Scheria

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Eine rätselhafte 'Insel' der altgriechischen Sagenwelt

(red) In der griechischen Sagenwelt ist Scheria (altgriechisch Σχερία oder Scheriē Σχερίη) der Name eines Landes oder einer Insel [1] im fernen Westen, am "Ende der Welt". Es war die Heimat des Volkes der Phäaken. In Homers Odyssee gelangt der Held der Erzählung am Ende seiner Irrfahrten dorthin, bevor ihm mit Hilfe der Phäaken die Rückkehr ins heimatliche Ithaka gelingt.

Homers Beschreibung von Scheria

Zu den von Homer geschilderten Gegebenheiten bezüglich Scherias finden wir bei der deutschsprachigen Wikipedia folgende Zusammenfassung: "Die Küste ist felsig und hat von See aus betrachtet die Form eines Schildes. Homer beschreibt Scheria an mehreren Stellen als sehr fruchtbar, was er mit dem milden Westwind begründet, der dort vorherrscht. An der Stelle, an der Odysseus an Land geht, mündet ein Fluss ins Meer. Zwischen dieser Stelle und der Hauptstadt befand sich ein heiliger Hain der Athene, bestehend aus Pappeln, umgeben von Wiesen. [...]

Abb. 1 Hier eine neuzeitliche künstlerische Impression eines der beiden Häfen von Scheria (Bild: Abreise des Odysseus aus dem Land der Phaiaken; Gemälde von Claude Lorrain, 1646)

Die Hauptstadt ist von hohen Mauern umgeben. In ihrer Nähe liegen zwei Häfen, von denen schmale Zugänge in die Stadt führen. In der Nähe der Häfen befindet sich ein Heiligtum für Poseidon, mit Findlingsblöcken gepflastert und ein Marktplatz, auf dem auch Versammlungen, Spiele und Tänze abgehalten werden. Der Palast befand sich in der Stadt, zwischen den Häusern der anderen Phaiaken, deren hohe Mauern (fachwerkbauartig?) mit Pfählen gefügt waren. [2]

Der Palast war leicht von den übrigen Häusern zu unterscheiden, zumindest aufgrund seiner Größe und Pracht. Die Fassaden waren mit Erz verkleidet, die umlaufenden Simse emailliert. [3] Die Zugangstüren waren aus Gold, deren Sockel aus Eisen, die Türpfosten und der Türsturz aus Silber und der Türring aus Gold; goldene und silberne Hunde flankierten die Türen. [4] Eine lange Halle, die zum Hauptraum des Palastes führte, wurde durch Fackeln erleuchtet, die an insgesamt 50 goldenen Jünglingsstatuen angebracht waren. Scheria wurde von 12 Fürsten beherrscht, die in ihren Gebieten königliche Macht hatten. Ihnen stand Alkinoos offenbar [als Hochkönig; d. Red.] vor."

Die Einwohner waren berühmt für ihre Schiffe, deren Schnelligkeit Homer mehrmals betont. Sie kamen ohne Steuerruder aus, da sie sich von den Gedanken der Besatzung lenken ließen und auch bei Nebel sicher ihr Ziel fanden. Als der weitest entfernte Ort, den die Phaiaken anfuhren, wird Euböa genannt, wohin sie einmal Rhadamanthys brachten. Aufgrund seiner exponierten Lage wurde Scheria noch nie von Feinden angegriffen..." [5]

Lokalisierungsversuche

Bereits in der Antike gab es - ungeachtet spöttischer Kommentare damaliger Skeptiker, wie etwa des Eratosthenes im 3. Jahrhundert v. Chr. [6] - eine Reihe von Versuchen, die Schauplätze der Odyssee, also auch Scheria, geographisch zu lokalisieren. Während z.B. Strabon und Plutarch das Land der Phäaken im Atlantik ausmachten [7], wurden natürlich auch mediterrane Örtlichkeiten ins Auge gefasst:

Abb. 2 Korfu, die zweitgrößte der Ionischen Inseln, war bereits in der Antike eine 'Kandidatin' für die Lokalisierung von Homers Scheria. Im 19. und 20. Jahrhundert schlossen sich Heinrich Schliemann, Wilhelm Dörpfeld sowie Ernle Bradford dieser Meinung an.

"Schon ab dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. identifizierten es einige antike Autoren mit Korfu (Abb. 2), dem antiken Kerkyra. So schrieb Thukydides, dass Korfu einst von den Phaiaken bewohnt gewesen sei. [8] Oft wurde behauptet, der frühere Name Kerkyras sei Scheria gewesen. Auch das moderne Korfu benutzt die mutmaßliche mythische Vergangenheit der Insel als Scheria für seine Symbole. [9] Gegen eine frühe Benennung Korfus als Scheria spricht jedoch ein mykenisches Linear-B-Tontäfelchen aus Pylos, auf dem von einem Mann aus Korkyra die Rede ist. [10] Strabon lokalisierte Scheria aufgrund der Angabe Homers, es sei sehr weit entfernt, wie auch Ogygia im Atlantik." [11] [12]

Jedenfalls ist die Suche nach Scheria auch in jüngerer Zeit weitergeführt worden. So vermutete Heinrich Schliemann es, auf Korfu [13], ebenso wie sein zeitweiliger Mitarbeiter, der Archäologe Wilhelm Dörpfeld, und der britische Historiker Ernle Bradford. Adolf Schulten [14] und Richard Hennig, die Scheria zudem mit Tartessos und Atlantis (siehe unten) assoziierten, plädierten dagegen für Südspanien, während der italienische Linguist Massimo Pittau für Sardinien votiert. [15]. Sein Landsmann Felice Vinci, der hinsichtlich der Reisen des Odysseus die Nord- und Ostsee vorschlägt, bringt Norwegen ins Gespräch. Schon 1926 vermutete der deutsche Geograph Albert Herrmann Scheria in Tunesien. [16] Hans Steuerwald brachte es 1978 [17] mit Cornwall in Verbindung, wo er später auch Atlantis lokalisierte. [18]

Zu erwähnen sind hier auch die Thesen des Historikers Armin Wolf, der Scheria in Kalabrien [19] lokalisiert und die Phäaken mit den Phöniziern gleichsetzt. "Wolf legt Scheria in die Gegend von Catanzaro, die Hauptstadt Kalabriens. [...] Catanzaro ist auch als 'Stadt der zwei Meere' bekannt, mit dem Tyrrhenischen Meer im Westen und dem Ionischen Meer im Osten. Nach Wolfs Ansicht überquerte Odysseus bei seinen Reisen diesen Isthmus." [20]

Scheria und Atlantis

"Viele Atlantisbefürworter und Atlantisskeptiker haben", wie Thorwald C. Franke konstatiert, "in der Stadt Scheria aus Homers Odyssee eine Analogie zu Platons Atlantis sehen wollen. Pierre Vidal-Naquet meint sogar, die Parallelen könnten nicht bezweifelt werden [21]. Beide Städte haben Poseidon als Gott und liegen am Meer. Beide Städte haben komplexe Hafenanlagen und liegen in der Ferne. Und es gibt noch weitere Parallelen." [22] Eine Liste von zehn dieser Gemeinsamkeiten hat beispielsweise Daniel Fleck hat auf seiner Webseite Atlantia.de zusammengestellt. [23] "Jürgen Spanuth [24] zitierte und ergänzte", wie wir bei Tony O’Connell erfahren, "zitierte und ergänzte eine noch umfangreichere Liste von Vergleichen, die von R. Hennig zusammengestellt wurde.


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Laut Homers Beschreibung (Odyssee 6, 202f.) soll Scheria 'viel umflutet' (πολύκλυστος) vom Meer gewesen sein: "Die letzte Angabe legt zwar nahe, dass es sich um eine Insel handelt, als solche wird Scheria bei Homer allerdings an keiner Stelle explizit bezeichnet – im Gegensatz zu den Inseln der Kirke, der Kalypso und anderen, für die Homer den Ausdruck νῆσος verwendet." (Wikipedia - die freie Enzyklopädie, unter "Scheria"; abgerufen: 5. Juli 2017)
  2. Siehe: Homer, Odyssee 7, 44f.
  3. Siehe: Homer, Odyssee 7, 86f.
  4. Siehe: Homer, Odyssee 7, 88ff.
  5. Quelle: Wikipedia - die freie Enzyklopädie, unter "Scheria" (abgerufen: 05. Juli 2017)
  6. Siehe: Eratosthenes nach Strabon, Geographie 1,2,15
  7. Quelle: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter "Scheria" (abgerufen: 06. Juli 2017)
  8. Siehe: Thukydides, "Der Peloponnesische Krieg" 1, 25, 4
  9. Siehe: Municipality of Corfu, unter "Α' Μυθικό Παρελθόν"(Erläuterungen auf der Website der Gemeinde Korfu; griech.; abgerufen 06. Juli 2017)
  10. Siehe: Palealexicon.com, unter: "The Linear B word ko-ro-ku-ra-i-jo" (abgerufen 06. Juli 2017)
  11. Siehe: Strabon, Geographie 1,2,18
  12. Quelle: Quelle: Wikipedia - die freie Enzyklopädie, unter "Scheria" (abgerufen: 05. Juli 2017)
  13. Siehe: Heinrich Schliemann, "Ithaka, der Peloponnes und Troja", Giesecke & Devrient, Leipzig 1869, S. 1-10
  14. Siehe z.B.: Adolf Schulten, "Tartessos: ein Beitrag zur ältesten Geschichte des Westens", Cram, de Gruyter, 1950
  15. Siehe: MASSIMO PITTAU.it, L'ODISSEA E LA SARDEGNA NURAGICA (abgerufen: 06. Juli 2017)
  16. Siehe: Albert Herrmann, "Die Irrfahrten des Odysseus", Berlin, 1926
  17. Siehe: Hans Steuerwald, "Weit war sein Weg nach Ithaka - Neue Forschungsergebnisse beweisen: Odysseus kam bis Schottland", Hoffmann u. Campe, 1978
  18. Siehe: Hans Steuerwald, "Der Untergang von Atlantis: das Ende einer Legende", Kulturbuch-Verlag, 1983
  19. Siehe z.B.: Armin Wolf, Odysseus im Phaiakenland - Homer in der Magna Graecia, in: Eckart Olshausen und Holger Sonnabend (Hrsg.), "Troianer sind wir gewesen" - Migrationen in der antiken Welt, Stuttgarter Kolloquium zur Historischen Geographie des Altertums, 8, 2002 (Stuttgart 2006) S. 20-53
  20. Quelle: Tony O’Connell, "Scheria (L)", 10 Juni 2010, bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 06. Juli 2017)
  21. Siehe: Pierre Vidal-Naquet, "Atlantis - Geschichte eines Traums", S. 341 f. ((im franz. Original: "le parallélisme n'est pas contestable")
  22. Quelle: Thorwald C. Franke,
  23. Siehe: Daniel Fleck, "Homer und Scheria", bei Atlantia.de (abgerufen: 06. Juli 2017)
  24. Siehe:

Bild-Quellen:

1) File:Departure of Ulysses from the Land of the Pheacians.jpg bei Wikimedia Commons, unter: File:Departure of Ulysses from the Land of the Pheacians.jpg
2) Eric Gaba (Sting - fr:Sting) bei Wikimedia Commons, unter: File:Corfu topographic map-de.svg