Atlantologische Schlussbetrachtung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 17. April 2009, 11:02 Uhr
(bb) Es ist durchaus bedauerlich, dass H. Tributschs 1986 erschienene Arbeit seit langem nur noch antiquarisch bzw. 'second hand' erworben werden kann, denn sie ist - auch wenn wir seine Lokalisierung der Atlanter-Hauptstadt verwerfen und Kritik an einigen seiner Argumente üben müssen - in vielfacher Hinsicht lesens- und beachtenswert. Dies gilt sowohl für ein Publikum, das sich allgemein für die Vor- und Frühgeschichte Europas interessiert, als auch für Leute, deren besonderes Interesse versunkenen Kulturen und der Atlantisforschung gilt, oder die sich intensiver und tiefergehender mit diesen Gebieten beschäftigen wollen.
Abb. 8 Auch wenn Prof. Tributschs Lokalisierung der Atlanter-Metropole in Gavrinis vermutlich fehlerhaft ist, lohnt sich die Lektüre seines Buches und eine Beschäftigung mit den europäischen Megalith-Kulturen für Atlantisforscher durchaus.
Besondere Aufmerksamkeit sollten Tributsch jedoch die Atlantologie-Historiker entgegenbringen, denn er dürfte einer der ersten modernen Atlantisforscher in Europa gewesen sein, der die rätselhafte Megalith-Kultur (vielleicht sollte man besser von verwandten Megalith-Kulturen sprechen) in Verbindung mit dem Atlantisbericht brachte. Ebenso originär wie originell erscheint zudem - obwohl wir sie derzeit ernsthaft in Frage stellen müssen - seine religionstheoretischen Überlegungen zum Fata-Morgana-Phänomen an der Küste der Bretagne, die wir oben kurz vorgestellt haben.
Auf den ersten Blick könnte man Tributschs "Gläserne Türme von Atlantis" ohne weiteres als explizites Beispiel für neo-scholastische (dogmatische Definition, Auslegung u. Bewertung wissenschaftlicher Arbeit) Atlantisforschung des 20. Jahrhunderts ansehen. Betrachten wir beispielsweise Tributschs Chronologie-Revision des klassischen Atlantisberichts, oder seine angestrengten Hilfstheorien zur Stützung der Gavrinis-Lokalisierung, so stellen wir z.B. den reflexhaften Umgang mit den "unmöglichen" Zeitangaben Platons fest, welche die meisten akademischen Atlantisforscher des vergangenen Jahrhunderts auszeichnet, ebenso wie die Konstruktion von Hilfstheorien. Darüber hinaus ist ihnen eine gewisse Überheblichkeit gegenüber den Vertretern abweichender Meinungen gemeinsam, die wir, wie zu sehen war, auch bei Tributsch ansatzweise vorfinden.
Andererseits muss sein entschiedenes 'Nein!' zum überkommenen 'ex-oriente-lux'-Schema ge-würdigt werden, mit dem er sich bei Erscheinen seines Buches wohl kaum Freunde in konser-vativen Historiker-Kreisen gemacht haben dürfte. Selbst wenn wir festhalten müssen, dass die Stärken seiner Abhandlung im prähistorischen, und nicht im atlantologischen Bereich zu su-chen - und zu finden - sind: Prof. Tributsch gehört mit seinen Arbeiten zu den Wegbereitern einer neuen Richtung oder Schule der modernen, rationalen Atlantisforschung. Diese Richtung, die man allgemein als 'Megalith-Atlantologie' oder, typologisch genauer, als Mittelzeitler bezeichnen kann, stellt heute eine wesentliche Bereicherung der atlantologischen Forschungs-Landschaft dar.
Wie die späteren Arbeiten von Prof. Prof. Axel Hausmann (siehe: Atlantis in Sizilien), Ulf Erlingsson (siehe: Atlantis in Irland) oder John Dunbavin (siehe: Atlantis in Britannien) belegten schon die "Türme von Atlantis", dass die Position der 'Jungzeitler' (Forscher, die Atlantis einzig als literarische Reflexion auf eine untergegangene Hochkultur der späten Bronzezeit betrachten) auf recht wackeligem Fundament steht. Trotz aller vorgehaltenen Mängel gehören die "Säulen von Atlantis" daher zur Standard-Literatur, die in keiner gut sortierten, atlantologischen Privat-Bibliothek fehlen sollte.
Anmerkungen und Quellen
(+1) Helmut Tributsch, "Die gläsernen Türme von Atlantis - Erinnerungen an Megalith-Europa", Frankfurt am Main (Ullstein), 1986
(+2) Integriert in Tributschs Sachbuch findet sich zu Beginn ein 76 Seiten umfassender, durchaus gelungener, Kurzroman gleichen Titels, den man als 'Historic-Fantasy' klassifizieren könnte. In Tributschs eigenen Worten (S. 137) heißt es dazu: "Die romanhafte Erzählung [...] beschreibt einen jungen Priesterschüler, der im 6. Jh. v. Chr. in Ägypten lebte und zur Suche nach Spuren des verschollenen Atlantischen Reiches aufbrach. Im Altertum glaubte man ja noch zu wissen, daß die Bewohner der Atlantikküste Erinnerungen an die Könige, das Leben und die Religion von Atlantis bewahrten. In dieser Erzählung haben wir versucht, die innere Kraft und die Seelenstimmung zu ergründen, die es zuwege gebracht hat, das gewaltige Megalithreich zweieinhalb Jahrtausende lang mit friedlichen Mitteln zusammenzuhalten."
(+3) Quelle: Tributsch (1986), Seiten 96-97
(+4) Quelle: Tributsch, Seite 140; Red. Anmerkung: Wir bezweifeln, z. B. angesichts der Funde von Glozel, (siehe auch: Streit um die Urschrift) entschieden Tributschs diesbezügliche Annahmen.
(+5) Quelle: ebd.; Red. Anmerkung: Wir glauben, auf diesen Internet-Seiten genügend handfeste Anhaltspunkte, 'weiche' und 'harte' Evidenzen, präsentieren zu können, um auch diese Behauptung von Herrn Prof. Tributsch zurückweisen zu dürfen.
(+6) Quelle: ebd., S. 140
(+7) Quelle: ebd., S. 96
(+8) Quelle: ebd., S. 97
(+9) Anmerkung: Diodorus Siculus wird von Tributsch auf Seite 112 wie folgt zitiert: "Wie der Bericht fortfährt, ließen sich die Amazonen, von der Stadt Cherronesos ausgehend, auf große Abenteuer ein. Ein Bedürfnis hatte sie übermannt, viele Teile der bewohnten Welt zu überfallen. Das erste Volk, gegen das sie der Sage nach vorgingen, waren die Atlantioi, die zivilisiertesten Menschen unter den Bewohnern dieser Region, welche in einem reichen Land lebten und große Städte besaßen. Unter sie verlegt, wie man uns erzählt, die Mythologie die Geburt der Götter in die Gebiete, welche entlang der Ozeanküsteliegen. In dieser Hinsicht stimmen sie mit den Griechen überein, welche Legenden erzählen und darüber werden wir im einzelnen später sprechen.
Nun stellte die Königin der Amazonen, Myrina, wie man berichtete, eine Armee von 30 000 Fuß-Soldaten und 3000 Reitern auf. Nachdem sie in das Land der Atlantioi einfielen, besiegten sie die Einwohner der Stadt >Kerne< in einer offenen Feldschlacht. Die Atlantioi, von Schrecken ergriffen, lieferten ihre Städte unter Kapitulation aus und verkündeten, daß sie alles machen würden, was man ihnen befiehlt. Die Königin Myrina, welche sich den Atlantioi gegenüber ehrenhaft verhielt, schloß Freundschaft mit ihnen und begründete eine Stadt, welche ihren Namen tragen sollte anstelle von >Kerne<, welche ausradiert worden ist."
Zu der Entstehungsgeschichte der Atlantioi heißt es dort (Tributsch, S. 112, 113): "Nach dem Tod von Hyperion, erzählt die Sage, wurde das Königreich zwischen den Söhnen von Uranos geteilt, unter denen die Bekanntesten Atlas und Kronos waren. Von diesen Söhnen erhielt Atlas als seinen Anteil die Gebiete an der Küste des Ozeans (des atlantischen), und und er gab nicht nur seinem Volk den Namen Atlantioi, sondern nannte den größten Berg in seinem Land Atlas. Es heißt auch, daß er die Wissenschaft von der Astrologie vervollkommnet hat und er der erste war, der der Menschheit die Lehre von der Kugel vermittelt hat; und es war aus diesem Grunde, daß sich die Idee durchsetzte, daß der ganze Himmel auf den Schultern des Atlas ruhte.
Atlas, erzählt die Sage weiter, hatte auch sieben Töchter, welche als Gruppe nach ihrem Vater Atlantiden genannt werden; aber ihre einzelnen Namen waren Maia, Elektra, Taygete, Sterope, Merope, Halkyone und schließlich Kelaino. Diese Töchter vermählten sich mit den angesehensten Helden und Göttern und wurden die ersten Vorfahren des größten Teils der menschlichen Rasse..."
(+10) Quelle: ebd., S. 110
(+11) Anmerkung: Tributsch ignoriert dabei offenbar die Tatsache, dass sich bei wichtigen Ring-Komplexen, wie den Steinkreisen von Stonehenge oder Goseck (in Deutschland), eindeutig ihre Funktion als ASTRONOMISCHE bzw. Sonnen-Observatorien nachweisen lässt. Dabei muss man ihm als "bravem Schulwissenschafter" zugute halten, dass sich diese Erkenntnis seinerzeit unter Prähistorikern noch nicht völlig durchgesetzt hatte. In einzelnen Fällen wird sogar heute noch - wider alle Evidenzen - bestritten, dass es eine astronomische Funktion solcher Bauwerke gegeben hat (siehe etwa: Observatorien der Vorzeit auf Malta).
(+12) Quelle: ebd., S. 134; Anmerkung: Tributsch bezieht sich auf seine Darlegungen in "Das Rätsel der Götter - Fata Morgana", Berlin, 1983
(+13) Quelle: ebd., S. 134, 135
(+14) Quelle: ebd., S. 134
(+15) Anmerkung: Davon abgesehen liefert Tributsch durchaus wesentliche Argumente, die für einen ALLGEMEIN atlanto-mediterranen, megalithischen Ursprung von Teilen der Atlantis-Saga sprechen.
(+16) Quelle: ebd., S. 174
(+17) Quelle: ebd.
(+18) Quelle: ebd.
(+19) Quelle: ebd.
(+20) Quelle: ebd., S. 175; Anmerkung: Tributsch bezieht sich bei diesen Angaben auf M. T. Morzadec-Kerfourn in "Prehistoir de la Bretagne" (Herausgeber: P.-R. Giot, J.J. L´Helgouach, J.-L. Monnier), Rennes 1979, S. 331
(+21) Anmerkung: Tributsch identifiziert Gavrinis nicht nur mit Atlantis, sondern setzt unter Verwendung der Atlantida des Diodorus Siculus gleichzeitig eine Identität der beiden mit der legendären Stadt >Kerne< voraus.
(+22) Quelle: ebd., S. 212
(+23) Quelle: ebd.
(+24) Quelle: ebd.
(+25) Quelle: ebd., S. 217
Bild-Quellen:
(1) Links: http://www.zvw.de/homepages/wb5768ib/Keltisch/Bretagne/Bilder/Gavrinis.jpg
(1) Rechts: H. Tributsch, Die gläsernen Türme von Atlantis, S. 146
(2) http://www.bretagnenet.com/strobinet/strobinfos/si006/gavrinis300.jpg
(3) H. Tributsch, Die gläsernen Türme von Atlantis, S. 181
(5) http://2style.net/ff_gallery/carnac.jpg
(6) http://www.chirho.co.uk/cottage/images/gulf.jpg
(7) http://www2.ac-lyon.fr/enseigne/lettres/louise/images/platon.jpg
(8) www.paleologos.com/ gavrinis.jpg
(9) http://perso.wanadoo.fr/college.jules-simon/gavrinis_site/images/Gavrinis.jpg