Präseleniten

Version vom 14. März 2020, 17:44 Uhr von BB (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Abb. 1 Wissenschaftler gehen heute davon aus dass der Mond und die Erde seit Milliarden von Jahren ein stabiles System bilden. Alte Überlieferungen berichten jedoch von einer Zeit, in der es noch keinen Mond am Himmel gab, und von Menschen die zu dieser Zeit lebten: die Präseleniten.

(red) Der Begriff Präseleniten (zusammengesetzt aus dem Präfix prä- (vor, voran, voraus, vorher etc.) und Selene (Name einer griech. Mondgöttin aus dem Geschlecht der Titanen) stammt aus der Mythologie des alten Griechenland und bezeichnet ein Volk oder eine Menscheit, die auf der Erde gelebt haben sollen, bevor es den Mond (Abb. 1) gab.

Heute sowie in jüngerer Vergangenheit finden sich Erwähnungen der Präseleniten - bisweilen auch Proselenen genannt - und der 'mondlosenen Zeit' zumeinst bei außenseiterischen Verfechtern eines rezenten 'Einfangs' des Mondes durch die Erde [1] sowie in der neo-katastrophistischen und atlantologischen Literatur [2], vor allem im Zusammenhang mit 'versunkenen Kontinenten' und Kataklysmen sowie anderen Großkatastrophen.

So heißt es etwa bei Harold T. Wilkins (1891-1959): "Die alten Arkadier (Abb. 2), ein Pelasger-Volk des Mittelmeer-Raums, sagten [...], eine große Flut habe ihr vorzeitliches Land überwältigt - die Ogygische Überschwemmung - bevor der Mond die Erde begleitete! Ihre Vorfahren wurden daher von den Griechen Prä-Seleniten genannt, was genau das ist, was es besagt, und keine Verfälschung von Syllani oder Prä-Hellenen, wie ein etwas zu erfindungsreicher Kommentator im 19. Jahrhundert meinte." [3]

Abb. 2 Hier eine phantasievolle, romantisch-verklärte Darstellung altertümlicher Arkadier (Gemäde von Nicolas Poussin, erstellt zwischen 1638 und 1640)

Ausführlichere Informationen, einschließlich konkreter Verweise auf die betreffenden Autoren des klassischen Altertums, finden sich bei Immanuel Velikovsky (1895-1979), der ebenfalls davon ausging, der Mond sei erst seit (erdgeschichtlich betrachtet) recht kurzer Zeit der Trabant unseres Planeten. Dazu schrieb er in seinem - bis heute nicht in Buchform veröffentlichten - Werk In the Beginning:

"Die Zeit, als die Erde noch mondlos war, ist wahrscheinlich die am weitesten zurückliegende Erinnerung der Menschheit. Demokrit und Anaxagoras lehrten, dass es eine Zeit gab, in der die Erde ohne Mond war. [4] Aristoteles schrieb, dass Arkadien in Griechenland, bevor es von den Hellenen bewohnt wurde, eine Bevölkerung von Pelasgern hatte und dass diese Ureinwohner das Land bereits in Besitz nahmen, bevor ein Mond am Himmel über der Erde war; aus diesem Grund wurden sie Proselenen genannt [5].

Apollonius von Rhodos erwähnte die Zeit, >als noch nicht alle Gestirne im Himmel waren, bevor die Rasse der Danai und die des Deukalion entstanden und nur die Arkadier lebten, von denen gesagt wird, dass sie auf Bergen hausten und sich von Eicheln ernährten, bevor es einen Mond gab.< [6]

Plutarch schrieb in Römische Fragen [orig.: Quaestiones Romanae; d.Ü.]: „Es gab Arkadier aus Evanders Gefolgschaft, das sogenannte vorlunare Volk.< [7] Ähnlich schrieb Ovid: >Die Arkadier sollen ihr Land vor der Geburt Jupiters besessen haben, und die Leute sind älter als der Mond.< [8] Hippolyt bezieht sich auf eine Legende, dass >Arkadien Pelasgos hervorgebracht hat, der älter ist als der Mond<. [9] Lukian sagt in seiner Astrologia, dass >die Arkadier in ihrer Torheit behaupten, sie seien älter als der Mond< [10]. Auch Censorinus spielt auf die Zeit in der Vergangenheit an, als es keinen Mond am Himmel gab. [11] [12]

Einige Anspielungen auf die Zeit vor dem Mond finden sich auch in der Bibel. In Hiob 25: 5 wird die Größe des Herrn gelobt, der >Frieden in den Höhen macht<, und die Zeit wird erwähnt, >bevor [es] einen Mond gab und er nicht schien<. Auch in Psalm 72: 5 heißt es: >Du warst gefürchtet seit der Zeit der Sonne und vor der Zeit des Mondes, '[während] einer Generation von Generationen.< Eine >Generation von Generationen< bedeutet eine sehr lange Zeit. Natürlich nützt es nichts, diesem Psalm dem Mythos des ersten Kapitels der Genesis entgegenzustellen, einer Geschichte, die aus exotischen und späteren Quellen stammt." [13]

Interessanterweise finden sich alte Überlieferungen über eine mondlose Zeit auch bei Völkern in anderen Teilen der Welt. So verweist etwa der bereits oben zitierte Harold T. Wilkins (op. cit., 1956) auf entprechende Legenden der amerinden Ureinwohner im südamerikanischen Kolumbien, und auch hierzu finden sich genauere Angaben bei Immanuel Velikovsky: "Die Erinnerung an eine Welt ohne Mond lebt unter den Indianern in mündlicher Überlieferung fort. Die Indianer im Hochland des Bogotá in den östlichen Kordilleren Kolumbiens beziehen einige ihrer Stammeserinnerungen auf die Zeit vor dem Mond. >In den frühesten Zeiten, als der Mond noch nicht am Himmel war<, sagen die Stammesangehörigen der Chibcha." [14] [15] Vergleichbare altertümliche Legenden sollen zudem auch in Afrika existieren.



Zurück zur Rubrik → »Mythologie in der alternativen Ur- und Frühgeschichtsforschung«


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe z.B.: Rob Shelsky, "Invader Moon: Who Brought Us the Moon and Why?", Permuted Press, 2016
  2. Siehe z.B. Alexander Braghine, "The Shadow of Atlantis", New York (Dutton) 1940; Reprint 1997, S. 68 und 69/70
  3. Quelle: Harold T. Wilkins, "Mysteries of Ancient South America", New York (Citadel Press), 1956; Reprint: Adventures Unlimited Press, 2000, S. 29 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  4. Siehe: Hippolytus, Refutatio Omnium Haeresium V. ii.
  5. Siehe: Aristoteles, fr. 591 (ed. V. Rose [Teubner:Tübingen, 1886]). Cf. Pauly’s Realencyclopaedie der classischen Altertumswissenschaft, Artikel “Mond” ; H. Roscher, Lexicon d. griech. und roemisch. Mythologie, Artikel “Proselenen”
  6. Siehe: Argonautica IV.264
  7. Siehe: Plutarch, Moralia, transl. by F. C. Babbit, sect. 76
  8. Siehe: Fasti, transl. by Sir J. Frazer, II. 290
  9. Siehe: Refutatio Omnium Haeresium V. ii
  10. Siehe: Lukian, Astrology, transl. by A. M. Harmon (1936), p. 367, par. 26
  11. Siehe: Liber de die natali 19; sowie: scholium on Aristophanes’ Clouds, line 398
  12. Red. Anmerkung: Weitere antike Referenzen sind zu finden bei: William Preston (Hrsg.), "The Argonautics of Apollonius Rhodius, Band 2", Press of C. Whittingham, 1822, unter: NOTES ON BOOK IV, S. 217
  13. Quelle: Immanuel Velikovsky, "IN THE BEGINNING", PART I: THE EARLY AGES, Abschnitt "The Earth Without the Moon", bei VArchive.og - The Immanuel Velikovsky Archive (abgerufen: 14. März 2020; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  14. Siehe: Alexander von Humboldt, Vues des Cordillères (1816), englischspr. Übersetzung: Researches Concerning the Institutions and Monuments of the Ancient Inhabitants of America, (1814), vol. I, S. 87; cf. H. Fischer, In mondener Welt (1930), S. 145
  15. Quelle: Immanuel Velikovsky, op. cit. (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)

Bild-Quellen:

1) Acabashi bei Wikimedia Commons, unter: File:Daytime moon over London, England.jpg (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“)
2) Nicolas Poussin (1594-1665) bei Wikimedia Commons, unter: File:The shepherds of arcadia.jpg