Die Kernbohrungen von Abusir
von unserem Gastautor Luc Bürgin
Exakt zylindrische Löcher, professionell in Hartgesteine wie Granit oder Grauwacke getrieben, Bohrkerne - mit modernsten Geräten entfernt: Nichts Erstaunliches, könnte man meinen. Schließlich werden Kernbohrun- gen heute auf der ganzen Welt vorgenommen. Doch die Sache hat einen Haken, denn die bearbeiteten Steinbrocken liegen im Ruinenfeld des Toten- tempels der Sahure-Pyramide in Abusir (Ägypten). Ihr Alter: sagen- hafte 4300 Jahre.
Die Bohrlöcher, so versichern uns Fachleute, haben einst als Riegellöcher für die Türen des Totentempels gedient. Wie sie damals in den Stein getrieben wurden, kann uns niemand zufriedenstellend erklären. Klar ist: Die Alten Ägypter dürften bereits Rohrbohrer gekannt haben. Deren Spitzen aber konnten höchstens aus verhältnismäßig weichem Kupfer gefertigt sein; als Schneidematerial diente kristallines Quarz.
Um nun Bohrungen vorzunehmen in der Perfektion, wie wir sie heute in Abusir bestaunen können, muß im Minimum ein diamantbesetzter Bohrkopf her. Und Diamant gab es im Alten Ägypten nicht. So lehren es uns die Fach- bücher. Bleibt noch die Möglichkeit, daß die Löcher erst in diesem Jahrhun- dert in die Brocken getrieben wurden. Was spricht gegen diese Annahme? Ich befragte den Berliner Publizi- sten und Ägypten-Spezialisten Michael Haase, der die Steinbearbeitungen bei Abusir persönlich untersucht hat.
"Mit etwas Wohlwollen könnte man einige isolierte Bohrungen tatsächlich als neuzeitlich werten", erklärte er mir. "Aus dem Umfeld der Bohrungen ist indes klar ersichtlich, daß es sich dabei um Riegellöcher handelt. Und: Markant herausgearbeitete Strukturen um die Bohrlöcher herum deuten darauf hin, daß sie zeitgenös- sischen Ursprungs, also nicht modern sind. Bereits der bekannte Ägyptologe Ludwig Borchardt hat sie in sei- nen Schriften um die Jahrhundertwende erwähnt und auch verschiedene Zeichnungen davon veröffentlicht. Das ist für mich ein weiteres Indiz, daß es sich im Fall von Abusir tatsächlich um Bohrungen aus älterer Zeit handelt."
Da die Tempelanlage im Laufe der Jahrhunderte einige Male rekonstruiert worden sei, könne nicht definitiv ausgeschlossen werden, daß einige der Bohrungen vielleicht "erst" vor 2000 Jahren entstanden, und nicht wie die übrigen vor 4300 Jahren. Haase: "Das alles ändert nichts an der Tatsache, daß die Alten Ägypter offen- sichtlich mit uns bisher unbekannten, technischen Hilfsmitteln zu Werke gegangen sind."
Anmerkungen und Quellen
Dieser Beitrag von Luc Bürgin © wurde seinem Buch "Geheimakte Archäologie" entnommen, das 1998 im Verlag bettendorf erschienen ist.
Bild-Quelle
(1) Mysteria 3000, unter: http://www.mysteria3000.de/archiv/a/img/kernbohrung017.jpg (Bild dort nicht mehr online)