- nalisten, die den uralten Überlieferungen ihrer Völ- ker folgen, kommen Zwei- fel an uniformitaristischen Antworten auf diese Frage auf.

Da wir wissen, dass die nördlichen Landgebiete einst Wärme-Perioden von ausreichender Dauer erlebten, um auf Grönland Korallen und in Sibirien vermutlich Radieschen wachsen zu lassen, bleiben uns drei Möglichkeiten, um diese Fakten zu interpretieren:

1. Die Kontinente haben sich dramatisch verschoben, wobei sich einige Gebiete in warme Zonen bewegten und andere in kalte;

2. der Planet hatte einst einen ihn umspannenden Baldachin aus Wolken, der überall für ein gleichförmig warmes Klima sorgte; oder

3. vor dem Kippen der Erdachse gab es an Polen und Äquator die gleiche Sonnen- Einstrahlung, was eine gleichartige Temperatur bewirkte.

Mir scheint, dass ein passables Argument für die Vorstellung ins Feld geführt werden kann, dass zu einer Zeit, als Menschen unseres Formats die Erde bewohnten, der Planet in eine baldachinartige Wasserschale gehüllt war. Während die Menschen Licht und Dunkelheit unterscheiden konnten, war die Wasserschale zu dick, um deutliche Bilder von Sonne und Mond erkennen zu lassen. Ein weiteres Kennzeichen dieser Zeit bestand darin, dass es Regen, Schnee und Gewitter, jedenfalls wie wir sie heute kennen, als meteorologische Phänomene nicht gab. Stattdessen war die Erde verhangen mit einem Nebel, bei dem kontinuierlich Wasser aus dem Boden austrat, das dann zu diesem Nebel ausfällte.

Clarence Pickernell, ein Man mit Quinault-, Chehalis- und Cowlitz-Vorfahren, sagte, dass "... als die Welt noch jung war, eine große Trockenheit über das Land kam, das im Osten der Gegend lag, wo sich heute die Cascade Mountains befinden. Das war in jenen frühen Tagen, bevor es Regen auf der Erde gab. In den Anfängen der Welt stieg Nebel aus dem Boden auf, aber aus irgendeinem Grund passierte das [dann] nicht mehr." [4] Auch die Genesis verzeichnet dieses Phänomen: "Weil Gott der Herr es nicht auf der Erde regnen ließ, und es niemanden gab, das Land zu bestellen. [Genesis 2:5] Aber es stieg ein Nebel auf aus der Erde auf und bewässerte die gesamte Oberfläche des Bodens." [Genesis 2:6].

Wir können nicht sagen, welche dieser möglichen radikalen Zustands-Veränderungen unseres Planeten jene Darstellungen beschreiben könnten. Dieser Zustand herrschte jedenfalls, laut Altem Testament, bereits vor dem Ursprung der vier Flüsse in Mesopotamien. Ich habe bereits bemerkt, dass die Sioux von einer Zeit sprachen, als es Donner und Blitz noch nicht gab, und die Flüsse von Riesen gegraben wurden. Wir sprechen also über klimatische Bedingungen, unter denen es noch keine Flüsse gab, weil es keine ausreichenden Regenmengen gab, um Flussbetten auszuwaschen und Ströme zuzulassen. [...]


Vulkanismus

Abb. 5 Die vulkanische Gebirgs-Landschaft am White River. Für die Sioux ist diese Gegend mit ihrem beindruckenden Panorama eine Stätte der Errinnerung an die frühesten Anfänge ihrer Nation.

Wir können annehmen, dass es schon um einem tiefgreifenden Vulkanismus geht, wenn einige Überlieferungen davon sprechen, dass die Welt durch Feuer vernichtet worden sei. Sowohl Ager als auch Hodge stellten fest, dass die Lava-Flüsse, die sie erkundeten, den Anschein erweckten als seien sie frisch. Die Sioux reisten zum White River, um ihren Kindern die Rauch- pilze zu zeigen, und um ihnen von den Zeiten zu erzählen, als sie noch in einem Land der Vulkane lebten.

Unsere Erfahrung und die indianischen Überlieferungen, die wir in diesem Buch angeführt haben, sollten nahelegen, dass Vulkanismus ein lokales Ereignis war und unsere Kenntnis geschichtlicher Aufzeichnungen sollte diese Vorstellung eigentlich noch befestigen. Dessen ungeachtet wäre es interessant, die verschiedenen Studien zu Eruptiv-Gestein zu korrelieren und zu schauen, ob es eine Zeit gab, als ausgeprägter Vulkanismus ein größeres Ereignis auf diesem Planeten darstellte. Schließlich wäre die Zerstörung einer [einzelnen] Örtlichkeit für die Menschen nicht notwendigerweise ein Grund zur Annahme, die Welt sei untergegangen.


Geologische stratigraphische Aufzeichnungen

Derek Ager hat viele Fragen zur Tauglichkeit der orthodoxen Interpretationen zur Schichtenbildung aufgeworfen, wobei sich sein Haupt-Argument auf das Faktum konzentriert, dass viele Schichten, die man für Sedimente hält, geographisch weit ausgedehnter sind, als man es für möglich hält. Somit können sich Sandstein, Kalkstein und Kreide, die ganze Kontinente umspannen [...], nicht graduell und ruhig durch Hinzufügung von Sediment abgelagert haben. Er wies darauf hin, dass gegenwärtige Messungen der Ablagerung, darunter auf den Meeresböden, nirgendwo an die Stärke herankamen, die notwendig ist, um Sedimentgestein zu produzieren, wie wir es auf den Kontinenten finden.

Wie Alfred de Grazia es formuliert: "Wenn alle einzelnen Strata, die jemals verzeichnet wurden, am Punkt ihrer stärksten Ablagerung aufeinander geschichtet würden, dann würde diese Anhäufung bis in die Stratosphäre hinein ragen. Den Aufzeichnungen in der geologischen Verzeichnissen der Welt zufolge, sollte sie 400 000 Fuß oder 80 Meilen aus Sediment hoch sein. Des weiteren müsste der Haufen den ganzen Globus bedecken, sofern nicht jemand Gestein aus den Ozeanen herausgebaggert und auf die Kontinentalschelfe gepackt hat. Die Meeresböden sind nämlich nur spärlich sedimentiert." [5]

Abb. 6 Wie sind die enormen Sediment-Schichten auf unserem Planeten entstanden? Im Verlauf permanenter Ablagerung geringer Material-Mengen über Jahrmillionen hin- weg, oder infolge plötzlicher, katastrophaler Ereignisse? (Foto: Björn Schwentker)

Schöpfung lässt sich vermutlich als Ursache für das sedimentäre Gestein ausschließen, da sie einen Schöpfer bedingt, der regelmäßig seine Lebens- formen auslöscht, wobei er extra-terrestrische "Abfallhaufen" von Material aus bisher unidentifizierten Quellen zurück lässt.

Eine Reduktion der Jahrmillionen, die [angeblich] notwendig sind, um Betten aus Sandstein, Schiefer oder Kalkstein zu bilden, die Ablagerung von Kalk und Löss [in schnell verlaufenden Prozessen] und die Koordinaton der Lava-Ströme auf globaler Ebene, könnte die Flora und Fauna enthaltenden Schichten [zeitlich] viel näher aneinander bringen. Dann hätten wir eine Erklärung für "Lebende Fossilien" und für das Vorkommen jurassischer und triassischer Flora im Pazifischen Becken, ohne dass wir unsere Finger hinter dem Rücken überkreuzen müssten. Bei ein paar Überlappungen der Perioden mit reichhaltigen Biosphären auf diesem Planeten wären die Monstren der Folklore und der Gigantismus der Strata als Teil der frühen Erfahrungen unserer Spezies zu betrachten.

Natürlich sind Geologen sehr konservativ, aber das Hauptproblem auf diesem Gebiet liegt in seiner Kompliziertheit. Es gibt Hunderttausende von Protokollen mit Beschreibungen höchst komplizierter Formationen. Doch die Geologen werden von den Paläontologen und Evolutionisten in einer unrealistischen, orthodoxen Zeit-Skala gefangen gehalten. Korrekterweise sollte die Geologie mit der Astronomie und nicht mit der Biologie verzahnt sein. Die Kometen Shoemaker und Hale-Bopp machen deutlich, dass Planeten, besonders unserer, nicht immun gegen kosmische, in Ausmaß und Gewalt unvorstellbare, Katastrophen sind.

Mit der allgemeinen Akzeptanz des Kometen/Meteoriten von Yucatán als Ursache für das Verschwinden der Saurier und der Möglichkeit, dass die Carolina-Buchten und die Seen Alaskas Relikte des nahen Vorbeiflugs eines Kometen / Meteors darstellen, dürfen wir nun darauf hoffen, dass Geologie und Astronomie eine noch engere Verbindung eingehen und den Weg hinaus aus der gegenwärtigen Sackgasse weisen. [...]


Alaska

In der Erstausgabe dieses Buches habe ich Alaska ausgelassen, obwohl bereits einige Artikel über die Glaubhaftigkeit mündlicher Überlieferungen in diesem Staat erschienen sind. Ich bin nicht mit der Landschaft vertraut und ich kenne auch keine Ältesten, mit denen man das Problem diskutieren könnte. Im November 1995, sponsorte die American Indian Science and Engeneering Society (AISES) eine Konferenz zum Thema >Origins and Migrations< ['Ursprünge und Wanderungsbewegungen'], die sich mit dem überlieferten Wissen der Stämme beschäftigte. Jana Harcharek, eine Inupiat, verblüffte die Konferenz mit den prähistorischen Berichten, die von ihrem Volk bewahrt wurden, und welche Alaska [als ein Land] mit gemäßigtem Klima beschrieben, das plötzlich von einer großen Katastrophe überwältigt wurde.

Abb. 7 Alaska: "Die indianischen Namen für die Berge, Seen und Flüsse sind natürliche Marksteine für den Reisenden, wer auch immer er sein mag. Diese substituierenden Begriffe einer fremden Sprache zu zerstören, hieße, diese natürlichen Wegweiser zu vernichten."

Mitte Februar 1997 hielt die AKMOKAKIT, eine kanadische Organisation, die sich mit nativer Wissenschaft und Kultur befasst, eine Konferenz ab, an der einige südliche Athabasken teilnahmen - die White Mountain- und Jicarilla-Apatschen schickten Delegierte, und auch die Navaho sowie die Mescalero-Apatschen. Wie von Richard Pierce, dem AISES-Repräsentanten, berichtet wird, wurde beim Vergleich von Geschichten und Sprachen - genauer gesagt von Dialekten - offenkundig, dass all diese Völker miteinander verwandt waren, aber dass keines von ihnen über Überlieferungen verfügte, die etwas mit der Beringstraße zu tun hatten.

[...] Julie Cruikshank zitierte in ihrem Artikel >Legend and Landscape Convergence of Oral and Scientific Traditions in the Yukon Territory< einen Journalisten aus dem Jahr 1890: "Die indianischen Namen für die Berge, Seen und Flüsse sind natürliche Marksteine für den Reisenden, wer auch immer er sein mag. Diese substituierenden Begriffe einer fremden Sprache zu zerstören, hieße, diese natürlichen Wegweiser zu vernichten."

Ein Gutteil nativer Überlieferung, besonders der Bereich, der mit der Landschaft zu tun hat, hat inzwischen an Gaubwürdigkeit gewonnen, was die Geomythologie Gelehrten um einiges schmackhafter macht. Cruikshank konzentrierte sich auf Ereignisse in Küstennähe und auf jüngere Aktivitäten, wie das Vordringen von Gletschern und Vulkanausbrüche, aber sie verwarf früher liegende Berichte über den Vulkanausbruch am White River vor mehr als tausend Jahren. [6] Mehr als ein Jahrzehnt später untersuchten D. Wayne Moodie, A.J.W. Catchpole und Kerry Able diese Überlieferung und kamen zum Ergebnis, dass die native Überlieferung sehr wohl auf Augenzeugen-Berichten beruhen könne. [7] Rory B. Egan schrieb kürzlich in einem Essay, in dem er die mediterranen Erinnerungen an den Thera-Ausbruch mit dem Vulkan am White River verglich und neigte dazu, die Glaubhaftigkeit von beiden Überlieferungen anzuerkennen. [8]

Die Natives aus Alaska haben bereits eine wichtige Konferenz über [indigenes] astronomisches Wissen abgehalten, auf welcher eine Abordnung der Navajos vom Navaho Community College, unter Verwendung speziell dafür hergestellter Zylinder in der Lage war, Navajo-Konstellationen und Sternen-Wissen der Alaskier miteinander zu vergleichen. Die Bewegung hin zu einem Revival traditionellen Wissens und seinem Vergleich mit säkularem westlichen Wissenschafts-Kenntnissen ist nun im Norden in vollem Gange und verspricht, eine Methodik zum Sammeln von Daten hervorzubringen, die zur Verifizierung nativer Überlieferungen benötigt wird.


Schlussfolgerungen

Die wahre Geschichte unseres Planeten kennen wir nicht und wissen nur recht wenig über die historischen Erfahrungen der verschiedenen Gesellschaften und Rassen, aus denen sich unsere Spezies zusammensetzt. Es mangelt an diesen Informationen, weil unsere Gelehrten und Wissenschaftler einem veralteten Interpretations-Rahmen verhaftet sind und ihre Zeit damit verbringen, Fakten und Evidenzen so zu arrangieren, dass sie zu diesen alten Vorstellungen passen.

Abb. 8 US-amerikanische Erd- und Menschheits-Ge- schichtsforschung befindet sich im Würgegriff der Paradigmen: "Nur wenige unser Gelehrten oder Wis- senschaftler scheinen in der Lage zu sein, mehr als eine mögliche Erklärung für Daten oder Phänome- ne zur Kenntnis zu neh- men..."

Unsere populärwissenschaftlichen Schreiber denken offenbar nicht viel nach, bevor ihre nett geschriebenen, poetischen, aber weitgehend fiktionalen Berichte in den Buchläden auftauchen. Nur wenige unserer Gelehrten oder Wissenschaftler scheinen in der Lage zu sein, mehr als eine mögliche Erklärung für Daten oder Phänomene zur Kenntnis zu nehmen, und sie behandeln augenscheinlich alle Überlieferungen mit großer Geringschätzung, außer der einen, in welcher sie aufgewachsen sind und für die sie belohnt werden.

Nur ein aufmerksam lesendes Publikum mit einem Verstand, der nicht vom Prestige [akademischer] Grade vernebelt ist, kann diese Leute daran hindern, uns mit noch mehr Nonsens zu füttern - ein Leserkreis, der nicht aufhört Fragen zu stellen und der sensible Antworten verlangt. Halten uns diese Wissenschafts-Autoren für dämlich? Meinen die denn, dass wir [mit so etwas] vollgestopft werden sollen und müssen, damit "die Wissenschaft" [wie gehabt] weitermachen kann? Manchmal wirken sie genau wie Priester einer aussterbenden Religion, die ad hoc Definitionen aufstellen, um veraltete Glaubenssätze zu verteidigen.

Die meisten amerikanischen Indianer waren, wie ich denke, schon "am Anfang" hier und haben das Andenken an traumatische kontinentale und planetarische Katastrophen bewahrt, wobei sie diese Informationen bisweilen in Geschichten verpackt haben, die bewusst so konstruiert waren, dass sie sowohl bewahren als auch unterhalten sollten. Wenn man einen Ältesten aufsucht, dann hört man häufig Coyote-, Iktomi- und Napi-Erzählungen, die auf eine Art vorgetragen werden, die sowohl darauf angelegt ist, einen zu testen, als auch zu unterhalten.

Wenn der Älteste zu der Auffassung gelangt, dass man seriös ist, oder bereits über etwas von dem verborgenen Wissen verfügt, dann wird er den Kopf senken, tief durchatmen und dann damit beginnen, einem zu erzählen, was sein Volk schon seit Jahrtausenden glaubt, wobei er so genau wie möglich eine Beschreibung von Ereignissen abgibt. Diese Sorte Informationen ist Gelehrten auf ihrer sommerlichen Forschungsreise, welche die Leute damit belästigen, was sie alles wissen, in aller Regel unzugänglich. [...]

Ich hoffe, dass dieses Buch Diskussionen zwischen Traditionalisten und Wissenschaftlern anregen wird und dass es den Ältesten eine Grundlage für den Umgang mit verbildeten jüngeren Indianern liefert, die unkritisch wissenschaftliche Folklore als Fakten akzeptiert haben. Nichts ist nerviger, als einem 'gebildeten' Indianer zuzuhören, der nachplappert, was man ihm oder ihr in einer Vorlesung weisgemacht hat, und die Feststellung, dass Stammes-Überlieferungen [dabei] ohne sorgfältige Überprüfung zum Fenster hinausgeworfen werden. [...]

Abb. 9 Der Hickory-Baum war noch bis zum Ende des Pleistozäns auch in Europa heimisch. Fielen er und viele andere Baumarten, wie Deloria ironisch vor- schlägt, einem "Florazid" durch ur-europäische Holzfäller zum Opfer?

Seit der Erstveröffentlichung dieses Buches ist meine Ablehnung der Beringstraßen-Migration häufig in Frage gestellt worden, doch ich bin bisher noch auf keinen Widersacher gestoßen, der mir auch nur einen Artikel oder ein Buch hätte vorlegen können, die einen überzeugenden und vernünftigen Grund geboten hätten, diesen Unsinn zu glauben.

Da die Indianer ungerechtfertigter Weise beschuldigt wurden, die Megafauna ausgerottet zu haben, könnte ein guter Test der Frage des Respekts in der Präsentation einer ebenso dümmlichen Anschuldigung, die auch nur auf dem winzigen Bruchstück einer Evidenz beruht, als Erwiderung auf die Overkill-Hypothese bestehen. G. Frederick Wright, einer der Giganten der pleistozänen Geologie, hat eine Bemerkung zu etwas gemacht, das kaum jemandem aufgefallen ist. Die Flora Europas verschwand faktisch offenbar während des Pleistozän, im selben Zeitraum, als auch die Megafauna der westlichen Hemisphäre eine große Reduktion erfuhr, und - nebenbei bemerkt - auch auf den anderen Kontinenten.

Nach dem Pleistozän fehlen in Europa vollständig die, wie Wright sie nennt, atlantisch-amerikanischen Typen - Magnolien, Liriodendron, Asimina, Negundo, Aesculus, Hülsenfrucht-Baume wie Locusten, Honig-Locusten und Gymnocladus sowie Cladrastis, Nyssa, Liquidambar, Ericaceae, Bumelia, Catalpa, Sasrafas, Osagen-Orange, Hickory, Walnuss, Schier- ling, [Rot]-Fichte, Arborvitae, Taxodium und Torreya. [9]

Diese Liste ist höchst eindrucksvoll und legt nahe, dass die europäische Flora noch in jüngerer Zeit eine ziemlich langweilige Angelegenheit war, sodass bei einer Landung in Amerika ihre üppige Flora die Neue Welt wie ein mit dem Garten Eden konkurrierendes Paradies erscheinen lassen musste. Zudem stellt diese Liste ein Äquivalent zu der Auflistung von Megafauna dar, welche, wie Paul Martin meint, von den Paläo-Indianern ausgerottet wurde. Sie alle gingen verloren oder starben aus. Wright hielt fest, dass:

"... die wesentliche Tatsache ist, dass viele und womöglich alle diese Baumarten während des späten Tertiär in Europa häufig vorkamen. Es wies nicht nur die selben Gattungen auf, sondern in einigen Fällen sogar die selben Spezies [...] Vermutlich waren die pleistozänen Wälder Europas ebenso reich und vielfältig, wie es unsere heutigen sind, und ähnelten ihnen sehr. Die glaziale Periode kam und ging und dort haben diese Typen weder überlebt, noch sind sie [dorthin] zurückgekehrt." [10]

[...] Da erscheint es [doch geradezu] schmerzhaft offensichtlich, dass Europäer die Verantwortlichen für diesen scheußlichen "Florazid" waren! Mit ihrer neu entwickelten Technologie, der einschneidigen Stein-Spitze [org: "single blade point"; d. Ü.], wanderten sie von Afrika hinauf und vom Kaukasus nach Westen und betrieben eine Orgie der Verwüstung, die alles zuvor Gesehene in den Schatten stellen sollte, bis ihre Nachkommen einst an der Schwelle des 18. Jahrhunderts durch Tennessee und Kentucky streifen würden, wobei sie stets mehr Hartholz fällten als sie zum Bau ihrer Häuser benötigten. Dürfen wir nicht erwarten, dass dieser These genausoviel Respekt entgegegebracht wird wie der Overkill-These?


Anmerkungen und Quellen

Red Earth White Lies.jpg
Dieser Beitrag von Vine Deloria Jr. ist seinem Buch "Red Earth - White Lies: Native Americans and the myth of scientific fact" (Kapitel 10, "At the Beginning") entnommen, das 1997 bei Fulcrum Publishing, Golden/Colorado, USA, erschienen und online erhältlich ist, Übersetzung ins Deutsche, redaktionelle Bearbeitung und Illustration dieser Online-Fassung unter neuem Titel durch Atlantisforschung.de. Diese Online-Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Fulcrum Publishing ("Used with permission from Red Earth: White Lies, by Vine Deloria, Jr. Copyright 1997. Fulcrum Publishing, Golden, Colorado USA. All rights reserved.")

  1. Siehe: Deloria, Vine Jr., Red Earth - White Lies: Native Americans and the myth of scientific fact, Kap. 1-5
  2. Quelle: Alfred North Whitehead, Adventures of Ideas, (New York: Macmillan, 1933), S. 96
  3. Quelle: Ella E. Clark, Indian Legends of the Pacific Northwest (Berkeley: University of California Press, 1952), S. 81
  4. Quelle: ebd.
  5. Quelle: Alfred de Grazia, Chaos and Creation (Princeton, N.J.: Metron Publications, 1981), S. 35
  6. Red. Anmerkung: Vergleiche dazu Beringstraßen-Theorie und indianische Überlieferungen (I) und (II) von Itztli Ehecatl
  7. Quelle: D. Wayne Moodie, A.J.W. Catchpole u. Kerry Abel, "Northern Athapascan Oral Traditions and The White River Volcano", Ethnohistory 29, No. 2, (Spring 1992): 148-171
  8. Quelle: Rory B. Egan, "Ex Occidente Lux: Catastrophic Volcanism in Greek and Dene Oral Tradition", In nikotwâsik iskwâhtêm, pâskihtêpayih, Studies in Honor H. C. Wolfart, John D. Nichols and Arden C. Ogg, eds. Memoir 13, Algonquian and Iroquoian Linguistics, 1996, pp. 196-209
  9. Quelle: G. Frederick Wright, The Ice Ace Age in North America (New York: D. Appleton, 1890), S. 378
  10. Quelle: ebd.


Bild-Quellen

(1) http://www.dreamwater.com/jannen/pipeindians.jpg (nicht mehr online)

(2) LOUISIANA DEPARTMENT OF CULTURE, RECREATION & TOURISM, unter: http://www.crt.state.la.us/crt/ocd/arch/laprehis/images/mammoth.jpg (nicht mehr online)

(3) http://www.indianer-scout.de/id522.htm (nicht mehr online)

(4) Robin Stevens, Rocky Mountains, 27 May - 15 June 2002, unter: http://hex.oucs.ox.ac.uk/~rejs/holidays/rockies2002/beartooth-peak.jpg

(5) Rudi Holnsteiner, Rudis Photo World

(6) (MUZ) Münsters Universitäts Zeitung (jetzt: wissen|leben - Die Zeitung der WWU Münster), online unter Paläontologen suchen im Steinbruch nach Zeugen der Vorzeit - Ohne Netz und doppelten Boden (MUZ, 05/1998 07. Oktober 1998)

(7) Geologia.com, unter: http://www.geologia.com/foto/alaska09.jpg

(8) Università degli Studi di Firenze, Museo di Storia Naturale, unter: http://www.unifi.it/unifi/msn/antrop/route/antr0001.jpg (nicht mehr online)

(9) University of Cincinnati - Clairmont College, Biology, unter: http://biology.clc.uc.edu/graphics/taxonomy/plants/spermatophyta/angiosperms/dicotyledonae/Juglandaceae/Shagbark%20Hickory/JSC%200005%20Shagbark%20Hickory%202%20big.JPG