Korsika (Insel)

Abb. 1 Eine Reliefkarte Korsikas

(red) Die im Südosten Frankreichs gelegene Mittelmeer-Insel Korsika (Abb. 1) gehört sicherlich nicht zu den bedeutenden Kandidatinnen für eine historisch-geographische Lokalisierung von Atlantis, aber wie eine kurze atlantologie-geschichtliche Rückschau zeigt, wurde auch dort schon Platons verschollenes Reich der Vorzeit vermutet.

Soweit bisher bekannt, wurde Korsika erstmals 1840 mit Atlantis in Verbindung gebracht. Damals war es der Jurist Angelo Mazzoldi (1799-1864) (Abb. 2, links), ein glühender italienischer Nationalist, der in einer Abhandlung [1] behauptete, Italien sei einstmals Atlantis gewesen, dessen Zentrum irgendwo in der Nähe von Korsika gelegen habe. [2] Das Versinken von Atlantis datierte er auf das Jahr 1986 v.Chr. [3]

Abb. 2 Sie brachten im 18. Jahrhundert Korsika mit Atlantis in Verbindung: Angelo Mazzoldi (links) und Antoine Court de Gébelin

Es bleibt anzumerken, dass sich offenbar im Gebiet der heutigen Tyrrhenischen Inseln mit ihrer Hauptinsel Elba - zwischen Korsika und dem italienischen Festland gelegen - einst eine Landbrücke befand, wozu es bei Steven Roger Fischer heißt: "Die größte Inseln des Toskanischen Archipels [der Tyrrhenischen Inseln; d.Red.], Italiens Elba - 224 km² [groß und] nur 20 km vom Festland entfernt - bildete einst einen Teil der altertümlichen Landbrücke, welche den italienischen Stiefel mit Korsika verband. Ihre Planzen und Tiere ähneln stark jenen des italienischen Küstengebiets." [4] Auch mit Sardinien soll Korsika einstmals verbunden gewesen sein. [5] Sollten sich die Umwälzungen, die zum Zerbrechen dieser Landverbindungen führten, erst zur Zeit der Anwesenheit des modernen Menschen ereignet haben, könnten sie tatsächlich ihre Spuren in den Sagen, Mythen und Legenden der antiken Bewohner des zentralen Mittelmeer-Raums über versunkene Länder und Inseln hinterlassen haben.

Ein weiterer Gelehrter, der im 18. Jahrhundert in atlantologischer Hinsicht auf Korsika Bezug nahm, war der Theologe und Freimaurer Antoine Court de Gébelin (* 1719 in Genf - † 12. Mai 1784 in Paris). Laut Joscelyn Godwin [6], der auf Fabre d'Olivier Bezug nimmt, habe Court de Gébelin die Ansicht vertreten, Überreste der sagenhaften Atlantis seien auf Korsika und Sardinien zu finden. [7]

Im 19. Jahrhundert scheint sich niemand aus der Gemeinde der atlantophilen Autoren für Korsika interessiert zu haben, und es dauerte bis zum Jahr 1929, bis die Insel - im wahrsten Sinne des Wortes - mit einem Knalleffekt zumindest kurzfristig wieder auf die Tagesordnung der Atlantisforschung kam. "Im August 1929 platzten" nämlich, wie Alexander Bessmertny wenige Jahre später mit einigem Sarkasmus notierte, "in einem Saal der Sorbonne zu Paris zwei Tränengasbomben, die von einem Teilnehmer des Kongresses der >Gesellschaft für atlantische Studien< in die Versammlung geworfen wurden, um die von einem Redner aufgstellte Behauptung [,] Atlantis sei mit Korsika identisch, rasch, eindringlich und ohne Diskussion zu widerlegen." [8]

In jüngerer Zeit hat der sardische Atlantologe und Nuraghen-Forscher Paolo Valente Poddighe Korsika in sein Modell eines 'großsardischen' Atlantis einbezogen. [9] Sein Landsmann Leonardo Melis dagegen identifiziert die beiden Inseln mit der so genannten Tirrenide, [10], einer anderen vermuteten westmediterranen Großinsel der Vorzeit.


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe: Angelo Mazzoldi, "Della Origine italiane e della diffusione dell'incivilimento italiano all’Egitto, alla Fenicia, alla Grecia, e a tutte le nazioni asiatiche poste sul Mediterraneo", Milan: Gugleilmini, 1840
  2. Anmerkung: Dies widerspricht allerdings Platons Angaben, das Atlanter-Reich habe sich (im Westen Europas) bis hin nach Tyrrhenien (Mittelitalien) erstreckt, während sein Zentrum jenseits der Säulen des Herakles gelegen habe.
  3. Quelle: Stelios Grant Pavlou, "Angelo Mazzoldi", bei atlantipedia.com (abgerufen: 30. Mai 2016)
  4. Quelle: Steven Roger Fischer, "Islands: From Atlantis to Zanzibar", Reaktion Books, 2013, S. 58 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  5. Quelle: ebd.
  6. Siehe: Joscelyn Godwin, "Atlantis and the Cycles of Time: Prophecies, Traditions, and Occult Revelations", Inner Traditions / Bear & Co, 2010, S. 36
  7. Quelle: Tony O’Connell, "Court de Geb(e)lin, Antoine (N)", 5. März 2014 bei Atlantipedia.ie (abgerufen. 30. Mai 2016)
  8. Quelle: Alexander Bessmertny, "Das Atlantisrätsel - Geschichte und Erklärung der Atlantishypothesen", Verlag R. Voigtländer, Leipzig, 1932, S. 7
  9. Quelle: Tony O’Connell, "Poddighe, Paolo Valente (M)", 22. August 2010, bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 09. Juni 2016)
  10. Quelle: Tony O’Connell, "Melis, Leonardo (L)", 10. Juni 2010, bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 09. Juni 2016)

Bild-Quellen:

1) Eric Gaba (Sting - fr:Sting) bei Wikimedia Commons, unter: File:Corse region relief location map.jpg
2) Links: Tony O’Connell, "Court de Geb(e)lin, Antoine (N)", 5. März 2014 bei Atlantipedia.ie
2) Rechts: Paralingua bei Wikimedia Commons, unter: File:AntoineCourtdeGebelin.jpg