Industal-Kultur liegt weiter zurück als Wissenschaftler bisher dachten

Abb.1: Ausdehnung und wichtigste Stätten der Indus-Kultur.

(rmh) Bisher dachte man wissenschaftlerseits, dass die Industal-Kultur – auch als Harappa bekannt – 5500 Jahre zurückliegt. Das schien das einzige zu sein, was wir über diese Zivilisation wissen. Ansonsten gab es nur Unklarheiten: Wir können die Schrift nicht entziffern[1] und gilt allgemein als rätselhaft – nur Ägypten und Mesopotamien werden als größere Rätsel angesehen. Die Industal-Kultur besaß beinahe moderne Städte und hatte eine enorme Ausdehnung. Nur eines schien sicher, eben das Alter dieser Kultur.

Und gerade dieses musste jüngst korrigiert werden. Eine neue Studie indischer Archäologen fanden nun Beweise dafür, dass die Kultur in Wirklichkeit 8000 Jahre alt ist, wie Andreas Müller in Grenzwissenschaften aktuell vom 07.06.2016 erklärt.

Die Indus-Kultur erstreckte sich zu jener Zeit über den größten Teil des heutigen Paktistans und Teile von Indien und Afghanistan. Mit 1.250.000 Quadratkilometern war sie somit größer als Ägypten und Mesopotamien zusammengenommen.

Müller beruft sich auf Wissenschaftler des Indian Institute of Technology (ITT) Kharagpur, des Institute of Archeaology, des Deccan College Pune, des indischen Physical Research Loboratory sowie des Archaeological Survey of India (ASI), des indischen Kulturministeriums, die im Fachjorunal Natur Scientific Reports über neue Ausgrabungen berichten, die die Existenz einer Prä-Happara-Kultur nachwies. Demnach ist die Industal-Kultur mit 8000 Jahren deutlich älter, als man bisher annahm. Funde belegten, dass ein Abschwächen des Monsuns vor ungefähr 3.000 Jahren nicht alleinige zum Niedergang der Kultur geführt hat, wie dies eine Studie von 1914 nahelegte.

Die Forscher untersuchten und datierten Töpferwaren aus der frühen Harappa-Zeit mit Hilfe der Thermoluminiszenzdatierung (OSL) und kamen so auf ein Alter von ungefähr 6000 Jahren. Es handele sich um die ältesten dort gefundenen Töpferwaren überhaupt. Doch die Wissenschaftler fanden noch frühere Funde aus der dörflich geprägten sogenannten Prä-Harappa-Hakra-Phase, die sie auf ein Alter von 8000 Jahren datierten. Professor Anidya Sarkar vom Departement of Geology und Geophysics am IIT Karagpur sagt:

"Tatsächlich haben einige Archäologen schon zuvor ein größeres Alter der Fundstätten in Bhirrana und im indischen Indus-Tal vermutet. Unsere Studien versetzten die Geburt dieser Hochkultur nun jedoch sogar ins achte Jahrtausend vor unserer jetzigen Zeit – und das wird große Auswirkungen auf unsere Vorstellungen von der Evolution der menschlichen Besiedlung des indischen Subkontinents haben.“

Abb. 2 Harappan-Schriftzeichen, die über dem Tor einer Zitadelle in Dholavira gefunden wurden.

Analysen der [Sauerstoff-Isotope Sauerstoff]-Isotope in Knochen und Zahnphosphaten in Säugetieren weisen den Wissenschaftlern zufolge auf einen deutlich stärkeren Monsun-Regen vor 9.000 bis 7.000 Jahren hin.

"Unsere Analysen zeigen, dass die Prä-Harappa-Menschen die Gegenden um die Flüsse des Ghaggar-Hakra (Saraswati?) zu Zeiten mit einem für Menschen deutlich siedlungs- und landwirtschaftsfreundlicheren Klima besiedelten als dies heute der Fall ist", sagt Dr. Arati Deshpande Mukherjee vom Deccan College Pune, und: "Danach wurde der Monsun zunehmend schwächer. Dennoch verschwand die Kultur nicht, sondern breitete sich überraschender Weise weiter aus.

"Es ist interessant zu sehen, wie diese antiken Menschen dem damaligen Klimawandel Stand hielten“, wundert sich Dr. Navin Juyal vom Physical Research Laboratory in Ahmedabad und zieht Vergleiche zur aktuellen Klimaproblematik.

Die Menschen hätten zu jener Zeit hätten damals die Art ihres Feldanbaus geändert. Von großkörnigen Getreide wie Weizen und Gerste setzten sie von nun an auf Hirse und Reis. Diese Getreidesorten hätte allerdings ein Manko: Sie bringen weniger Ertrag. Doch die Menschen reagierten darauf und stellten ihr System der großen Aufbewahrungslager in der späteren Harappa-Zeit ein, und an seine Stelle trat eine kleinere, individualisierte Form der eher hauseigenen Getreidelagerung und -Verarbeitung. Dieses führte aber wieder eher zu einer langsamen Enturabanisierung der Zivilisation statt zu einem Zusammenbruch.

Andreas Müller sagt: "'Eine Sache wissen wir somit ganz sicher über die Indus-Kultur: Die Menschen im antiken Indien haben es auch ohne moderne Technologien geschafft, einen desaströsen Klimawandel zu überstehen und mehrere Tausend Jahre lang zu überleben', stellen die Autoren der Studie fest und fügen abschließend hinzu: 'Wir können also wahrscheinlich einiges von ihnen lernen. Es wird spannend herauszufinden, wie lange unsere moderne Zivilisation mit all' ihrer Weltraum-, Kommunikations- und Agro-Bio-Technologie den derzeitigen Klimawandel überdauern wird.'"


Quellen und Anmerkungen

Grenzwissenschaft-Aktuell vom 07.06.2016

  1. Red. Anm.: Der Autor Kurt Schildmann legte eine Übersetzung der Schrift vor, die jedoch vom Mainstream nicht anerkannt wurde


Bildquellen

Abb. 1: Aus Müllers Artikel. Copyright: Dbachmann (Wikimedia Commons), CC BY-SA 3.0
Abb. 2: Aus Müllers Artikel. Copyright: Siyajkak (Wikimedia Commons), CC BY-SA 3.0