Rundpyramiden

Einführende Bemerkungen

Abb. 1 Eine der Rundpyramiden der Fundstätte von Los Guachimontones (auch: Huachimontones) in Mexiko

(red) Bei den artifiziellen, oder auch ursprünglich natürlichen, aber von Menschenhand nachbearbeiteten Strukturen, die sich unter dem Sammelbegriff Rundpyramiden zusammenfassen lassen, handelt es sich um 'pyramidale' Bauwerke, die im Gegensatz zu den meisten anderen Pyramiden, welche üblicherweise meist einen - zumindest annähernd - quadratischen oder rechteckigen Grundriss aufweisen, eine runde Grundfläche haben. Diese Rundpyramiden variieren in ihrer Form zwischen Bauwerken, welche in etwa das Aussehen einer 'umgedrehten Schüssel' haben und konischen bzw. in etwa kegelformigen Exemplaren. Nicht selten weisen sie eine Stufen-Struktur auf. In den Kulturen ihrer Erbauer hatten offenbar auch sie eine kultisch-religiöse Funktion. Weiter gefasst, kann man zudem runde Grabügel-Anlagen und Zeremonial-Mounds als Varianten der Rundpyramiden betrachten.

Rundpyramiden scheinen einen selteneren Typus pyramidaler Bauwerke darzustellen als ihre quadratischen 'Vettern', aber auch sie sind in verschiedenen Teilen der Alten und Neuen Welt zu finden, stellen also ebenfalls ein global anzutreffendes materielles Kulturphänomen dar. Die bekanntesten Exemplare befinden sich im heutigen Mexiko, z.B. auf der archäologischen Fundstätte von Los Guachimontones (Abb. 1) im Verwaltungsbezirk Teuchitlán des mexikanischen Bundesstaates Jalisco. Sie werden der so genannten Teuchitlán-Kultur zugeschrieben, die zwischen etwa 300 v.d.Z. und ca. 200 n.d.Z. existierte. [1] In Mittelamerika errichtete aber auch das Volk der Azteken Rundpyramiden, die Quetzalcoatl, dem Gott der Winde, geweiht waren. Wie es heißt, erhielten diese Pyramiden ihre runde Form, um nicht als Barriere zu wirken, die den Zugang der Gottheit zum Inneren des Heiligtums behinderte. Solche aztekischen Rundpyramiden sind im Toluca-Tal und in Calixtlahuaca zu finden. [2] In einigen Fällen erbauten auch die Inka in Südamerika vergleichbare Rundstrukturen. [3]

Abb. 2 Der so genannte "Stufenkegel" im österreichischen Waldviertel. Wie alt ist er und wer waren seine Erbauer?

Über die legendären Rundpyramiden am Dong-
ting-See
in China berichtete in der westlichen Welt 1984 als erster der österreichische Grenz-
wissenschafts
-Autor Peter Krassa (1938-2005) [4]. Überreste dieser drei gigantischen, vormals bis ca. 300 m hohen Bauten sollen 1961 von chinesischen Wissenschaftlern auf einer Insel des Dongting-Sees in der Region Hunan entdeckt worden sein. Bei ihnen soll es sich angeblich um den Bestandteil eines größeren prähistorischen Fund-Komplexes handeln, welcher der Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Jedenfalls verweigerten die chinesischen Behörden Krassa, wie er damals schrieb, den Zutritt zur Fundstätte. Irgendwelche Fotos der Ruinen sowie der zahlreichen Fels-Ritzzeichnungen, die dort zu finden sein sollen, oder auch jüngere Berichte mit zusätzlichen Informationen scheint es nicht zu geben, weshalb die Existenz der phantastischen Rundpyramiden am Dongting-See [5] bis heute nicht wirklich gesichert erscheint. Weit weniger gigantisch und keineswegs spekulativ ist dagegen das nächste Beispiel für eine Rundpyramide, das wir hier vorstellen möchten.

Abb. 3 Das Mausoleum von Medrasen im Nordosten Al-
geriens wurde im 3. Jahrhundert v. Chr. errichtet.

Immerhin existiert auch im deutschsprachigen Raum zumindest eine Rundpyramide, und zwar der im österreichischen Waldviertel, zwischen Zwettl und Groß Gerungs gelegene "Stufenkegel" (Abb. 2), das bisher einzige bekannte - oder sollten wir sagen: erhalten gebliebene? - Monument seiner Art in Mitteleuropa. Mit einer Grundfläche von 16,5 Metern und einer Höhe von 6,8 Metern erscheint es zwar wenig spektakulär, wirft aber einige spannende Fragen auf. So ist z.B. das Alter der Struktur, die seit dem Jahr 2000 unter dem Schutz des österreichischen Bundesdenkmalamts steht, bis heute ungeklärt. Von der konventionellen Forschung wird jedenfalls ein möglicherweise vorgeschichtlicher oder protohistorischer (germanischer) Ursprung des "Stufenkegels in Abrede gestellt, da es für diese Zeiträume keine Besiedlungsspuren im Waldviertel gebe. [6] [7]

Stattdessen wird darüber spekuliert, die kleine Rundpyramide sei womöglich im 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit der 1747 von Leopold Christoph von Schallenberg gegründeten Freimaurerloge im Schloss Rosenau errichtet worden. [8] Tatsächlich könnte für einen vergleichsweise rezenten Ursprung des Bauwerks zumindest der, trotz seiner eher fragilen Struktur relativ gute Erhaltungszustand sprechen. Allerdings heißt es in einem Online-Artikel von Markus Haffert: "Der Zustand der Pyramide ist leider nicht ganz, wie [er] mal war." [9] Es könnte in jüngerer Zeit also auch Manipulationen gegeben haben, die im Ergebnis durch den 'Zahn der Zeit' bewirkte Schäden kaschieren.

Abschließend noch ein kurzer Verweis auf die Rundpyramiden Algeriens, die Bazinas genannten Hügelgrä-
ber
der Berber im Maghreb. Diese stumpfkegeligen Mausoleen, die zumeist eine senkrecht aufragende Basis aufweisen, bestehen in ihrem Inneren für gewöhnlich aus aufgeschüttetem Erdreich, das außen mit Trockenmauerwerk oder größeren Steinplatten verkleidet ist. [10] Zu dem prominentesten dieser Bauwerke gehört das - Ibbed Dh Iddher oder Imedghassen genannte - Mausoleum von Medrasen (Abb. 3). Diese ca. 19 m hohe Grabanlage mit einem Durchmesser von 59 m, die im 3. Jahrhundert v.d.Z. vom Vorgänger des Numidierkönigs Massinissa im erbaut wurde, liegt 29 Kilometer von der Stadt Batna entfernt am Nordrand des Aurés-Gebirges (N35.7072°, E6.434405°). [11] Erwähnenswert ist auch das etwas jüngere und deutlich größere Kbor er Roumia, östlich von Tipasa, an der Straße zwischen Cherchell und Algier gelegen (N 36.57483° E 2.55317°). Dieses Bauwerk mit einem Durchmesser von knapp 61 m und einer Höhe von 32,40 m (unrsprünglich waren es ca. 40 m) beherbergt die Grabstätte des berberischen Königs Juba II und seiber Gattin, Königin Kleopatra Selene II, die über Numidien und Mauretanien herrschten. [12]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Guachimontones" sowie "Teuchitlan tradition" (beide abgerufen: 27. Januar 2018)
  2. Quelle: Christina Moore (Penn State University), Anthropology 008: Mayan, Aztec, and Inca Honors Page, "Project Two: Aztec City Layout and Architecture", unter "Round Pyramids" (abgerufen: 27. Januar 2018)
  3. Quelle: ebd.
  4. Siehe:
    Krassa-C2.jpg
    Peter Krassa, "...und kamen auf feurigen Drachen", Wien (Kremayr & Scheriau), 1984
  5. Siehe dazu auch: o.A., "Rätsel des Dongting-Sees", 13. Mai 2004, bei freenet.de (abgerufen: 27. Januar 2018)
  6. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Stufenkegel im Waldviertel" (abgerufen: 27. Januar 2018)
  7. Anmerkungen: Die verbeamteten Historiker und Archäologen bestreiten allerdings bis heute auch die Existenz einer neolithischen und / oder bronzezeitlichen Megalthkultur in Niederösterreich, obwohl zahlreiche Indizien und Beweise diese Annahme stützen Siehe dazu z.B.: Heinrich und Ingrid Kusch, "Tore zur Unterwelt: das Geheimnis der unterirdischen Gänge aus uralter Zeit ...", Leopold Stocker Verlag, 2016
  8. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Stufenkegel im Waldviertel" (abgerufen: 27. Januar 2018)
  9. Quelle: Markus Haffert, "Fotowanderung zur einzigen Rund-Pyramide Europas", 15. Januar 2017, bei fotonomaden.com (abgerufen: 27. Januar 2018)
  10. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Bazina (Archäologie)" (abgerufen: 06. Februar 2018)
  11. Quellen: pelzer, "Rundpyramiden in Algerien", 5. Dezember 2008, bei Geschichtsforum.de; sowie: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Medracen" (beide abgerufen: 07. Februar 2018)
  12. Quellen: pelzer, "Rundpyramiden in Algerien", 5. Dezember 2008, bei Geschichtsforum.de; sowie: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Royal Mausoleum of Mauretania" (beide abgerufen: 07. Februar 2018)

Bild-Quellen

1) Esteban Tucci (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Guachimontones Jalisco - Esteban Tucci.jpg
2) Oswald Hicker (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Steinpyramidewaldviertel.jpg
3) Reda Kerbouche (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Imedghassen, Boumia, Batna Province, Algeria 3.jpg