Malta in der Antike

Auf Malta nach Atlantis reisen, Kap. 12

von Dr. Christiane Dittmann

Unsere Buchstabenschrift erfanden vor fast 3000 Jahren die Phönizier, Griechen und Römer haben sie später nur leicht verändert. Die Phönizier stammen aus dem Libanon. Ihr Name bedeutet „die Roten“, denn sie beherrschten als einzige die komplizierte Technik, aus der Purpurschnecke die wertvolle Farbe herzustellen. Sie waren die mutigsten Seefahrer. Im Auftrag eines ägyptischen Pharaos segeln sie schon 650 v. Chr. um den afrikanischen Kontinent herum und berichten vom veränderten Mittagsstand der Sonne auf der Südhalbkugel. Jahrhunderte früher als alle anderen schippern sie durch die Meerenge von Gibraltar an die westafrikanische Küste und gründen dort überall Handelsniederlassungen. Als Kaufleute wollen sie Profit machen, aber ihre Kunden nicht beherrschen. Und weil die Transportstrecken ins Heimatland zu lang sind, gründen sie Karthago als Tochterstadt, das sich als mehrsprachige, multikulturelle Metropole entwickelt. Der Reichtum ist überwältigend und erzeugt viel Neid und üble Nachrede.

Die Bibel beschuldigt sie, beim Baalkult, Kinder zu verbrennen. Im Religionsunterricht hat diese unvorstellbare Grausamkeit bei uns Schülern Abscheu und Wut ausgelöst. Diese Wirkung war auch beabsichtigt. Die Wahrheit ist, dass zweimal im Jahr Totenfeiertage stattfanden, an denen die in der Zwischenzeit verstorbenen Kinder feuerbestattet wurden. Man beerdigte sie auf speziellen Kinderfriedhöfen mit liebevoll gestalteten kleinen Grabsteinen. Auf einem ist z. B. ein Elefant eingraviert. Die Kinder müssen sehr wichtig gewesen sein, denn man findet Spielzeug und Puppenstuben mit keinen Möbeln. Als Spielgefährten und Schmusetier schenkten Eltern ihnen kleine Affen aus Westafrika. In der Schule lernten sie Religion und Fremdsprachen, zu Hause kaufmännisches Rechnen und Management. Frauen waren gleichberechtigt und übernahmen auch politische Ämter. Der Legende nach gründete die Königin Elissa die Stadt.

Die Maltesischen Inseln, vor der Haustür Karthagos gelegen, haben Anteil an diesem Wohlstand. Der antike Schriftsteller Diodorus berichtet in seiner Weltchronik:

"Südlich von Sizilien liegen drei Inseln im hohen Meere,... Die erste derselben heißt Melite,... Sie hat viele treffliche Häfen und ihre Einwohner sind sehr wohlhabend. Dieselben sind in Handwerken aller Art geschickt, die vorzüglichsten aber sind die Weber, welche eine überaus feine und weiche Leinwand liefern. Ihre Häuser sind auffallend schön und mit Gesimsen und Stukaturarbeit reich verziert. Die Insel ist eine Kolonie der Phöniker. Da diese nämlich ihren Handelsverkehr bis zum westlichen Ozean hin ausdehnten, so bot ihnen die hafenreiche und mitten im Meere gelegene Insel einen Zufluchtsort. Die Bewohner, die aus dem Verkehr mit den Kaufleuten großen Vorteil zogen, konnten deshalb bald wohlhabend werden und ihr Ruf hob sich schnell..."

"Ceterum censeo, Carthaginem esse delendum", sagt Cato nach jeder Rede. Die neidischen und gierigen Römer können den Luxus der Welthandelsmacht vor ihrer Nase nicht ertragen. In drei Punischen Kriegen nehmen sie ihren Nachbarn Stück für Stück von deren Einflussgebieten ab. Auch der geniale Feldherr Hannibal, der mit einer neuen Militärstrategie 216 v. Chr. bei Cannae die römische Übermacht sensationell zerlegt, kann sich letztlich gegen die Materialschlacht nicht erwehren. Im Dritten Punischen Krieg wird dann 146 v. Chr. Karthago in einem Blutrausch endgültig plattgemacht.

Die Maltesischen Inseln fallen bereits im zweiten Krieg um 200 v. Chr. an die Römer. Die Landwirtschaft muss nun hauptsächlich für den Bedarf der neuen Herren produzieren, wie Honig, Leinen, Weizen, Olivenöl. Trotzdem herrscht noch Wohlstand, wie der von den Römern geprägte Name „Melite“, übersetzt: „Honiginsel“ erkennen lässt, denn es gab früher keinen anderen Rohstoff, um die wertvollen Süßigkeiten herzustellen. Außerdem züchtet man dort Schoßhündchen für reiche Damen, winzige Statusobjekte mit weißem Fell, spitzer Schnauze und wolligem Schwanz. Diese „Malteser“ genannte Rasse gibt es noch heute.

Caesar gewährt zum Dank für Treue und Tapferkeit verdienten Veteranen den Ruhestand auf der Insel. Zahlreiche Thermen ermöglichen eine gehobene Lebensqualität. Reiche Römer bauen Landgüter, von denen in Rabat eines besichtigt werden kann. Diese Villa hat besonders schöne Fußboden-Mosaike. Viele Büsten porträtieren die damalige Oberschicht, der auch die Besitzer dieses Hauses angehören. Anhand technischer Geräte zur Olivenöl-Herstellung, Mühlsteinen und Gefäßen, können wir den damaligen Produktionsprozess nachvollziehen. Da die Besatzer sich recht wohl fühlen, erhalten die Einwohner um 50 v. Chr. das römische Bürgerrecht. Aber es kommen auch Plünderungen vor. Der Statthalter Verres raubt um 70 v. Chr. den kostbaren Tempel von Tas Silg aus und macht ihn dem Erdboden gleich.

Um 400 n. Chr. fällt die Inselgruppe für etwa 500 Jahre an das Oströmische Reich. Die Byzantiner kümmern sich aber nicht darum.


Fortsetzung: Christentum (Kap. 13)