Pavlopetri

Anmerkungen aus atlantologischem Blickwinkel

Abb. 1 Die Position der Fundstätte von Pavlopetri

(bb) Über die archäologische Fundstätte, um die es in diesem Beitrag geht, schreibt Tony O’Connell in der Atlantipedia: "Pavlopetri ist der Name, der einer versunkenen [proto-]griechischen Stadt vor der Küste des südlichen Peloponnes (Abb. 1) gegeben wurde. Ein englisch-griechisches Team von Archäologen hat ihre Überreste auf zwischen 2800 und 1200 v.Chr. datiert, und such von ihr als der ältesten (bekannten) überfluteten Stadt der Welt gesprochen. Diese Datierung platzliert sie vor die Zeit von Plato, und so brauchten Kommentatoren nicht lange, um vorzuschlagen, dass sie womöglich die hinter Aspekten von Platos Atlantisbericht steckende Inspiration gewesen sei. Indes ist die Zahl bekannter, überfluteter Städte im Mittelmeer auf etwa 200 beziffert worden. Jedes mal, wenn eine entdeckt wird, gibt es für gewöhnlich den Versuch, sie mit Atlantis zu assoziieren, welcher dahinschwindet, wenn realisiert wird, dass sie nicht mit vielen anderen beschreibenden Identifikatoren zusammenpasst, die von Plato erwähnt wurden." [1]

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Abb. 2 Ein Unterwasser-Archäologe über den Ruinen von Pavlopetri

In der Tat kommt das enervierende 'Atlantis-Geschrei', das in solchen Fällen in den Medien zu erschallen pflegt, keineswegs aus den Kreisen der viel gescholtenen Atlantisforscher, sondern es erweist sich schnell als ein Produkt journalistischer Bemühungen, durch Verwendung des nach wie vor höchst publikumswirksamen Etikett 'Atlantis' die Aufmerksamkeit und das Interesse einer breiten Öffentlichkeit zu gewinnen, die sich ansonsten nur schwer für archäologische Themen begeistern lässt.

Abb. 3 Der griechische Geologe Dr. Dimitris Sakellariou brachte den Zugang der akademischen Unterwasser-Forschung zum Thema 'Atlantis' im Jahr 2009 auf den Punkt.

Dabei geht das journalistische Interesse, 'Auflage zu machen' oder möglichst viele Clicks im Internet zu generieren, Hand in Hand mit dem durchaus begreiflichen Wunsch der Berufswissenschaftler, über eine besonders hohe Öffentlichkeitswirkung ihrer archäologischen Projekte leichter an weitere Forschungsmittel zu kommen. Von geradezu erfrischender Ehrlichkeit war diesbezüglich der Meeresgeologe Dr. Dimitris Sakellariou (Abb. 3), einer der Forschungsdirektoren des Hellenic Centre for Marine Research (HCMR), welcher im Jahr 2009 - im Zusammenhang mit den Funden von Pavlopetri - bemerkte: "Atlantis ist ein Mythos, aber einer, der die Unterwasser-Forschung am Laufen hält..." [2]

Jedenfalls dürfte man sich in Kreisen des akademischen Establishments durchaus darüber im Klaren sein, dass die Bezugnahme auf Atlantis im Kontext archäologischer Entdeckungen zumeist eher den Charakter von 'Bauernfängerei' hat als den einer seriösen wissenschaftlicher Arbeit. Nur in den allerwenigsten Fällen, wie etwa im Zusammenhang mit der versunkenen Hafenstadt Helike, wurden tatsächlich ernsthafte Versuche unternommen, auf Basis der Fiktionalitäts-These und im Kontext der 'Inspirations-Hypothese' ein als wissenschaftlich zu betrachtendes Interpretationsmodell zu entwickeln. Erwähnenswert ist hierzu etwa der Vortrag der Archäologin Dora Katsonopoulou, Leiterin des griechisch-amerikanischen "Helike Project", auf der I. Internationalen Atlantiskonferenz (Milos, 2005). [3]

Dass 'Atlantis' augenscheinlich auch in Bezug auf die Entdeckung und Exploration von Pavlopetri instrumentalisiert wurde, ist aus atlantologischem Blickwinkel doppelt bedauerlich, denn erstens hat es diese, in Teilen fast 5000 Jahre alte, Kulturstätte wirklich nicht nötig, dergestalt beworben zu werden: Sie "geht sogar den Mykenern voraus und bedeckt 30.000 Quadratmeter. [...] Sie besteht aus Straßen, Gebäuden und Gruften, und sie weist klare Anhaltspunkte dafür auf, dass es sich bei ihr um eine geplante Stadt gehandelt hat. Keramik-Fragmente aus der Bronzezeit und der mittleren Periode der Minoer sind gefunden worden. Da die Stätte niemals wiederbesiedelt wurde, liefert sie das bisher klarste Bild ihres Zeitrasters." [4]

Zweitens - und über die fachwissenschaftlich-archäologische Bedeutung von Pavlopetri hinaus - ist diese Fundstätte natürlich auch im Rahmen ernsthafter atlantologischer Forschung von einigem Interesse. Obwohl vermutlich kein Atlantisforscher, der seine 'sieben Sinne' beisammen hat, diese uralte, im Mittelmeer versunkene, Stadt mit der Metropolis des verschollenen Atlanter-Reiches identifizieren wird, so muss doch im Kontext des Atlantisberichts - jedenfalls dann, wenn man diesen ganz oder zumindest in Teilen bronzezeitlichen Perioden zuordnet - geradezu brennend interessieren, unter welchen Verhältnissen die Menschen innerhalb und außerhalb des von Platon skizzierten, atlant(idi)schen Machtbereichs lebten. Gerade was Letztere betrifft, dürfen wir alle von der systematischen Erforschung Pavlopetris besonders wertvolle Aufschlüsse und Erkenntnisse erwarten - und möglicherweise sogar das eine oder andere Mosaik-Steinchen, das zur Lösung des Atlantis-Problems beitragen kann.


Anmerkungen und Quellen

Einzelverweise:

  1. Quelle: Tony O’Connell, Pavlopetri (a), bei: Atlantipedia, 8. Dez.. 2009 (abgerufen: 07.05.2013; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  2. Englischsprachiges Original-Zitat: "Atlantis was a myth but it is a myth that keeps underwater exploration going..."; Quelle: Helena Smith, "Lost Greek city that may have inspired Atlantis myth gives up secrets", The Guardian, 16. Okt. 2009 (abgerufen: 08.05.2013)
  3. Siehe: Dora Katsonopoulou, "Helike and mythical Atlantis. An illuminating comparison", in: Stavros P. Papamarinopoulos (Hrsg.), Book of Proceedings ATLANTIS 2005, Heliotopos Publications, 2007
  4. Quelle: Anonymus, Pavlopetri, the real Atlantis?, bei: Atlantipedia.com - The Search for Atlantis, 17 Oktober 2009


Bild-Quellen:

(1) Tony O’Connell, Pavlopetri (a), bei: Atlantipedia, 8. Dez.. 2009

(2) Univ. Handout, nach: Helena Smith, "Lost Greek city that may have inspired Atlantis myth gives up secrets", The Guardian, 16. Okt. 2009

(3) Hellenic Centre for Marine Research (HCMR), unter: Sakellariou Dimitris