Stammen die Indianer aus Sibirien?: Unterschied zwischen den Versionen

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Zu der vorgelegten Genom-Analyse des 'Kindes von Mal‘ta' - die das bisher älteste sequenzierte Genom eines anatomisch modernen Menschen vorstellte - bemerkten die Forscher seinerzeit: „''Interessanterweise gibt es kaum genetische Ähnlichkeiten zur modernen Population jener Region'' [dem südlichen Sibirien]'', in der das Skelett gefunden wurde.''“ Und weiter: „''Stattdessen legen sowohl die Kern-Genome als auch die von der Mutter vererbte mitochondrale [http://de.wikipedia.org/wiki/Desoxyribonukleins%C3%A4ure DNS] ([https://de.wikipedia.org/wiki/Mitochondriale_DNA mMDNA]) nahe, dass >MA-1< mit den modernen westlichen Eurasiern verwandt war. ''[…]'' Dieser Umstand zeichnet ''[…]'' zugleich auch ein neues Bild von Eurasien vor 24.000 Jahren, das sich vom heutigen Kontext stark abhebt.''“
 
Zu der vorgelegten Genom-Analyse des 'Kindes von Mal‘ta' - die das bisher älteste sequenzierte Genom eines anatomisch modernen Menschen vorstellte - bemerkten die Forscher seinerzeit: „''Interessanterweise gibt es kaum genetische Ähnlichkeiten zur modernen Population jener Region'' [dem südlichen Sibirien]'', in der das Skelett gefunden wurde.''“ Und weiter: „''Stattdessen legen sowohl die Kern-Genome als auch die von der Mutter vererbte mitochondrale [http://de.wikipedia.org/wiki/Desoxyribonukleins%C3%A4ure DNS] ([https://de.wikipedia.org/wiki/Mitochondriale_DNA mMDNA]) nahe, dass >MA-1< mit den modernen westlichen Eurasiern verwandt war. ''[…]'' Dieser Umstand zeichnet ''[…]'' zugleich auch ein neues Bild von Eurasien vor 24.000 Jahren, das sich vom heutigen Kontext stark abhebt.''“
  
[[Bild:MA 1 und Beifunde nach Kelly E. Graf.jpg|thumb|320x320px|'''Abb. 2''' Kollage mit einer Zeichnung der Überreste von MA-1 sowie Abbildungen der in der Grabstätte gemachten Beifunde (© Kelly E. Graf)]]
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[[Bild:MA 1 und Beifunde nach Kelly E. Graf.jpg|thumb|left|320px|'''Abb. 2''' Kollage mit einer Zeichnung der Überreste von MA-1 sowie Abbildungen der in der Grabstätte gemachten Beifunde (© Kelly E. Graf)]]
  
 
Noch bedeutender sei allerdings sei die Schlussfolgerung, dass die Verwandtschaft des Jungen mit den modernen amerikanischen Ureinwohnern durch die Analyse bestätigt werde. Und diese Verwandtschaft beschränke sich auf die heutigen westlichen Eurasier und erstaunlicherweise nicht auf die Bewohner des östlichen [[Asien]]s. Dies stellt die bisher von Anthropologen und Archäologen geteilte Ansicht, nach der die Vorfahren der sogenannten Indianer aus dem östlichen [[Asien]] nach [[Prä- und post-diluviale Zivilisationen in Nordamerika|Nordamerika]] eingewandert waren, in Frage. Wissenschaftler haben dem Bericht zufolge Beweise dafür gefunden, dass die genetische Ähnlichkeit zwischen '''Ma-1''' und den „[[Amerind]]en“ auf einen Genfluss zurückzuführen sei, der 14 bis 38 Prozent der Ahnen der modernen nordamerikanischen Ureinwohner eurasischer Herkunft aufweise. Der Rest stamme, ganz wie bisher angenommen, aus Ostasien.  
 
Noch bedeutender sei allerdings sei die Schlussfolgerung, dass die Verwandtschaft des Jungen mit den modernen amerikanischen Ureinwohnern durch die Analyse bestätigt werde. Und diese Verwandtschaft beschränke sich auf die heutigen westlichen Eurasier und erstaunlicherweise nicht auf die Bewohner des östlichen [[Asien]]s. Dies stellt die bisher von Anthropologen und Archäologen geteilte Ansicht, nach der die Vorfahren der sogenannten Indianer aus dem östlichen [[Asien]] nach [[Prä- und post-diluviale Zivilisationen in Nordamerika|Nordamerika]] eingewandert waren, in Frage. Wissenschaftler haben dem Bericht zufolge Beweise dafür gefunden, dass die genetische Ähnlichkeit zwischen '''Ma-1''' und den „[[Amerind]]en“ auf einen Genfluss zurückzuführen sei, der 14 bis 38 Prozent der Ahnen der modernen nordamerikanischen Ureinwohner eurasischer Herkunft aufweise. Der Rest stamme, ganz wie bisher angenommen, aus Ostasien.  

Version vom 13. Februar 2019, 23:55 Uhr

Abb. 1 Das 2009 auf der paläolithischen Fundstätte von Mal`ta entdeckte Skelett 'MA-1' (© Museum Erimitage)

(rmh) Bereits vor anderthalb Jahren - am 21. November 2013 - berichtete das Online-Magazin Grenz|wissenschaft-aktuell über die Ergebnisse der DNS-Analyse des 24.000 Jahren alten Skeletts eines Jungen (Kennung: MA-1) (Abb. 1), dessen Überreste im Jahr 2009 auf der süd-zentralsibirischen Ausgrabungsstätte Mal‘ta in der Nähe des Baikalsees entdeckt und auf ein Alter von ca. 24.000 Jahren geschätzt wurden.

Diese leider nur wenig bekannt gewordene Studie und ihre Ergebnisse, aus denen hervorging, dass fast 30 Prozent der Vorfahren der modernen Ureinwohner Nordamerikas dem Genpool des sibirischen, aber keineswegs 'asiatischen' Jungen entsprechen, sind es wert, jetzt noch einmal auf sie hinzuweisen. Immerhin können womöglich, wie es seinerzeit schon bei Grenz|wissenschaft-aktuell angedeutet wurde, eine Reihe rätselhafter archäologischer Funde in Nordamerika auf Grundlage dieser Entdeckung erklärt werden.

Der Bericht des internationalen Teams um Prof. Eske Willerslev vom Centre for GeoGenetics am Naturgeschichtlichen Museum von Dänemark bei der Universität Kopenhagen wurde im Wissenschaftsjournal „Nature“ veröffentlicht. [1] Er habe „große Auswirkungen auf unser Verständnis über der Herkunft der nordamerikanischen Ureinwohner“.

Zu der vorgelegten Genom-Analyse des 'Kindes von Mal‘ta' - die das bisher älteste sequenzierte Genom eines anatomisch modernen Menschen vorstellte - bemerkten die Forscher seinerzeit: „Interessanterweise gibt es kaum genetische Ähnlichkeiten zur modernen Population jener Region [dem südlichen Sibirien], in der das Skelett gefunden wurde.“ Und weiter: „Stattdessen legen sowohl die Kern-Genome als auch die von der Mutter vererbte mitochondrale DNS (mMDNA) nahe, dass >MA-1< mit den modernen westlichen Eurasiern verwandt war. […] Dieser Umstand zeichnet […] zugleich auch ein neues Bild von Eurasien vor 24.000 Jahren, das sich vom heutigen Kontext stark abhebt.

Abb. 2 Kollage mit einer Zeichnung der Überreste von MA-1 sowie Abbildungen der in der Grabstätte gemachten Beifunde (© Kelly E. Graf)

Noch bedeutender sei allerdings sei die Schlussfolgerung, dass die Verwandtschaft des Jungen mit den modernen amerikanischen Ureinwohnern durch die Analyse bestätigt werde. Und diese Verwandtschaft beschränke sich auf die heutigen westlichen Eurasier und erstaunlicherweise nicht auf die Bewohner des östlichen Asiens. Dies stellt die bisher von Anthropologen und Archäologen geteilte Ansicht, nach der die Vorfahren der sogenannten Indianer aus dem östlichen Asien nach Nordamerika eingewandert waren, in Frage. Wissenschaftler haben dem Bericht zufolge Beweise dafür gefunden, dass die genetische Ähnlichkeit zwischen Ma-1 und den „Amerinden“ auf einen Genfluss zurückzuführen sei, der 14 bis 38 Prozent der Ahnen der modernen nordamerikanischen Ureinwohner eurasischer Herkunft aufweise. Der Rest stamme, ganz wie bisher angenommen, aus Ostasien.

Den Forschern gelang es, Kontaminationen moderner DNS-Quellen seit 1492 als Ursache des überraschenden Fundes auszuschließen und hierdurch kommen sie zu der Erkenntnis, dass es offenbar zwei Populationen aus der Alten Welt waren, die die Grundlage des Genpools der Uramerikaner bildeten: Ein Teil ist mit den modernen Ostasiaten verwandt, während der andere Teil auf eine steinzeitliche Population moderner West-Eurasier aus Sibirien zurückgeht. Mit einigem Erstaunen stellte Willerslev fest: „Das Ergebnis war für uns eine totale Überraschung. Wer hätte gedacht, dass die heutigen Indianer von denen wir bislang immer beigebracht bekamen, dass sie aus Ostasien stammen, auch mit den modernen westlichen Eurasiern verwandt sind?

Grenz|wissenschaft-aktuell zufolge konnten die Forscher anhand einer weiteren Analyse von Funden aus der Fundstelle Afontova Gora-2, die ebenfalls in Sibirien liegt, Rückschlüsse über die Besiedlung dieser Region durch Menschen während und nach dem letzten Eiszeit-Maximums, d. h. vor ca. 26.000 bis 19.000 Jahren, ziehen. Aus dieser zweiten Studie wurde offenbar ersichtlich, dass die Menschen vor ungefähr 17.000 Jahren eine ähnliche Gensignatur wie Ma-1, und somit eine Ähnlichkeit zu den modernen Westeurasiern aufwiesen; nicht jedoch zu dem gegenwärtig in dieser Region ansässigen ostasiatischen Menschentypus. Aus diesem Ergebnis geht hervor, dass über die strengen Eiszeiten hinweg im Süden Zentralsibiriens eine genetische Kontinuität bestand. Diese Erkenntnis ist den Wissenschaftlern zufolge für den gegenwärtigen Menschen an der Beringsee von Bedeutung und: möglicherweise auch für jene in Amerika vor ungefähr 15.000 Jahren.

Abb. 3 Ein mit einer Mammut-Abblidung verziertes Objekt aus der jungpaläolithischen Fundstätte von Mal'ta in Sibirien

Dr. Pontus Skoglund von der Universität Uppsala sagt: „Die meisten Wissenschaftler […] gingen bislang davon aus, dass die Abstammungslinie der Indianer etwa 14.500 Jahre zurückreicht, also die ersten Menschen über die Beringstraße] in die Neue Welt kamen, unsere Ergebnisse liefern nun direkte Beweise dafür, dass einige Vorfahren der nordamerikanischen Ureinwohner schon mindestens 10.000 Jahre zuvor und damit noch vor der letzten Eiszeit lebten“. Professor Kelly Graf vom Center for the Study of the First Americans an der Texas A&M University sagte sinngemäß, die Besiedlung könnte also auch deutlich früher begonnen haben, vielleicht sogar schon vor 24.000 Jahren. [2] Eindeutig datieren lasse sich diese Frage jedoch zumindest anhand der aktuellen Studie jedoch nicht.

Wörtlich führte sie aus: „Die Ergebnisse sind besonders aus zweierlei Gründen von Bedeutung. Zum einen zeigen sie, dass die Menschen im jungsteinzeitlichen Sibirien aus einer geradezu kosmopolitischen Population früher moderner Menschen bestanden, die sich aus Afrika über Europa bis nach Zentral- und Südasien ausgebreitet hatten. Zum zweiten können sie nun Skelettfunde mit für Indianer eigentlich untypischen phenogenetischen Eigenschaften nun dadurch erklärt werden, dass es eine direkt historische Verbindung zum jungzeitlichen Sibirien gibt. Somit stellt unsere Studie einen gewaltigen Fortschritt in der Klärung der Frage nach der Herkunft der amerikanischen Ureinwohner dar.

Prof. Graf bezieht sich u. a. auch auf den sogenannten „Kennewick-Mann“. Der wurde 1996 am Ufer des Columbia-Rivers im Bundestaat Washington, USA, gefunden. Seine Gesichtszüge erinnern – ebenso wie jene eines 10.600 Jahre alten Fundes aus Nevada – eher dem kaukasischen als dem indianischen Typus. Im Artikel heißt es: „Wenn also zumindest einige der ersten über die Beringstraße eingewanderten Menschen nicht fernöstlich, sondern eher europäischen Typs waren, könnte […] das die Funde erklären.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag basiert auf dem Artikel „Überraschende Genom-Analyse: Indianer stammen zum Teil aus Sibirien“, bei: Grenz|wissenschaft-aktuell, 21. November 2013.

Fußnoten:

  1. Siehe: Maanasa Raghavan, Pontus Skoglund, Kelly E. Graf, Mait Metspalu, Anders Albrechtsen, Ida Moltke, Simon Rasmussen, Thomas W. Stafford Jr, Ludovic Orlando, Ene Metspalu, Monika Karmin, Kristiina Tambets, Siiri Rootsi, Reedik Mägi, Paula F. Campos, Elena Balanovska, Oleg Balanovsky, Elza Khusnutdinova, Sergey Litvinov, Ludmila P. Osipova, Sardana A. Fedorova, Mikhail I. Voevoda, Michael DeGiorgio, Thomas Sicheritz-Ponten, Søren Brunak et al., "Upper Palaeolithic Siberian genome reveals dual ancestry of Native Americans", in: Nature 505, 87–91 (02. Januar 2014)
  2. Red. Anmerkung: Selbst das erscheint VIEL zu kurz gefasst. Die Erstbesiedlung Amerikas durch den Menschen ist vermutlich schon zehntausende von Jahren früher erfolgt. Siehe dazu zahlreiche Beiträge in unserer Sektion: "Farewell Clovis! - Vom langsamen Sterben eines Paradigmas"

Bild-Quellen:

1) Museum Erimitage, nach: Grenz|wissenschaft-aktuell
2) Kelly E. Graf, nach: Grenz|wissenschaft-aktuell
3) Locutus Borg bei Wikimedia Commons, unter: File:Mal'ta (mamut).gif