Nomoi

Abb. 1 Platons Dialog Nomoi enthält, wie sein Atlantisbericht, Hinweise auf die fernste Vergangenheit der Menschheit. Gemälde: 'Das Goldene Zeitalter' von Jacopo Zucchi, um 1570

(bb) Platons Dialog Nomoi (in etwa: "Die Gesetze") gehört zum Spätwerk des Athener Staatsphilosophen und beinhaltet die, in zwölf Bücher gegliederte, Diskussion des Gesetzentwurfes für 'Magnesia' - eine hypothetische Kolonie Kretas - durch den Kreter Kleinias, Megillus, einen Lakedaemonier, sowie durch einen anonymen Athener.

Allgemein wird angenommen, dass Platon die Figur dieses "namenlosen Atheners" als 'Sprachrohr' für seine eigene Meinung nutzte, oder dass er dem "Athener" die Worte seines verehrten Lehrers Sokrates in den Mund legte (vermutlich sind beide Auffassungen nicht unberechtigt).

Während Platon in seiner Politeia die Verfassung eines quasi-kommunistischen Idealstaats entwickelt hat, der "nur von >Göttern und Göttersöhnen< verwirklicht werden kann (d6), nicht aber von gewöhnlichen Menschen mit der >jetzigen Naturanlage und Erziehung< (740a 1-2), die mangels entsprechender Erziehung noch unfähig sind, das Gemeinsame über das Eigeninteresse zu stellen" [1], skizziert er im Nomoi ein Konzept, welches - mit Abstrichen - auch in der Realität zu verwirklichen sein soll.

Abb. 2 Waren die 'Nomoi' tatsächlich Platons letzter Dialog, wie derzeit viele Altphilologen annehmen?

Die Nomoi werden heute von Altphilologen allgemein als letztes der Werke Platons bezeichnet, [2], doch es gibt auch Gründe zur Annahme, dass er bereits vor den beiden "Atlantis-Dialogen" (Timaios und Kritias) verfasst wurde. Aus atlantologischem Blickwinkel erscheint es jedenfalls durchaus denkbar, dass der unvollendete Kritias (der ebenso wie die Nomoi erst nach dem Ableben des Philosophen veröffentlicht wurde) Platons letzte Arbeit darstellt, und dass die von ihm vermutlich geplante Hermokrates-Trilogie nie fertig gestellt wurde, weil ihm der Tod 'den Griffel aus der Hand nahm'.

Tatsächlich enthalten die Nomoi nämlich, ebenso wie Timaios und Kritias, eine Reihe von Verweisen quasi prähistorischer Natur, in welchen Platon seine Vorstellungen zur fernsten Vergangenheit, zum enormen Alter menschlicher Kulturen und zur zyklischen Zivilisationsentwicklung der Menschheit liefert (siehe dazu die folgenden Beiträge). Im Vergleich zu den Aussagen in seiner Atlantida wirken diese Passagen jedoch fragmentarisch und weniger ausgearbeitet als sein Atlantisbericht, auf den er sich mit einiger Sicherheit in den Nomoi bezogen hätte, wäre seine Erzählung vom Untergang des vorzeitlichen Inselreichs zu dieser Zeit bereits so weit niedergeschrieben gewesen, wie sie uns überliefert ist.

Zu den frühen Verfechtern der konventionellen Annahme, die Nomoi seien nach Timaios und Kritias verfasst worden, gehört übrigens der britische Moralphilosoph und Altphilologe Alfred Edward Taylor (1869-1945), der auch zu den maßgeblichen 'Gründervätern' und Protagonisten der atlantologiekritischen Fiktionalitäts-These zu rechnen ist. Wie Taylor 1929 hervorhob [3], weisen die Nomoi Merkmale 'grammatikalischen Schliffs' auf, während der Kritias den Eindruck vermittele, er stelle lediglich einen Rohentwurf dar.

Bereits 1949 bezeifelte der Atlantologe L. Young die Validität von Taylors Interpretation dieses Faktums [4], und auch aus Sicht des Verfassers scheinen die Merkmale eines 'Rohentwurfs' eher dafür zu sprechen, dass in der Tat der unvollendete Kritias Platons letzter Dialog gewesen ist, und nicht die fertig ausgearbeiteten Nomoi. [5] Zu einer entsprechenden, aber zudem den Timaios einbeziehenden, Schlussfolgerung gelangte 1989 auch G.R. Ledger von der britischen University of Reading, der in "Re-counting Plato. A computer analysis of Plato’s style" schrieb: "Timaios und Kritias sind nicht nur Spätwerke, sie sind vielmehr die letzten Schriften aus Platons Feder, wobei der Kritias durch Platons Tod abgebrochen wurde." [6]



Beiträge zum Thema 'Nomoi'


Externa:


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Platon Werke - Nomoi Buch 4-7 (Übersetzung und Kommentar von Ernst Heitsch, Klaus Schöpsdau), Verl. Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, S. 309
  2. Siehe dazu etwa: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, Stichwort: Nomoi (Stand: 08.08.2010)
  3. Siehe: Alfred Edward Taylor, "Plato, the man and his work", 1929 [nach: N. Zhirov, "Atlantis - Atlantology: Basic Problems", 1970]
  4. Siehe: 'L. Young, "Platonic Miscellany", in: Atlantean Research, 2, No. 3, 1949, S. 26-39 (nach N. Zhirov, op. cit.)
  5. Anmerkung: Zu einer interessanten Diskussion dieses Problems siehe z.B.: Eduard Zeller, "Platonische Studien", C. F. Osiander, 1839; darin: § 11, "Aeusseres Verhältnis der Gesetze zu andern Platonischen Schriften, oder über ihre Abfassungszeit" S. 112 ff.
  6. Quelle: G. R. Ledger: Re-counting Plato. A computer analysis of Plato’s style, Oxford 1989, S. 197: „[…] not only are the Timaeus and Critias late dialogues, but […] they were the last productions of Plato's pen, Critias being cut short by Plato's death.“ Zitat und Übersetzung ins Deutsche nach: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie unter: Kritias (Platon), Anm. 53 (Stand: 28. März 2010)

Bild-Quellen:

1) Webseiten der Studierenden der Johannes Gutenberg Universität Mainz, unter: Früchte in Ernährung und Medizin
2) Wikimedia Commons, unter: File:Herma of Plato - 0049MC.jpg