Señor Kon-Tiki - Teil 16

Heyerdahls Erben

von Andreas Delor

Eine weitere nachhaltige Spur hat Señor Kon-Tiki im Kielwasser seiner Ozeanüberquerungen hinterlassen:

Flöße:

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Abb. 1 Er fuhr als einer der ersten in 'Heyerdahls Kielwasser': Eduard Ingriš (1905-1991)
  • Das Balsafloß La Cantuta I wurde im Jahr 1955 von Eduard Ingris und Begleitern vom nördlichen Peru zu den Galapagos-Inseln gesegelt. Dort wurde es gerettet, da es weder nach Osten noch nach Westen weiterreisen konnte, weil es in den sogenannten Äquatorial-Gegenstrom geraten war.
  • Das Balsafloß La Cantuta II brachte Ingris mit einer neuen Mannschaft im Jahr 1959 von Zentralperu nach Matahiva in Zentralpolynesien.
  • Das Balsafloß Age Unlimited wurde von dem alternden Willis in den Jahren 1963/64 den weiten Weg von Zentralperu über Samoa nach Tully Beach in Australien gesegelt.
  • Dann trug das Balsafloß Tangaroa im Jahr 1965 Carlos Cavevedo Arca und seine Begleiter von Zentralperu nach Fakareva in Zentralpolynesien.
Abb. 3 Eric de Bisschop (1891-1958) starb auf seiner letzten Expedition.
  • Das Balsafloß Pacifica lief 1966/67 mit Vital Alsar und seinen Gefährten von der Südküste Ecuadors aus. Es erreichte die Galapagosinseln und gelangte danach so weit in den Norden, dass es in das Gebiet des sogenannten Äquatorial-Gegenstroms geriet. Dieser Strom sollte für die Heimreise nach Amerika genutzt werden. Obwohl allgemein geglaubt wurde, es handle sich bei ihm um eine nach Osten führende Strömung, stellte sich heraus, dass der Äquatorial-Gegenstrom nichts anderes ist als eine verworrene Reihe von Wallungen und Wirbeln, die sich in einem schmalen Gürtel von Kalmen zwischen den beiden nach Westen gerichteten starken Strömungen oberhalb und unterhalb des Äquators hinziehen. Nachdem die Mannschaft 143 Tage vergeblich darum gekämpft hatte, nach Amerika zurückzukehren, wurde sie schließlich von einem Rettungsschiff aufgenommen.
  • Das Balsafloß La Balsa, das im Jahr 1970 von Vital Alsar und seinen Begleitern zu Wasser gelassen wurde, segelte in 161 Tagen den weiten Weg von der Küste von Ecuador nach Mooloolaba in Australien.
  • Drei weitere Balsaflöße, La Aztlán, La Guayaquil und La Mooloolaba, mit internationalen Besatzungen bemannt, liefen unter der Führung desselben Alsar von Ecuador aus und segelten als Flottille durch Polynesien und Melanesien. Nach 179 Tagen landeten sie im Jahr 1973 in Bellina in Australien. Nach Beendigung dieser dritten Reise war Vital Alsar auf südamerikanischen Balsaflößen insgesamt 42555 km weit gesegelt, also 2555 km mehr, als der Umfang der Erde am Äquator beträgt.
Abb. 3 Torgeir Sæverud Higraffs Floß Tangaroa I (Foto: Chell Hill, 2007)

Mit anderen Worten: dreizehn bemannte Flöße wurden in der Zeit von 1947 bis 1973 an der Pazifikküste Südamerikas zu Wasser gelassen. Zwei davon landeten auf den Galapagosinseln, die übrigen elf erreichten sämtlich Polynesien, und fünf gelangten sogar nach Melanesien oder zum australischen Kontinent.[1]

Schilfboote:

Zusammen mit Aids und Sars bricht im 20. und 21. Jahrhundert noch eine weitere rätselhafte neue Krankheit aus: das 'Schilfboot-Fieber':

Abb. 4 Die Matarangi II unter dem Kommando von Kitín Muñoz auf ihrer Fahrt zu den Marquesas
  • Alexej Vranich baut 2002 ein Schilfboot auf dem Titicacasee und transportiert damit einen 9 t schweren Steinblock längs über den (sturmgepeitschten!) See [4] und
  • John Blashford-Snell ist seit 1999 mit der „Kota Mama II“ ständig im Amazonas-Gebiet unterwegs, um auch diese mögliche Route der weißen, bärtigen Männer zu erforschen.
Abb. 5 Die ABORA III unter vollen Segeln auf ihrem Weg nach Europa
  • Dominique Görlitz aber – seinerzeit inspiriert vom „Tigris“-Film im DDR-Fernsehen – baut bereits als Schüler ein 5 m langes gut schwimmendes Schilfboot und testet es auf einem See, als Student probiert er seine ersten großen Schilfschiffe („Dilmun“ I – III) auf der Ostsee aus und segelt damit bis 80 Grad gegen den Wind – was HeyerdahlsTigris“ nie geschafft hatte –, 1999 und 2002 kreuzt er mit der „Abora I“ und „Abora II“ erfolgreich im Mittelmeer und stellt dabei fest, dass dies aufgrund ungünstiger Strömungen und Winde viel schwieriger ist als HeyerdahlsRa“-Trip über den Atlantik.
2007 versucht er dann mit der „Abora III“ von New York aus den Atlantik in umgekehrter Richtung zu überqueren, gerät von einem Orkan in den anderen und muss kurz vor den Azoren aufgeben – wird aber wohl nicht eher ruhen, bis er auch diese schwierige Route gemeistert hat. Görlitz, von dem man vielleicht sagen kann, dass er dort weitermacht, wo Thor Heyerdahl aufgehört hat – er kümmert sich intensiv gerade um die kanarischen und Mittelmeer-Pyramiden und geht andrerseits auf Heyerdahls eigener Spur noch viel weiter in die Vergangenheit als dieser – hält sich bei seinen Schilfschiffen viel genauer an die Betakelung der alten Ägypter, insbesondere erkennt er die Bedeutung von Seitenschwertern und erreicht so eine ungeahnte Manövrierfähigkeit.

Ende

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Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Thor Heyerdahl, „Wege übers Meer - Völkerwanderungen in der Frühzeit”“, München 1978
  2. Siehe dazu auch: The Tangaroa Expedition (The Kon-Tiki Expedition) 2012 Documentary (Video, Englisch, 52,28 Min.)
  3. Siehe dazu auch: "Viracocha II Reedship Expedition Part 1" (Video, Englisch, 4,45 Min.); sowie: VIRACOCHA REED SHIP EXPEDITION PART 2 (Video, Englisch, 4,22 Min.); Literatur: I. J. Thorpe, "8 Men and a Duck: An Improbable Voyage by Reed Boat to Easter Island", Free Press, 2002
  4. Siehe auch: Alexei Vranich, Paul Harmon & Chris Knutson, "Reed Boats and Experimental Archaeology on lake titicaca", bei Penn Museum, Expedition Magazine, volume 47, number 2 (online als PDF-Datei)

Bild-Quellen:

1) Lasy88 bei Wikimedia Commons, unter: File:Ingriš 2.JPG
2) Matrim bei Википедия, unter: Файл:Эрик де Бишоп.jpg
3) Chell Hill bei Wikimedia Commons, unter: File:Tangaroa 1.jpg (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)
4) J.M. Allen auf Atlantis Bolivia - The real Atlantis, unter: "History of Reed Ships"
5) Dominique Görlitz, Mission ABORA, unter: ABORA III - 2007