Kataklysmen, Traumata und 'splendid isolation'

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Das Rätsel der Guanchen, Teil VII

(bb) Während unsere vorangegangenen Überlegungen zunächst natürlich nur rein spekulativer Natur sein können, gibt es auch recht handfeste Indizien, die für eine sehr lange Isolation der vorspanischen Kanarenbewohner sprechen. Einer dieser Anhaltspunkte besteht in einer erblich bedingten Besonderheit, die bei Skelettfunden alter Insulaner deutlich wurde: Ihre Oberarm-Knochen weisen an einem Ende ungewöhnlich häufig ein eigenartiges 'Loch', eine so genannte "olecrane Perforation des humerus" (Abb. 2) auf, die keineswegs das Ergebnis irgendwelcher Verletzungen darstellt. Es handelt sich dabei vielmehr um eine genetisch bedingte, von Geburt an vorhandene, Fehlbildung, die vermutlich auf den eingeschränkten "Gen-Pool" der Insulaner zurückzuführen ist.

Abb. 1 Wenn wir den Überlieferungen der alten Guanchen folgen, dann stellen die heutigen Kanarischen Inseln lediglich die Bergspitzen ihrer ursprünglichen Heimat dar, auf das sich einige Bewohner des alten Landes während des großen Kataklysmus flüchten konnten, bei dem 'die Welt unterging'.

Es ist jedenfalls anzunehmen, dass die post-cromagnoide, atlantische oder atlanto-mediterrane Bevölkerung der Kanaren schon seit mehreren Jahrtausenden auf diesen Inseln gelebt hatte, bevor sie von den 'modernen' Europäern vernichtet wurde. Es mag unklar sein, ob es sich bei ihnen um die "Ur-Bevölkerung" im eigentlichen Sinne handelt; eine ausschließliche, späte Besiedlung durch 'indo-europäische' bzw. mediterrane Völker können wir jedoch ausschließen und im Grundsatz Berlitz folgen, der feststellt:

"Es ist die Vermutung geäußert worden, daß die Kanarischen Inseln von den Phöniziern besiedelt wurden [1]; es erscheint jedoch unwahrscheinlich, daß ein Volk von Seefahrern Nachkommen hinterläßt, die auf einer Insel leben, aber das Meer meiden. Es wäre nur durch die Annahme zu erklären, daß eine Flutkatastrophe bei den Überlebenden und ihren Nachkommen eine traumatische Erinnerung hinterließ. Andere Anzeichen sprechen für einen beträchtlichen kulturellen Verfall, so die Tatsache, daß die Guanchen ihre Kriege mit Steinen und hölzernen Waffen führten - aber doch so gut organisiert waren, daß sie sich eine Zeit lang gegen die Spanier behaupten konnten." [2]

Möglicherweise kam das Ende der seefahrenden, vergleichsweise hochentwickelten Kultur der Alt-Kanarier plötzlich und unvermittelt am Ende der Bronzezeit. Bei Jürgen Spanuth heißt es dazu: "Um 1200 v. Chr. muß Gran Canaria von einem verheerenden Vulkanausbruch heimgesucht worden sein. Nach langer Ruhezeit brach der Vulkan auf dieser Insel aus und bedeckte sie mit einer mächtigen Lava- und Aschenschicht. Man fand ähnlich wie auch auf Thera-Santorin einen stehengebliebenen Pfahl und einen Pinienstamm unter diesen vulkanischen Ablagerungen. Eine C-14-Datierung durch Prof. Dr. H.U. Schmincke, Bochum, ergab ein Alter von 3075 Jahren ± 100. Damit wäre ein verheerender Ausbruch auf Gran Canaria für die Zeit zwischen etwa 1000 und 1200 v. Chr. nachgewiesen. Wir dürfen vermuten, daß auch dieser Ausbruch gegen Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr. stattfand, in der nach Suball [3] >die letzte große Erdbebenwelle und die letzte Steigerung der Vulkantätigkeit unsere Erde heimsuchte<." [4]

Abb. 2 Eine häufige Fehlbildung des Knochenbaus kam bei den Guanchen in Form dieser "olecranen Perforation des humerus" vor. (Bild aus: William R. Corliss, "Ancient Man")

Doch selbst wenn wir voraussetzen, dass sich die Alt-Kanarier nie mehr völlig von dieser Katastrophe erholt haben, stellt sich die Frage: Wieso klammerten sich die Guanchen, offenbar Nachfahren und Erben einer alten, atlantischen Völkerfamilie von Seefahrern, derart an ihr Archipel? Wieso beschränkten sie ihre Seefahrt offenbar konsequent auf küstennahe Fischerei und einem Verkehr zwischen ihren Inseln? Berlitz´ diesbezügliche These könnte durchaus einen wesentlichen Teil der Erklärung für dieses Phänomen darstellen. Zum Vergleich dürfen wir hier das, von Prof. Emilio Spedicato beschriebene Verhalten der Überlebenden der 'Großen Flut' im italienischen Val Camonica heranziehen, die ihr Refugium nach der Katastrohe offenbar ebenfalls über Jahrtausende hinweg nicht verließen (siehe: Prof. Emilio Spedicato, Galaktische Begegnungen, APOLLO-Objekte und ATLANTIS, Teil 7).

Möglicherweise hatten die "neolithischen" Kanaren-Bewohner aber auch schon bevor sie völlig isoliert waren kaum noch Interesse an Kontakten zu den - aus ihrer Sicht fremdartigen und gefährlichen - neuen Bewohnern Afrikas und Europas. Nachdem Atlantikfahrten gen Westen (wo noch direkte Verwandte auf amerikanischem Boden leben mochten; siehe dazu z.B. Wer waren die Kentucky Cave Leute?) mit den großen Umwälzungen, die auch das Ende der post-cromagnoiden Megalithiker-Kulturen bewirkt hatten, für sie fast unmöglich wurden, mögen sie beschlossen haben in ihrem sicher erscheinenden Inselreich zu bleiben.

Zu einer solchen Haltung trugen, gerade was Gran Canaria angeht, möglicherweise auch die natürlichen Gegebenheiten der Insel bei. So heißt es bei Bolleter: "Doch ist die Küste wegen der zahlreichen Klippen und der gewaltigen Brandung sehr unzugänglich und gefährlich; die reiche einheimische nahrungsspendende Vegetation und die leichte Bebauung des weichen Tuffbodens machten das Volk zudem unabhängig von den Schätzen des Meeres. Die Boote, die anfangs vorhanden waren, verfielen so dem Nichtgebrauch; mit der Zeit verlernte man den Schiffsbau vollständig." [5]

Um so weniger Außenstehende von ihrem Refugium erfuhren, desto sicherer durften sich die Guanchen in ihrer 'splendid isolation' gefühlt haben. Und wenn wir die vermuteten Einbrüche von Phöniziern, Ägyptern und proto-irischen Freibeutern (siehe dazu: Egerton Sykes´ postatlantische Inselwelt) in dieses Idyll voraussetzen, dürften sie auch allen Grund für eine solche 'Vogel-Strauß-Politik' gehabt haben. Möglicherweise hatte die Guanchen-Legende, man sei das letzte überlebende Volk der Erde (auf deren einzig verbliebenem überseeischen Zipfel) auch eine durchaus machtpolitische Funktion; konnten unzufriedene Untertanen der dortigen Machthaber solcherart doch mit einiger Wirkung von einer 'Abstimmung mit den Füßen' (bzw. per Boot) gegen ihre Herrschaften abgehalten werden. Wohin hätten sie fliehen sollen? Ins Nichts?


Fortsetzung:


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Vergl. Die Phönizier und die Kanaren-Inseln als 'Sprungbrett' nach Amerika
  2. Quelle: Charles Berlitz, "Das Atlantis-Rätsel", Zsolnay, 1976, S. 205
  3. Siehe: L. Suball, "Die Neuentdeckung der Erde", Wien u. München, 1958, S. 106
  4. Quelle: Jürgen Spanuth, "Die Atlanter - Volk aus dem Bernsteinland", Tübingen, 1976, S. 192
  5. Quelle: Dr. E. Bolleter, "Bilder und Studien von einer Reise nach den Kanarischen Inseln (1910)", Kapitel 6: Die Guanchen, die Urbevölkerung der Kanaren, online unter http://www.zum.de/stueber/bolleter/kapitel_06.html

Bild-Quellen:

1) Unbekannte Bild-Quelle
2) Bildarchiv William R. Corliss, Science Frontiers