Ist das Rätsel um Atlantis gelöst?

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von Walter Schwunck

Abb. 1 Mit seinem Bericht über die Insel Atlantis (Bild) hat Platon eines der größten Rätsel der Geschichte hinterlassen.

In grauer Vorzeit gab die Geschichte der Menschheit ein Rätsel auf, und seitdem ist es auch eines geblieben. Viele Wissenschaftler, Abenteurer und Phantasten glaubten schon die Lösung für dieses Phantom Atlantis gefunden zu haben, und doch waren es nur Widersprüche, nichts anderes als Deutungen.

Nach dem bekannten Altertumswissenschaftler Ceram wurden bislang 20000 Bände über das Thema Atlantis geschrieben und veröffentlicht. Und was war das Ergebnis all dieser Bemühungen, der Geschichte ein Geheimnis zu entreißen? Nichts anderes als Verwirrung und noch größere Unklarheit. Selbst Spiritisten und Theosophen suchten eine Lösung nach ihrer Art und fanden sie natürlich auch, aber wer ist schon bereit, phantastischen Verschrobenheiten Glauben zu schenken.

Berühmte Wissenschaftler, wie der Historiker von Wilamowitz-Möllendorf, gaben dann schließlich ihr Urteil zu dem Atlantisrätsel ab und stellten fest, man soll für ein Werk der Phantasie kein Modell suchen. Kein Gedanke daran, dass irgendeine Tradition oder ernsthaft gemeinte geologischgeographische Hypothese zugrunde liegt. Das ist längst ausgemacht, aber die Faselei über Atlantis verstummt nicht, und die Narren werden nicht aufhören, Atlantis so zu suchen, wie die Insel der Calypso, von der Homer sagt, dass nicht einmal die Götter auf ihr verkehrten.

Abb. 2 Pastor Jürgen Spanuth im Jahr 1981 (Foto: Bild-Archiv Günter Bischoff)

Es mag sein, dass die Narren nie aufhören werden, Atlantis zu suchen, Es ist aber auch richtig, dass man sie nur solange Narren nennt, bis sie Atlantis gefunden haben. Als im vorigen Jahrhundert Heinrich Schliemann, überzeugt von der geschichtlichen Wahrheit der Homerschen Epen, Troja suchte, da zog er sich den Spott vieler Wissenschaftler zu. Wie wir heute wissen, fand er genau nach den Angaben Homers Troja unter dem Hügel Hissarlik. In neuester Zeit wird eine neue Atlantistheorie verbreitet und findet Anklang wie Ablehnung in weitesten Kreisen der Altertumswissenschaftler.

Pastor Jürgen Spanuth (Abb. 2), der Autor des Buches "Das enträtselte Atlantis" (Abb. 3), versucht, mit einem umfassenden Repertoire an Fachwissen Licht in das Dunkel der Atlantisgeschichte zu tragen.

Er legte seiner Wissenschaft die historischen Quellen des Altertums zugrunde. Plato, ein Philosoph des frühen Griechenlandes, schrieb den Atlantisbericht nieder, den ihm Solon, einer der weisen Gesetzgeber des alten Athens, aus Ägypten mitbrachte. Der hervorragende Ägyptologe, der Amerikaner Breasted, fand eine Parallele zu dem Bericht von Solon in Medinet Habu in Oberägypten, nämlich einen Kriegsbericht eines großen Pharaonen.

Abb. 3 Das Cover von J. Spanuths "Das enträtselte Atlantis" aus dem Jahr 1953

Ramses III. schildert dort die Kämpfe zwischen den Ägyptern und den Nord-See-Völkern, dem Volk, dem Athen im heldenhaften Kampf Widerstand leistete und somit Gegenstand des Atlantisberichtes wurde. Der Name Nord-See-Völker hat nun keineswegs etwas mit unserer Nordsee zu schaffen, sondern er sagt nur, dass dieses Volk aus dem Norden, im Atlantisbericht Kataborros [1] genannt, kam und ein Seevolk war, wie es ja die vielen Reliefs von der Seeschlacht vor den Ägyptischen Küsten im Jahre 1195 v. Chr. in Medinet Habu zeigen.

Pastor Jürgen Spanuth machte sich diese beiden Quellen zum Motiv seiner Theorie, und es ist verblüffend, wie nüchtern und ohne jeglichen Pathos seine Beweisführung ist. Er sucht sein Atlantis, wie es der Atlantisbericht des Solon sagt, im Norden, im Meer, dort wo einst eine Insel unterging und wieder auftauchte und wo heute noch vorgeschichtliche Funde der Bronzezeit von einer einstigen hohen Kultur eines Volkes zeugen. Spanuth glaubt, die Hauptstadt der Atlanter mit Hilfe historischer Quellen, wie die der Odyssee Homers und des Atlantisberichtes, und nicht zuletzt wie der Bericht aus dem vergangenen Pharaonenreich, vor Helgoland zu finden. Ist Spanuth auch einer der Narren oder ist er ein zweiter Schliemann? Die Zeit wird es bringen.

Im Jahre 1961 [2] wurde eine Tauchexpedition von Helgoland ausgehend in die Nordsee gestartet. Sie sollte nun endlich die Beweise für das einstmals untergegangene Atlantis bringen. Bei nicht immer sehr günstigem Wetter stiegen Taucher der Tauchsport- und Forschungsgemeinschaft Siegerland unter Leitung von Eberhard Fries und eine Gruppe der Kampfschwimmer der Bundesmarine in das oft bewegte Nass. Ein Stab von Vorgeschichtsforschern mit unterschiedlichen Ansichten zu diesem Unternehmen wartete gespannt auf das, was die Taucher aus den Trümmern der Stadt Bassilaja, wie die Hauptstadt der Atlanter genannt wird, bergen.

Abb. 4 Rechteckige Feuerstein-Platte, die beim 'Steingrund' geborgen werden konnte.

Es wurden große Flintsteine (Abb. 4) gehoben, an denen selbst dem größten Skeptiker etwas Sonderbares auffallen musste: Diese Steine sind Platten mit geraden Kanten und nicht selten rechtwinkligen Ecken. Pastor Jürgen Spanuth sagt dazu: "Es sind die Platten der Ringmauer der Stadt Bassilaja. Sie wurden in den Steinbrüchen im Lymfjord gebrochen und hierher gebracht."

Der Archäologe Professor Kersten vertrat die Ansicht, es könne auch eine eiszeitliche Endmoräne sein, die diese Steine bis vor Helgoland schob. Im Atlantisbericht steht ferner, dass es auf der Insel der Atlanter Kupfer in gediegener und schmelzbarer Form gab und dass man diese Vorkommen in reichlichem Maße abbaute. Uns dürfte das Helgoländer Kupfer bekannt sein, das vorwiegend an der Westküste der Insel zu finden ist und als grüne Druse im Buntsandstein erscheint. Es ist ein Kupferkarbonat, welches durch Wasser ausgelaugt und in untere Gesteinsschichten gebracht wird, wo es dann leuchtend grüne Kupferdrusen bildet.

Gediegenes Kupfer allerdings in viel geringerem Maße fand erst der bekannte Chemiker Hoffmann und in kürzerer Vergangenheit Doktor Lorenzen aus Flensburg. Sollte es das Helgoländer Kupfer sein, aus dem die vielen herrlichen, nordischen Griffzungenschwerter gegossen wurden? Noch ist Atlantis ein Rätsel und wer erhofft, die Lösung werde ein Wunder sein, dem sei gesagt: Das Ortsschild mit der Aufschrift Stadt Bassilaja, Regierungsbezirk Atlantis, wird nie gefunden.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Artikel von Walter Schwunck (genaue Daten zur Erstveröffentlichung bisher noch unbekannt) wurde der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Tauchsport und Forschungsgemeinschaft Siegerland e.V. (2007, S. 6-8; online als PDF-Datei) entnommen. Bei Atlantisforschung.de erscheint er in einer redaktionell bearbeiteten Fassung (lektoriert, illustriert und mit Verlinkungen) als wissenschaftsgeschichtliche Dokumentation zu Lehr- und Studienzwecken.

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Das mit 'Kataborros' aus Spanuths Sicht ein Volk gemeint war, wie von Walter Schwunck angegeben, erscheint zweifelhaft. Vergl. dazu: N. Zhirov, "Atlantis: Atlantology: Basic Problems", The Minerva Group, Inc., 2001, S. S. 36
  2. Red. Anmerkung: Die große Steingrund-Expedition, an der Eberhard Fries als Cheftaucher beteiligt war, fand bereits 1953 statt.

Bild-Quellen:

1) Bild-Archiv Atlantisforschung.de
2) Bild-Archiv Günter Bischoff
3) Bild-Archiv Atlantisforschung.de
4) Gerhard Gadow, "Der Atlantis Streit - Zur meistdiskutierten Sage des Altertums", Fischer Taschenbuch Verlag, 1973, S. 59