Uwe Topper versus Jürgen Spanuth

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Abb. 1 Der Alternativ-Historiker und Atlantologe Uwe Topper (Bild)

(bb) Auch Uwe Topper (Abb. 1), Vetreter einer bemerkenswerten Atlantis-Lokalisierung in Iberien (siehe: Die Chronik von Atlantis) und einer der Wegbereiter einer modernen Betrachtung des Atlantisberichts als 'synthetischem' literarischen Produkt mit Elementen aus verschiedenen prähistorischen Perioden (vergl.: Synthetiker), legte 1977 eine Kritik an Spanuths Atlantis-Modell vor, die sine ira et studio verfasst ist. Da Mythologie zu Toppers Kernkompetenzen gehört, liegt dort auch ein wesentlicher Ansatzpunkt seiner Spanuth-Kritik.

Topper schreibt: "Die Atlantistheorie von Jürgen Spanuth ist zum Teil auf deutsche Sagen und Überlieferungen aufgebaut, die angeblich beweisen, daß Helgoland Atlantis sei. Auf dieser Nordseeinsel, die vor 3500 Jahren bedeutend größer war als heute, gab es einen Tempel von unerhörter Pracht, Hünengräber und Goldschätze und es scheint, daß die Insel politisch selbstständig und mächtig war, da sie die Einfahrt in die Elbe beherrscht. Aber darum muß sie nicht gleich Atlantis gewesen sein. Der Zeitpunkt des Untergangs der Insel, das 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung (in dem die Nordseeküsten durch ungeheure Katastrophen verwüstet wurden, was die Seevölkerwanderung auslöste), und die Lage, die beide von der Beschreibung Platons so stark abweichen, sprechen gegen die Gleichsetzung von Helgoland und Atlantis. Auch die deutschen Sagen, die Spanuth heranzieht, scheinen mir eher auf Andalusien hinzuweisen als auf Helgoland.

Da ist die Sage vom Helden Thorkill, die Saxo Grammaticus (Abb. 2) um 1200 unserer Zeitrechnung niederschrieb: Der nordische Seefahrer gelangt mit seinen Genossen ins Totenland Utgard (das heißt: die äußerste Stadt; ein typischer Ausdruck für Cadiz, wie >Scheria< bei Homer). Die Stadt lag damals wüst und verlassen [...] Ihre Hallen und steinernen Sitze sind so treffend beschriebene Großsteinbauten, und die reichen Goldschätze, die die Helden mitnahmen, erinnern so deutlich an Tartessos, daß die übrigen Angaben wie selbstverständlich ins Bild passen: Die Helden sahen dort sieben große Fässer, womit sicher Weinfässer gemeint waren, die die Norddeutschen nicht kannten; der König, der hier geherrscht hat, und dessen Prunkgewänder, Hut und Waffen noch dalagen, hieß Geirröd, was wie Geryon klingt.

Die zweite Sage hat Adam von Bremen im 11. Jahrhundert überliefert: Friesische Seefahrer entdecken eine Insel, auf der es Riesen gab, die in Höhlen schliefen, und vor den Höhlen lagen unermeßliche Schätze von Gold und anderen kostbaren Metallen. Da die Insel >von schroffen Klippen eingeschlossen< war, bezieht [Spanuth] die Beschreibung auf Helgoland. Aber in eiden Fällen gilt der gleiche Einwand: Helgoland lag so nahe an der deutschen Küste, daß die Friesen oder Thorkill mit seinen Leuten sie nicht erst entdecken mußten. Man hätte über die Ausraubung der >Heiligen Insel< (denn das Bedeutet der Name Helgoland) auch keine Sage singen können, denn Seefahrer aller umliegenden Völker betrachteten die Insel als fehdefreies Gebiet.

Die in den beiden Sagen beschriebenen Inseln lagen sicher außerhalb des gewohnten Bereiches, den die Boote der Friesen und ihrer Nachbarn durchschifften, so daß wir die Insel der Riesen wie auch Utgard außerhalb der Nordsee suchen müssen. Die Atlantikküste der Iberischen Halbinsel, und hier besonders die berühmte Hauptstadt [Cadiz; bb], die mehrmals durch Katastrophen vernichtet worden war und dann unbewohnt dalag, bietet sich als beste Lösung an." [1]

Abb. 2 Saxo Grammaticus (Bild) schrieb um 1200 n. Chr. die Sage vom Helden Thorkill nieder, der mit seinen Gefährten ins Totenland Utgard gelangt. War mit dieser "äußersten Stadt" Helgoland gemeint, wie J. Spanuth vermutete, oder das iberische Cadiz, wie Uwe Topper annimmt?

Topper gibt bei seiner kurzen Betrachtung von Spanuths Arbeit auch eine generelle Bewertung ab: "Obgleich die Untersuchungen Spanuths sehr sorgfältig sind und wohl viel zur Kenntnis dieses nordischen Teils der Atlantinischen Kultur beigetragen haben, beging er doch den gleichen Fehler wie Mavor zwei Jahrzehnte später: er läßt Atlantis 900 statt 9000 Jahre vor Solon untergehen, verkleinert die Insel ebenfalls auf ein Zehntel der angegebenen Größe und versetzt sie schließlich an eine andere Stelle als vor die Meerenge von Gibraltar." [2]

Im Zentrum seiner Kritik steht hier Spanuths Chronologie-Revision und der für revisionistische Atlantologen typische Umgang mit Platons Daten. Tatsächlich ist jede Behauptung, Platon habe bei seinen chronologischen Angaben etwas "verwechselt", "weggelassen" oder "vergessen" sowie die Entwicklung von Modellrechnungen dazu von keinerlei Evidenz, wogegen sich über eine sauber durchgeführte Exegese die Bezugnahme von Teilen der Atlantida auf Ereignisse in der späten Bronzezeit zwingend nachweisen lässt, wie Spanuth gezeigt hat. [3]

Auch auf Spanuths Identifikation von Platons mysteriösem 'Oreichalkos' als Bernstein geht Topper kurz ein: "Obwohl dieser Deutungsversuch einiges für sich hat, muß ich doch einwenden, daß Bernstein den Griechen und Ägyptern gut bekannt war und demnach nicht - wie Platon ausdrücklich erwähnt - >eine jetzt nur dem Namen nach bekannte Art< ist. Außerdem bezweifle ich, ob man diese >an vielen Stellen der Insel aus der Erde gegrabene Gattung Bergerz< wirklich zum Überzug einer rund drei Kilometer langen und dreißig Meter breiten Mauer verwendet hätte, wie Platon ausführt, wenn es sich um Bernstein gehandelt hätte." [4]

Wie wir feststellen können, findet Toppers Auseinandersetzung mit Spanuths Werk auf hohem fachlichem (atlantologischem) Niveau statt. Im Gegensatz zu "wissenschaftlichen" Kritikern wie Gripp oder Sprockhoff, sowie in direkter Konkurrenz befindlichen Vertretern anderer revisionistischer Konzepte wie Schulten und Luce, und ganz anders als der nassforsche 'Atlantiker' Foëx, beweist Topper Format, indem er, bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Positionen, die unzweifelhaften Meriten des atlantisbegeisterten Pastors um die Forschung auf diesem Gebiet hervorhebt.

Auch abschließend betont er noch einmal: "Durch diese sachliche Kritik will ich den Wert von Spanuths Forschungsarbeit keineswegs mindern, sondern nur noch einmal betonen, daß die Anwendung von Platons Begriff >Atlantis< auf die nordische Kulthauptstadt nicht paßt. Spanuth hat deutlich gemacht, welche überragende Rolle der europäische Norden im kulturellen und politischen Leben des 2. Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung gespielt hat. Dabei hat er auch auf die wichtige Stellung des Bernsteins hingewiesen, der den Reichtum der Nordseeländer ausgemacht hat." [5]


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Uwe Topper, "Das Erbe der Giganten - Untergang und Rückkehr der Atlanter", Olten, 1977, S. 250, 251
  2. Quelle: ebd., S. 22, 23
  3. Siehe: "Spanuths 'Schlüssel zum Atlantisbericht'" (bb)
  4. Quelle: ebd., Uwe Topper, op. cit., S. 51, 52
  5. Quelle: ebd., S. 251, 252


Bild-Quellen

(1) Bildarchiv Atlantisforschung.de

(2) http://www.catholic-forum.com/Saints/ncd07630.jpg