Malta und das Christentum: Unterschied zwischen den Versionen

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Für das Sozialprestige der Familie hat die Verheiratung der Töchter höchste Priorität. Normal sind 200 bis 300 Hochzeitsgäste, es können auch 600 sein. Das Hochzeitskleid steht wochenlang im Zentrum der Aktivitäten, es wird genäht, gestickt, jede Tante hat dazu etwas zu sagen. Und die Ehefrau bekommt viele Kinder und bleibt zu Hause. Der Arbeitsmarkt kann mit dieser Fruchtbarkeitsrate nicht mithalten, viele Malteser müssen sich im Ausland einen Job suchen. Aber immer mehr junge Leute wollen nicht mehr mitspielen. Sie verweigern sich den sozialen Riten, vor allem Studenten zieht es nicht nur wegen der besseren Qualität an die Universitäten in Großbritannien.
 
Für das Sozialprestige der Familie hat die Verheiratung der Töchter höchste Priorität. Normal sind 200 bis 300 Hochzeitsgäste, es können auch 600 sein. Das Hochzeitskleid steht wochenlang im Zentrum der Aktivitäten, es wird genäht, gestickt, jede Tante hat dazu etwas zu sagen. Und die Ehefrau bekommt viele Kinder und bleibt zu Hause. Der Arbeitsmarkt kann mit dieser Fruchtbarkeitsrate nicht mithalten, viele Malteser müssen sich im Ausland einen Job suchen. Aber immer mehr junge Leute wollen nicht mehr mitspielen. Sie verweigern sich den sozialen Riten, vor allem Studenten zieht es nicht nur wegen der besseren Qualität an die Universitäten in Großbritannien.
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'''Fortsetzung:''' [[Malta als 'Beutegut'|Beute]] '''(Kap. 14)'''

Aktuelle Version vom 21. September 2010, 03:59 Uhr

Auf Malta nach Atlantis reisen, Kap. 13

von Dr. Christiane Dittmann

Der heilige Paulus erlitt Schiffbruch vor Malta, als die Römer ihn zum Prozess in die Hauptstadt bringen wollten. Obwohl das nicht gesichert ist, zweifelt in Malta niemand daran, dass das Christentum durch die Mission des heiligen Paulus begründet wurde. Alte Katakomben und Höhlenkirchen beweisen die lange religiöse Tradition. In den über 1500 Jahre alten Katakomben von St. Agathe in Rabat kann man frühchristliche Fresken besichtigen. Hier waren die Familiengrüfte der Oberschicht. Und weil heidnische Bräuche fortwirkten, weisen viele Grabstellen einen Agape-Tisch auf, an dem zu besonderen Festtagen die Lebenden mit ihren Vorfahren ein Totenmahl einnahmen. Ohne diesen Luxus bestattete man die einfache Bevölkerung in den St. Paul’s-Katakomben. Die danebenliegende St. Paul’s-Grotte und St. Paul’s-Kathedrale sind ein wichtiges religiöses Zentrum der Insel. Viele Standbilder von Heiligen schmücken die Straßen von Rabat.

Die katholische Kirche ist noch heute ein Machtfaktor im Staat, es gibt über 350 Gotteshäuser, mehr als in Rom. Ihr gehört der größte Landbesitz, der an Bauern verpachtet ist. Und sie beherrscht weitgehend das soziale Leben mit ihren Moralvorstellungen. Oben-Ohne-Baden ist verboten, Zuwiderhandlungen der Touristen verachten die Einheimischen. Es gibt kein Rotlichtviertel, nur einen versteckten Straßenstrich. Rauschgiftkonsum, auch ein klitzekleiner Joint, wird ganz streng bestraft. Die Dominanz der Männerrolle ist selbstverständlich. Ehescheidungen sind verboten, unverheiratet zusammenlebende Paare machen sich zu gesellschaftlichen Außenseitern. Die kurzen Entfernungen auf der kleinen Insel und die weitreichenden Verwandtschaftsbeziehungen erschweren die Individualität. Wie auf dem Dorf kennt und beobachtet jeder jeden.

Weil sich die Vergnügungseinrichtungen hauptsächlich an Touristen wenden, lernen sich junge Leute immer noch bei den Aktivitäten der Kirchengemeinden kennen. Die Organisation von Prozessionen ist ein Schwerpunkt des Gemeindelebens. Am Karfreitag wird z. B. in Zeitun die Leidensgeschichte in historischen Kostümen nachgestellt, zentnerschwere Kreuzwegstationen mit lebensgroßen Figuren schleppt man durch die Straßen, viele Einwohner sind verkleidet als Römer oder alttestamentarische Personen. Anderswo werden Marienstatuen aus der Kirche durch die Straßen getragen, begleitet von der Musik scheppernder Blechbläser, die in Vereinen organisiert sind und untereinander wetteifern. Riesige Blumengebinde in den Kirchen mit Namenskärtchen stellen Statussymbole dar, und die Leute kontrollieren, wie viel Geld die Nachbarn bezahlt haben. Und danach gibt es ein Feuerwerk. Jeder Ort möchte das schönste haben.

Für das Sozialprestige der Familie hat die Verheiratung der Töchter höchste Priorität. Normal sind 200 bis 300 Hochzeitsgäste, es können auch 600 sein. Das Hochzeitskleid steht wochenlang im Zentrum der Aktivitäten, es wird genäht, gestickt, jede Tante hat dazu etwas zu sagen. Und die Ehefrau bekommt viele Kinder und bleibt zu Hause. Der Arbeitsmarkt kann mit dieser Fruchtbarkeitsrate nicht mithalten, viele Malteser müssen sich im Ausland einen Job suchen. Aber immer mehr junge Leute wollen nicht mehr mitspielen. Sie verweigern sich den sozialen Riten, vor allem Studenten zieht es nicht nur wegen der besseren Qualität an die Universitäten in Großbritannien.


Fortsetzung: Beute (Kap. 14)