Malta als 'Beutegut': Unterschied zwischen den Versionen

(Die Seite wurde neu angelegt: von Dr. Christiane Dittmann Churchill hat Malta als „unsinkbaren Flugzeugträger“ bezeichnet. Die hervorragende strategische Lage des Archipels mit den guten H...)
 
 
Zeile 1: Zeile 1:
 +
[[Auf Malta nach Atlantis reisen]], '''Kap. 14'''
 +
<br>
 +
<br>
 
von [[Dr. Christiane Dittmann]]
 
von [[Dr. Christiane Dittmann]]
  
Zeile 21: Zeile 24:
 
Im 2. Weltkrieg kommt es noch schlimmer, denn die Deutschen bombardieren die Stadt, um eine Nachschubbasis für den Afrika-Feldzug Rommels zu schaffen. 80% Vallettas werden zerstört, die Stadtteile östlich des Grand Harbour mit den Industriebetrieben dem Erdboden gleichgemacht; es sieht aus wie in Dresden. Nirgendwo außerhalb Deutschlands gibt es so viele Ausgebombte. Und weil die Malteser immer noch nicht kapitulieren, soll eine Seeblockade sie aushungern. Aber sie ergeben sich nicht und erhalten für ihre Tapferkeit 1942 das Georgskreuz, das sie seitdem oben links in ihrer weiß-roten Flagge führen. Im Kriegsmuseum kann man sich die Vernichtungsorgie der Nazis ansehen. Die Stadt ist heute vollständig restauriert, im Original-Baustein, dem schönen, goldgelben Globigerina-Kalk.
 
Im 2. Weltkrieg kommt es noch schlimmer, denn die Deutschen bombardieren die Stadt, um eine Nachschubbasis für den Afrika-Feldzug Rommels zu schaffen. 80% Vallettas werden zerstört, die Stadtteile östlich des Grand Harbour mit den Industriebetrieben dem Erdboden gleichgemacht; es sieht aus wie in Dresden. Nirgendwo außerhalb Deutschlands gibt es so viele Ausgebombte. Und weil die Malteser immer noch nicht kapitulieren, soll eine Seeblockade sie aushungern. Aber sie ergeben sich nicht und erhalten für ihre Tapferkeit 1942 das Georgskreuz, das sie seitdem oben links in ihrer weiß-roten Flagge führen. Im Kriegsmuseum kann man sich die Vernichtungsorgie der Nazis ansehen. Die Stadt ist heute vollständig restauriert, im Original-Baustein, dem schönen, goldgelben Globigerina-Kalk.
 
Als der Staat unabhängig wird, versucht es die Regierung zunächst mit dem Sozialismus und außereuropäischen Freunden.
 
Als der Staat unabhängig wird, versucht es die Regierung zunächst mit dem Sozialismus und außereuropäischen Freunden.
 +
 +
 +
'''Fortsetzung:''' [[Jäger und Jagd auf Malta|Jäger]] '''(Kap. 15)'''

Aktuelle Version vom 21. September 2010, 04:02 Uhr

Auf Malta nach Atlantis reisen, Kap. 14

von Dr. Christiane Dittmann

Churchill hat Malta als „unsinkbaren Flugzeugträger“ bezeichnet. Die hervorragende strategische Lage des Archipels mit den guten Häfen führte zu häufigen Angriffen und Besatzerwechseln. Wie hungrige Hunde um einen Knochen haben sich die Mächte darum gestritten und jeder wollte ein Stück abbeißen.

Ab 900 erobern die Araber die Inseln und nutzen die Häfen vor allem als Umschlagplatz für den Sklavenhandel. Für die christliche Bevölkerung wird die Religion zum Fundament ihres Widerstands. Zum Islam treten nur wenige über. Von einigen Nachteilen abgesehen, tolerieren die Moslems die Religionsfreiheit. Dafür hinterlassen sie ihre Sprache. Maltesisch ist die einzige semitische Sprache, die mit lateinischen Buchstaben geschrieben wird. Araber können sie einigermaßen verstehen. Schrift und Aussprache unterscheiden sich aber sehr: „X“ wird wie „sch“ gesprochen, „g“ wie „dsch“ und „w“ wie „u“; „gh“ und “q“ sind stimmlos. Nachfolgend einige Beispiele:

Xemxija = Schemschieja; Tarxien = Tarschien; Marsaxlokk = Marsaschlock; Ghar Dalam = Aar Dalam; Maghlaq Fault = Mala Fault; Qrendi = Rendi Xaghra = Schara; Qawra = Aura; Hagar Qim = Hadschar Im; Birzebbuga = Birzebbudscha 1090 vertreiben die Normannen die Araber. Weil das Christentum jetzt wieder die offizielle Religion ist, verehren sie manche Malteser noch heute. Die Eichentür des beim Erdbeben von 1692 zerstörten Normannendoms ist die größte Sehenswürdigkeit im Nachfolgebau in Mdina (vgl. Kap. 10: Tsunami). Der Stauferkaiser Friedrich II., der in Palermo residiert und wegen seiner Bildung hochgerühmt wird, entsorgt seine politischen Gegner auf den Inseln. Moslems werden durch Androhung der Todesstrafe gezwungen, zum Christentum zu konvertieren.

1282 wollen die Spanier ein Stück vom Kuchen und ruinieren die Inseln ökologisch und sozial. Um Baumwolle anzubauen, werden Bäume gefällt, wegen der unerträglichen Abgabenlast bleibt den Einwohnern kaum etwas zum Leben. Trotzdem gelingt es 1428, sich mit einer horrenden Summe aus dieser Knechtschaft freizukaufen. 1530 erhalten die Kreuzritter, die von den Türken aus Rhodos vertrieben waren, Malta von Kaiser Karl V. als Stammsitz. Dem Johanniter-Orden gehören nur adelige Männer an, die als Soldaten der Christenheit neben einer militärischen Ausbildung auch die Mönchsgelübde abgelegt haben. Ihr Einsatz soll dem Wohl der Menschen dienen. Ihre Aufgabe ist es nun, ein Bollwerk gegen die Türken zu errichten. Jetzt kommt das Gebiet nicht mehr zur Ruhe. In äußerst grausamen Schlachten werden zahlreiche Angriffe abgewehrt, der schlimmste Kampf um die Valletta-Halbinsel tobt im Jahr 1565. Zu allem Unglück überfallen noch nordafrikanische Sklavenhändler den Archipel und verschleppen so viele Menschen, dass ein Bevölkerungsmangel entsteht. Das Fehlen der Bauern hat eine Hungersnot zur Folge. Die Kreuzritter können gar nicht an allen Ecken und Enden aufpassen und bauen ein dichtes Netz von Wachtürmen, die man noch heute überall stehen sieht (vgl. Kap. 1: Geologie).

Mit ihrer Architektur prägen die Johanniter das Bild der Siedlungen. Valletta ist die erste auf dem Reißbrett geplante Stadt. Die Straßen sind rechtwinklig angelegt, wie in Manhattan, und zum Schutz dienen dicke Stadtmauern und ein tiefer Wassergraben. Als Baustein wird überall der goldgelbe Globigerina-Kalk verwendet, der recht gut zu schneiden ist und mit vielen Ornamenten und Säulen einen reichhaltigen Fassadenschmuck ermöglicht. Er wird in tiefen Löchern abgebaut, die an große Schwimmbecken erinnern und im Landschaftsbild meist nicht auffallen. Sensationell fortschrittlich ist das Abwassersystem, denn unter den Straßen legen die Kreuzritter vom Meerwasser durchspülte Kanäle an, um den Unrat zu entsorgen. Ebenso vorbildlich ist die Betreuung der Kranken. Jeder Patient hat ein eigenes Bett und bekommt frische Wäsche. Die Malteser, die das Kreuzzeichen des Ordens als Symbol ihres Nationalstolzes verwenden, haben das ehemalige Spital heute als Museum mit Holzpuppen veranschaulicht.

Im Zentrum der Stadt steht der Großmeister-Palast mit einem wunderschönen Innenhof, prachtvollen Säulen, vielen Rüstungen und Waffen. Kein Ritterfan kann sich den Besuch dort entgehen lassen. Sehenswert ist auch die aufwendig ausgeschmückte Kathedrale, bei der die Kuppel fehlt, weil die beim Schießen stört. Die bunten Wappen der Ordensmitglieder bedecken als Mosaike aus Marmor, Achat oder Lapislazuli den Boden. Der Maler Caravaggio erhielt Asyl, nachdem er in Rom wegen Mordes und Spielschulden verurteilt worden war. Ein Bild von ihm hängt in einem Nebenraum des Doms. Die Darstellung ist sehr brutal.

Als Napoleon 1798 die Inseln erobert, haben die Kreuzritter abgewirtschaftet. Die Franzosen behandeln die Bevölkerung sehr grausam. In der Wallfahrtskirche von Mellieha sieht man auf Votivbildern, wie Soldaten Frauen und Kinder erschießen. Außerdem enteignet der Feldherr vorübergehend die Kirche. Schon zwei Jahre später müssen seine Truppen abziehen, da der Ägypten-Feldzug gescheitert ist. Von 1814 bis 1964 nehmen die Briten Malta als Kronkolonie in Besitz. Es werden demokratische Reformen und die Pressefreiheit eingeführt. Im Osthafen entstehen Werften mit mehreren tausend Dockarbeitern, die sich gewerkschaftlich organisieren. Standbilder und Portraits der Queen Victoria werden überall aufgestellt. Englisch wird zur zweiten Muttersprache. Dem Baumwollanbau fallen abgesehen von den Buskett-Gärten die letzten Waldreste zu Opfer. Nun sind die Inseln endgültig kahl und verkarstet. Weil die Wirtschaft vollständig auf britische Bedürfnisse ausgerichtet ist, bricht nach dem 1. Weltkrieg eine Hungersnot aus.

Im 2. Weltkrieg kommt es noch schlimmer, denn die Deutschen bombardieren die Stadt, um eine Nachschubbasis für den Afrika-Feldzug Rommels zu schaffen. 80% Vallettas werden zerstört, die Stadtteile östlich des Grand Harbour mit den Industriebetrieben dem Erdboden gleichgemacht; es sieht aus wie in Dresden. Nirgendwo außerhalb Deutschlands gibt es so viele Ausgebombte. Und weil die Malteser immer noch nicht kapitulieren, soll eine Seeblockade sie aushungern. Aber sie ergeben sich nicht und erhalten für ihre Tapferkeit 1942 das Georgskreuz, das sie seitdem oben links in ihrer weiß-roten Flagge führen. Im Kriegsmuseum kann man sich die Vernichtungsorgie der Nazis ansehen. Die Stadt ist heute vollständig restauriert, im Original-Baustein, dem schönen, goldgelben Globigerina-Kalk. Als der Staat unabhängig wird, versucht es die Regierung zunächst mit dem Sozialismus und außereuropäischen Freunden.


Fortsetzung: Jäger (Kap. 15)