Rezenter Groß-Impakt auf Grönland

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Noch mehr 'Wasser auf die Mühlen' des Cenokatastrophismus

Abb. 1 Verschiedene Aufnahmen und Darstellungen des Region im nordwestlichen Grönland, wo der Impaktor einschlug. Am deutlichsten ist der Impakt-Krater auf dem Bild rechts unten zu erkennen. (Quelle: Kurt H. Kjær, Nicolaj K. Larsen, Tobias Binder et al., 2018)

(red) Dieser Artikel ist eigentlich ein etwas verspäteter Nachtrag zu unseren vorausgegangenen Berichten über anzunehmende jung- bzw. endpleistozäne Impakt-Ereignisse (respektive über deren wissenschaftliche Erforschung), die zu massiven globalen Klimaveränderungen am Ende der jüngsten Eiszeit oder der Jüngeren Dryas-Zeit geführt haben dürften.

Die Rede ist hier von einem höchst massiven Boden-Einschlag, der sich in erdgeschichtlich jüngster Vergangenheit im Nordwesten Grönlands ereignete und dabei einen Krater erzeugte, welcher mit einem Durchmesser von 31 Kilometern und 320 Metern Tiefe zu den 25 größten Exemplaren gehört, die bisher auf der Erde identifiziert wurden. [1] Entdeckt wurde diese Struktur zwar schon im Jahr 2015 durch Radaranalysen, aber erst im November 2018 stellte das mit den diesbezüglichen Forschungen befasste internationale, interdisziplinär aufgestellte Wissenschaftler-Team um Prof. Kurt H. Kjær von der Universität Kopenhagen ein Papier [2] vor, in dem es seine zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse der Öffentlichkeit präsentierte.

Im Abstract dieses Papiers fassen die Autoren der Studie ihre Forschungs-Ergebnisse folgendermaßen zusammen: "Wir berichten über die Entdeckung eines großen Einschlag-Kraters unterhalb des Hiawatha-Gletschers im Nordwesten von Grönland. Bei Radaruntersuchungen in der Luft identifizieren wir eine 31 Kilometer breite, kreisförmige Felsunterlage unter einem Kilometer Eis. Diese Vertiefung hat einen erhöhten Rand, der die Nebenglazialkanäle kreuzt, und eine dezente zentrale Erhebung, die offenbar aktiv erodiert. Bei Bodenuntersuchungen des entgletscherten Vorlandes identifizieren wir überdruckte [orig.: "overprinted"; d.Ü.] [3] Strukturen innerhalb des präkambrischen Gesteins entlang des Eisrandes, die den subglazialen Rand tangieren. Glaziofluviales Sediment aus dem größten Fluss, der den Krater entwässert, enthält geschocktes Quarz und andere impaktbedingte Körnchen. Die geochemische Analyse dieses Sediments zeigt, dass der Impaktor ein fraktionierter Eisen-Asteroid war, der mehr als einen Kilometer groß gewesen sein muss, um den identifizierten Krater zu produzieren. Die Radiostratigraphie des Eises im Krater zeigt, dass das Holozän-Eis kontinuierlich und anpassungsfähig ist, aber alles tiefere und ältere Eis scheint trümmerreich oder stark gestört zu sein. Das Alter dieses Einschlagskraters ist derzeit nicht bekannt, aber aus unseren geologischen und geophysikalischen Nachweisen schließen wir, dass es unwahrscheinlich ist, dass es vor dem Beginn des Pleistozäns des grönländischen Eisschildes ist." [4]

Abb. 2 Ein Teil der Krater-Rundung ist auf Luftaufnahmen wie dieser deutlich zu erkennen, obwohl der Einschlags-Ort wieder von einem massiven Eispanzer bedeckt ist.

Obwohl die beteiligten Wissenschaftler sich hinsichtlich der Datierung dieses Impakt-Ereignis in Grönland bewusst vorsichtig äußern, erscheint es anhand der vorliegenden Daten nicht unwahrscheinlich, dass sich der dortige Einschlag erst vor ca. 15.000 bis 12.000 Jahren ereignete [5] [6]. Jedenfalls dürfte der Hiawatha-Impakt mit einiger Sicherheit zu Zeiten des Modernen Menschen erfolgt sein.

Bei diesem infernalischen 'Hammerschlag' aus dem All wurden in etwa 20 Kubik-Kilometer Gestein schlagartg vaporisiert und geschmolzen [7]. Zudem müssen auch ungeheure Eismassen in Sekundenbruchteilen verdampft sein. Die Ejekta schossen dann bis in die obersten Schichten der Atmosphäre und verteilten sich später zum Großen Teil rund um den Globus. Es darf angenommen werden, dass es beim Rücksturz eines hoch erhitzten Teils dieser Massen auf die Erde nachfolgend zu ungeheuren Flächenbränden kam [8].

Zudem erscheint es auch möglich, dass sintflutartige Regenfälle und schließlich ein massiver Klimasturz - ein regelrechter 'Fimbulwinter' - zu den Folgen des Hiawatha-Impakts gehörten. John D. Paden, einer der Ko-Autoren der Impakt-Studie, hält es dagegen auch für denkbar, der Einschlag habe womöglich eine Eisschmelze ausgelöst: "Dadurch könnte es zu einem plötzlichen Süßwasser-Einfluss in die Nares-Straße zwischen Kanada und Grönland gekommen sein, der die Meeresströmung in der gesamten Region beeinflusst haben könnte." [9] Für Fauna und Flora großer Teile unseres Planeten, aber auch für die damalige Menschheit, muss der Hiawatha-Impakt in jedem Fall verheerende Auswirkungen gehabt haben.


Aktuelles Addendum


Externa zur Entdeckung von 2018:

Videos:

Artikel:

  • Christoph Seidler, "Forscher finden riesigen Meteoritenkrater unterm Eis - Mehr als einen Kilometer groß dürfte der Meteorit gewesen sein, der einst auf Grönland krachte. Jetzt haben Forscher tief im Eis seine Spuren entdeckt. Aber einige Rätsel des gigantischen Einschlags sind noch ungelöst", 14.11.2018, bei SPIEGEL ONLINE
  • Tilmann Althaus, "Was schlug in Grönland ein? - Hoch im Norden Grönlands, von rund einem Kilometer Eis bedeckt, befindet sich unter dem Hiawatha-Gletscher eine runde Vertiefung von rund 31 Kilometern Durchmesser. Erkundungen mittels Radarwellen und Gesteinsproben bestätigen nun, dass es sich um einen jungen und gut erhaltenen Einschlagkrater handelt", 14. 11. 2018, bei Spektrum.de


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: o.A., "Gigant aus dem All trifft auch Grönland – Forscher finden neuen Riesenkrater", 15. November 2018, bei sputniknews.com (abgerufen: 13. März 2019)
  2. Siehe: Kurt H. Kjær, Nicolaj K. Larsen, Tobias Binder, Anders A. Bjørk1, Olaf Eisen, Mark A. Fahnestock, Svend Funder, Adam A. Garde, Henning Haack, Veit Helm, Michael Houmark-Nielsen, Kristian K. Kjeldsen, Shfaqat A. Khan, Horst Machguth, Iain McDonald, Mathieu Morlighem, Jérémie Mouginot, John D. Paden, Tod E. Waight, Christian Weikusat, Eske Willerslev und Joseph A. MacGregor, "A large impact crater beneath Hiawatha Glacier in northwest Greenland", 14. November 2018, bei Science Advances, Vol. 4, No. 11 (DOI: 10.1126/sciadv.aar8173; abgerufen: 13. März 2019)
  3. Red. Anmerkung: In der Geologie bezieht sich der Fachbegriff 'overprinting' "auf einen geologischen Prozess, der Spuren hinterlässt, welche die Markierungen eines früheren Prozesses verändern. Zu Beispielen [hierfür] zählen verschiedene Verformungsphasen von Gesteinen, so dass die anfänglichen Strukturen modifiziert, manchmal sogar unkenntlich werden. Geochemische Signaturen können ebenfalls überdruckt werden, wenn die Geochemie eines geologischen Körpers geändert wird, indem die frühere geochemische Signatur gelöscht oder geändert wird." (Quelle: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Overprinting (geology)"; abgerufen: 13. März 2019; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  4. Quelle: Kurt H. Kjær, Nicolaj K. Larsen, Tobias Binder et al, 14. November 2018 bei Science Advances (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  5. Siehe: Michelle Starr "A Massive Geological Surprise Has Been Discovered Under Greenland's Ice Sheet", 14. Nov. 2018, in: ScienceAlert (abgerufen: 13. März 2019)
  6. Siehe: Brian Clark Howard, "City-size impact crater found under Greenland ice", 14. Nov. 2018, in: National Geographic (abgerufen: 13. März 2019)
  7. Quelle: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Hiawatha Glacier" (abgerufen: 13. März 2019)
  8. Vergl. dazu: "Neue Erkenntnisse zum endeiszeitlichen Impakt-Ereignis - Der globale Klimasturz des Jüngeren Dryas wurde von einem Feuersturm ausgelöst, der mit jenem nach dem Endkreide-Einschlag vergleichbar ist, welcher das Aussterben der Saurier verursachte. Aktuelle Befunde stützen die Annahme eines gravierenden Impakt-Vorgangs vor ca. 12800 Jahren." (red)
  9. Quelle: o.A. Meteoritenkrater auf Grönland entdeckt - Krater unter dem Eis deutet auf gewaltigen Einschlag hin, 15. November 2018, bei scinexx - das wissensmagazin (abgerufen: 13. März 2019)

Bild-Quellen:

1) Kurt H. Kjær, Nicolaj K. Larsen, Tobias Binder et al., op. cit. (2018)
2) NASA / Cindy Starr bei Wikimedia Commons, unter: File:Hiawatha Crater.gif