Wer errichtete die Stufenbauten auf Pico? (Teil 3)
(dg) Als Dr. Nuno Ribeiro seinen ersten Artikel über neuentdeckte Stufenpyramiden im Jahr 2013 veröffentlichte, löste er eine weltweite Kontroverse über präkolumbische Fernhandelsreisen über den Atlantik aus. Natürlich wurde seine Entdeckung sofort durch die portugiesischen Archäologen öffentlich kritisiert, dass es sich bei diesen vermeintlichen Stufenpyramiden um einfache Steinhaufen handelt. Diese Bauten werden von den Einheimischen „maroiços“ genannt. Sie sollen von den ersten Portugiesen gebaut worden sein, um deren neuangelegten Felder von Vulkansteinen zu befreien. Zwischen Dr. Ribeiro und seinen portugiesischen Kollegen entbrannte seitdem ein akademischer Streit, der bis heute nicht beigelegt ist.
Die Frage, ob vor den Portugiesen im Jahr 1426 schon frühere Seefahrer diesen atlantischen Archipel entdeckten, ist schwierig zu beantworten. Viele vermeintliche vor-portugiesische Bauwerke sind in den letzten Jahrhunderten mehrfach überbaut worden. Das macht es schwierig, eine solide Aussage zu treffen. Außerdem existieren nur wenig belastbare archäologische Forschungen, die helfen könnten, die wenigen Funde sicher zu bewerten. Aus diesem Grund schloss sich Nuno Ribeiro mit lokalen Forschern, wie Dr. Antonieta Costa und Dr. Félix Rodrigues, zusammen, um gemeinsam weitere Befunde für seine Interpretation zu sammeln.
In unserem laufenden Filmprojekt besuchen wir alle drei Forscher – übrigens alle promoviert und damit mit den wissenschaftlichen Standards vertraut – um deren Befunde kennenzulernen und uns unser eigenes Bild zu machen. Unsere Entdeckerreise führt uns im zweiten Teil nach Pico; die zweitgrößte Insel der Azoren. Auf ihrer Westseite nahe der Hafenstadt Madalena entdeckte Nuno Ribeiro schon im Jahr 2012 mehr als 140 Stufenbauten, von denen er zwei auch archäologisch untersuchte und auch spannende Funde barg. Die APIA (Portuguese Association for Archaeological Investigation) bat uns im Vorfeld auch um Unterstützung bei der Datierung der Funde. Diese Untersuchungen werden von der Winckelmann-Gesellschaft unterstützt, die APIA und uns bei den Analysen und deren Auswertung zu assistieren.
Auf unserer ersten Reise untersuchen wir völlig erkenntnisoffen, was sich hinter den azorischen Stufenbauten verbirgt. Zeigen sie architektonische Ähnlichkeiten mit vergleichbaren Zigguraten auf den Kanaren, Sardinien oder gar Sizilien?
Antworten auf diese Fragen kann nur eine persönliche Prüfung geben, denn Vergleichen heißt nicht Gleichsetzen! Eine kritische Evaluierung muss sich an architektonischen, bautechnischen, sakralen und auch kulturellen Merkmalen messen, um eine vernünftige Aussage zu treffen. Aus diesem Grund beginnen wir unsere Forschungen an der großen Stufenpyramide von Valverde. Sie ist der größte der Stufenbauten und misst 18 m von der Basis bis zu Spitze. Diese Bau überragt alle anderen Bauwerke und markiert quasi den Eingang des Pyramidenfeldes, wenn man vom Meer kommend dieses Areal besucht.
Der große Stufenturm von Valverde direkt hinter der Hafenstadt Madalena auf Pico/Azoren. Dieses Bauwerk beeindruckt allein durch seine Dimensionen. Leider ist der Südteil des zikkuratartigen Bauwerks komplett zerstört. Die Nord- und Ostseite zeigen jedoch deutliche Strukturen von Rampen und Aufgängen. //
The large stepped tower of Valverde just behind the port town of Madalena on Pico/Azors. This building impresses with its dimensions alone. Unfortunately, the southern part of the ziggurat-like structure is completely destroyed. However, the north and east sides show clear structures of ramps and stairs.Der Blick von oben gibt noch besser Orientierung über die Bauweise dieser Konstruktion. Es ist die große Frage der portugiesischen Archäologie, handelt es um einen Steinlesehaufen (also maroiços) oder um einen frühgeschichtlichen Tempel (Zikkurat)?
Eine eindeutige Antwort könnte nur eine Thermolumineszenz-Datierung liefern. Warum man diese nicht macht, um wissenschaftlich exakt zu argumentieren, weiß ich nicht. Jedoch sprechen die Bauwerksstrukturen eher für ein sakrales Bauwerk als für einen Steinlesehaufen. //
The view from above gives even better orientation about the construction of this construction. It is the big question of Portuguese archeology, is it a heap of stones (i.e. maroiços) or a prehistoric temple (ziggurat)?Mit kritischen Blicken studieren Ramon und ich die oberste Terrasse in 18 m Höhe. Die Erbauer mussten definitiv schwindelfrei sein, um die stabilen Terrassen in dieser Höhe anzulegen. //
Ramon and I study the top terrace at a height of 18 m with a critical eye. The builders definitely had to have a head for heights to create the stable terraces at this height.Die gerade Nordseite ist ziemlich präzise auf 360° Nord ausgerichtet. Warum sollten mittelalterliche Bauern dieses Bauwerk ausrichten? Oder hat sich diese Ausrichtung per Zufall ergeben?
Wie dem auch sei: von hier oben hatten die Alten einen hervorragenden Blick aufs Meer und in den Eingang des Tals von Valverde, wo mehr als 140 ähnliche Konstruktionen errichtet wurden. //
The straight north side is fairly precisely aligned with 360° North. Why would medieval peasants align this structure? Or did this alignment happen by chance?
Be that as it may, from up here the ancients had an excellent view of the sea and of the entrance to the Valley of Valverde, where more than 140 similar constructions were built.Blick auf die intakte Ostseite des Stufenturms. Deutlich zu erkennen ist die große Rampe, die sich vermutlich bis auf die oberste Terrasse erstreckte. Auffällig ist auch die gleichmäßige Terrassierung. Sie zeugen nicht nur von ästhetischen, sondern auch architektonischen Geschmack, was eher eine sakrale Architektur vermuten lässt. //
View of the intact east side of the stepped tower. The large ramp, which probably extended to the top terrace, is clearly visible. The even terracing is also striking. They testify not only to aesthetic taste, but also to architectural taste, which suggests more of a sacred architecture.
Who built the step structures on Pico? (Part 3)
As Dr. Nuno Ribeiro published his first article on newly discovered step pyramids in 2013, sparking a global controversy about long-distance trade voyages across the Atlantic before Columbus. Of course, his discovery was immediately publicly criticized by the Portuguese archaeologists, saying that these supposed step pyramids are simple cairns. These structures are called “maroiços” by the locals. They are said to have been built by the first Portuguese colonizers to free their newly created fields from volcanic stones. Since then, an academic dispute has broken out between Ribeiro and his Portuguese colleagues, which has not been resolved to this day.
The question of whether earlier navigators discovered this Atlantic archipelago before the Portuguese in 1426 is difficult to answer. Many supposedly pre-Portuguese buildings have been built over several times in recent centuries. This makes it difficult to make a solid statement. In addition, there is little reliable archaeological research that could help to assess the few finds with certainty. For this reason, Nuno Ribeiro teamed up with local researchers, such as Dr. Antonieta Costa and Dr. Félix Rodrigues, to gather further evidence for his interpretation.
In our ongoing film project, we visit all three researchers – all of whom have doctorates, by the way, and are therefore familiar with the scientific standards – to get to know their findings and form our own opinion. The second part of our journey of discovery takes us to Pico; the second largest island in the Azores. On its west side near the port city of Madalena, Nuno Ribeiro discovered more than 140 stepped structures in 2012, two of which he also examined archaeologically and also found exciting finds. The APIA (Portuguese Association for Archaeological Investigation) also asked us in advance for help in dating the finds. These investigations are supported by the Winckelmann Society, the APIA and us to assist with the analyzes and their evaluation.
On our first trip, we examine what is hidden behind the Azorean stepped structures with a completely open mind. Do they show architectural similarities with comparable ziggurats on the Canary Islands, Sardinia or even Sicily? Only a personal examination can provide answers to these questions, because comparing does not mean equating! A critical evaluation must be measured against architectural, structural, sacred and also cultural features in order to make a reasonable statement. For this reason, we begin our research on the Great Step Pyramid of Valverde. It is the largest of the stepped structures, measuring 18m from base to top. This building towers over all other buildings and marks the entrance to the pyramid field when you visit this area from the sea.