Riesenfunde - in Nebraska

Abb. 1 Die geographische Lage des Staates Nebraska in den USA

(bb) Angesichts der Tatsache, dass der weitaus größte Teil Nebraskas bereits zur 'fundfreien Zone' [1] (weitgehend identisch mit dem Gebiet der so genannten Great Plains) gehört, kann es kaum verwundern, dass von dort nur sehr wenige- und zudem im Osten des Staates angesiedelte Berichte über Entdeckungen er Überreste riesenhafter Ur-Amerikaner vorliegen.

Abb. 2 Oben: Die geographische Lage des Antelope County im Osten Nebraskas; unten: die Kurzmeldung aus dem Columbus Journal vom 13. Mai 1885

Zudem ist das, was wir bisher in Hinsicht auf solche Entdeckungen recherchieren konnten, weitaus weniger aussagekräftig und auch glaubhaft als die bisweilen sehr gründlich dokumentierten Berichte aus den großen Fundgebieten im Osten und Westen Nordamerikas.

Hier zunächst die kurze Presse-Notiz über einen Fund im Antelope County. (Abb. 2) Sie stammt aus der Ausgabe vom 13. Mai 1885 des in Columbus, Nebraska, ansässigen The Columbus Journal: "Knochen, die denjenigen eines Riesen ähneln, wurden wurden vor einigen Tagen von an der Ausschachtung eines Brunnens bei Bazile Beteiligten aus einer Tiefe von fünfunddreißig Fuß [ca. 10,67 m; d.Ü.] ausgegraben." [2]

Natürlich lässt sich mit diesen Angaben erst einmal wenig anfangen. Knochen, "die denjenigen eines Riesen ähneln", müssen ja keineswegs von einem riesenhaften Menschen stammen, sondern die Landarbeiter, die bei ihrer Grabung auf sie stießen, könnten durchaus auch die Überreste eines Exemplars ausgestorbener Megafauna freigelegt haben, das sie ohne böse Absicht fehlinterpretierten.

Abb. 3 Die Fundmeldung aus der New-York Tribune vom 25. September 1904

Für die Authentizität der gemeldeten Entdckung - also dafür, dass es sich bei der Story nicht um eine Erfindung handelt - spricht jedenfalls neben der Tatsache, dass sich der Fundort Bazile außerhalb der oben erwähnten 'fundfreien Zone' befindet, noch ein weiterer Punkt: Bei dem Columbus Journal handelte es sich um eine kleine, lediglich in Columbus und der Umgebung des Ortes verbreitete Wochenzeitung - und solche Blätter waren hinsichtlich ihrer Berichterstattung über regionale Ereignisse weitaus zuverlässiger als die großen Zeitungen der Ost- und Westküsten, die derartige Begebenheiten in ihrer Folgeberichterstattung gerne aufbauschten. Jedenfalls liegt Bazile nicht sehr weit von Columbus entfernt, so dass wir davon ausgehen dürfen, dass der betreffende Redakteur seine Informationen aus erster Hand bekam. Weitere Recherchen bei anderen regionalen Publikationen Nebraskas aus dieser Zeit können vielleicht mehr darüber verraten, worauf die Brunnengäber im Jahr 1885 tatsächlich gestoßen sind.

Dass aber auch eine der großen Tageszeitungen damals durchaus reputierlich und ohne Sensationshascherei über einen angeblichen Riesenfund - sofern hier von einem 'Riesen' die Rede sein kann - berichten konnte, zeigt der folgende Artikel über eine angebliche Entdeckung im Douglas County, der sich im äußersten Osten Nebraskas, an der Grenze zum Nachbarstaat Iowa befindet. Dieser Bericht (Abb. 3) erschien am 25. September 1904 in der renommierten New-York Tribune:

Abb. 4 Die Meldung aus The True Northener vom 14. August 1889 zu dem obskuren Fund bei Kearney, Nebraska

"Waterloo, Nebraska, 24. September - Murray Schwartz, Andrew Ruan und W. Shaw, drei Landvermesser, förderten heute auf der Dayton-Compton Farm, drei Meilen südlich von diesem Ort, den versteinerten Körper eines Mannes zutage. Der Körper war ungefähr vier Fuß [ca. 1,22 m; d.Ü.] unter der Erdoberfläche begraben, und er wiegt 700 Pfund. Es ist augenscheinlich der eines weißen Mannes, und die Versteinerung ist vollständig. Er hat eine Kerbe auf der Brust, direkt unterhalb des Herzens, die aussieht, als wenn eine Kugel ihm eine Wunde zugefügt habe. Die Entdeckung dieser Versteinerung erfolgte, als die Landvermesser in dieesem Abschnitt ein Loch für einen Eckpfosten gruben. Diese Petrifikation wird als außerordentlich selten und wertvoll betrachtet. Was mit ihr geschehen soll, wurde bisher noch nicht entschieden." [3]

Auch wenn in diesem Artikel nicht von einer ausdrücklichen 'Übergröße' des entdeckten Spezimens die Rede ist, passt es doch ausgezeichnet in die Kollektion 'versteinerter Giganten', auf die wir bei unserer Suche nach den Spuren der prähistorischen Riesen Nordamerikas immer wieder in alten Zeitungsberichten gestoßen sind. Wir wollen hier nicht ausführlich auf das umstrittene Phänomen spontaner bzw. - in geologischer Hinsicht - 'blitzschneller' Versteinerung komplexer biologischer Organismen eingehen, sondern nur einmal mehr feststellen, dass die alten Berichte über Funde versteinerter oder auch mumifizierter Riesen, Zwerge usw. von kritischen Gigantologen nicht ohne Grund mit einer gesunden Portion Skepsis betrachtet werden.

Abb. 5 Der bissige Kommentar aus dem Shenandoah Herald vom 30. August 1889

Tatsächlich haben sich die meisten dieser Berichte bei genauerer Überprüfung als Humbug herausgestellt, und spätestens nach dem großen Schwindel mit dem Cardiff Giant [4] waren auch zeitgenössische Zeitungen - zumindest jene, die auf ihr Prestige bedacht waren, wie die New-York Tribune - eher vorsichtig im Umgang mit solchen Geschichten. So kommt es nicht von ungefähr, dass das Blatt obigem Artikel die Frage vorausschickte: "Ist es ein neuer Cardiff-Riese, der in Nebraska ausgegraben wurde?" [5]

Ähnliche Umsicht ließ auch die Wochenzeitung The True Northener bei ihrem Bericht (Abb. 4) über einen noch weitaus skurrileren 'Versteinerungs-Fund' in Nebraska walten, der bereits im Jahr 1889 erfolgt sei soll, und in vielen anderen Zeitungen recht unkritisch kolportiert wurde. [6] In besagtem Bericht heißt es:

"Aus Kearney, Nebraska, kommt eine Geschichte, die darauf hinausläuft, dass kürzlich auf der Farm von Mr. Male, in der Nähe dieses Ortes, der versteinerte Arm eines prähistorischen Riesen freigelegt wurde. Die Hand war fest geballt [orig: "tightly clinched"; d.Ü.]. Ein kleiner Sohn von Mr. Male brach, während er mit der Kuriosität spielte, die Finger der Hand ab, und neun Diamanten, so rein wie Wasser und so groß wie Limabohnen, fielen heraus. Mr. Male will die Überreste des Riesenkörpers ausgraben." Auf diese sachliche Wiedergabe der Geschichte folgt dann ein ebenso kurzer wie trockener Schluss-Kommentar: "Diese Story weist die Merkmale eines Mulhattan [7] auf." [8]

Noch weitaus harscher reagierte man in der Redaktion des Shenandoah Herald auf diese Geschichte, die das Blatt mit einer weiteren derartigen Meldung verglich: "Kaum hatte Nebraska einen Riesen mit seiner versteinerten Faust voll von Diamanten ausgegraben, da preschte Wisconsin mit einer wunderbaren Geschichte von Perlen vor, die in Muschelschalen des Sugar River gefunden wurden. Der Aufschneider aus Wisconsin hat mit seiner Beschreibung von Größe, Anzahl und Reinheit der gefundenen Perlen dem Lügenmaul aus Nebraska ziemlich den Wind aus den Segeln genommen." [9]

Offenbar konnten zumindest seriöse amerikanische Jouralisten damals sehr wohl zwischen ernst zu nehmenden Fundmeldungen in Sachen 'Riesen' u.ä. und hanebüchenen Phantastereien unterscheiden!


Siehe zu Riesenfunden in Nebraska auch:


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Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung:
    Giganten-Schwelle - Great Plains (klein).jpg
    (Abb. 6) Die von Norden nach Süden verlaufende 'fundfreie Zone' (oben) trennt die östlichen und westlichen Fundgebiete von Relikten der Riesen des prähistorischen Nordamerikas. Diese Zone entspricht geographisch in etwa dem heutigen Gebiet der 'Great Plains' (unten).
  2. o.A., "News Notes" (Rubrik), 13. Mai 1885, in The Columbus Journal: nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The Columbus journal., May 13, 1885, Image 2 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  3. Quelle: o.A., "FOUND PETRIFIED GIANT - Is It Another Cardiff Giant Unearthed in Nebraska?", 25. September 1904, in New-York Tribune; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: New-York tribune., September 25, 1904, Page 7, Image 7
  4. Siehe dazu bei Atlantisforschung.de auch: Bernhard Beier, "Die gefälschten Riesen - Fakes und Flops in der Giganten-Forschung
  5. Quelle: Wie in Fußnote 2
  6. So z.B. in: The Daily Morning Astorian, 10. August 1889, S.2; Los Angeles Daily Herald, 6. August 1889, S.4; sowie: Wichita Eagle, 6. August 1889, S.2
  7. Anmerkung: Joe Mulhattan (* 1845 oder 1853 - ✝ 1913) war ein zu seiner Zeit in den USA recht bekanntes Unikum, eine Art amerikanischer 'Baron Münchhausen', der so beeindruckend, dreist und übezeugend lügen konnte, dass man ihm auch den krassesten Unsinn 'abkaufte'.
  8. Quelle: o.A., (unbetitelte Kurzmeldung), 14. August 1898, in The True Northerner; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The true northerner., August 14, 1889, Image 4 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  9. Quelle: o.A., "ORIGINAL AND BORROWED" (Rubrik), 30. August 1889, in The Shenandoah Herald; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: Shenandoah herald., August 30, 1889, Image 2 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)

Bild-Quellen:

1) TUBS bei Wikimedia Commons, unter: Datei:Nebraska in United States.svg
2) Oben: David_Benbennick bei Wikimedia Commons, unter; File:Map of Nebraska highlighting Antelope County.svg; unten: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The Columbus journal., May 13, 1885, Image 2 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
3) CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: New-York tribune., September 25, 1904, Page 7, Image 7 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
4) CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The true northerner., August 14, 1889, Image 4 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
5) CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: Shenandoah herald., August 30, 1889, Image 2 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
8) Oben: Google Earth / Cecilia Hall; unten: Swid bei Wikimedia Commons, unter: Map of Great Plains (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)