Quelltext der Seite Heinrich Kruparz - Atlantis und Lemuria. Legenden und Mythen oder versunkene Hochkulturen der Vergangenheit?

Eine Buchbesprechung von [[Dr. Horst Friedrich]] (2009)

[[Bild:Kruparz Atlantisbuch Cover.jpg|thumb|'''Abb. 1''' Heinrich Kruparz: "Atlantis und Lemuria. Legenden und Mythen oder versunkene Hochkulturen der Vergangenheit? Neue Beweise – es gibt sie!" - 2., verbesserte Auflage, Gnas (b. Graz): Weishaupt-Verlag, 2009 ISBN 978-3-7059-0278-7, 416 Seiten]]

Ein verdienstvolles Werk. Sicher – mancherorts wird sich Gezeter erheben, dass das Buch und seine Rezension sich mit „''schon längst überwundenen, pseudowissenschaftlichen Irrlehren''“ wie jenen über versunkene Kontinente befasst. Andererseits aber mahnt der Wissenschaftstheoretiker (und Wissenschaftler) [https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Feyerabend Paul Feyerabend] eindringlich: „''Theorienvielfalt ist für die Wissenschaft fruchtbar''“ ([https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Feyerabend Feyerabend], 1976: 39) und „[h]''ier wie anderswo gewinnt man Erkenntnis allein durch eine Vielfalt von Anschauungen, nicht durch entschiedene Anwendung einer bevorzugten Ideologie''“ (ebd.: 67). 

Der Autor des Buches, [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Heinrich Kruparz], ist promovierter [[Geologie - Antipode oder Hilfswissenschaft der Atlantisforschung?|Geologe]] und [https://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4ontologie Paläontologe], der in seinem langen Berufsleben in vielen Weltteilen mit der Erkundung von Lagerstätten befasst war. Er ist auch ein umfassender Kenner der [[Die Azoren und Atlantis|Azoren]] <ref>Siehe dazu auch: [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Heinrich Kruparz], "[http://www.weishaupt.at/laender_reisen/50_azoren_paradies_an_den_toren_europas/ Azoren, Paradies an den Toren Europas. The Azores, Atlantic Paradise Rediscovered]", Weishaupt, 2001 (d. Red.)</ref> und der dortigen geologischen Verhältnisse. Mit dem russischen „''Vater der modernen Atlantisforschung''“, [[Dr. Nikolai Zhirov|N. Zhirov]] (der schon 1970 schrieb: “''My prime objective is to raise Atlantology to the status of a recognized science”), teilt er die nach heutigem geologischen Wissen durchaus nicht mehr abwegige Theorie, dass die [[Die Azoren und Atlantis|Azoren]] die über den heutigen Meeresspiegel hinausragenden Überreste eines einstigen mittelatlantischen Kleinkontinents („[[Atlantis]]“) darstellen. ''<ref>Red. Anmerkung: Mit der von [[Dr. Nikolai Zhirov|Zhirov]] als auch von [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] vertretenen Annahme einer großen, vormals existenten und später unter [[Kataklysmus|kataklysmischen]] Umständen versunkenen Landmasse im [[Atlantis im Atlantik|Atlantik]] erschöpfen sich aber auch schon die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden genannten Autoren. Um es deutlich zu sagen: [[Dr. Nikolai Zhirov|Zhirov]] war ein geschworener Gegner der auch durch [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ H. Kruparz] repräsentierten "[[Atlantis]]-[[Esoterik]]". Mit einiger Sicherheit hätte er - bei allem persönlichen Respekt vor Herrn [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] gesagt - empört darauf reagiert, 'in einem Atemzug' mit ihm zusammen genannt zu werden.</ref>'' [[Dr. Nikolai Zhirov|Zhirov]] (2001) und [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz], angesichts seiner geologischen Kompetenz, sind in dieser Hinsicht offensichtlich ernst zu nehmen.

Auch im [[Die prähistorische Welt des 'Stillen Ozeans'|Pazifik]] und im [https://de.wikipedia.org/wiki/Indischer_Ozean Indischen Ozean] rechnet [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] mit einstigen, seither abgesunkenen oder zerstörten Kontinentalmassen respektive Landbrücken („[[Lemuria]]“, „[[Mu]]“).Nicht gefunden habe ich bei [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] hingegen den offensichtlich wichtigen, von [[rmh|Horn]] (2009: 214-215) – unter Bezugnahme auf [[Walter-Jörg Langbein|Langbein]] (1995) – in einem anderen kleinen [[Atlantis]]-Werk erwähnten Umstand, dass tier- und pflanzengeografische Verbreitungsstudien zu Arten, die an Süßwasser gebunden sind und kein Salzwasser vertragen, stark dafür sprechen, dass auch die polynesischen Inselgruppen Überreste eines einstigen „[[Versunkene Landmassen - im Zentral-Pazifik?|Atlantis der Südsee]]“ sein könnten. Dies sollte [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] in eine etwaige Neuauflage seines Buches einarbeiten.

[http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] rechnet damit, dass auf diesen untergegangenen Kontinentalgebieten einst, vor deren Zerstörung durch irgendwelche [[Kataklysmus|Kataklysmen]], teils fortgeschrittene Hochkulturen existierten, von denen sich Überbleibsel in nicht all zu weit entfernten anderen Regionen erhalten haben, etwa auch Überlebende von [[Atlantis]] im prädynastischen [[Die Ägypter - Erben eines uralten Wissens|Altägypten]], wo sie die große Pyramide und die [[Der Ursprung des Großen Sphinx und die Atlantisforschung|Giseh-Sphinx]] errichtet haben könnten.

So weit, so gut. Doch es kommt bei [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] (aus [http://www.skeptizismus.de/pseudoskep.html skeptischer] Sicht) „noch viel schlimmer“. Nicht genug damit, dass er auch „[[Esoterik|Esoterisches]]“ wie „Trance-Readings“ <ref>Red. Anmerkung: Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, sei hier kurz erwähnt, dass [[Dr. Horst Friedrich|Dr. Friedrich]], obwohl selbst durchaus kein Anhänger einer materialistischen Weltsicht, 'Channeling'-Durchsagen und Ahnlichem keinerlei wissenschaftliche Beweiskraft zubilligt. Siehe dazu von ihm bei ''Atlantisforschung.de''. "[[ATLANTIS, MU, LEMURIA - Gab es eine Ur-Zivilisation?]]"(2004)</ref> des amerikanischen Mediums [[Edgar Cayce - der Schlafende Prophet|Edgar Cayce]] (1977-1945) in seine Überlegungen einbezieht. Vielmehr lässt er sich auch noch von der ebenso umstrittenen wie beachtenswerten [[Das Atlantis der Theosophen|Helena Blavatsky]] <ref>Anmerkung des Verfassers: [[Das Atlantis der Theosophen|Helena Petrowna Blavatsky]] (1831-1891) war die Begründerin der neuzeitlichen [https://de.wikipedia.org/wiki/Theosophie Theosophie], deren Einfluss sowohl in der westlichen Welt als auch in Südostasien beachtlich war.</ref> anregen, und zwar zu der These von „Menschheitsepochen“. <ref>Red. Anmerkung: Letztlich sollte festgestellt werden, das [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ H. Kruparz] Atlantisbuch zu etwa 80-90 Prozent aus esoterisch geprägten Äußerungen besteht, und dass seine - durchaus bemerkenswerten und wertvollen! - geologischen Aussagen regelrecht in einem Mischmasch aus theosophischen, anthroposophischen, New Age-esoterischen usw. Zutaten untergehen.</ref> [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] stützt sich ferner auf ein bekanntes, umfangreiches Buch von [https://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Cremo Cremo] & [[Richard L. Thompson|Thompson]] (1993), nach dem der Mensch der Jetztzeit schon durch verschiedene Erdzeitalter hindurch in der uns heute bekannten Erscheinungsform existiert, und er verwirft deshalb die dominierende (neo)darwinistische Lehrmeinung, der zufolge der Jetztmensch sich erst sehr spät, während eines „Großen Eiszeitalters“, aus affenmenschenähnlichen Vormenschenformen entwickelt habe.

Selbstredend habe dann, im versuchsweisen [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz]-Szenario, der Jetztmensch auch
bereits in vergangenen Erdzeitaltern Hochkulturen geschaffen. In großen zeitlichen
Abständen hätten aber immer wieder gewaltige Erdumwälzungen stattgefunden, die jene
prähistorischen Hochkulturen vollständig vernichtet hätten. <ref>Anmerkung des Verfassers: Ein Argument, das den Rezensenten an ein eigenes [https://www.duden.de/rechtschreibung/Opusculum Opusculum] ([[Dr. Horst Friedrich|Friedrich]], 1998) erinnert.</ref> Der Erzhäretiker und [[Neo-Katastrophismus|Neo-Katastrophist]] [["Pseudowissenschaftler“ Velikovsky?|Velikovsky]] mit seinem ''Earth in Upheaval'' ([["Pseudowissenschaftler“ Velikovsky?|Velikovsky]], 1956) wird von [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz], aus welchem Grund auch immer, mit keinem Wort erwähnt, schon aber das „[[Sintflut]]“-Buch des Geologen- und [https://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4ontologie Paläontologen]-[[Atlantis, der Sintflut-Impakt und Nostradamus: Die Theorien von A. und E. Tollmann|Ehepaars Tollmann]] (1993).

Der Rezensent muss gestehen, dass ihm die von [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] vorgeschlagene Quasi-Parallelisierung von Erdzeitaltern und „Menschheitsepochen“ eine verdienstvolle Idee zu sein scheint, verdienstvoll eben im Sinne der eingangs zitierten [https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Feyerabend Feyerabend]-Passagen. Sie könnte manches bisher etwas zu vorschnell Geglaubte oder auch Unverstandene in neuem Licht erscheinen lassen.

Welches Fazit darf man ziehen? Das Buch stellt eine ungewöhnlich anregende Lektüre
dar. In einer Zeit, in der wir mit medial aufbereiteten vermeintlich „gesicherten Erkenntnissen der Wissenschaft“ überversorgt werden, ist es doppelt wichtig, dass wir auch Werken qualifizierter „Außenseiter“ Aufmerksamkeit schenken. Nur dann kann man ein unabhängiges Urteil bilden. Um eine solche qualifizierte Außenseiter-Arbeit handelt es sich bei diesem Buch. Selbstverständlich ist der plakative Sub-Untertitel „Neue Beweise – es gibt sie!“ nicht all zu wörtlich zu nehmen (und möglicherweise eher dem Verlag als dem Autor anzulasten). Über jeden Zweifel erhabene „Beweise“ sind in den Wissenschaften eben nicht so leicht zu erlangen. Wer sich in der „Wissenschaft von der Wissenschaft“ auskennt, der weiß dies. Neue und beachtenswerte Argumente für die von [http://www.weishaupt.at/autoren/heinrich_kruparz/ Kruparz] vorgeschlagene Sicht der Dinge stellt sein Buch jedenfalls zur Verfügung.


=== Anmerkungen und Quellen ===

Dieser Beitrag von [[Dr. Horst Friedrich]] wurde erstmals veröffentlicht in der [http://www.anomalistik.de/zeitschrift/ueber-zfa/ueber-zfa.html Zeitschrift für Anomalistik], Band 9 (2009), S. 300-302. Bei ''Atlantisforschung.de'' erscheint er im Januar 2014 in einer redaktionell Bearbeiteten Fassung nach der [http://www.anomalistik.de/images/stories/pdf/zfa/zfa2009_123_271_rezensionen.pdf Online-Version bei Anomalistik.de] (PDF-Datei) im [[Sonderseite|Dr. Horst Friedrich Archiv]].

'''Fußnoten:'''
<references />

'''Literatur:'''

* [https://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Cremo Cremo, M.], & [[Richard L. Thompson|Thompson, R.]] (1993). Forbidden Archeology: The Hidden History of the Human Race. San Diego: Bhaktivedanta Institute.
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Feyerabend Feyerabend, P.K.] (1976). Wider den Methodenzwang. Skizze einer anarchistischen Erkenntnistheorie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
* [[Dr. Horst Friedrich|Friedrich, H.]] (1998). Erdkatastrophen und Menschheitsentwicklung. Peißenberg: EFODON.
* [[rmh|Horn, R.M.]] (2009). Atlantis. Alter Mythos – neue Beweise. Grafing: Aquamarin-Verlag.
* [[Walter-Jörg Langbein|Langbein, W.-J.]] (1995). Das Sphinx-Syndrom. München: Langen Müller.
* [[Atlantis, der Sintflut-Impakt und Nostradamus: Die Theorien von A. und E. Tollmann|Tollmann, A., & Tollmann, E.]] (1993). Und die Sintflut gab es doch. Vom Mythos zur historischen Wahrheit. München: Droemer Knaur.
* [["Pseudowissenschaftler“ Velikovsky?|Velikovsky, I.]] (1956). Earth in Upheaval. London: Victor Gollancz.
* [[Dr. Nikolai Zhirov|Zhirov, N.]] (2001). Atlantis / Atlantology [1970]. Honolulu: Basic Problems.

'''Bild-Quelle:'''

* Bildarchiv ''Atlantisforschung.de''