Vorläufer des Diffusionismus

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Eine kleine Geschichte des Diffusionismus, Teil II


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Abb. 1 Der französische Jesuit, Naturforscher und Ehtnologe Joseph-François Lafitau verfolgte bereits im 18. Jahrhundert einen quasi diffusionistischen Denkansatz.

(bb) Bereits in der Renaissance (14. Jahrh. - 17. Jahrh.), also zu einer Zeit als die biblische Theorie zum Ursprung der menschlichen Gesellschaft in Europa noch vollständig akzeptiert war, wurde von Gelehrten der "Aufbau einer methodisch fundierten Wissenschaft vom Menschen" vorangetrieben. [1] Schon damals wurden wesentliche Fragen der modernen Anthropologie vorweggenommen, wie der Ursprung des Menschen, die Verschiedenheit von Kulturen, aber auch die Signifikanz von Ähnlichkeiten zwischen ihnen, die Abfolge von Hochkulturen (high civilzations) sowie der Verlauf des kulturellen Veränderungsprozesses. [2] Zudem erkannte man auch die Rolle, welche Diffusionsprozesse für die kulturelle Diversität der Menschheit spielten, doch konnte man sich derartige Veränderungen zunächst lediglich als Resultat kulturellen Abstiegs aus einem "ursprünglichen adamitischen Zustand" erklären. [3] Eine differenziertere Betrachtung von kulturellem Wandel und Diffusion setzte sich dann im 17. und 18. Jahrhundert durch.

Herausragend war in dieser Beziehung der schottische Philosoph, Ökonom und Historiker David Hume (1711-1776). Hume lehnte die damals vorherrschende Lehrmeinung ab, die Sitten eines Volkes seien durch die klimatischen Verhältnisse seines Lebensraums bestimmt. Stattdessen postulierte er "Kontakte zwischen Völkern als Erklärung für Unterschiede" [4] kultureller Natur. Zudem erklärte er auch viele kulturelle Gemeinsamkeiten als Ergebnis von Diffusion oder Entlehnung. [5]

Eine Auseinandersetzung mit der Migrations- und Diffusionsproblematik findet sich im 18. Jahrhundert auch in den Schriften des Jesuiten Joseph-François Lafitau (1681-1746) (Abb. 1). Durch vergleichende Betrachtung versuchte Lafitau, Übereinstimmungen zwischen dem nordamerikanischen Volk der Irokesen und umliegenden Gesellschaftsgruppen festzustellen, wobei er sich in diesem Zusammenhang auch mit Besiedlungstheorien befasste. Seine quasi diffusionistischen Ansätze führten ihn schließlich zum Vergleich der 'Sitten der Irokesen' mit 'antiken Sitten'. Lafitau ging von der Entwicklung einzelner Kulturelemente aus, welche durch Wanderung und Übernahme durch andere Gesellschaften Verbreitung finden. [6] Etwa zur selben Zeit stellte der schottische Gelehrte James Burnett, Lord Momboddo (1714-1799) - wenig später (1803) gefolgt von Johann Gottfried von Herder (1744-1803) - Überlegungen zu möglichen kulturellen Diffusionen zwischen den alten Zivilisationen Asiens und Europas an. [7]


Fortsetzung: Der klassische Diffusionismus


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Margaret T. Hodgen, "Early Anthropology in the Sixteenth and Seventeenth Centuries", 2. Aufl., Philadelphia, 1971 (1. Aufl. 1964), S. 8; nach: Mario Bührmann, "Das Labor des Anthropologen: Anthropologie und Kultur bei David Hume", Meiner Verlag, 2008, S. 33
  2. Quelle: ebd.
  3. Quelle: Margaret T. Hodgen, op. cit. (1964), S. 269; nach: Michael Goldstein, Gail King und Meghan Wright, Diffusionism and Acculturation, Department of Anthropology, University of Alabama (abgerufen: 21.06.2013)
  4. Originalzitat: "contact among peoples as an explantion of differences", nach: Mario Bührmann, op. cit. (2008), S. 33
  5. Mervyn S. Garbarino, "Sociocultural Theory in Anthropology. A short History"; nach: Mario Bührmann, op cit., S. 33 (Fußnote 33)
  6. Maria Six-Hohenbalken und Jelena Tošić, "Anthropologie der Migration: Theoretische Grundlagen und interdisziplinäre Aspekte", facultas.wuv / maudrich, 2009, S. 30
  7. J.S. Slotkin (Hrsg.), "Readings in Early Anthropology", Chicago (Aldine), 1965; nach: Alan J. Barnard und Jonathan Spencer, "Encyclopedia of Social and Cultural Anthropology", ABC-CLIO, 1996, S. 83

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