Die mysteriösen Megalithen von Sulawesi
von K.S. Chou
In Indonesien kann man über ganz Sulawesi verteilt Stein-Statuen finden. Obwohl nicht so groß wie die berühmten Megalithen der Osterinsel, sind die Stein-Figuren von Sulawesi mindestens ebenso faszinierend. Vierzehn von ihnen hat man auf den Gras-Ebenen des Bada Valley, in Zentral-Sulawesi, entdeckt. Wer diese Megalithen sehen will, den warnen die Reise-Führer vor tagelangem Trekking in einen entlegenen Teil der Insel. Umgeben von Bergketten sind viele Siedlungen dort nur durch Pferde-Wege und Fuß-Pfade miteinander verbunden. Mein Kumpel und ich wurden davon nicht abgeschreckt. Die Idee, diese alten Bildhauereien zu sehen, war einfach zu verlockend, um sie zu ignorieren.
Abb. 1 'Baula' war der erste Megalith, auf
den die Reisenden auf Sulawesi stießen.
So verließen wir am frühen Morgen die Stadt Rantepao in Süd-Sulawesi, eingeklemmt in in einen Jeep mit zwei anderen Paaren. Es was ein mörderischer Acht-Stunden-Trip, den nur der Ausblick auf den Bergwald erträglich machte. Wir verbrachten die Nacht in einem Gasthaus [...] in Pendolo, einem idyllischen Dorf am Rande des bezaubernden Lake Poso. Dieser See ist so groß, dass alles, was Sie sehen, wenn Sie an seinem Ufer stellen, Wasser ist; er ist wie das Meer.
Am nächsten Tag brachte uns eine Fähre nach Tentena, einem Dorf auf der anderen Seite des Sees. In unserer Herberge fanden wir einen Reise-Führer. Anfangs waren wir skeptisch, was Karel anging, der schon gut in den 50ern zu stehen schien, aber all unsere Zweifel verflüchtigten sich als er eine Karte erstellte und voller Zuversicht die Planung für unsere viertägige Exkursion entwickelte. Um die verstreuten Megalithen im Bada Valley zu sehen, würden wir, wie Karel sagte, den ganzen Tag wandern und in Häusern in einem Dorf übernachten.
Als nächstes ging es darum, Proviant zu fassen. Karel kaufte Reis, Zwiebeln, Kartoffeln, Kohl, Eier, Mehl, Instant-Nudeln, Kaffee und Zucker. Er muss unsere Besorgnis bemerkt haben, als wir ungläubig auf die wachsende Zahl von Bündeln starrten. Schnell beteuerte er uns: “Keine Sorge. Die trage ich. Nehmt ihr nur eure eigenen Sachen.” Puh! Unser Abenteuer ging am folgenden Tag los. Unser Ziel war Bomba, die Hauptsadt im Bada Valley. Die Reise in einer vierrädrigen Karre dauerte vier Stunden, da wir durch verschlammte Wege, baufällige Brücken, Polizei-Sperren und Motor-Probleme aufgehalten wurden. Während der Regenzeit ist die Straße unpassierbar und der Trip kann drei Tage dauern.
Wir begannen unsere Suche in dem Moment, als wir in Bomba eintrafen. Der Pfad führte uns durch Kokosnuss-Haine und Dörfer mit malerischen Holzhäusern. Genau in der Mitte eines ordentlich parzellierten Reis-Feldes stand unser erster Megalith. (Abb. 1) Er tauchte völlig überraschend für uns auf; wir marschierten sogar daran vorbei, da wir ihn für irgendeinen Felsblock hielten, bis Karel uns darauf aufmerksam machte. Schmal und lang [gestaltet], wies der Block an einem Ende Gesichts-Formen auf. Er lag halb überschwemmt im Wasser, umgeben von Reis-Büscheln, und sah wie ein Wasser-Büffel aus. Kein Wunder, dass die Einheimischen ihn Baula oder Büffel nennen. Die Statue steht schief, weil ihr Besitzer sie, den lokalen Überlieferungen zufolge, aus Wut darüber umwarf, dass er ein Schwein verloren hatte.
Abb. 2 Loga ist eine unzweifelhaft weibliche "Megalithin",
auf die K.S. Chou auf seiner Expedition stieß.
Etwa einen Kilometer von dieser Statue entfernt war eine andere mit Namen Tinoe. Größer und aufrecht stehend, stellte die Statue eine Fruchtbarkeits-Göttin dar. Wir sahen an diesem Tag noch mehrere andere Megalithen. Einer war kurz und gedrungen, daher der Name Oba (Affe). [Auch] er stand inmitten eines Feldes. Die Megalithen, diese Überbleibsel einer alten Kultur, variieren in ihrer Höhe von 1 m bis zu mehr als 4 m. Sie weisen eine menschliche Form auf, haben jedoch überdimensionale Köpfe und sind ohne Beine. Die Steinmetz-Arbeiten erinnern an abstrakte Kunst, sind minimalistisch und hochgradig stilisiert - geschwungene Linien sind alles, was die die Gesichts-Strukturen definiert. Einige Megalithen haben Arme, die sich zum Unterleib hin krümmen, andere weisen überdimensionale Genitalien auf.
Unsere Reise führte uns vorbei an Dorf-Behausungen mit gut gepflegten Gärten. Es war ruhig und friedvoll. Kinder geizten nicht mit 'Hallos' und bestanden darauf, neben uns her zu ziehen - ganz anders als die Kinder, die uns in Ujung Pandang und Rantepao um Bonbons angingen. In der Nähe eines Stroms trafen wir eine Frau und ein Mädchen, die hölzerne Schalen trugen, nicht unähnlich den Dulang, die hier einst als Zinn-Pfannen verwendet wurden. “Sie suchen nach Gold,” erklärte Karel. Es scheint, dass Gold-Waschen eine der Haupt-Aktivitäten in diesem Landesteil ist, da Nuggets von den Flüssen von den Bergen hinab gespült werden. Aus Neugier fragten wir, ob sie an diesem Tag schon etwas gefunden hätten. Das Mädchen nickte und entfaltete ein kleines Päckchen mit glitzernden Perlen. Erregt davon, das erste Mal “rohes” Gold zu sehen, boten wir an, es zu kaufen. Nach einigem Feilschen zahlten wir 20 000 Rupien (RM 20) für alles.
Die Nacht verbrachten wir in einem Bauern-Schuppen. Eine erhöhte Plattform diente uns als Bett und Sitz-Gelegenheit. In der Mitte des Stalls war eine Feuerstelle zum kochen. Als Karel das Feuer anbekommen hatte, um Essen zu kochen, qualmte es die ganze Hütte voll. Aber wir waren froh über das Feuer, weil die Nacht frostig war. Am nächsten Morgen wachten wir von dem köstlichen Geruch von Pfannkuchen auf. Ja, unser kenntnisreicher Führer war auch ein fähiger Koch. Dieser Tag brachte weitere Märsche und Megalithen. Wir waren dankbar, dass wir einen Führer hatten. Die Megalithen auf uns alleine gestellt zu finden, wäre unmöglich gewesen, da sie überall im Tal verstreut waren, und da es keine Hinweise oder vernünftige Wege gab, die zu ihnen führten.
Das umgebende Grün und die nebelverhangenen Berge lieferten einen beindruckenden Hintergrund für die zerfurchten Stein-Figuren. Während die meisten Megalithen noch aufrecht stehen, sind auch viele umgestürzt oder liegen in flachen Flüssen; ihre massiven Gesichter und glanzlosen Augen sind bedeckt von Schlamm und Blättern. Andere sitzen vergessen in Reis-Feldern, verborgen im hohen Gras. Ein Megalith, den die Einheimischen Loga ("schmerzendes Herz") nennen (Abb. 2), steht schief auf einem Hügel. Angeblich schaut sie sehnsüchtig nach ihrem Ehemann aus, einer Statue in einiger Entfernung, die wegen Ehebruch zum Tode verurteilt wurde. Große Stein-Krüge [vergl. dazu: Laos und das Geheimnis der Steinkrüge], genannt Kalamba stellen weitere Relikte der megalithischen Kultur dar. Häufig in der Nähe der Megalithen zu finden, hält man sie für Grab-Urnen.
Abb. 3 In Flüssen, auf offenen Feldern und im Wald stießen die Reisenden
immer wieder auf unterschiedlich gut erhaltene Megalithen.
Wir wanderten an jedem Tag zwischen 20 km und 28 km. Unsere geschundenen Füße taten weh, aber die faszinierenden Begegnungen mit den Einheimischen und die Betrachtung ihrer Lebensweise halfen, uns von den Schmerzen abzulenken. In einem Dorf versuchten wir, Reis auf traditionelle Art zu enthülsen, indem wir die Ähren mit einem langen Stock klopften. In Langkeka stießen wir auf eine Frau, die Kleidung aus Rinde herstellt. Dort tragen die Leute, die immer nach wie vor wenig Kontakt mit Auswärtigen haben, auch heute noch Rinden-Kleider. Um diese Kleidung herzustellen, werden Rinden-Streifen, die man tagelang eingeweicht hat, mit einem gefurchten Holz-Knüppel geschlagen, bis die Fasern zusammenkommen. Die Kleidung wird dann gefärbt und getrocknet. Die Frau sagte, dass sie zwei Wochen benötigt, um ein Stück Rinden-Kleidung fertigzustellen, das sie dann für 60 000 Rupien (RM 60) verkauft.
An diesem Nachmittag arrangierte Karel für uns ein Mittagessen in einem Bauernhaus. Unser Bananenblatt-Lunch beinhaltete eine seltsame Kombination von Reis und würzigen Instant-Nudeln. Wir vermuteten, dass in der Fabrik produzierte Waren, wie Instant-Nudeln, in diesem entlegenen Teil Sulawesis hochgeschätzte Artikel darstellen. Wir schlürften duftenden Kaffee - der Bauer röstete und mahlte die Bohnen selber - während wir ein wohlschmeckendes Dessert aus frischem Kokos-Fleisch mit einer Prise Palm-Zucker zu uns nahmen. Alles, was der Bauer für diese Mahlzeit verlangte, war etwas Medizin - die hier wiederum eine wertvolle Sache war - gegen Kopf- und Magen-Schmerzen. Gerne gaben wir von unserem begrenzten Vorrat an Panadol und Entox ab.
Nach diesem herzhaften Lunch waren wir bereit für unseren letzten Megalithen - Palindo. Mit mehr als 4 m Höhe ist er der größte und besterhaltene aller Megalithen. Tatsächlich hatte Karel das Beste bis zum Schluss aufgehoben. Die imposante Stein-Figur ragte vor uns auf, ohne dass ihre runden Augen irgendeinen Hinweis auf ihre Geschichte gaben. Einige Einheimische sagen, Palindo stelle Tosaloge dar, den ersten mythischen Einwohner der nahegelegenen Ortschaft Sepe. In der Vergangenheit brachten ihre Bewohner ihm Opfergaben dar, bevor sie zu einer Unternehmung aufbrachen.
Abb. 4 In den Regenwäldern Indonesiens sind vermutlich noch
hunderte solcher mysteriösen Stein-Figuren verborgen.
Der Ursprung dieser Stein-Statuen bleibt ein Rätsel. Niemand weiß, wer sie wann oder zu welchem Zweck gemacht hat. Es wurden keine Werkzeuge gefunden. Man schätzt, dass die [jüngsten] Megalithen bis auf 1300 n. Chr. zurückdatieren und man hält sie für die Überreste einer 2000 Jahre alten Megalith-Tradition, die einst über ganz Indonesien und Indochina verbreitet war. In der Tat ähneln die Sulawesi-Megalithen Stein-Figuren, die auf der Insel Cheju in Korea gefunden wurden. Harubay genannt, sollen diese Statuen Schutz gegen böse Geister geboten haben. Es gibt verschiedene Erklärungen für die Megalithen von Sulawesi. Einige Einheimische glauben, dass sie bei Kult-Handlungen ihrer Vorfahren Verwendung fanden, oder etwas mit Menschen-Opfern zu tun hatten. Eine Legende besagt, dass sie Verbrecher waren, die in Stein verwandelt wurden. Interessanter Weise wurden all diese Megalithen aus einer Gesteins-Art gefertigt, die in diesem Gebiet nicht zu finden ist.
Nachdem wir das Tal zwei Tage lang erkundet hatten, wurde es Zeit zur Abreise. Am nächsten Morgen brachen wir nach einem köstlichen Frühstück mit Pisang Goreng [frittierte Bananen] zur Ortschaft Moa auf. Der Weg führte uns durch den üppigen Regenwald des Lore Lindu National Park. In dieser Nacht blieben wir wieder in einer Bauern-Hütte. Sie hatte nur einen Raum und wir hatten ein schlechtes Gewissen, weil die Bauern-Familie uns diesen Raum überließ. In dieser entlegenen Region müssen die Dörfler genügsam sein. Die Bauern stellen ihr eigenes Speiseöl her, indem sie Kokonuss-Milch köcheln lassen, bis das Öl auf der Oberfläche schwimmt.
In diesem relativ unberührten Teil von Sulawesi gibt es so etwas wie fließendes Wasser nicht. Somit mussten wir in Flüssen baden. Nach einem vollen Tag Fußmarsch war es belebend, einfach nur in einem Fluss zu liegen und das kalte Wasser über unsere schmerzenden Glieder spülen zu lassen. Wir setzten unsere Reise auf dem Waldweg nach Gimpu fort. Die letzten 8 km unseres Marsches waren hart, weil es über eine Schotterpiste ging und weil es in der heißen Sonne keinen Schatten gab. Schließlich gelang es uns, eine Mitfahrgelegenheit in einem vorbeifahrenden 4WD zu bekommen, der uns bis in die Stadt Palu mitnahm. Dies markierte das Ende unserer aufregenden und lohnenden Reise.
Anmerkungen und Quellen:
Quelle: Chou K.S. (©), "Mysterious megaliths of Sulawesi", ins Deutsche übersetzt von Atlantisforschung.de nach http://thestar.com.my/lifestyle/story.asp?file=/2004/3/20/features/7524177&sec=features
Bild-Quellen:
(1-3) Chou K.S., unter http://thestar.com.my/lifestyle/story.asp?file=/2004/3/20/features/7524177&sec=features
(4) Chou K.S., unter http://www.channelnewsasia.com/stories/southeastasia/view/53684/1/.html