Lebte der Flores-Mensch viel früher als bisher gedacht?

Version vom 20. August 2018, 23:51 Uhr von BB (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Abb. 1 Die zeichnerische Rekonstruktion eines der zwergenhaften Flores-Menschen

(rmh) Diese Annahme legt jedenfalls eine neue Studie der University of Wollongong nahe, zu deren Ergebnssen Spektrum.de-Redakteur Jan Dönges in einem unlängst erschienenen Artikel bemerkt: „Das neue Alter für den Flores-Menschen wird alle Überlegungen radikal verändern: Der ‚Hobbit‘ lebte offenbar deutlich früher – und traf vielleicht nie auf unsere Vorfahren.[1] [2]

Dönges stellt fest, dass der Flores-Mensch eines der größten Rätsel der menschlichen Evolutionsgeschichte darstelle, denn es stehe die Frage im Raum, ob er noch zu einer eng mit dem Homo erectus verwandten Art oder zu den Homo sapiens gehört und an einer krankhaften Veränderung [sic!; d. Red.] der Anatomie litt. Dönges führt an, dass die bisherigen Überlegungen möglicherweise auf einer falschen Datierung der wenigen Funde basieren. Hierzu verweist er auf die Studie eines Teams um Thomas Sutikna von der University of Wollongong [3], das die Skelettfunde auf 100.000 und 60.000 Jahre alt datiert, während man vorher dachte, sie seien 11.000 bis 13.000 Jahre alt. Dabei sei es Dönges zufolge jedoch zu einer Fehlinterpretation der komplexen Schichtenabfolge in der Höhle gekommen.

Dies habe sich bei einer mehrjährigen Grabungskampagne in der Liang-Bua-Höhle – dem einzigen Ort, an dem Überreste des Homo floresiensis gefunden wurden – gezeigt. Diesem Team gehörten auch einige jener Forscher an, die die die ursprüngliche Entdeckung 2003 gemacht haben. Dönges zufolge wurden zwischen 2007 und 2014 weitere Teile der Höhle systematisch ausgegraben, wobei den Forschern auffiel, dass die Schichten mit den „Hobbit“-Fossilien und jene Schichten, die zur ursprünglichen Datierung führten, nicht identisch seien, sondern Jahrzehntausende auseinanderlägen. Dieser Irrtum wurde erst entdeckt, als die Wissenschaftler weitere Teile der Höhle freilegten, denn dabei stießen sie auf ein natürliches „Podest“, auf dessen schräger Seitenkante die alten Fundschichten höher lagen als im Rest der Höhle.

Jetzt datieren die Forscher Dönges zufolge das Alter der Knochenfunde auf zwischen 100.000 und 60.000 Jahre; den Bereich, in dem sie Steinwerkzeuge fanden, jedoch auf ein Alter von 190.000 bis 50.000 Jahren. Diese Steinwerkzeuge sollen aber von Angehörigen des Homo floresiensis angefertigt worden sein. Auf der Basis der neuen Funde müsse jedoch geschlossen werden, dass die Menschen dieser kleinwüchsige Spezies zu jenem Zeitpunkt aus der Höhle verschwanden – zeitgleich mit anderen Großtieren wie dem Riesenstorch, Geiern und dem Zwergstegodon, einem Verwandten der Elefanten. Warum diese Lebewesen aus der Höhle verschwanden, wissen jedoch die Forscher nicht. Der Erstautor Matt Tocheri vom Human Origins Program der Smithonian Institution sagt dazu: „Viele Leute haben wahrscheinlich eine Menge interessanter Ideen, warum diese Tiergruppen gemeinsam verschwunden sind.“ Aus Dönges Artikel geht weiter hervor, dass in vielen Teilen der Welt große Tiere zum gleichen Zeitpunkt ausstarben, in denen der moderne Mensch in der jeweiligen Gegend Einzug hielt.

Dönges zufolge hat die Neudatierung erhebliche Auswirkungen auf künftige Überlegungen bezüglich der Artzugehörigkeit des Homo florensis und seiner Geschichte. „Da der anatomisch moderne Mensch die Indonesische Inselwelt und Australien erst vor 50.000 Jahren erreichte, dürfte die Überlappung mit dem ‚Hobbit‘ äußerst kurz gewesen sein – sofern sie überhaupt stattfand“, sagt Dönges [4] und fügt hinzu: „Möglich sei allerdings, erklären die Wissenschaftler, dass der Flores-Mensch auf andere, ebenfalls nur in Ansätzen bekannten Frühmenschen traf. Die Denisova-Menschen können sich gleichzeitig mit ihm in Südostasien aufgehalten haben.[5]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Jan Dönges, "Wurde der 'Hobbit' völlig falsch datiert?", 30. März 2016, bei Spektrum.de
  2. Red. Anmerkung (Atlantisforschung.de): Da es bisher nur eine einzige Fundstätte mit Relikten des Homo floresiensis gibt - eben die in diesem Beitrag behandelte Liang-Bua-Höhle auf der heutigen Insel Flores - sind derartige Schlussfolgerungen mit Vorsicht zu genießen, und auch Jan Dönges präsentiert sie bei Spektrum.de mit der gebotenen Umsicht unter Verwendung des Wortes "vielleicht". Tatächlich besagen die dortigen Funde - unabhängig von ihrer Datierung - lediglich, dass dort während eines bestimmten Zeitraums Menschen dieses, nach dem Ort der Entdeckung benannten Typus gelebt haben - nicht aber, von wann bis wann die Art Homo floresiensis existiert hat.
  3. Siehe: Thomas Sutikna et al., "Revised stratigraphy and chronology for Homo floresiensis at Liang Bua in Indonesia", Nature (2016) doi:10.1038 / nature17179, Received 31 August 2015, Accepted 28 January 2016, Published online 30 March 2016
  4. Red. Anmerkung (Atlantisforschung.de): Zu derartigen Spekulationen vergl. Fußnote 2!
  5. Quelle: Jan Dönges, op. cit. (30. März 2016)

Bild-Quelle: