Diodorus Siculus

Diodors Bedeutung für die Atlantologie

(bb) Das Werk des Diodorus Siculus ('der Sizilianer') stellt - neben Platons Atlantisbericht - die zweite antike Haupt-Quelle der Atlantisforschung dar. Seine, die Atlantier (bei ihm: Atlantioi) betreffenden, Angaben, welche offenbar aus anderen Quellen als die des Platon stammen, geben weitere Hinweise auf die spät- und/oder postatlantischen Epochen. Mit seinen historischen Abhandlungen der 'Bibliotheca Historica' hat uns Diodorus Siculus darüber hinaus auch wertvolle Hinweise zur Lösung einer ganzen Reihe anderer vorgeschichtlicher Rätsel hinterlassen.

Abb. 1 Neben Platons 'Atlantida' stellt die 'Historische Bibliothek' eine weitere antike Haupt-Quelle der Atlantisforschung dar.

Über Diodors Vita erfahren wir Grundsätzliches bei Prof. Julius Friedrich Wurm, der im Vorwort seiner (1827 erschienenen) Übersetzung der Historischen Bibliothek des Sizilianers schrieb: "Diodor war, nach seiner eigenen Angabe aus Agyrium, jetzt S. Filippo d'Argirone, einer Stadt in Sicilien, gebürtig. Er lebte zur Zeit des Julius Cäsar und Augustus. Ausser dem, was er (a. a. D.) selbst erzählt, ist von seinen Lebensumständen nichts bekannt. Das Werk, das er unter dem Titel >historische Bibliothek< in vierzig Büchern verfaßt hat, ist eine Universalgeschichte, aber freilich nicht in dem bei uns gewöhnlichen Sinne.

Diodor wollte die in verschiedenen Schriften zerstreuten Nachrichten über die Begebenheiten einzelner Völker und Zeiten in ein Ganzes vereinigen, indem er aus der großen Masse des Stoffs das Wichtigste aushob. Was ihm aber das Wichtigste war, erhellt daraus, daß er den Werth von dem Studium der Geschichte hauptsächlich nach dem Einflusse Schätzt, den dasselbe auf die Bildung des sittlichen Characters hat." [1]

Über die Qualitäten Diodors als Historiker bemerkte Wurm weiter: "Indessen kann sein Zweck keineswegs blos der gewesen seyn, eine Sammlung von lehrreichen Beispielen zu liefern; sondern man sieht aus manchen Stellen deutlich genug, daß er namentlich solche Begebenheiten auswählen wollte, die für die Geschichte der Völker und Staaten wichtige Folgen hatten, und zugleich sicher beglaubigt waren.

Abb. 2 Eine hellenische Münze aus Argyrium auf Sizilien, der Heimatstadt des Diodorus Siculus.

Wie wenig er geneigt war, unsichern Nachrichten zu trauen, und sie als glaubwürdige Geschichte hinzustellen, kann man daraus schließen, daß er es sehr häufig schon durch die Form seiner Erzählung bemerklich macht, er spreche nicht in seinem eigenen Namen, sondern gebe blos fremde Berichte wieder, die er nicht verbürgen wolle. Wie weit nun solche Berichte zuverläßig sind, können wir freilich gar nicht beurtheilen, da er in den wenigsten Fällen die Quellen nennt, aus welchen er geschöpft hat. Indessen ist so viel gewiß, daß er manche ausgezeichnete Geschichtschreiber benützt hat, deren Werke verloren gegangen sind (z. B. den Agatharchides, Ephorus, Theopompus) [2].

Um so mehr ist es zu bedauern, daß auch Diodor´s Geschichte nicht vollständig auf unsere Zeiten gekommen ist. Von 40 Büchern sind nur noch 15 übrig, nämlich die 5 ersten, und dann die 10 Bücher vom elften bis zum zwanzigsten; aus den andern haben sich nur wenige Bruchstücke erhalten. Diodor theilt selbst seine Geschichte in drei Zeiträume; der erste geht bis zum trojanischen Krieg ( Buch I - VI), der zweite bis auf Alexander (B. VII - XVII), der dritte bis auf Julius Cäsar (B. XVIII - XL).

Von der ersten (der mythischen) Periode fehlt uns also nur ein Buch; von der zweiten haben wir die Geschichte von Xerxes an bis auf Alexanders Tod; von der dritten aber nur den Anfang; denn das zwanzigste Buch geht nicht weiter als bis zum Schlusse des vierten Jahrhunderts vor Christo." [3]

Gerade das Fehlen des Bandes mit Informationen zur "mythischen Periode" (also zu prä- und protohistorischen Ereignissen) ist aus alternativ-historischem und atlantologischem Blickwinkel ein herber Verlust, da darin möglicherweise weitere, wesentliche Informationen zur Lösung des Atlantis-Problems enthalten waren. Anders gesagt, war dort eventuell weiteres Material zu den frühen Hochkulturen der atlantischen Küstengebiete Nordafrikas und Westeuropas zusammengestellt, deren Existenz lange von der schulwissenschaftlichen Forschung übersehen oder ignoriert wurde, da sie so gar nicht in das gängige Bild des "ex oriente lux" passen wollen.

Der folgenden Beiträge beschränken sich im übrigen keineswegs auf eine Betrachtung der Berichte Diodors, sondern setzen seine Aussagen zum Westland am Atlantik und seinen mysteriösen Bewohnern sowie zum Ursprung der pharaonischen Ägypter und den Riesen der Vorzeit in den Kontext anderer antiker Quellen, wie Homer, Platon, Hesiod, Herodot, Hellanikos von Lesbos, u.a. Einen besonderen Schwerpunkt wollen wir dabei auf das geheimnisvolle - aber durchaus historische - Volk der so genannten Amazonen [4] legen - eine spät-matriarchale Frauengesellschaft, deren mythischer Nachhall bis heute in den Erinnerungen vieler europäischer Kulturen nachwirkt.


Diodor und das Westland: Atlantioi, Amazonen und Gorgonen

  • Atlantioi - Diodorus Siculus, Platon und die Atlantioi (bb)



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Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: "Diodor's von Sicilien Historische Bibliothek", übersetzt von: Julius Friedrich Wurm (Prof. am Seminar zu Blaubeuren), Stuttgart 1827, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung Für Oestereich in Kommission von Mörschner und Kasper in Wien, Erstes Bändchen; digitalisiert von Benedikt Klein (BenneKlein@gmx.net)
  2. Red. Anmerkung: Zu Theopompus/Theopompos siehe bei Atlantisforschung.de auch: Theopompos von Chios
  3. Quelle: Diodor's von Sicilien Historische Bibliothek", übersetzt von: Julius Friedrich Wurm, digitalisiert von Benedikt Klein
  4. Anmerkung: Zu diesen Amazonen siehe bei Atlantisforschung.de auch: Kleinasiatische und andere Amazonen des Ostens (bb)

Bild-Quellen:

1) http://www.csab.unisa.it/dabo/Images/Diodori-Siculi-Historici.gif (nicht mehr online)
2) http://www.wildwinds.com/coins/sg/sg1041.html (nicht mehr online)